TE OGH 1968/7/3 5Ob179/68

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Veröffentlicht am 03.07.1968
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Norm

ZPO §225
ZPO §596 (2)

Kopf

SZ 41/90

Spruch

Die dreimonatige Frist des § 596 (2) ZPO. ist eine verfahrensrechtliche Präklusivfrist, die aber durch die Gerichtsferien nicht verlängert wird.

Entscheidung vom 3. Juli 1968, 5 Ob 179/68.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Der Kläger und der Beklagte schlossen im Jahre 1959 einen Architektenvertrag, mit dem dem Beklagten die Durchführung der Architektenarbeiten bezüglich eines auf der Grundparzelle 2121/1 KG. I. zu errichtenden Motels mit einer geschätzten Bausumme von ungefähr 4 Millionen Schilling übertragen wurde. In dem Vertrag wurde vereinbart, daß sich die vertragsschließenden Teile im Falle von Streitigkeiten aus dem Vertrag einem Schiedsgericht im Sinne der Zivilprozeßordnung unterwerfen.

Am 28. Februar 1966 brachte der Beklagte bei einem Schiedsgericht, bestehend aus zwei von den Streitteilen berufenen Architekten und dem von diesem gewählten Obmann eine Klage auf Zahlung von 1.023.163 S gegen den Kläger ein. Mit Schiedsspruch vom 22. Mai 1967, der dem Kläger am 26. Mai 1967 zugestellt wurde, wurde der Kläger zur Zahlung von 855.989.70 S samt 6% Zinsen seit 1. Dezember 1964 und zum Ersatz der Vertreterkosten von 64.981 S an den Beklagten verurteilt, während das Mehrbegehren abgewiesen wurde.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger zu erkennen, daß der Schiedsspruch vom 22. Mai 1967 unwirksam sei und aufgehoben werde. Die Klage wird darauf gestützt, daß die Parteien im Schiedsvertrag die Zulässigkeit der Anfechtung des Schiedsspruches vor einer höheren schiedsgerichtlichen Instanz nicht vereinbart hätten und daß die Anfechtungsgrunde des § 595 Z. 1, 2, 3, 5 und 8 ZPO. vorliegen.

Der Beklagte wendete ein, daß der Schiedsspruch dem Kläger am 26. Mai 1967 zugestellt worden sei. Die am 4. Oktober 1967 eingebrachte Klage sei erst nach dem Ablauf der im § 596 (2) ZPO. vorgesehenen Frist von drei Monaten erhoben worden. Es seien auch die geltend gemachten Anfechtungsgrunde nicht gegeben.

Das Erstgericht wies mit einem in das Urteil aufgenommenen Beschluß die Klage, soweit sie den Unwirksamkeitsgrund des § 595 Z. 8 ZPO. geltend macht, zurück, weil die Klage bei diesem Unwirksamkeitsgrund nach den Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beurteilen sei, der Kläger aber von den zu diesem Anfechtungsgrund behaupteten Tatsachen schon am 22. August 1967 Kenntnis erlangt habe. Unter Berücksichtigung der Gerichtsferien habe die beim Wiederaufnahmsgrund nach § 530 (1) Z. 7 ZPO. vorgesehene einmonatige Klagsfrist (§ 534 ZPO.) mit Ablauf des 25. September 1967 geendet.

Im übrigen wies das Erstgericht die Klage ab. Es ging davon aus, daß die dreimonatige Frist für die Klage, soweit sie die Unwirksamkeitsgrunde des § 595 Z. 1 bis 5 ZPO. geltend mache, gemäß § 596 (2) ZPO. mit dem Tag der Zustellung des Schiedsspruches, somit mit dem 26. Mai 1967, begonnen habe, weil der Kläger selbst nicht behauptet habe, daß ihm diese Unwirksamkeitsgrunde erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden seien. Da es sich bei der Frist des § 596

