TE OGH 1968/9/17 8Ob210/68

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Veröffentlicht am 17.09.1968
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Norm

Außerstreitgesetz §16

Kopf

SZ 41/109

Spruch

Eine Entscheidung ohne jede gesetzliche Deckung ist gemäß § 16 AußStrG. offenbar gesetzwidrig.

Entscheidung vom 17. September 1968, 8 Ob 210/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

In dem Testament vom 9. August 1963, in der Fassung der Nachträge vom 3. Jänner 1964 und 19. Februar 1964, hat der Erblasser die Elfriede H. zur Alleinerbin seines Vermögens eingesetzt, sowie den Notar Dr. Hans E. und den Ing. Ernst M. zu Testamentsvollstreckern mit dem Auftrag bestimmt, einen wesentlichen Teil des Nachlasses zu versilbern. Aus dem Verkaufserlös sollten mehrere in einem bestimmten Verhältnis zum Verkaufserlös stehende Vermächtnisse berichtigt werden. Für die Tätigkeit der Testamentsvollstrecker hat der Erblasser eine bestimmte Entlohnung festgesetzt und die Testamentsvollstrecker ermächtigt, sich aller ihnen dienlichen und zweckmäßig erscheinenden Behelfe zur Ausübung ihrer Funktion auf Kosten der Verlassenschaft zu bedienen (P. VIII/3 des Testamentes).

Mit dem Beschluß vom 25. September 1964 überließ das Verlassenschaftsgericht der Elfriede H., die eine bedingte Erbserklärung zum Nachlaß abgegeben hatte, dessen Besorgung und Verwaltung; es nahm die Erklärung der Testamentsvollstrecker, die ihnen übertragene Tätigkeit zu übernehmen, zur Kenntnis. Am 14. Oktober 1964 bestellte die Erbin den Rechtsanwalt Dr. Otto Sch. zu ihrem Machthaber und legte dessen Vollmacht vor. Soweit der Erblasser die Versilberung des Nachlasses durch die Testamentsvollstrecker angeordnet hatte, versilberten diese den Nachlaß; das zum Nachlaß gehörige Holzhandelsunternehmen löste die Erbin im Einvernehmen mit den Testamentsvollstreckern auf. Die Testamentsvollstrecker bezahlten im Einvernehmen mit der Erbin aus dem Erlös u. a. laut dem Gutachten des Rechnungsprüfers unter dem Titel "Honorare und Rechtskosten" an Dr. Sch. 60.000 S und 30.000 S. Die Testamentsvollstrecker begrundeten diese Zahlung damit, daß es sich um das Honorar für eine von Dr. Sch. zugunsten der Verlassenschaft geleistete Tätigkeit handle.

Das Verlassenschaftsgericht hat mit dem Beschluß vom 20. Februar 1968, unter Punkt 2 die Bezahlung dieses Betrages durch die Testamentsvollstrecker an Dr. Sch. nicht zur Kenntnis genommen und die Testamentsvollstrecker beauftragt, den Betrag von 90.000 S samt Zinsen sofort an die Masse zurückzuzahlen; unter Punkt 3 hat das Verlassenschaftsgericht die "Teileinantwortung" vom 12. August 1965 an Elfriede H. widerrufen.

Das Rekursgericht gab mit dem Beschluß vom 20. März 1968 den Rekursen der Testamentsvollstrecker und der Erbin gegen Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses keine Folge; den Punkt 3 des Beschlusses hob es hingegen über Rekurs der Erbin auf. Zu Punkt 2 führte das Rekursgericht aus, die Bestimmung des Punktes VIII/3 des Testamentes decke die Zuziehung von Gehilfen durch die Testamentsvollstrecker nicht. Der Betrag von 90.000 S sei der Masse daher zu Unrecht entzogen worden.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen der Testamentsvollstrecker und der Erbin Folge und hob den Beschluß des Rekursgerichtes in seinem bestätigenden Teil und den Beschluß des Erstgerichtes in seinem Punkt 2 auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rechtsmittel sind als Beschwerden gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes im Sinne des § 16 (1) AußStrG. zu behandeln. In Anwendung der Grundsätze des Jud. 56 neu auf das Außerstreitverfahren kann von einer bestätigenden Entscheidung nur dann die Rede sein, wenn der erstgerichtliche Beschluß vollinhaltlich bestätigt wurde. Anders verhält es sich, wenn der bestätigende und der abändernde, bzw. aufhebende Teil der Rekursentscheidung voneinander verschiedene Gegenstände betreffen. Diesfalls liegt eine einheitliche Entscheidung nicht vor, weil der bestätigende Teil des zweitberichtlichen Beschlusses, der nun mit den Revisionsrekursen bekämpft wird, den Antrag an die Testamentsvollstrecker betrifft, eine von diesen geleistete Zahlung der Masse zu vergüten, während der aufhebende Teil des zweitgerichtlichen Beschlusses den Widerruf einer "Teileinantwortung" betrifft. Jeder Teil muß daher gesondert beurteilt und auf den bestätigenden Teil die Vorschrift des § 16 (1) AußStrG. angewendet werden (vgl. JBl. 1956 S. 76, JBl. 1955 S. 448 u. a.).

