TE OGH 1970/2/24 4Ob313/70

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Veröffentlicht am 24.02.1970
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Norm

Urheberrechtsgesetz §1
Urheberrechtsgesetz §2

Kopf

SZ 43/46

Spruch

Kein Urheberrechtsschutz für ein Formular zur Genehmigung der Aufstellung von Verpflegsautomaten

OGH 24. Februar 1970, 4 Ob 313/70 (OLG Wien 2 R 230/69; HG Wien 20 Cg 805/69)

Text

Dr Charlotte F war bis zum 30. Juni 1969 Prokuristin der Klägerin und ist seit 8. Juli 1969 Geschäftsführerin der seit diesem Zeitpunkt bestehenden beklagten GmbH. Beide Streitteile befassen sich mit dem Vertrieb von Automaten, wobei die Klägerin das Formular Beilage B und die Beklagte das Formular Beilage D verwenden.

Das Formular laut Beilage B hat folgenden Wortlaut: Genehmigung zur Aufstellung von Verpflegungsautomaten

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-- Hiermit erteilen wir der Firma                 Nachfolgend

aufgeführte Automatengesellschaft E. m. b. H.

Verpflegungsautomaten sind bereits placiert oder für unseren Betrieb

vorgesehen: das Recht, an einem von uns zu bestimmen       ........

Heißgetränke- den Platz innerhalb unseres Betriebes eine

Automat(en) oder mehrere automatische Verkaufsanlagen      ........

Kaltgetränke- aufstellen zu lassen. Die Genehmigung wird

Automat(en) vorerst auf fünf Jahre erteilt und verlängert  ........

Suppen- sich automatisch um je ein weiteres Jahr,      Automat(en)

sofern nicht vor Ablauf des jeweiligen         ........

Verpflegungs- Kalenderjahres gekundigt wird.

Automat(en) Die Automatengesellschaft E. ist berechtigt,   Welche?

die Rechte aus dieser Aufstellgenehmigung Kunden ihrer Wahl zu

übertragen, welche        Ist Stromanschluß die noch aufzustellenden

Automaten bei ihr     vorhanden? käuflich erwerben.

Ist Trinkwasseran- schluß vorhanden? Jeder Aufsteller übernimmt die

Anschaffungs-   Wie groß ist der kosten der Verpflegungsautomaten

und           Durchmesser des verpflichtet sich, diese stets

sorgfältig      Wasserrohres? Werden gefüllt und gepflegt zu halten.

weiterhin Getränke durch die Kantine ausgegeben? Wir verzichten auf

anteilige Gewinne oder      Wenn ja, welche? Handelsspannen aus dem

Automaten- Ver- kaufserlös. Sofern es sich um elektrisch be-

triebene Geräte handelt, gehen die Strom-      zu welchem Preis ...

kosten zu unseren Lasten, ebenso die Kosten    Mit wem soll der für

etwaigen Wasserverbrauch.                  Kundendienst der

Lieferfirma bei der Installation verhandeln? ......

Die nachfolgend bezeichneten Plätze unseres Betriebes wünschen wir

mit Verpflegungsautomaten bestückt zu haben:

Aufstellplatz: ...................   Geräte-Type: ..................

Aufstellplatz: ...................   Geräte-Type: ..................

Aufstellplatz: ...................   Geräte-Type: ..................

Die Aufstellgenehmigung für diese(s) Gerät(e) erteilen wir nur einmal, und zwar ausschließlich der Firma Automatengesellschaft E. Für den Verkauf durch den Verpflegungsautomaten sollen besonders folgende Artikel vorgesehen sein.

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-- Geldeinwurf.

--------------------------------------------------------------------

-- Wie viele Personen          Außerdem                 Außerdem

(Dauerbeschäftigte)         Anzahl der saison-       Publikums- und

haben täglich Zugang        oder zeitweise Be-       Kundenverkehr:

zu dem (den) Automa-        schäftigten: ten? männlich   Personen

täglich              täglich weiblich   Personen

Personen             Personen

...........................

.............................. Postleitzahl, Ort, Datum

Firmenstempel Unterschrift des Zeichnungsberechtigten --------------

--------------------------------------------------------

...........................     ...................................

Postleitzahl, Ort, Datum             Name des Betriebsberaters

Bitte Vertrag in fünffacher Ausfertigung.

Das Formular nach Beilage D unterscheidet sich nur durch den Firmennamen. Dieser lautet dort: I GmbH.

Die Klägerin behauptet, daß das Formular Beilage B ihr geistiges Eigentum bilde, das die Beklagte durch die Verwendung des Formulars Beilage D verletze. Es liege ein Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz und eine Verletzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vor. Die Klägerin beantragte die Erlassung der einstweiligen Verfügung:

"Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagte Partei auf Unterlassung der Verwendung von Formularen wird der beklagten Partei verboten, Formulare zur Genehmigung der Aufstellung von Verpflegungsautomaten laut Beilage D im geschäftlichen Verkehr zu verwenden.

Diese einstweilige Verfügung wird für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des von der klagenden Partei zur Geltendmachung des behaupteten Anspruches geltend gemachten Rechtsstreites bewilligt."

Ferner heißt es in dem Antrag: "Die beklagte Partei hat diesem Verbote sofort zu entsprechen, sonst wird gegen sie im Falle des ersten Zuwiderhandelns eine Geldstrafe von 10.000 S zugunsten des Wiener Armenfonds oder Haft in der Dauer von einem Monat verhängt werden."

Die Beklagte sprach sich gegen den Antrag der Klägerin aus und behauptete, daß es sich bei den Formularen nicht um ein Mittel der Werbung handle und der Klägerin für ihr Formular kein Ausschließlichkeitsrecht zustehe.

Das Erstgericht wies den Antrag der Klägerin ab. Es war der Meinung, daß das Formular Beilage B keine eigentümliche geistige Schöpfung im Sinne des Urheberrechtsgesetzes darstelle und daher ein Schutz nach diesem Gesetz nicht in Frage käme. Eine sklavische Nachmachung sei an sich nicht unzulässig. Besondere Umstände, aus denen sich die Sittenwidrigkeit im Sinne des § 1 UWG ergebe, lägen nicht vor. Insbesondere sei die Verwechslungsfähigkeit nicht gegeben, sodaß ein Verstoß gegen § 9 UWG oder § 80 UrhG verneint werden müsse.

Das Rekursgericht erließ im wesentlichen die von der Klägerin beantragte einstweilige Verfügung. Nur die beantragte Androhung einer Geldstrafe oder Haft unterblieb.

Der Rekurs der Beklagten gegen diesen Beschluß blieb erfolglos.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Vorauszuschicken ist, daß das von der Klägerin verwendete Formular nicht als Werk der Literatur nach § 2 UrhG anzusehen ist. Dar auf hat schon das Erstgericht zutreffend hingewiesen und die Klägerin hat in ihrem Rekurs dagegen auch nichts vorgebracht. Weder der Inhalt noch die graphische Ausgestaltung des Formulars kann als Werk, somit als eigentümliche geistige Schöpfung (§ 1 UrhG), bezeichnet werden. Es handelt sich vielmehr um eine routinemäßige

Zusammenfassung der bei Abschluß eines bestimmten Vertrages zu

beachtenden Fakten in übersichtlicher Form. Mangels entsprechender

Werkhöhe kann hier von einer eigentümlichen geistigen Schöpfung nicht die Rede sein.

Anmerkung

Z43046

Schlagworte

Formular, Urheberrechtsschutz, Formular, Werk, Werk, Formular, Werkhöhe, Formular

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0040OB00313.7.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19700224_OGH0002_0040OB00313_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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