TE OGH 1968/12/16 2Ob349/68

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Veröffentlicht am 16.12.1968
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Norm

Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §11
Kraftfahrgesetz 1967 §64

Kopf

SZ 41/176

Spruch

Der Mangel der Lenkerberechtigung ist ein bei der Beurteilung des Umfanges der Ersatzpflicht zu berücksichtigender Umstand.

Entscheidung vom 16. Dezember 1968, 2 Ob 349/68.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Am 2. November 1964 kam es in St. Niklas/Dr. an der Einmundung der Großsatteler Landesstraße in die St. Niklas-Gemeindestraße zu einem Zusammenstoß zwischen einem dem Kläger gehörigen und von ihm gelenkten Motorrad und einem PKW des Zweitbeklagten, den der Erstbeklagte lenkte. Dabei wurde u. a. der Kläger verletzt und erlitt Sachschaden.

Der Erstbeklagte wurde aus diesem Anlaß wegen Übertretung nach § 335 StG. rechtskräftig verurteilt. Nach dem Urteilsspruch liegt ihm zur Last, aus der Großsatteler Landesstraße in die Faakersee-Landesstraße ohne die erforderliche Aufmerksamkeit eingebogen zu sein. Das Strafverfahren gegen den Kläger endete mit Freispruch nach § 259 Z. 3 StPO.

Der Kläger begehrt von den beiden Beklagten Ersatz für Verdienstentgang, Sachschaden, Auslagen und Schmerzengeld, ferner die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige unfallskausale Schäden. Er behauptet, den Unfall habe der Erstbeklagte allein verschuldet.

Die Beklagten, deren Solidarhaftung nicht mehr strittig ist, wendeten u. a. überwiegendes Mitverschulden des Klägers ein. Dieser habe den Vorrang des Erstbeklagten nicht beachtet und seine Geschwindigkeit nicht herabgesetzt.

Das Erstgericht beschränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruches und erkannte mit Zwischenurteil (richtig Teil-Zwischenurteil), daß der Anspruch des Klägers aus dem gegenständlichen Verkehrsunfall dem Grund nach zur Hälfte zu Recht und zur Hälfte nicht zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht gab nach Beweiswiederholung der Berufung des Klägers keine, der der Beklagten teilweise Folge. Es änderte das Ersturteil dahin ab, daß der gegenständliche Klagsanspruch mit 2/5 zu Recht und mit 3/5 nicht zu Recht bestehe.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen beider Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wenn der Kläger meint, daß ihm nur eine verspätete Reaktion zur Last falle, die im Vergleich zum schuldhaften Verhalten des Erstbeklagten entweder überhaupt nicht ins Gewicht falle oder nur mit einem Fünftel des Gesamtverschuldens zu bewerten sei, so übersieht er, daß er im Ergebnis doch eine Verletzung des Vorranges zu verantworten hat, der dem Erstbeklagten gemäß § 19 (1) StVO. 1960 zukam.

Die Beklagten meinen, diese Vorrangverletzung durch den Kläger, sein Aufmerksamkeitsfehler und der Umstand, daß er jede Abwehrhandlung unterließ, wiege gegenüber der dem Erstbeklagten allein vorzuwerfenden Unaufmerksamkeit so schwer, daß die von ihnen angestrebte Verschuldensteilung gerechtfertigt sei. Der Oberste Gerichtshof vermag sich dieser Ansicht nicht anzuschließen. Der Erstbeklagte besaß keinen Führerschein. Zwar kann nicht gesagt werden, daß der Besitz eines Führerscheines jederzeit volle Gewähr für die Fähigkeit bietet, ein Kraftfahrzeug ohne Gefahr zu lenken. Es kann jedoch andererseits auch nicht übersehen werden, daß die Ausstellung der behördlichen Fahrerlaubnis den durch das Bestehen einer Prüfung zu erbringenden Nachweis praktischer Fahrkenntnisse voraussetzt. Nun gilt aber auch hinsichtlich der auf Grund des bürgerlichen Rechtes erhobenen Ansprüche die Bestimmung des § 11 EKHG. über die Ausgleichspflicht (ZVR. 1965 Spruchbeilage Nr. 227 u. a.). Hienach hängt der Umfang der gegenseitigen Ersatzpflicht der Beteiligten ganz allgemein "von den Umständen" ab. Als ein solcher Umstand zu Lasten der Beklagten kann hier das Fahren des Erstbeklagten ohne Lenkerberechtigung nicht völlig außer Betracht bleiben.

Der Oberste Gerichtshof billigt daher die von der Berufungsinstanz angenommene Verschuldensteilung.

Anmerkung

Z41176

Schlagworte

Ersatzpflicht nach § 11 EKHG., Mangel des Führerscheines, Führerschein, Mangel des -, Umfang der Ersatzpflicht nach § 11 EKHG., Schadenersatz, Umfang der Ersatzpflicht nach § 11 EKHG., Mangel des, Führerscheines

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0020OB00349.68.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19681216_OGH0002_0020OB00349_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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