TE OGH 1969/11/11 8Ob221/69

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Veröffentlicht am 11.11.1969
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Norm

Geschäftsordnung für die Gerichte §545 (3)
ZPO §391
ZPO §411

Kopf

SZ 42/168

Spruch

Hat der Beklagte eine Gegenforderung geltend gemacht und wird der Urteilsspruch gemäß § 545 Abs. 3 Geo. in eine Entscheidung über die eingeklagte Forderung, über die Gegenforderung und die sich daraus ergebende Entscheidung über das Klagebegehren gegliedert, ist nur die letzte Entscheidung, nicht aber die Entscheidung über die Gegenforderung für sich allein, der Rechtskraft fähig und nur eine Abänderung der Entscheidung über das Klagebegehren durch das Berufungsgericht ist eine Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles.

Entscheidung vom 11. November 1969, 8 Ob 221/69.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin beantragte (nach Einschränkung) schließlich Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 108.718.50 S s. A. und zur Herausgabe von fünf Schuldscheinen über insgesamt 38.000 S.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und wendete überdies verschiedene Gegenforderungen aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit 68.717.90 S (richtig offenbar 68.717.89 S) und die Gegenforderung des Beklagten mit 25.654.24 S zu Recht bestehe; es verurteilte den Beklagten daher zur Zahlung von 43.063.65 S samt Anhang und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von 65.654.84 S s. A. und auf Herausgabe der Schuldscheine ab.

Dieses Urteil wurde nur vom Beklagten insoweit mit Berufung bekämpft, als die Forderung der Klägerin und seine Gegenforderung in der oben genannten Höhe festgestellt und er daher zur Zahlung von 43.063.65 S verurteilt worden war.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, verworfen, ihr im übrigen teilweise Folge gegeben und ausgesprochen, daß die Klagsforderung mit

67.337.89 S, die Gegenforderung des Beklagten mit 24.274.24 S zu Recht bestehe, der Beklagte daher schuldig sei, der Klägerin 43.063.65 S s. A. zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung von 65.654.85 S s. A. und auf Herausgabe von fünf Schuldscheinen wurde abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof hat erkannt:

Der Revision der beklagten Partei wird keine Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß damit der Berufung keine Folge gegeben wurde und die in ihm vorgenommene Gegenüberstellung von Forderung und Gegenforderung keine Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles ist.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die vom Beklagten erhobene Rüge der Nichtigkeit ist nicht gerechtfertigt. Der Beklagte macht mit ihr geltend, daß die Klägerin das Ersturteil nicht angefochten habe, das Berufungsgericht daher nicht berechtigt gewesen sei, an der vom Erstgericht festgestellten Höhe der Gegenforderung des Beklagten von 25.654.24 S etwas zu ändern, weil dieser Teil des Ersturteiles in Rechtskraft erwachsen sei. Es ist zwar richtig, daß das Ersturteil nur vom Revisionswerber und nicht auch von der Klägerin angefochten wurde. Dadurch ist aber der Ausspruch des Erstgerichtes über das Bestehen der Gegenforderung nicht in Rechtskraft erwachsen. Über den Bestand einer Gegenforderung wird nur bis zur Höhe der Klagsforderung mit Rechtskraft entschieden (§ 411 (1) Satz 2 ZPO.). Das Ersturteil über die Klagsforderung ist aber vom Beklagten mit seiner Berufung zur Gänze bekämpft worden. Die Ansicht des Revisionswerbers, daß der auf § 545 (3) Geo., also nicht auf einem Gesetz beruhende Ausspruch des Erstgerichtes über den Bestand der Gegenforderung einer selbständigen Rechtskraft teilhaftig geworden sei, würde zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, daß das Berufungsgericht, auch wenn es das Ersturteil hinsichtlich der Klagsforderung abändern und deren Bestand verneinen würde, den Ausspruch des Erstgerichtes über die Gegenforderung nicht ändern könnte. Der Grundsatz der Wahrung der Teilrechtskraft kann also hier nicht angewendet werden. Dies bedeutet nur seine scheinbare Durchbrechung, da der nicht angefochtene Ausspruch über die Gegenforderung in einem untrennbaren Sachzusammenhang mit der noch überprüfbaren Entscheidung über die Klagsforderung steht, inhaltlich also gar nicht selbständig in Rechtskraft erwachsen kann (Fasching, Kommentar zu den ZP-Gesetzen, IV. Band, vor §§ 461 bis 528 ZPO. Anm. 33 S. 31). Das den Zuspruch an die Klägerin im Ergebnis nicht ändernde Berufungsgericht konnte daher in seiner Entscheidung den auf einer fehlerhaften Berechnung des Erstgerichtes beruhenden Ausspruch über die Höhe der Gegenforderung berichtigen, ohne gegen die Teilrechtskraft zu verstoßen und damit eine Nichtigkeit zu begehen.

Die Fassung des Spruches im angefochtenen Urteil beruht jedoch auf einer irrtümlichen Auffassung des Berufungsgerichtes. Der Betrag, zu dessen Zahlung der Beklagte auch nach dem Berufungsurteil verpflichtet ist, hat gegenüber dem Ersturteil keine Änderung erfahren. Das Ersturteil wurde somit in Wahrheit vom Berufungsgericht bestätigt. Der Umstand, daß die Höhe der Klagsforderung und der Gegenforderung gegenüber dem Ersturteil eine Änderung erfahren haben, bedeutet nach dem oben Ausgeführten keine teilweise Abänderung des Ersturteiles.

Der Revision war somit keine Folge zu geben und das angefochtene Urteil mit der Maßgabe zu bestätigen, daß darin keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung gelegen ist.

Anmerkung

Z42168

Schlagworte

Abänderung, Urteilsspruch bei Gegenforderung, Gegenforderung, Rechtskraft des Urteilsspruches, abändernde Entscheidung, Rechtskraft, Urteilsspruch bei Gegenforderung, abändernde Entscheidung, Urteilsspruch, Gegenforderung, Rechtskraft, abändernde Entscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1969:0080OB00221.69.1111.000

Dokumentnummer

JJT_19691111_OGH0002_0080OB00221_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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