TE OGH 1969/4/22 4Ob18/69

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Veröffentlicht am 22.04.1969
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Norm

Angestelltengesetz §8 (3)
Strafprozeßordnung §175 (1) Z2

Kopf

SZ 42/56

Spruch

Wird das Klagebegehren nur wegen Bestehens einer Gegenforderung abgewiesen, dann kann der Ausspruch über die eingeklagte Forderung nur im Falle eines mehrgliedrigen Urteils in Rechtskraft erwachsen.

Entscheidung vom 22. April 1969, 4 Ob 18/69.

I. Instanz: Arbeitsgericht Liezen; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Der Kläger wurde am 18. März 1961 vom Beklagten als Bauingenieur angestellt. Am 15. Juni 1964 kundigte er das Dienstverhältnis für den 30. September 1964 auf. Am 9. Juli 1964 erklärte er seinen vorzeitigen Austritt mit der Begründung, daß der Beklagte ihm das Entgelt ungebührlich vorenthalte. In der am 7. Oktober 1964 beim Arbeitsgericht Liezen zu Cr ../64 erhobenen Klage machte der Kläger an restlichen Gehaltsansprüchen für Juni 1964, an Kündigungsentschädigung für die Zeit vom Juli bis September 1964, an aliquotem Urlaubs- und Weihnachtsentgelt und Urlaubsentschädigung für 12 Tage nicht verbrauchten Urlaubs insgesamt 22.144.80 S s. A. geltend. Hievon brachte der Kläger selbst eine Darlehensschuld an den Beklagten mit einem Kapitalsbetrag von 20.000 S und einen Zinsenbetrag von 1498 S, zusammen daher 21.498 S, in Abzug, sodaß er in der Klage einen Betrag von 646.80 S s. A. begehrte. Das Arbeitsgericht Liezen hat mit Urteil vom 9. Februar 1966, Cr ../64- 15 dieses Begehren mit der Begründung abgewiesen, daß sich die restliche Darlehensschuld auf 22.198 S belaufe, sonach höher sei als die an sich zu Recht bestehenden Ansprüche des Klägers von 22.144.80 S. Der Kläger berief und dehnte das Klagebegehren (Entschädigung für den auch im Jahre 1963 nicht verbrauchten Urlaub) auf 2130.80 S aus. Das Kreisgericht Leoben als Berufungsgericht hat mit Urteil vom vom 23. Mai 1966, 1 Cg ../66-24, die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Liezen bestätigt, weil nach seiner Meinung die Darlehensschuld des Klägers dessen Ansprüche wegen des berechtigten vorzeitigen Austrittes überstieg.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger vom Beklagten Bezahlung von 17.139.95 S s. A., eingeschränkt auf 16.482.80 S s. A. mit der Begründung, daß er bei Gewährung des Darlehens von 25.000 S dem Beklagten ein Blankoakzept übergeben habe, welches dieser nur dann auf den jeweils noch offenen Darlehensbetrag auszufüllen und fällig zu stellen gewesen wäre, wenn der Kläger seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Zufolge der vorgenommenen Aufrechnung habe die Darlehensschuld am Tage seines Austrittes nur mehr 1580.05 S betragen. Dennoch habe der Beklagte den akzeptierten Blankowechsel vereinbarungswidrig auf 15.777.52 S ausgefüllt und an die Bezirkssparkasse L. weitergegeben, die gegen den Kläger einen Wechselzahlungsauftrag erwirkt und zur Hereinbringung der Wechselschuld Exekution geführt habe, sodaß er schließlich einen Betrag von 18.720 S zur Abdeckung von Kapital, Zinsen und Kosten bezahlen mußte. Abzüglich der noch offenen Darlehensschuld an den Beklagten von 2237.20 S ergebe sich die eingeschränkte Klagsforderung von 16.482.80 S.

