TE OGH 1968/10/18 2Ob265/68

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Veröffentlicht am 18.10.1968
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Norm

ABGB §1295
ABGB §1298
ABGB §1311

Kopf

SZ 41/137

Spruch

Verpflichtung des Unternehmers, der einen Skilift betreibt, zur Sicherung gefährlicher Stellen der Lifttrasse.

Entscheidung vom 18. Oktober 1968, 2 Ob 265/68.

I. Instanz; Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Nach den Feststellungen der Untergerichte ist die Klägerin am 24. Dezember 1964 bei ihrer Beförderung mit dem Skilift der beklagten Parteien in Z. schwer verletzt worden. Als sie vom Lift auf einen Steilhang hinaufgezogen wurde, ist auf diesem der Skifahrer L. zu Tal gefahren. Dieser ist gestürzt und mit den Skiern auf die Klägerin zugerutscht. Er hat sie erfaßt und vom Schleppbügel gerissen. Das gegen L. eingeleitete Strafverfahren ist gemäß § 90 StPO. eingestellt worden.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Schadenersatzansprüche gegen die Beklagten, die den Skilift betreiben, in der Höhe von 73.023.10 S mit der Behauptung geltend gemacht, daß sie für ihre sichere Beförderung mit dem Skilift verantwortlich gewesen seien und ihre Pflichten in dieser Hinsicht dadurch grob vernachlässigt haben, daß sie es unterlassen haben, diese gefährliche Stelle abzusichern, allenfalls den Hang für die Abfahrt überhaupt zu sperren oder zumindest entsprechende Warntafeln aufzustellen.

Die Beklagten haben Klagsabweisung beantragt und eingewendet, daß der Unfall auf das schuldhafte Verhalten eines Dritten, nämlich des Skifahrers L., zurückzuführen sei, der entweder aus Unachtsamkeit oder wegen mangelnder Fahrkenntnisse über den Steilhang gerutscht sei und dabei die Trasse des Skilifts gekreuzt habe. Sie seien für den Zustand der Abfahrtspisten nicht verantwortlich. Sie haben diese nicht zu pflegen und seien auch zu Sicherungsmaßnahmen nicht verpflichtet.

Das Erstgericht hat das Verfahren auf den Grund des Anspruches eingeschränkt und mit Zwischenurteil erkannt, daß die Ansprüche der Klägerin dem Gründe nach zu Recht bestehen. Das Erstgericht hat die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz darauf gegrundet, daß sie im Rahmen des Beförderungsvertrages und auf Grund der sich daraus für sie ergebenden Sorgfaltspflicht verpflichtet seien, den Gefahren, die sich für die Liftbenützer aus der Kreuzung der Lifttrasse durch abfahrende Skifahrer ergeben, durch Warnungen oder Absperrungen vorzubeugen. Ihrer zumutbaren Aufmerksamkeit hätte es nicht entgehen dürfen, daß der Steilhang eine solche Gefahrenquelle darstellt. Sie hätten daher Warntafeln aufstellen oder Absperrungen vornehmen müssen.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten nicht Folge gegeben. Es war ebenfalls der Ansicht, daß ein Beförderungsvertrag vorgelegen sei, der die Nebenverpflichtung der Beklagten beinhaltet habe, die zu befördernden Personen sicher und unversehrt an den Bestimmungsort zu bringen. Eine weitere Nebenverpflichtung der Beklagten sei die Verkehrssicherungspflicht gewesen, das sei die Pflicht, die zum Lift gehörigen Pisten verkehrssicher zu gestalten. Diese Pflicht treffe die Beklagten jedenfalls für die Lifttrasse. Die Beklagten hätten gemäß § 1298 ABGB. den Beweis zu erbringen gehabt, daß sie an der Erfüllung ihrer Pflichten ohne ihr Verschulden verhindert worden seien. Ein solcher Beweis sei nicht erbracht worden. Die Beklagten haften der Klägerin auch gemäß § 1313a ABGB. Die Nichterfüllung der Sicherungspflicht durch die Beklagten sei die Ursache des Unfalles der Klägerin gewesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie machen den Revisionsgrund nach § 503 Z. 4 ZPO. geltend und beantragen, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagten wenden sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß sie für den Unfall der Klägerin verantwortlich seien. Die Beklagten sind wohl nunmehr auch der Meinung, daß die Klägerin mit ihnen einen Beförderungsvertrag abgeschlossen habe. Sie führen jedoch aus, daß es sich dabei um einen Beförderungsvertrag besonderer Art gehandelt habe. Danach seien sie lediglich verpflichtet gewesen, der Klägerin ein sicheres Beförderungsmittel zur Verfügung zu stellen, womit diese unter der Voraussetzung ihres eigenen zweckmäßigen und richtigen Verhaltens ans Ziel gelangen konnte. Ihre Verkehrssicherungspflicht beziehe sich lediglich darauf, daß den beförderten Personen aus Mängeln der mechanischen Liftanlage und aus Mängeln der Auffahrtpiste keine Schäden zugefügt werden.

