Norm
EO §51Kopf
SZ 41/180
Spruch
Eine vom unheilbar unzuständigen Exekutionsgericht erlassene Exekutionsbewilligung ist zur Gänze nichtig.
Entscheidung vom 18. Dezember 1968, 3 Ob 134/68.
I. Instanz: Bezirksgericht Hollabrunn; II. Instanz:
Kreisgericht:Korneuburg.
Text
Mit der von der betreibenden Gläubigerin angefochtenen Entscheidung des Rekursgerichtes wurde dem Rekurs des in D., Post J., somit im Sprengel des Bezirksgerichtes T. wohnhaften Verpflichteten Folge gegeben, der erstinstanzliche Exekutionsbewilligungsbeschluß sowie das diesem nachfolgende Verfahren als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht (Bezirksgericht H.) die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den vorliegenden Exekutionsantrag durch dessen Überweisung an das zuständige Gericht (§ 44 JN.) aufgetragen. Hiebei ging das Rekursgericht von der Erwägung aus, daß es dem Erstgericht zur Bewilligung der beantragten Gehaltsexekution an der örtlichen Zuständigkeit fehle, denn weder sei es Titelgericht noch sei in seinem Sprengel der Wohnsitz des Verpflichteten gelegen. Dieser im Hinblick auf § 51 EO. nicht heilbare Zuständigkeitsmangel begrunde die ausgesprochene Nichtigkeit.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der rekursgerichtliche Aufhebungsbeschluß schließt eine Verneinung der von der betreibenden Partei in Anspruch genommenen Zuständigkeit des Erstgerichtes in sich, da überhaupt nur unter dieser Voraussetzung eine Überweisung nach § 44 JN. in Betracht kommt. Nichts verschlägt es dabei, daß der Ausspruch der Unzuständigkeit und die Überweisung nicht sogleich durch das Rekursgericht selbst erfolgten, sondern, was im Ergebnis auf das gleiche hinauskommt, dem Erstgericht aufgetragen wurde. Überweisungsbeschlüsse der in Frage stehenden Art unterliegen aber nach § 514 ZPO. der Anfechtung. Der Revisionsrekurs der betreibenden Gläubigerin gegen die in Form eines Aufhebungsbeschlusses gefällte Rekursentscheidung ist daher zulässig, doch ist er sachlich nicht begrundet.
Zu Unrecht stellt die Rechtsmittelwerberin darauf ab, ob für das Erstgericht dessen Unzuständigkeit im Zeitpunkt der Einbringung des Exekutionsantrages erkennbar war, und vertritt hiezu die Ansicht, das Erstgericht bleibe, falls es seine Unzuständigkeit nicht habe erkennen können, zuständig, auch wenn sich nachträglich ein anderer als der fälschlich angenommene Wohnort des Verpflichteten herausstelle. Daß es sich nicht so verhält, ergibt sich aus § 44 (1) JN., wonach die Unzuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen ist. Schon gar nicht aber kann es darauf ankommen, daß die Rechtsmittelwerberin, wie sie geltend macht, aus Kostengrunden am Unterbleiben einer Nichtigerklärung des vor dem Erstgericht stattgefundenen Verfahrens ein rechtliches Interesse habe. Denn ob eine Verfahrensnichtigkeit besteht oder nicht besteht, hängt allein von objektiven Gegebenheiten ab, nicht aber davon, ob sie einem Verfahrensbeteiligten zum Nachteil gereicht oder ob ihr ein Verschulden zugrunde liegt, in welch letzterem Zusammenhang nur nebenher bemerkt sei, daß die betreibende Partei die Einbringung des Exekutionsantrages gegen den darin mit richtiger Adresse angegebenen Verpflichteten beim unzuständigen Gericht lediglich ihrer eigenen Unaufmerksamtkeit zuzuschreiben hat.