Der Beklagte hat die Behauptung einer vereinbarungswidrigen Ausfüllung und Weitergebung des Blankoakzeptes bestritten und vorgebracht, daß der Kläger unberechtigt vorzeitig ausgetreten sei, weshalb zumindest der Betrag von 15.777.52 S als offener Darlehensrest mit der Beendigung des Dienstverhältnisses zur Zahlung fällig geworden sei. Durch den unbegrundeten vorzeitigen Austritt des Klägers sei dem Beklagten auch ein Schaden in der Höhe der Klagsforderung entstanden, welcher aufrechnungsweise eingewendet wurde. Als weitere Gegenforderung hat der Beklagte einen Schaden von 10.000 S eingewendet, der ihm dadurch entstanden sei, daß der Kläger ein ihm überlassenes Dienstfahrzeug dritten Personen weitergegeben habe, die es schwer beschädigten.

Das Erstgericht hat mit Urteil vom 15. Juli 1968, Cr ../67-10, die Forderung des Klägers mit 16.482.80 S, die Gegenforderung des Beklagten mit 1600 S als zu Recht bestehend festgestellt und den Beklagten zur Bezahlung des Differenzbetrages s. A. verurteilt.

Gegen das Ersturteil haben beide Teile, soweit sie unterlegen sind, berufen.

Das Berufungsgericht gab mit Urteil vom 15. Jänner 1969, 1 Cg ../68- 16, der Berufung des Beklagten nicht Folge, gab aber der Berufung des Klägers Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es aussprach, daß die Klagsforderung mit 16.482.80 S zu Recht bestehe, daß die Aufrechenbarkeit der vom Beklagten einredeweise bis zur Höhe der Klagsforderung geltend gemachten Gegenforderung nicht gegeben sei und verurteilte den Beklagten zur Bezahlung von 16.482.80 S s.

A.

Das Berufungsgericht hat nach Neudurchführung der Verhandlung auf Grund des Aktes Cr ../64 des Arbeitsgerichtes Liezen, der Akten über die Einklagung und Exekutionsführung zur Hereinbringung der Wechselschuld und der Parteienvernehmung des Klägers u. a. festgestellt:

Im Verfahren Cr ../64 des Arbeitsgerichtes Liezen hat das Kreisals Berufungsgericht Leoben im Urteil vom 23. Mai 1966 das Vorliegen des vom Kläger behaupteten Austrittsgrundes nach § 26 Z. 2 AngG. in objektiver und subjektiver Hinsicht mit der Begründung bejaht, daß dem Kläger fälliges Entgelt schuldhaft vorenthalten wurde. Das Berufungsgericht stellte die Ansprüche des Klägers an Restgehalt für Juni 1964, an Kündigungsentschädigung für die Zeit vom Juli bis September 1964 und an aliquotem Weihnachts- und Urlaubsgeld mit insgesamt 19.960.80 S fest. Gleichzeitig wurde jedoch festgestellt, daß die vom Kläger selbst in Abrechnung gebrachte Darlehensschuld s. A. am Austrittstag noch 22.198 S betragen habe. Deshalb wurde das Klagsbegehren des Klägers abgewiesen. Das Berufungsgericht ist in seinem Urteil im Vorprozeß davon ausgegangen, daß dem Kläger nicht ein Gehaltsvorschuß gewährt wurde, sondern ein Darlehen, zu dessen Sicherung der Kläger dem Beklagten ein Blankoakzept gegeben habe. Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, das Blankoakzept auszufüllen und die Darlehensforderung geltend zu machen, wenn der Kläger in Zahlungsverzug geraten sollte. Mit Schreiben vom 15. Juni 1964 habe der Kläger für den 30. September 1964 gekundigt. Im Antwortschreiben habe der Beklagte die Kündigung zur Kenntnis genommen und in Aussicht gestellt, daß er den Wechsel nicht nur per 30. September 1964 präsentieren, sondern bis dahin von den Lohnbezügen des Klägers entsprechend höhere Beträge einbehalten werde. Der Beklagte habe dann dem Kläger für Juni 1964 überhaupt kein Entgelt mehr ausgezahlt, auch nicht das am 1. Juli 1964 fällig gewordene Urlaubsentgelt. Hierauf habe der Kläger durch seinen Vertreter mit Schreiben vom 9. Juli 1964 unter Hinweis auf die Nichtzahlung fälliger Bezüge und auf die Bestimmung des § 26 Z. 2 AngG. erklärt, daß er das Dienstverhältnis zur sofortigen Auflösung bringe.

