TE OGH 1970/1/28 6Ob8/70

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Veröffentlicht am 28.01.1970
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Norm

AO §8 Abs3

Kopf

SZ 43/24

Spruch

Die nach § 8 Abs 3 AO den Gläubigern gegenüber unwirksamen

Rechtshandlungen bleiben im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Dritten wirksam

OGH 28. Jänner 1970, 6 Ob 8/70 (LG Klagenfurt 1 R 198/69; BG Klagenfurt 7 C 1152/65)

Text

Der Kläger behauptet, er sei von dem mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag über eine Tiefkühltruhe wegen deren Mangelhaftigkeit zurückgetreten. Er beantragt Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des bezahlten Kaufpreises von 7100 S s A.

Das Erstgericht erkannte i S des Klagebegehrens. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger schloß im Februar 1965 mit der Beklagten einen Kaufvertrag über eine Tiefkühltruhe. Bei der Lieferung am 18. Februar 1965 bezahlte er den Kaufpreis von 7100 S. Wegen hervorgekommener Mängel erklärte er nach Vornahme einer erfolglosen Reparatur schließlich mit Schreiben vom 22. Juli 1965 seinen Rücktritt vom Vertrag, wenn ihm nicht bis 31. Juli 1965 eine neue mangelfreie Kühltruhe geliefert werde. Eine solche Lieferung erfolgte zunächst nicht. Über Intervention der Arbeiterkammer Klagenfurt erklärte sich die Beklagte schließlich mit Schreiben vom 29. September 1965 bereit, dem Kläger eine neue Kühltruhe zu liefern, die sie ihm auch am 4. November 1965 zustellte. Wegen Mangelhaftigkeit auch dieser Truhe, u a war sie nicht fabriksneu, forderte der Kläger bis 6. Dezember 1969 Lieferung einer fabriksneuen Truhe, widrigens er von dem Vertrag zurücktrete. Die Beklagte erklärte dazu, eine fabriksneue Kühltruhe geliefert zu haben. Über das Vermögen der Beklagten wurde am 14. April 1965 das Ausgleichsverfahren eröffnet und der Ausgleich mit Beschluß vom 1. Oktober 1965 bestätigt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, der Kläger sei, da es sich um unbehebbare Mängel der Kühltruhe gehandelt habe und das Gerät auch entgegen der Zusage nicht fabriksneu gewesen sei, mit Recht von dem Vertrag zurückgetreten. Auf seine Forderung auf Rückzahlung des Kaufpreises sei das Ausgleichsverfahren ohne Einfluß.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es erkannte die Mängel- und Beweisrüge als nicht berechtigt, und billigte auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes dahin, daß der Kläger mit Recht von dem Vertrag zurückgetreten sei. Im Hinblick auf die Erfüllung des Ausgleiches mit 50% und den für diesen Fall vereinbarten Erlaß der restlichen Quote von 17% könne der Kläger aber nur mit der Hälfte seiner Forderung durchdringen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und stellte das Ersturteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist davon auszugehen, daß sich die Beklagte, nachdem der Kläger zunächst erklärt hatte, wegen der auch durch eine Reparatur nicht behobenen Mängel der erstgelieferten Kühltruhe von dem im Februar 1965 geschlossenen Kaufvertrag zurückzutreten, schließlich über Intervention einer dritten Stelle mit Schreiben vom 29. September 1965 bereit erklärte, dem Kläger eine neue Kühltruhe zu liefern, die sie ihm auch am 4. November 1965 zustellte und die er annahm. Soweit das Berufungsgericht darin eine Novation erblickte, kann ihm nicht beigepflichtet werden. Dazu ist gemäß § 1376 ABGB eine Verwechslung des Hauptgegenstandes erforderlich; die des Rechtsgrundes kommt hier nicht in Betracht. Eine solche Verwechslung des Hauptgegenstandes kann aber nur angenommen werden, wenn sie wirtschaftlich von Bedeutung ist, das ist dann nicht der Fall, wenn, wie vorliegend, statt der bestellten Sache nachträglich eine andere gleichartige und gleichwertige geliefert wird (Ehrenzweig[2] II/1 358). Der Kaufvertrag vom Februar 1965 wurde bereits erfüllt, sodaß eine Verwechslung des Kaufgegenstandes nicht mehr stattfinden kann. Durch das Anbot der Beklagten, eine andere Kühltruhe zu liefern, dem der Kläger durch Annahme dieser Lieferung zustimmte, kam vielmehr ein neuer Kaufvertrag zustande, wodurch der vorausgegangene Vertrag vom Februar 1965 einvernehmlich aufgelöst wurde (7 Ob 87/62). Verpflichtete sich die Beklagte zu dieser Leistung am 26. September 1965, das ist während der Anhängigkeit des am 14. April 1965 eröffneten Ausgleichsverfahrens, so handelt es sich bei dem daraus erhobenen Anspruch um eine Geschäftsführungsforderung i S des § 8 AO. Im Verhältnis der Streitteile kann dabei die Frage einer allfälligen Unwirksamkeit dieser Rechtshandlung der Beklagten als Ausgleichsschuldnerin nicht entstehen. Denn gemäß § 8 Abs 3 AO können unter den bezeichneten Voraussetzungen Rechtshandlungen des Schuldners überhaupt nur den Gläubigern gegenüber unwirksam sein. Im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Dritten, das ist dem anderen Teil, dagegen bleiben selbst im Widerspruch mit den Beschränkungen der Ausgleichsordnung vorgenommene Rechtshandlungen wirksam (Bartsch - Pollak, zu § 8 AO Anm 94). Der Schuldner kann nicht die Rechtswirksamkeit eines von ihm selbst während des Ausgleichsverfahrens geschlossenen Vertrages anfechten (NotZ 1926, 109). Da es im Revisionsstadium nicht mehr strittig ist, daß der Kläger mit Recht den Kaufvertrag mit der Beklagten aufgelöst hat, ist daher die Beklagte auch zur Rückzahlung des gesamten empfangenen Kaufpreises verpflichtet. Soweit sie in ihrer Revisionsbeantwortung auf einen nunmehr mit dem Kläger geschlossenen Vergleich verweist, ist darauf als eine unzulässige und unbeachtliche Neuerung nicht einzugehen.

Anmerkung

Z43024

Schlagworte

Ausgleich, Rechtswirksamkeit von Handlungen des Ausgleichsschuldners, Ausgleichsgläubiger, Rechtswirksamkeit von Handlungen des, Ausgleichsschuldners, Ausgleichsschuldner, Rechtswirksamkeit von Handlungen, Rechtswirksamkeit, Handlungen des Ausgleichsschuldners

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0060OB00008.7.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19700128_OGH0002_0060OB00008_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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