TE OGH 1969/4/16 5Ob40/69

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Veröffentlicht am 16.04.1969
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Norm

EO §10a
JN §42
ZPO §204
ZPO §240
ZPO §477 (1) Z6

Kopf

SZ 42/52

Spruch

Ein im Scheidungsverfahren geschlossener Unterhaltsvergleich, durch den ein Bruchteilstitel für ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit geschaffen wurde, steht einer Unterhaltsklage nicht entgegen.

Entscheidung vom 16. April 1969, 5 Ob 40/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Salzburg; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.

Text

Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Beklagten wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Dezember 1966 geschieden. Im Zuge des Scheidungsverfahrens schlossen die Klägerin und der Beklagte am 23. Dezember 1966 einen Vergleich, dessen Vereinbarungen - soweit sie hier von Belang sind - lauten:

Der Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin als Unterhaltsbetrag 33% seines Nettoeinkommens aus seinem Arbeits- oder Dienstverhältnis sowie 33% seines sonstigen wie immer Namen habenden Nettoeinkommens ab 1. Jänner 1967 zu bezahlen.

Dem Beklagten stehen auf Grund von Verlagsverträgen mit verschiedenen Verlägen Honoraransprüche zu, deren Abrechnung jeweils für ein Kalenderjahr im folgenden März oder April zu geschehen hat. Vom Verlag D. erhielt der Beklagte im Jahre 1967 10.032 S für das Jahr 1966, vom Verlag H. im Jahre 1967 für das Jahr 1966 3889.99 S.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihr den Betrag von 4593.95 S samt 4% Zinsen seit 4. November 1967 zu bezahlen. Die Klage wird darauf gestützt, daß der Beklagte die Zahlung von 33% der Honoraranteile, die ihm aus seiner freiberuflichen Tätigkeit zugekommen seien, verweigere.

Der Beklagte wendet ein, daß es sich bei den ihm im März 1967 ausgezahlten Honorarbeträgen um Tantiemen handle, die bereits im Jahre 1966 verdient, aber erst im Jahre 1967 ausbezahlt worden seien. Nach dem Willen der Parteien sollten der Klägerin nur die ab 1. Jänner 1967 verdienten und fälligen Honorarbeträge in der Höhe von 33% zustehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es nahm als erwiesen an, daß nach der Absicht der am Unterhaltsvergleich beteiligten Parteien die Klägerin 33% des wie immer Namen habenden Einkommens des Beklagten erhalten sollte, welches ab 1. Jänner 1967 verdient werde.