Noch vor Beendigung des Rechtsstreites Cr ../64 des Arbeitsgerichtes Liezen hat der Beklagte schon Anfang 1965 den ihm vom Kläger übergebenen Blankodeckungswechsel auf die Wechselsumme von 15.777.52 S ausgefüllt und an die Bezirkssparkasse L. weitergegeben. Über deren Antrag wurde vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Februar 1965 ein Wechselzahlungsauftrag über die Wechselsumme von 15.777.52 S s. A. erlassen, gegen welchen Wechselzahlungsauftrag der Kläger keine Einwendung erhoben hat. Im Zeitpunkt der Zustellung des Wechselzahlungsauftrages hat der Kläger eine längere Krankheit hinter sich gehabt und ist arbeitslos gewesen. Er hat damals für ein eheliches Kind mit 400 bis 500 S monatlich zu sorgen gehabt. Die Bezirkssparkasse L. hat gegen den Kläger Exekution geführt. Erst am 30. Oktober 1965 ist es dem Kläger möglich gewesen, die Wechselschuld s. A. in der Gesamthöhe von 18.720 S mit Hilfe seines Vaters zu bezahlen.

Das Berufungsgericht führte zur Berufung des Beklagten im vorliegenden Verfahren aus, daß es zwar grundsätzlich richtig sei, daß sich Art und Umfang der begehrten und zugesprochenen Rechtsfolge zunächst aus dem Urteilsspruch ergebe und daß nur dieser selbst das Ausmaß der rechtskräftigen Entscheidung bestimme. Da aber der gerichtliche Ausspruch notwendig auch eine rechtliche Individualisierung des Anspruches voraussetze und sich dieser häufig aus dem Urteilsspruch nicht erkennen lasse, seien in solchen Fällen auch die Entscheidungsgründe zur Auslegung heranzuzieen. Es dürften also nur die in den Entscheidungsgründen wiedergegebenen anspruchsbegrundend behaupteten Tatsachen, die vom Gericht als solche festgestellt wurden und der rechtliche Subsumtionsschluß zur Auslegung herangezogen werden. Bei der Abweisung eines Klagebegehrens enthalte der Urteilsspruch nur das Begehren und dessen Abweisung. Die rechtliche Qualifikation und die tatsächliche Substantiierung des Begehrens ergäben sich aus dem Tatsachenvorbringen des Klägers und aus den Urteilsfeststellungen, aus denen wieder die Tatsachen und die rechtlichen Schlußfolgerungen hervorgingen, auf Grund welcher das Begehren abgewiesen worden sei. Die Rechtskraftwirkung im Urteil des Vorprozesses erstrecke sich somit nicht bloß auf den aberkannten Saldobetrag, sondern auf die gesamten Klagsansprüche und die Gegenforderung, soweit sie zur Aufrechnung herangezogen wurde. Dies bedeute, daß auch für den vorliegenden Rechtsstreit ein Verschulden des Beklagten am vorzeitigen Austritt des Klägers anzunehmen sei, weil er dem Kläger fälliges Entgelt schuldhaft vorenthalten habe und somit der Austrittsgrund des § 26 Z. 2 AngG. sowohl in objektiver als auch in subjektiver Richtung vorgelegen sei. Aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils folge jedoch weiter, daß das vom Beklagten dem Kläger gewährte Darlehen von 25.000 S kein Gehaltsvorschuß, sondern ein reines in Monatsraten zu je 600 S abzustattendes Darlehen war, dessen Fälligkeit bei Auflösung des Dienstverhältnisses nicht eintreten sollte, und daß dem Beklagten das Recht, den ihm vom Kläger übergebenen und akzeptierten Blankowechsel auszufüllen und die Darlehensforderung geltend zu machen, vereinbarungsgemäß nur dann zustehen sollte, wenn der Kläger mit den Rückzahlungen in Verzug geriete. Schließlich sei zur Individualisierung des abweislichen Urteils aus dessen Gründen noch die Feststellung zu übernehmen, daß zufolge der vom Kläger selbst in Rechnung gestellten Darlehensschuld die Gegenüberstellung der dem Kläger zuerkannten Geldansprüche von 19.960.80 S mit der im Austrittszeitpunkt offenen Darlehensschuld von 22.198 S kein Guthaben des Klägers, sondern eine restliche Darlehensforderung von 2237.20 S ergeben habe. Daraus ergebe sich, daß der Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, den ihm vom Kläger übergebenen Blankowechsel schon Anfang 1965 auf die Wechselsumme von 15.777.52 S auszufüllen und an die Bezirkssparkasse L. weiterzubegeben. Da der Kläger seiner Ratenverpflichtung bis Juni 1964 nachgekommen war und er in seiner am 7. Oktober 1964 erhobenen Klage die gesamte offene Darlehensschuld als kompensable Gegenforderung des Beklagten gelten ließ, habe er sich im Zeitpunkt der Ausfüllung und Begebung des Blankodeckungswechsels Anfang 1965 nicht in Zahlungsverzug befunden. Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, zumindest den Ausgang des Rechtsstreites Cr ../64 des Arbeitsgerichtes Liezen abzuwarten; erst dann hätte er ohne Unrechtsbewußtsein den Blankodeckungswechsel auf den sich aus dem Verfahren ergebenden Darlehensrest ausfüllen und weiterbegeben dürfen. Dem Kläger sei bereits mit der vertragswidrigen Begebung des Wechsels und der dadurch bewirkten Entstehung der Wechselschuld ein Vermögensschaden entstanden, für den der Beklagte nach den §§ 1293 ff. ABGB. zu haften habe, Der Kläger habe beim vorliegenden Sachverhalt keine erfolgversprechenden Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag erheben können. Der vom Kläger erlittene Schaden bestehe aus dem ziffernmäßig nicht bestrittenen Betrag von

