Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Elsigan als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schopf, Dr. Steinböck, Dr. Neperscheni und Kinzel als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Monika S*****, vertreten durch Dr. Otto Kern, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1.) Franz S*****, 2.) Eleonore S*****, vertreten durch Dr. Johannes Mayrhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung des Besuchsrechtes infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 12. November 1968, GZ 46 R 743/68-4, womit der Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 15. Oktober 1968, GZ 1 E 8581/68-2, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Auf Grund des vollstreckbaren und pflegschaftsbehördlich genehmigten Vergleiches vom 26. 6. 1968 (2 P 1048/63-60 des Bezirksgerichtes Favoriten) beantragte die betreibende Gläubigerin zur Erzwingung des Anspruches auf Gewährung des Besuchsrechtes und auf Übergabe der mj. Karin S***** am 1. und 3. Samstag eines Monats wider die Verpflichteten die Bewilligung der Exekution nach § 354 EO. Der Erstrichter bewilligte die beantragte Exekution. Infolge des Rekurses der Verpflichteten änderte das Rekursgericht den erstrichterlichen Beschluß dahin ab, daß es den Exekutionsantrag abwies. Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung von Ansprüchen in Angelegenheiten der Pflege und Erziehung von Kindern seien nicht im Exekutionsverfahren, sondern vom Außerstreitrichter gemäß § 19 Abs 1 AußStrG zu treffen. Dies sei auch dann der Fall, wenn dem Exekutionsantrage kein Beschluß des Pflegschaftsrichters, sondern ein das Besuchsrecht regelnder Vergleich zugrunde liege, den die Parteien vor dem Pflegschaftsrichter oder vor einem anderen Gericht geschlossen haben. Eine Exekutionsführung nach § 354 EO sei daher unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Gläubigerin gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist nicht begründet.
Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß sich das Exekutionsverfahren grundsätzlich nicht zur Durchsetzung von Titeln in Frage der Pflege und Erziehung von Kindern eignet, stimmt überein mit Lehre (Neumann-Lichtblau Komm4 S 80 ff) und wiederholten Entscheidungen (EvBl 1968 Nr 97 S 160 = RiZ 1967 S 132, 3 Ob 36/68, 3 Ob 116/68, 7 Ob 39/68). Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf diese Belegstellen verwiesen.
Der Ansicht der betreibenden Gläubigerin, dieser Rechtssatz könne auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden, weil dem Exekutionsantrag nicht eine "Verfügung" des Außerstreitrichters als Titel zugrunde liege, sondern ein vor dem Außerstreitrichter geschlossener Vergleich, kann nicht gefolgt werden. Aus dem Zweck des Gesetzes ergibt sich, daß das Wort "Verfügung" in § 19 Abs 1 AußStrG nicht eng und buchstäblich ausgelegt werden darf, daß vielmehr einer Verfügung auch ein gerichtlich genehmigter Vergleich der Kindeseltern gleichzuhalten ist (Neumann-Lichtblau Komm4 S 81). Eine andere Auslegung würde zu dem durch keine sachlichen Erwägungen zu rechtfertigenden Ergebnis führen, daß zur Durchsetzung vergleichsweise geregelter Fragen der Pflege und Erziehung von Kindern der erheblich schwierigere und längere Weg einer Exekutionsführung nach § 354 EO eingeschlagen werden müßte, während in den gleichen Fragen ergangene Beschlüsse nach § 19 Abs 1 AußStrG durchgesetzt werden könnten.
Die rechtlichen Erwägungen, aus denen das Rekursgericht den Exekutionsantrag abwies, sind daher unbedenklich.
Der Kostenausspruch stützt sich auf §§ 40, 50 ZPO, § 78 EO.
Anmerkung
E76135 3Ob2.69European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1969:0030OB00002.69.0115.000Dokumentnummer
JJT_19690115_OGH0002_0030OB00002_6900000_000