Rechtlich würdigte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß die Honorare aus den Verlagsverträgen mit dem Verkauf der einzelnen Exemplare verdient seien. Wenn die Verrechnung zu einem späteren Zeitpunkt erfolge, so ändere das nichts daran, daß es sich um ein im Jahre 1966 verdientes Honorar handle.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Prozeßgerichtes dahin ab, daß der Beklagte schuldig erkannt wurde, der Klägerin den Betrag von 4593.95 S samt 4% Zinsen seit 4. November 1967 zu bezahlen. Das Gericht zweiter Instanz stellte auf Grund einer Wiederholung der Beweise fest, daß ein vom Wortlaut des Vergleiches abweichender übereinstimmender Parteiwille nicht bestanden habe. Darüber was unter dem ab 1. Jänner 1967 verdienten Einkommen zu verstehen sei, sei zwischen dem Kläger und der Beklagten nichts gesprochen worden. Auch ein Schriftwechsel habe darüber nicht stattgefunden. Daß die dem Beklagten auf Grund der Verlagsverträge im Jahre 1967 zugekommenen Beträge für die im Jahre 1966 verkauften Bücher nicht zu dem zählen, was seit 1. Jänner 1967 verdient worden sei, stelle die nicht geäußerte Meinung des Beklagten und seines Vertreters dar. Die Klägerin sei der gegenteiligen Auffassung gewesen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß nach der Fassung des Vergleiches, unter dem wie immer Namen habenden Nettoeinkommen ab 1. Jänner 1967, nur das verstanden werden könne, was nach diesem Zeitpunkt fällig geworden und vom Beklagten eingenommen worden sei. Die Fälligkeit des Anspruches des Beklagten sei, da die Abrechnung erst im März oder April 1967 zu erfolgen hatte, erst im März oder April 1967 eingetreten. Früher hätte der Beklagte seinen Anspruch gegenüber dem Verlag nicht geltend machen können. Für diese Auslegung des Vergleiches spreche auch der Umstand, daß der Beklagte seiner Ehefrau, die an den Werken mitgearbeitet habe, während des aufrechten Bestandes der Ehe aus freien Stücken ein Drittel seiner Nebeneinkünfte überlassen habe. Es bestehe kein Grund für die Annahme, daß die Klägerin nach der Scheidung der Ehe ihren Anteil für das Jahr 1966 verlieren sollte. Der Klagsanspruch sei daher nicht nur bei einer wörtlichen, sondern auch bei einer sinngemäßen Auslegung des Vergleiches gerechtfertigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision ist zulässig, da die Frage zu beurteilen ist, ob und inwieweit die Bemessung des Unterhaltes von der Auslegung einer vertraglichen Regelung, nämlich dem zwischen den Eheleuten im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleich abhängt. Somit liegt keine Bemessungsfrage vor (Jud. 60 neu in SZ. XXVII 177 u. a.).

Es steht aber auch nicht der gerichtliche Vergleich vom 23. Dezember 1966 der Geltendmachung des Anspruches im ordentlichen Rechtsweg entgegen. § 10a EO. läßt die sogenannte Bruchteilsexekution nur zu, wenn der Unterhalt in Bruchteilen der Bezüge des Verpflichteten aus einem "Dienst- oder Arbeitsverhältnis" geschuldet wird. Der geltend gemachte Anspruch rührt aber nicht aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Beklagten, sondern aus seinem sonstigen Nettoeinkommen her. Bei Bezügen auf Grund einer selbständigen Erwerbstätigkeit - im vorliegenden Fall auf Grund von Verlagsverträgen - stellt ein Bruchteilstitel, wie der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Neumann - Lichtblau, Kommentar zur Exekutionsordnung[4] S. 255, 258) ausgesprochen hat (ZBl. 1936 Nr. 153 sowie die auf S. 186 der EO. MGA[10] unter Nr. 3 a, 3 b und 3 c angeführte Judikatur), selbst dann keinen vollstreckbaren Exekutionstitel dar, wenn er in einen gerichtlichen Vergleich aufgenommen wurde. Soweit die Ansprüche der Klägerin sich somit nicht auf das Einkommen des Beklagten aus seinem Dienstverhältnis erstrecken, können sie nicht im Exekutionsverfahren durchgesetzt werden und steht für ihre Geltendmachung der ordentliche Rechtsweg offen (SZ. VIII 252).

Bezüglich der vom Beklagten im Unterhaltsvergleich vom 23. Dezember 1966 übernommenen Verpflichtung, der Klägerin neben einem Anteil aus seinem Arbeitsverdienst 33% seines sonstigen, wie immer Namen habenden Nettoeinkommens ab 1. Jänner 1967 zu bezahlen, ist gemäß § 914 ABGB. bei der Auslegung von Verträgen die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Versagt dabei - wie im vorliegenden Fall - die Erforschung des Parteiwillens, dann ist nach dem zweiten Satzteil des § 914 ABGB. die Verkehrsübung heranzuziehen. Das führt allenfalls, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (SZ. XXXVI 89, SZ. XXXIX 216 u. a.), zur Ergänzung des Vertrages um das, was für den eingetretenen, nicht vorgesehenen Fall nach Treu und Glauben sowie nach dem im Vertrag für die ins Auge gefaßten Verhältnisse ausgedrückten Willen zwischen den Parteien rechtens sein soll (Gschnitzer in Klang[2] IV/1 407 ff.).

Entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers ist unter dem was immer für Namen habenden Nettoeinkommen ab 1. Jänner 1967 nach der Übung des Verkehrs nicht erst das durch eine Tätigkeit seit 1. Jänner 1967 erzielte Einkommen zu verstehen. Unter das Nettoeinkommen ab 1. Jänner 1967 fallen vielmehr auch alle Einkünfte aus einer früher ausgeübten Erwerbstätigkeit, die ab 1. Jänner 1967 fällig werden. Das ergibt sich auf Grund der Bestimmung des § 2 EStG. Nach der angeführten Gesetzesstelle bemißt sich die Einkommensteuer nach dem Einkommen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres "bezogen" hat. Es ist somit der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten im Kalenderjahr ihres Bezuges maßgebend (Pucharski - Jiresch, Einkommensteuer[7] Anm. 4 b und c zu § 2 EStG.). Ebenso sind bei der Ermittlung des Anspruches des Unterhaltsberechtigten nach § 10a EO. in die Berechnungsgrundlage die gesamten Bezüge des Unterhaltspflichtigen einzubeziehen, auf die der Verpflichtete für den in Betracht kommenden Zeitraum Anspruch hat (Neumann - Lichtblau, Kommentar zur Exekutionsordnung[4] S. 263, 264). Damit wird auch beim Bruchteilstitel aus einem Arbeitseinkommen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches, somit auf den Fälligkeitszeitpunkt Bedacht genommen. Auch Nachzahlungen oder Abfindungen werden in dem Monat voll berücksichtigt, in dem sie fällig werden (Neumann - Lichtblau, a.a.O. S. 264). Fällig war aber das Honorar des Beklagten für die im Jahre 1966 umgesetzten Exemplare seiner Werke erst im März oder April 1967.

Dem steht auch nicht entgegen, daß es dem Beklagten freistand, durch eine andere Vereinbarung mit dem Verlag einen anderen Zeitpunkt für die Fälligkeit seiner Ansprüche festzusetzen. Auszugehen ist von der bestehenden Vereinbarung.

Allein dem Revisionswerber ist beizupflichten, daß nach den im Vergleich vom 23. Dezember 1966 getroffenen Abreden nur sein wie immer Namen habendes Nettoeinkommen ab 1. Jänner 1967 zu berücksichtigen ist. Eine Erörterung darüber, welche Steuern der Beklagte von dem ihm zukommenden Betrag von insgesamt 13.921.09 S zu entrichten hat, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht deshalb abgelehnt werden, weil der Beklagte keine hinreichenden Anträge gestellt hat. Aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1966 ergibt sich, daß der Beklagte für seine Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit besteuert wird. Das Fehlen von Feststellungen über die von dem Betrag von 13.921.09 S zu entrichtenden Steuern bildet einen auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruhenden Feststellungsmangel, sodaß die Rechtssache noch nicht spruchreif ist.

Anmerkung

Z42052

Schlagworte

Bruchteilstitel, Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, Ehescheidungsverfahren, Unterhaltsklage nach Vergleich im -, Einkommen, Bruchteilstitel für - aus selbständiger Erwerbstätigkeit, Erwerbstätigkeit, Bruchteilstitel für Einkommen aus selbständiger -, Exekutionstitel, Bruchteilstitel für Einkommen aus selbständiger, Erwerbstätigkeit, Selbständige Erwerbstätigkeit, Bruchteilstitel für Einkommen aus -, Unterhaltsvergleich, Unterhaltsklage nach - im Scheidungsverfahren, Vergleich, Unterhaltsklage nach - im Scheidungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1969:0050OB00040.69.0416.000

Dokumentnummer

JJT_19690416_OGH0002_0050OB00040_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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