18.720 S, welchen der Kläger zur Befriedigung der Wechselgläubigerin aufwenden mußte. Da der Kläger aber auch in diesem Rechtsstreit eine Aufrechnung mit der noch offenen Darlehensschuld von 2237.20 S vorgenommen und nur mehr den dadurch verminderten Betrag eingeklagt habe, sei auszusprechen, daß die Klagsforderung mit 16.482.80 S zu Recht bestehe. Die Schadenersatzgegenforderung des Beklagten wegen angeblich unberechtigtem vorzeitigem Austritt des Klägers sei nicht spezifiziert worden. Sie gehe außerdem nicht von den Urteilsfeststellungen aus und übersehe, daß zufolge des festgestellten berechtigten vorzeitigen Austrittes des Klägers aus dem Dienstverhältnis dem Beklagten mangels eines Verschuldens des Klägers überhaupt kein Schadenersatzanspruch entstehen konnte, wozu noch komme, daß eine Aufrechnung mit der Klagsforderung und ebenso eine Aufrechnung der Gegenforderung von 10.000 S nicht Platz greifen könne. Durch die vertragswidrige Ausfüllung des Blankoakzeptes und dessen Weitergabe an die Bezirkssparkasse L. habe der Kläger eine Schadenersatzforderung erworben. Nach Lehre und Rechtsprechung finde selbst bei gleichartigen Gegenforderungen gegenüber einer Schadenersatzforderung, in die eine Forderung auf Herausgabe bestimmter Sachen infolge schuldbarer Nichterfüllung oder verschuldeter Unmöglichkeit der Leistung verwandelt worden sei, keine Aufrechnung statt. Im vorliegenden Fall sei das vertragswidrig weitergegebene Blankett als eine eigenmächtig entzogene Sache im Sinne des § 1440 zweiter Satz ABGB. anzusehen, nach welcher Gesetzesstelle aber eine Kompensation mit der an die Stelle des Herausgabeanspruches getretenen Schadenersatzforderung ausgeschlossen sei. Insoweit sei also der Berufung des Klägers Folge zu geben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und hob die Urteile der Untergerichte auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

