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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, geboren 1982, vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Richard Soyer u. a., Rechtsanwälte in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. Oktober 2004, Zl. III-1181276/FrB/04 (Aufenthaltserlaubnis), betreffend Versagung einer Aufenthaltserlaubnis, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 21. Oktober 2004 wurde der am 28. September 2004 vom Beschwerdeführer gestellte Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei mit einem Touristenvisum, ausgestellt von "der deutschen Botschaft", gültig vom 8. September bis zum 29. September 2004, über Berlin nach Österreich eingereist. Er halte sich derzeit nicht rechtmäßig in Österreich auf. Gegen ihn sei eine Ausweisung erlassen worden. Am 28. September 2004 habe er über das Polizeikommissariat Ottakring einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung" eingebracht. Solche Anträge seien vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 94 Abs. 3 FrG ist gegen die Versagung einer Erstaufenthaltserlaubnis eine Berufung nur zulässig, insoweit der Berufungswerber geltend macht, den Aufenthaltstitel zur Fortsetzung bestehenden Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK zu benötigen. Dies hat der Beschwerdeführer vorliegend nicht getan. Da somit der Instanzenzug erschöpft ist, erweist sich die Beschwerde gegen den Bescheid der Erstbehörde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG als zulässig.
2.1. § 14 Abs. 2 FrG idF der FrG-Novelle 2002, BGBl. I Nr. 126, hat folgenden Wortlaut:
"Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht erteilt hätte werden können (§ 13 Abs. 3). Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für kurzfristig beschäftigte Fremde (§ 5 AuslBG) kann nach der Einreise gestellt werden, wenn der Fremde an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt ist. Liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 vor, kann der Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland gestellt werden."
Bei dem ersten Satz dieser Bestimmung handelt es sich um eine Anordnung an die Behörde, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich auch im Ausland abzuwarten ist. Bei einem entgegen dieser Bestimmung gestellten Antrag kommt eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. unter Bedachtnahme auf die im § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0407, mwN.)
2.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe im Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich am 8. September 2004 nicht nur über ein Touristenvisum, sondern auch über ein bis zum 28. Februar 2005 von der Republik Zypern ausgestelltes Visum ("Temporary Residence Permit" vom 22. März 2004) verfügt. Er komme aus dem Teil Zyperns, welcher der Europäischen Union beigetreten sei, habe sich bereits in Zypern aufgehalten und dort studiert und daher angenommen, auch in Österreich studieren zu können. Er habe über einen zypriotischen Aufenthaltstitel verfügt, der den Beschwerdeführer gemäß § 31 Abs. 1 Z. 3 FrG auch zum rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich berechtigt habe. Die Abweisung seines Antrages gemäß § 14 Abs. 2 FrG sei rechtswidrig.
Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht.
Gemäß § 31 Abs. 1 Z. 3 FrG hält sich ein Fremder rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn er Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels ist. Gemäß den Begriffsbestimmungen des § 1 Abs. 7 und Abs. 8 FrG ist ein Vertragsstaat ein Staat, für den das Übereinkommen vom 28. April 1995 über den Beitritt Österreichs zum Schengener Durchführungsübereinkommen, BGBl. III Nr. 90/1997, (im Folgenden: SDÜ) in Kraft gesetzt ist. Zu den Vertragsstaaten gehört auch Zypern (vgl. die Kundmachung des Bundeskanzlers vom 30. April 2004, BGBl. III Nr. 20/2004). Gemäß Art 1 SDÜ ist ein Aufenthaltstitel jede von einem Vertragsstaat ausgestellte Erlaubnis gleich welcher Art, die zum Aufenthalt in dessen Hoheitsgebiet berechtigt. Hiezu zählen nicht die befristete Zulassung zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien im Hinblick auf die Prüfung eines Asylbegehrens oder eines Antrages auf eine Aufenthaltserlaubnis. Somit ist das am 22. März 2004 von der Republik Zypern ausgestellte und bis zum 28. Februar 2005 gültige Visum ein von einem Vertragsstaat ausgestellter Aufenthaltstitel.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Jänner 2001, Zl. 2000/18/0238, dargelegt hat, ist § 31 Abs. 1 Z. 3 FrG im Hinblick auf das SDÜ, das durch die Kundmachung im Bundesgesetzblatt zu einer innerstaatlich verbindlichen Norm geworden ist, zu interpretieren, zumal nach dem Willen des Gesetzgebers mit dem FrG u.a. eine Anpassung der österreichischen Rechtslage an europäische Standards, insbesondere an das Schengener Vertragswerk, erreicht werden sollte (Erläuterungen zur RV betreffend ein Fremdengesetz, 685 BlgNR 20. GP, 50). Ein von einem Vertragsstaat ausgestellter Aufenthaltstitel berechtigt daher nach dem Sinn des § 31 Abs. 1 Z. 3 FrG nur insoweit zum Aufenthalt in Österreich, als dies im SDÜ vorgesehen ist. Der Beschwerdeführer ist Drittausländer gemäß Art 1 SDÜ. Der Reiseverkehr dieser Personen innerhalb der Vertragsstaaten ist in den Art 19 ff SDÜ geregelt.
Art. 21 SDÜ lautet:
"Artikel 21
(1) Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.
(2) Das gleiche gilt für Drittausländer, die Inhaber eines von einer der Vertragsparteien ausgestellten vorläufigen Aufenthaltstitels und eines von dieser Vertragspartei ausgestellten Reisedokuments sind.
(3) Die Vertragsparteien übermitteln dem Exekutivausschuss die Liste der Dokumente, die sie als Aufenthaltserlaubnis oder vorläufigen Aufenthaltstitel und als Reisedokument im Sinne dieses Artikels ausstellen.
..."
Selbst auf Grund eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels könnte sich der Beschwerdeführer daher auf Grund dieses Titels und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet Österreichs bewegen.
Mit Blick auf § 14 Abs. 2 FrG kann weder ein Aufenthaltstitel eines Mitgliedstaates noch ein rechtmäßiger Aufenthalt auf Grund des Art 21 Abs. 1 SDÜ einem inländischen Aufenthaltstitel gleichgehalten werden, an den ein Folgeantrag eines Drittstaatsangehörigen im Sinn des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG anschließen könnte, zumal ein sichtvermerksfreier rechtmäßiger Aufenthalt auf Grund des Art 21 Abs. 1 SDÜ dem Erfordernis des "Abwartens" im Verständnis des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG entgegensteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2000, Zl. 2000/19/0013).
Da die Beschwerde im Übrigen nicht bestreitet, dass der Beschwerdeführer noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung für Österreich verfügt hat, sich seit seiner Einreise am 8. September 2004 hier aufhält und am 28. September 2004 bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung gestellt hat, hat die belangte Behörde den Antrag gemäß § 14 Abs. 2 FrG zutreffend abgewiesen.
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. April 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005180093.X00Im RIS seit
04.05.2005