(1) ZPO. aber um eine materiellrechtliche Präklusivfrist handle, die auch durch den Lauf der Gerichtsferien nicht gehemmt werde, sei die Klagefrist mit dem 26. August 1967 abgelaufen.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Prozeßgerichtes - der Beschluß über die Zurückweisung der Klage hinsichtlich des auf den § 595 Z. 8 ZPO. gestützten Unwirksamkeitsgrundes blieb unangefochten - unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Aufassung, daß die Frist des § 596 (2) ZPO. eine prozessuale Frist darstelle, die zur Vornahme von Prozeßhandlungen bestimmt sei. Daß keine materiellrechtliche Ausschlußfrist vorliege, ergebe sich daraus, daß das Klagebegehren ebenso wie bei der Wiederaufnahmsklage auf die Aufhebung einer rechtskräftigen Entscheidung gerichtet sei. Die Klage auf Unwirksamerklärung des Schiedsspruches bilde ihrer Natur nach einen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen, die gültig, aber unrichtig seien, ohne daß der Unrichtigkeit durch Rechtsmittel abgeholfen werden könne. Es stelle daher die Klagsfrist des § 596 (2) ZPO. eine Notfrist dar, die durch die Gerichtsferien verlängert werde. Da der Schiedsspruch dem Kläger am 26. Mai 1967 zugestellt worden sei, habe unter Berücksichtigung der Gerichtsferien die dreimonatige Frist des § 596 ZPO. am 6. Oktober 1967 geendet. Die am 3. Oktober 1967 eingebrachte Klage sei daher rechtzeitig. Da das Prozeßgericht keine Feststellungen über das Vorliegen der geltend gemachten Unwirksamkeitsgrunde nach § 595 Z. 1 bis 5 ZPO. getroffen hätte, sei die Sache noch nicht spruchreif.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht eine Sachentscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nicht beigetreten werden kann der Auffassung des Rekurswerbers, daß die Frist des § 596 (2) ZPO. eine materiellrechtliche Ausschlußfrist darstellt. Nach der angeführten Gesetzesstelle ist die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruches, wenn sie auf einen der im § 595 Z. 1 bis 7 ZPO. angegebenen Gründe gestützt wird, bei sonstigem Ausschluß binnen der Frist von drei Monaten zu erheben. Schon auf Grund des Textes der Bestimmung des § 596 (2) ZPO. ergibt sich, daß mit dem Ablauf der Frist von drei Monaten nicht ein Leistungsanspruch des materiellen Rechtes erlischt. Denn nach der sprachlichen Fassung des § 596 (2) ZPO. ist "die Klage" bei sonstigem Ausschluß binnen drei Monaten zu erheben, somit ist nach dem Ablauf von drei Monaten die Möglichkeit zur Geltendmachung des Rechtes, nicht aber das Recht selbst erloschen. Daraus folgt aber, daß ebenso wie in den Fällen des Art. XXIII (2) EGzZPO. sowie des Art. XXV (2) EGzZPO. eine verfahrensrechtliche Präklusivfrist vorliegt.

Die Auffassung, daß die Frist des § 596 (2) ZPO. eine verfahrensrechtliche Frist darstellt, wird auch überwiegend im Schrifttum (Pollak, System[2] I S. 429, Sperl, Lehrbuch S. 809, Fasching, Komm. zu den Zivilprozeßgesetzen II S. 54, Canstein, Das Zivilprozeßrecht S. 509 Anm. 1. Walter, Die Dreimonatsfrist des § 383 (2) ASVG., SoSi. 1962 S. 320 Anm. 15) vertreten. Ähnliche Erwägungen stellte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung GlUNF. 5373 an.

Es ist richtig, daß ebenso wie die Wiederaufnahmsklage auch die Klage auf Unwirksamerklärung eines Schiedsspruches nach § 595 ZPO, in der Vorschrift des § 224 ZPO. nicht unter den Ferialsachen angeführt ist. Der Oberste Gerichtshof hat aus der Nichtanführung der Wiederaufnahmsklage in der zuletzt angeführten Gesetzesstelle geschlossen, daß demgemäß der Lauf der zur Einbringung der Wiederaufnahmsklage offenstehenden einmonatigen Notfrist des § 534 ZPO. um die Dauer der Gerichtsferien verlängert wird (SZ. XXI 6). Die Frist zur Anbringung der Wiederaufnahmsklage ist aber, wie in dieser Entscheidung zum Ausdruck gebracht wurde, eine Notfrist. Diese Auffassung findet ihre Grundlage darin, daß die Wiederaufnahmsklage ein außerordentliches Rechtsmittel zum Zweck der Wiederaufnahme eines durch ein Urteil geschlossenen Verfahrens ist, um dieses Verfahren auf Grund einer bereits bei Gericht angebrachten Klage fortzusetzen und allenfalls zu einer neuerlichen Entscheidung zu bringen.

Die Klage auf Unwirksamerklärung eines Schiedsspruches hingegen ist kein außerordentliches Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf zum Zweck der Beseitigung des Schiedsspruches, um dadurch der Partei allenfalls die Möglichkeit zu geben, ihren Anspruch mit der nunmehr beim ordentlichen Gericht anzubringenden Klage geltend zu machen. Die Frist des § 596 (2) ZPO. zur Anbringung der Klage auf Unwirksamerklärung des Schiedsspruches ist daher eine prozessuale Präklusivfrist, die einen Anspruch das erste Mal vor das ordentliche Gericht bringt. Auf sie finden die Gerichtsferien keine Anwendung (Neumann, Komm.[4] I S. 692, 693).

Das das Gericht zweiter Instanz, ausgehend von der von ihm vertretenen Rechtsauffassung, das erstgerichtliche Urteil zur Prüfung des Vorliegens der geltend gemachten Unwirksamkeitsgrunde des § 595 Z. 1 bis 5 ZPO. aufhob, die Sache aber im Sinne der Bestätigung des Urteils des Prozeßgerichtes spruchreif erscheint, war der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die sachliche Entscheidung über die Berufung aufzutragen.

Anmerkung

Z41090

Schlagworte

Frist des § 596 (2) ZPO. ist prozessuale Präklusivfrist, keine Verlängerung durch Gerichtsferien Gerichtsferien, keine Verlängerung der Frist zur Klage auf Unwirksamerklärung eines Schiedsspruches nach § 596 (2) ZPO. Präklusivfrist, prozessuale, Frist des § 596 (2) ZPO., keine Verlängerung durch Gerichtsferien Schiedsspruch, Klage auf Unwirksamerklärung eines -, Frist des § 596 (2) ZPO. Unwirksamerklärung eines Schiedsspruches, Frist des § 596 (2) ZPO. ist prozessuale Präklusivfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0050OB00179.68.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19680703_OGH0002_0050OB00179_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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