In der Revision wird ausgeführt, daß das Berufungsgericht zu Unrecht die Feststellung des Erstgerichtes übernommen habe, daß der Kläger berechtigt war, das Dienstverhältnis gemäß § 26 AngG. vorzeitig aufzulösen. Beide Untergerichte hätten sich nicht mit der Einwendung des Beklagten auseinandergesetzt, daß er auf Grund des Verhaltens des Klägers berechtigt gewesen wäre, diesen fristlos zu entlassen. Die Bindungswirkung des Urteils im Verfahren Cr ../64 des Arbeitsgerichtes Liezen umfasse nicht die nur in den Gründen enthaltene Lösung von Vorfragen, daher nicht die Frage, ob der Kläger mit Recht das Dienstverhältnis vorzeitig aufgelöst habe und ob das Darlehen dem Kläger nicht nur auf die Dauer des Dienstverhältnisses gewährt wurde.

Diesen Ausführungen kann Berechtigung nicht abgesprochen werden. Zwar erstreckt sich die Rechtskraft des Urteils auf alle notwendigen logischen Folgerungen aus dem Urteil im Verhältnis zwischen den Parteien (RiZ. 1933 S. 262), die Gründe des Urteils sind auch für die Auslegung der Tragweite des Spruches heranzuziehen (SZ. XXV 121 u. a.) und auch ein abweisendes Urteil genießt Rechtskraft nach Maßgabe seines durch die Entscheidungsgründe bestimmten Inhaltes (Arb. Slg. 4658 u. a.).

Aus diesen Überlegungen folgt, daß dann, wenn die Abweisung des Klagebegehrens deshalb erfolgte, weil der zur Begründung dieses Begehrens herangezogene Rechtsgrund nicht gegeben ist, bei Beurteilung der Rechtskraft stets zu prüfen ist, welches der Rechtsgrund war, dessen Bestand vom Gerichte verneint wurde, was nur aus den Gründen zu ersehen ist, und daß die Entscheidung des Gerichtes über das Nichtvorliegen dieses Rechtsgrundes der Rechtskraft insofern teilhaftig wird, als eine neue Klage aus demselben Rechtsgrund nicht mehr eingebracht werden kann. Wird hingegen das Klagebegehren wie im vorliegenden Fall nur wegen des Bestandes einer Gegenforderung abgewiesen, beschränkt sich der zur Abweisung herangezogene Tatbestand lediglich auf die Bejahung einer Gegenforderung in der Höhe der eingeklagten Forderung und die lediglich in den Gründen zum Ausdruck kommende Feststellung über den Bestand und die Höhe dieser Forderung kann die Rechtskraft nicht teilhaftig werden. Der Ausspruch über die eingeklagte Forderung könnte nur im Falle eines mehrgliedrigen Urteils (die Forderung besteht mit dem Betrage von ... zu Recht, die Gegenforderung besteht bis zur Höhe der Forderung zu Recht, das Klagebegehren wird daher abgewiesen) in Rechtskraft erwachsen. Nur in diesem Falle könnte auch der Beklagte den Ausspruch über die Forderung anfechten, während ihm diese Möglichkeit bei einem eingliedrigen Urteil verschlossen ist, weil dieses Rechtsmittel wegen Mangel eines Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen werden müßte. Dies hat auch der Beklagte richtig erkannt, indem er aus diesen Erwägungen im Vorprozeß die Erhebung der Berufung unterließ und dann auch keine Revision erhob, aber in der Berufungsmitteilung den Standpunkt des Erstgerichtes, daß der vorzeitige Austritt des Klägers zu Recht erfolgt sei und ihm daher die Forderung auf Kündigungsentschädigung usw. zustehe, bekämpfte. Die Untergerichte hätten daher prüfen müssen, ob der Kläger mit Recht vorzeitig ausgetreten ist und ob ihm daher die im Vorprozeß geltend gemachten Ansprüche wegen berechtigter vorzeitiger Auflösung des Dienstverhältnisses zustanden.

