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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A, geboren 1973, vertreten durch Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Doblhoffgasse 7/12, dieser vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in 2344 Maria Enzersdorf, Franz Josef-Straße 42/Hauptstraße 35, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28. Juli 2004, Zl. St 137/04, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr (der Erstbehörde) vom 24. Mai 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Nigeria, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen und gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.
2. Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 28. Juli 2004 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe gegen den erstinstanzlichen Bescheid folgende Berufungsschrift eingebracht:
"Hiemit lege ich gegen in Betreff genannten Bescheid innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung ein.
Begründung:
Der Bescheid ist rechtswidrig auf Grund von Verfahrensfehlern und Fehlern in der rechtlichen Beurteilung, auf denen die Ablehnung meines Asylbegehrens sowie die Feststellung, meine Abschiebung sei zulässig, beruhen.
Ich stelle daher den Antrag, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und meinem Asylgesuch antragsgemäß stattgegeben wird, sowie die Feststellung, dass meine Abschiebung unzulässig ist, da Abschiebungshindernisse nach § 57 FrG vorliegen.
Eine ausführliche schriftliche Begründung wird dieser Berufung in Kürze nachgereicht."
Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass § 63 Abs. 3 AVG nicht formalistisch ausgelegt werden dürfe, die Berufung jedoch wenigstens erkennen lassen müsse, was die Partei anstrebe und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaube. Wenn aus einer Berufung nicht einmal eine Andeutung darüber zu entnehmen sei, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides gelegen sein solle, fehle es an dem unabdingbaren Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages, weshalb die Berufung als unzulässig zurückzuweisen sei. Eine bloße "Berufung wegen Rechtswidrigkeit" ohne weitere Ausführung entspreche nicht dem Mindesterfordernis der genannten Bestimmung.
Aus der Berufungsschrift des Beschwerdeführers sei nicht zu ersehen, in welcher Hinsicht der bekämpfte Bescheid "unrichtig" sein solle. Ihr bloßer Hinweis darauf, dass "der Bescheid auf Grund von Verfahrensfehler oder Fehlern in der rechtlichen Beurteilung rechtswidrig ist", entbehre jeglicher Begründung. Die bloße "Berufung wegen Rechtswidrigkeit" ohne weitere Ausführungen entspreche nicht dem Mindesterfordernis des § 63 Abs. 3 AVG.
Überdies habe der Beschwerdeführer "den Antrag, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und Ihrem Asylgesuch antragsgemäß stattgegeben wird", gestellt. Es sei daher für die belangte Behörde überhaupt unklar, ob sich seine "Berufung wegen Rechtswidrigkeit" gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid oder gegen einen nicht näher definierten Asylbescheid richte.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 66 Abs. 4 erster Satz AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall (Behebung des bei ihr angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz), sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache zu entscheiden.
Eine Berufung darf nur dann zurückgewiesen werden, wenn sich der Entscheidung selbst formelle Hindernisse entgegenstellen (vgl. etwa die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 66 AVG E 38 zitierte hg. Judikatur).
Nach § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG idF der mit 1. Jänner 1999 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Bis zur Novellierung des AVG durch die genannte Novelle stellte das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages einen nicht behebbaren, zur Zurückweisung einer Berufung führenden Mangel dar. Im Gegensatz zu dieser Rechtslage stellt die Neufassung des § 13 Abs. 3 leg. cit. nicht mehr auf Formgebrechen ab, sondern ganz allgemein auf "Mängel". Damit sind auch solche Mängel, die bisher zur Zurückweisung zu führen hatten, wie etwa das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages, einer Verbesserung zuzuführen. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2004/18/0200, mwN.)
2. Selbst wenn man, wie die belangte Behörde, vom Fehlen eines begründeten Berufungsantrages ausgehen wollte (vgl. zum Vorliegen eines begründeten Berufungsantrages etwa die in Walter-Thienel, aaO, zu § 63 AVG E 127 ff, 156 zitierte hg. Judikatur; ferner das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/0946, mwN) - siehe dazu den als "Berufung" bezeichneten ergänzenden Schriftsatz vom 5. Juni 2004 -, berechtigte dies die belangte Behörde nicht dazu, die Berufung, ohne vorher gemäß § 13 Abs. 3 AVG in der obzitierten Fassung einen Mängelbehebungsauftrag erteilt zu haben, zurückzuweisen (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis Zl. 2004/18/0200, mwN).
3. Dies hat die belangte Behörde verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist.
4.
Demzufolge war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
5.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 5. April 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005180021.X00Im RIS seit
04.05.2005