Die Vermächtnisse, derentwegen das Verlassenschaftsgericht die bekämpfte Entscheidung erließ, sind zum Teil für eine Pfarre, eine Stiftung und gemeinnützige Zwecke bestimmt. Vor ausgewiesener Zahlung oder Sicherstellung dieser Vermächtnisse darf die Einantwortung der Verlassenschaft nicht erfolgen (§ 159 (1) AußStrG.). Die Höhe der Vermächtnisse richtet sich nach dem Ergebnis der Versilberung der Verlassenschaft. Zur Feststellung der Höhe der Vermächtnisse muß daher der Nachlaß genau erhoben und festgestellt werden; dies macht wiederum die Prüfung der gelegten Verwaltungsrechnung erforderlich. Die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft wurde gemäß § 145 (1) AußStrG. der erbserklärten Erbin überlassen. Testamentsvollstrecker haben gemäß §§ 80, 164 AußStrG. lediglich den Vollzug der letztwilligen Anordnungen zu überwachen, außer der Erblasser hat die Testamentsvollstrecker zu Nachlaßverwaltern ernannt, was nichts anderes als die letztwillige Anordnung einer Kuratel ist und daher noch immer die gerichtliche Bestellung zum Kurator erforderlich macht (vgl. Ehrenzweig, Erbrecht[2], § 506 II S. 478). Im vorliegenden Fall sind die beiden Testamentsvollstrecker aber nicht zu Kuratoren bestellt worden. Ihre Mitwirkung an der der Erbin überlassenen Verwaltung des Nachlasses ist daher als keine eigene Verwaltungstätigkeit der Testamentsvollstrecker anzusehen; ihre Tätigkeit, also auch die von ihnen an den Erbenmachthaber Dr. Sch. geleistete Zahlung im Gesamtbetrag von 90.000 S, ist nur unter dem Gesichtspunkt einer den Testamentsvollstreckern im Sinne des Willens des Erblassers durch die Erbin schlüssig erteilten Bevollmächtigung zu beurteilen. Ob ein Auftrag des Verlassenschaftsgerichtes an einen Erben auf Rückzahlung einer von ihm im Zuge der ihm gemäß § 145 AußStrG. überlassenen Verwaltung geleisteten Zahlung im Zusammenhang mit den in Frage kommenden Bestimmungen der §§ 159, 160 AußStrG. vereinbarlich wäre, kann - noch dazu im Rahmen der außerordentlichen Revisionsrekurse - dahin gestellt bleiben, weil im gegenständlichen Fall das Verlassenschaftsgericht den Auftrag, die an einen Dritten geleistete Zahlung zurückzuzahlen, nicht der Nachlaßverwalterin selbst erteilt hat, sondern den Bevollmächtigten derselben, den Testamentsvollstreckern, und zwar für eine von der Nachlaßverwalterin gebilligte, ja angestrebte, zu ihren Gunsten erfolgte Zahlung. Der unter solchen Umständen den Testamentsvollstreckern erteilte Rückzahlungsauftrag kann zwar nicht als nichtig angesehen werden, ist jedoch durch kein Gesetz gedeckt. Eine ohne jede gesetzliche Deckung ergangene Entscheidung ist aber offenbar gesetzwidrig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

Z41109

Schlagworte

Gesetzwidrigkeit, offenbare nach § 16 AußStrG., Entscheidung ohne, gesetzliche Deckung, Offenbare Gesetzwidrigkeit nach § 16 AußStrG., Entscheidung ohne, gesetzliche Deckung, Testamentsvollstrecker, Rückzahlungsauftrag des Abhandlungsgerichtes an, -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0080OB00210.68.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19680917_OGH0002_0080OB00210_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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