Sollte festgestellt werden, daß der Kläger mit Grund vorzeitig ausgetreten ist, daß sein Austritt also nicht rechtswidrig war, so kann ihn, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, mangels Verschuldens kein Ersatz des Schadens treffen, den der Beklagte durch diesen vorzeitigen Austritt erlitten haben will. Daß auch der Beklagte ein Recht gehabt hätte, den Dienstvertrag vorzeitig zu lösen, mag sein. Er hat aber keine Einwendung nach § 32 AngG. erhoben. Er hat auch nicht behauptet, seinerseits den Kläger entlassen zu haben, sondern nur, daß er berechtigt gewesen wäre, den Kläger zu entlassen, daß ihm dieser aber mit der Kündigung zuvorgekommen sei. Eine solche Entlassung hätte der Beklagte zwar auch während der Kündigungsfrist jedenfalls aber nur während der Dauer des Dienstverhältnisses rechtswirksam aussprechen können, weil eine vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses nach dessen Beendigung schon rein begrifflich unmöglich ist.

Der Revision kann aber nicht gefolgt werden, daß der Kläger im Verfahren Cr ../64 des Bezirksgerichtes Liezen die Darlehensrestschuld dadurch fällig stellte, daß er sie aufrechnete. Durch seine Aufrechnungserklärung hat der Kläger nur seine Zustimmung gegeben, daß seine ihm zustehenden Entgeltsansprüche zur Deckung der Darlehensforderung des Beklagten verwendet werden können. Daß er die nur in Raten fällig gewesene Darlehensschuld ausdrücklich zur Gänze fällig stellte, hat nicht einmal der Beklagte behauptet. Die erwähnte Aufrechnungserklärung allein reicht nicht hin, nach § 863 ABGB. eine stillschweigende freiwillige Vorverlegung der Fälligkeit der restlichen Darlehensschuld und einen Verzicht auf Ratenabstattung, soweit das Darlehen durch Aufrechnung nicht getilgt wurde, anzunehmen.

Die Untergerichte werden daher auch zu prüfen haben, unter welchen Bedingungen dem Kläger ein Gehaltsvorschuß (ein Darlehen) gewährt wurde und was über die Rückzahlung desselben vereinbart wurde, insbesondere, ob für den Eintritt gewisser Umstände, etwa für Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Kläger, Terminsverlust vereinbart war.

Zur Nichtberücksichtigung seiner Gegenforderungen bringt der Beklagte in der Revision vor, daß das Berufungsgericht übersehen habe, daß sowohl er als auch der Kläger jeweils Schadenersatzansprüche aus dem Dienstverhältnis geltend machen. Das ist unrichtig. Der Kläger macht nicht einen Schadenersatzanspruch aus einem Dienstverhältnis, sondern Schadenersatz aus der widerrechtlichen Ausfüllung und Begebung eines Blankoakzeptes geltend. Diesbezüglich hat der Oberste Gerichtshof bereits bei gleicher Sachlage zu 4 Ob 75/65 = RiZ. 1966 S. 127, entschieden, daß ein vereinbarungswidrig weitergegebenes Blankett eine eigenmächtig entzogene Sache im Sinne des § 1440 (2) ABGB. sei und daß daher eine Kompensation mit der an die Stelle des Herausgabeanspruches getretenen Schadenersatzforderung ausgeschlossen sei.

In Stattgebung der Revision waren daher die Urteile der Untergerichte aufzuheben und dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung im aufgezeigten Sinn aufzutragen.

Anmerkung

Z42056

Schlagworte

Dienstnehmer, Haft als verschuldete Dienstverhinderung, Dienstverhinderung, Haft, Dienstvertrag, Haft als verschuldete Dienstverhinderung, Haft, verschuldete Dienstverhinderung, Schadenersatz, Haft als verschuldete Dienstverhinderung, Vertragsstrafe, Haft als verschuldete Dienstverhinderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1969:0040OB00018.69.0422.000

Dokumentnummer

JJT_19690422_OGH0002_0040OB00018_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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