Bei all dem ist allerdings nicht zu übersehen, daß der betreibenden Partei durch den Nichtigkeitsausspruch des Rekursgerichtes die Priorität des Forderungspfandes verloren gehen kann, und daß sich in der Rechtsprechung zu § 44 JN. verschiedentlich die Auflassung findet, es blieben bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit die vom unzuständigen Gericht getroffenen Maßnahmen aufrecht. Dies besagen u. a. die Entscheidungen SZ. XXV 309 und 8 Ob 340/65 = RiZ. 1966 S. 102 für das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung und die Entscheidung 1 Ob 46, 47/66 = JBl. 1967 S. 531 für das Anhalteverfahren nach der Entmündigungsordnung. Nach den auf die eben angeführte Judikatur betreffend einstweilige Verfügungen sowie auf Pollak, System[2] III S. 859, gestützten Erläuterungen zu § 4 EO. im Kommentar von Neumann - Lichtblau[4] S. 170, 171, dürfe eine auch noch nicht rechtskräftige Exekutionsbewilligung, soweit sie die Begründung eines Pfand- oder Befriedigungsrechtes zur Folge hat, nicht aufgehoben werden. Hiebei wird im Wege eines Größenschlusses darauf verwiesen, daß das Drittverbot nach § 379 (3) Z. 2 EO. keine stärkere Wirkung haben könne als das Zahlungsverbot nach § 294 (1) EO., eine Erwägung, die deshalb bedenklich erscheint, weil die als Argument gebrauchte Schlußfolgerung nicht aus dem auszulegenden Gesetz, nämlich der Bestimmung des § 44 JN., und den mit ihr zusammenhängenden gesetzlichen Vorschriften gezogen wird, sondern aus einer hiezu ergangenen Rechtsprechung, noch dazu aus einer solchen, die, worauf noch zurückzukommen sein wird, nicht einhellig ist. Daß nach § 44 (3) JN. die dort bezeichneten Verfügungen vom unzuständigen Gericht angeordnet werden können, soll zufolge Neumann - Lichtblau a. a. O. nicht nur unter der im Gesetz genannten Voraussetzung gelten, daß dieses Gericht keinen Überweisungsbeschluß faßt, sondern, argumento e silentio, auch im Falle der Zurückweisung eines Antrages wegen Unzuständigkeit oder im Falle der Überweisung. Tatsächlich kann jedoch von einem diesbezüglichen Schweigen des Gesetzes keine Rede sein. Vielmehr ergibt sich aus §§ 477 (1) Z. 3, 514 (2) ZPO. und § 78 EO. völlig eindeutig, daß ein Exekutionsbewilligungsbeschluß zur Gänze nichtig ist, wenn er von einem unzuständigen Gericht gefaßt wurde, das im Hinblick auf § 51 EO. auch durch ausdrückliche Parteienvereinbarung nicht zuständig gemacht werden kann. Vor diesem Hintergrund stellt sich § 44 (3) JN. als Ausnahmevorschrift dar. Von ihrem Wortlaut nicht betroffene Fälle wie der der Antragsüberweisung wurden vom Gesetz nicht schweigend übergangen, sondern der vorstehend zitierten Nichtigkeitsbestimmung unterstellt. Daß dabei im Einzelfall ein betreibender Gläubiger zu Schaden kommen kann, vermag an dieser eindeutigen Gesetzeslage nichts zu ändern und bedeutet übrigens durchaus nichts Ungewöhnliches, da ja auch sonst nachteilige Auswirkungen, die die Inanspruchnahme eines unzuständigen Gerichtes durch den Rechtsschutzwerber auf dessen Rechtsverfolgung nach sich zieht, von diesem zu tragen sind, mag ihn am Zuständigkeitsmangel ein Verschulden treffen oder nicht. Auf Grund dieser Überlegungen ist die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes wegen dessen unheilbarer Unzuständigkeit zur Gänze als nicht zu beurteilen; zur Annahme einer nur teilweisen, die Forderungspfändung nicht berührenden Nichtigkeit bietet das Gesetz keinen Raum. Dieser Rechtsmeinung entsprechen im übrigen auch die Entscheidungen 3 Ob 134/65 und 3 Ob 382/32 = ZBl. 1932 Nr. 313. Nur der Vollständigkeit halber sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen Faschings in seinem Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen I S. 280 Anm. 2 (1) zu § 44 JN. zu erwähnen, wonach anläßlich der amtswegigen Überweisung eines Exekutionsverfahrens außer den rechtskräftigen Beschlüssen des unzuständigen Gerichtes auch die bereits vollzogenen Exekutionsakte weiterhin rechtswirksam seien, und diese Ansicht mit der vorzitierten Entscheidung ZBl. 1932 Nr. 313 belegt wird. Diese sagt aber hinsichtlich der vollzogenen, nicht rechtskräftigen Exekutionsakte gerade das Gegenteil.
Anmerkung
Z41180Schlagworte
Exekutionsbewilligung, vom unzuständigen Exekutionsgericht erlassene„ Nichtigkeit, Exekutionsgericht, unzuständiges, Nichtigkeit einer, Exekutionsbewilligung, Nichtigkeit einer Exekutionsbewilligung, unzuständiges, Exekutionsgericht, Unzuständigkeit des Exekutivgerichtes, Nichtigkeit einer, ExekutionsbewilligungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1968:0030OB00134.68.1218.000Dokumentnummer
JJT_19681218_OGH0002_0030OB00134_6800000_000