Dieser Auffassung der Beklagten hat sich schon mit Recht das Berufungsgericht nicht angeschlossen. Auch der Oberste Gerichtshof lehnt diese Ansicht ab. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Schleppliftanlage, bei der die beförderten Skifahrer auf einem Bügel sitzen und mit den Beinen, an denen die Skier befestigt sind, am Boden schleifen. Wie die Beklagten nunmehr selbst zugeben, trifft sie eine Verkehrssicherungspflicht bezüglich der Auffahrtpiste (Lifttrasse). Diese Piste ist, wie festgestellt wurde, so angelegt, daß sie von abfahrenden Skifahrern gerade an der gefährlichsten Stelle, nämlich an dem Steilhang, der unmittelbar nach Beginn der Abfahrt liegt, befahren und gekreuzt werden kann. Die Beklagten geben selbst zu, daß dieser Steilhang, auch wenn er außerhalb der markierten Abfahrtspisten liegt, häufig von Skifahrern befahren wird. Aus diesen Ausführungen muß abgeleitet werden, daß sie von dieser Übung Kenntnis hatten. Nun kommt es nicht darauf an, ob der Steilhang am Unfallstag mehr oder weniger vereist war oder ob L. ein guter und erfahrener Skifahrer gewesen ist, weil es nicht ausgeschlossen werden kann, daß auch gute Skifahrer auf solchen Steilhängen, auch wenn sie nicht durchwegs vereist sind, stürzen und dadurch auf die vom Skilift benützte Trasse gelangen. Schon die bloße Tatsache, die den Beklagten bekannt war, daß der Steilhang von abfahrenden Skifahrern benützt und die Trasse der Liftanlage gekreuzt wird, läßt die Gefährlichkeit dieses Teiles der Lifttrasse erkennen. Es wäre daher ohne Rücksicht auf die herrschenden Schneeverhältnisse Pflicht der Beklagten gewesen, diesen Teil der Lifttrasse überhaupt für die Abfahrt zu sperren oder dies wenigstens durch Warnungstafeln zu verbieten. Nur auf diese Weise hätten die Beklagten ihre aus dem Beförderungsvertrag sich ergebende und von ihnen grundsätzlich gar nicht mehr bestrittene Verkehrssicherungspflicht gegenüber den zu befördernden Personen erfüllt. Mit dieser Auffassung wird die Verantwortlichkeit der Beklagten als Skiliftunternehmer keineswegs überspannt. Dieses Sicherheitserfordernis stellt vielmehr bei der Beschaffenheit der Liftanlage und der Gefährlichkeit des in der Lifttrasse gelegenen Steilhanges eine Selbstverständlichkeit dar.

Aus den angeführten Gründen hat daher das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten für die Unfallsfolgen gegenüber der Klägerin mit Recht bejaht. Die Beklagten wären verpflichtet gewesen, um ihre Verpflichtung der Klägerin gegenüber aus dem Beförderungsvertrag zu erfüllen, den in der Lifttrasse gelegenen Steilhang so zu sichern, daß eine Benützung durch abfahrende Skifahrer hintangehalten worden wäre. Die Unterlassung solcher Maßnahmen war für den Unfall kausal. Die Beklagten, die von der Gefährlichkeit des Steilhanges Kenntnis hatten, haben schuldhafterweise entsprechende Maßnahmen unterlassen. Ihre Haftung für die bei der Klägerin durch den Unfall eingetretenen Verletzungen und Folgen ist daher auf Grund der Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes gegeben.

Anmerkung

Z41137

Schlagworte

Beförderungsvertrag, Sicherung der Schilifttrasse, Schilift, Sicherung der Trasse, Schiliftunternehmer, Pflicht zur Sicherung der Lifttrasse, Trasse, Sicherung der - eines Schilifts, Verkehrssicherungspflicht, Sicherung der Schilifttrasse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0020OB00265.68.1018.000

Dokumentnummer

JJT_19681018_OGH0002_0020OB00265_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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