TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/6 2004/09/0010

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Veröffentlicht am 06.04.2005
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Index

L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
DGO Graz 1957 §19 Abs5 idF 1989/030;
DGO Graz 1957 §19 Abs6 idF 1989/030;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des P in H, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8013 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission der Stadt Graz vom 25. November 2003, Zl. Präs. 11632/2003-9, betreffend die Disziplinarstrafe der Geldstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. November 2003 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission vom 18. März 2003, mit welchem er schuldig erkannt worden war, gegen die Bestimmung des § 19 Abs. 1 und Abs. 4 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. 30/1957 in der Fassung LGBl. 54/2003 (DO), wonach der Beamte verpflichtet ist, die dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und seine Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen, so verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen, dadurch schuldhaft verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 78 DO begangen zu haben, dass er am 23. September 2002 eine vom Abteilungsvorstand mündlich erteilte und am 24. September 2002 schriftlich ergangene Weisung nicht befolgt habe bzw. ihr nicht nachgekommen sei, abgewiesen und der Strafausspruch dahingehend abgeändert, dass die mit dem erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis verhängte Geldstrafe im Ausmaß von EUR 2.000,--, davon EUR 1.000,-- gemäß § 108 DO für eine Bewährungsfrist von drei Jahren aufgeschoben worden war, auf EUR 1.000,-- herabgesetzt, davon ein Teilbetrag im Ausmaß von EUR 500,-- für eine Bewährungsfrist für die Dauer von drei Jahren aufgeschoben wurde.

Von einem weiteren Vorwurf wurde der Beschwerdeführer freigesprochen.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides besteht darin, dass auf Grund des Ergebnisses des Disziplinarverfahrens, insbesondere der mündlichen Berufungsverhandlung, erwiesen sei, dass der Beschwerdeführer die ihm am 23. September 2002 vom Abteilungsvorstand DI M. mündlich und am 24. September 2002 schriftlich erteilte Dienstanweisung Nr. 6/2002 (datiert mit 18. September 2002), wonach der Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung von der Gruppe Grundstücksentwässerung, bisher Hauskontrollor, in die Gruppe Planung wechsle und im Kanalkataster eingesetzt werde, wobei sein Aufgabenbereich im Kanalkataster neu definiert werde, sodass bis auf weiteres kein Außendienst zu leisten sei, nicht befolgt habe. Die getroffenen Feststellungen gründeten sich auf die glaubwürdigen Aussagen von DI M. und Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission am 25. November 2003. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er mit Stellungnahme vom 25. September 2002 gegen die seiner Meinung nach missbräuchlich und aus persönlichen Gründen motivierte schriftliche Weisung von DI M. vom 24. September 2002 gemäß § 19 Abs. 6 DO remonstriert habe und damit die Weisung außer Kraft gesetzt gewesen sei, habe nicht gefolgt werden können. In rechtlicher Hinsicht hielt die belangte Behörde nach Zitierung des § 19 Abs. 6 DO fest, im gegenständlichen Falle sei die Weisung von DI. M. am 23. September 2002 mündlich erteilt und am 24. September 2002 schriftlich angeordnet worden (Dienstanweisung Nr. 6/2002 datiert mit 18. September 2002). Die zunächst mündlich erteilte Weisung am 23. September 2002 sei somit am 24. September 2002 außerdem schriftlich erteilt worden, sodass der Beschwerdeführer jedenfalls diese Weisung zu befolgen gehabt hätte. Da der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 23. September bis 30. September 2003 (Datum der Disziplinaranzeige) diese Weisung nicht befolgt habe, habe er eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 78 DO begangen, da der Beamte gemäß § 19 Abs. 1 DO verpflichtet sei, die dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und gemäß § 19 Abs. 4 DO seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Auf Grund des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens in der Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission sei die genannten Dienstpflichtverletzung erwiesen. Gemäß § 79 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 108 Abs. 1 und 3 DO sei über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- verhängt worden, wobei die Geldstrafe im Ausmaß von EUR 500,-- unter Setzung einer Bewährungsfrist von drei Jahren aufgeschoben werde.

Die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides betrifft den erfolgten Freispruch.

Gegen den Schuld- und Strafausspruch dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Beschwerdegründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Akten des Disziplinarverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer zunächst die mangelhafte Bescheidbegründung geltend, insbesondere jegliches Fehlen einer Beweiswürdigung.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides rügt er die unrichtige Anwendung des § 19 DO, insbesondere in Bezug auf die festgestellte Remonstration seinerseits gegen die ihm erteilte schriftliche Weisung, sowie gegen den Strafausspruch, insbesondere, da im Sinne des § 107 DO mit einer Ermahnung das Auslangen hätte gefunden werden können.

Nach § 19 Abs. 5 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Gemeinde Graz, LGBl. Nr. 30/1957 (Wiederverlautbarung), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 37/1989 (in der Folge: DO), kann der Beamte die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

Nach Abs. 6 leg. cit. hat der Beamte, wenn er eine Weisung eines vorgesetzten Beamten aus einem anderen Grund für rechtswidrig hält und es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG zu erlassende Bescheide sind, wenn dem Standpunkt der Parteien nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, zu begründen und zufolge der Regelung des § 60 AVG in diese Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, Zl. 2001/09/0191, und die dort wiedergegebene Judikatur).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid in keiner Weise gerecht. Zutreffend rügt der Beschwerdeführer den völligen Mangel beweiswürdigender Überlegungen. Allein die Feststellung, die getroffenen Feststellungen gründeten sich "auf die glaubwürdigen Aussagen von DI. M und Dr. B" unter Hinweis darauf, dass der diesen Feststellungen widersprechenden Darstellung des Beschwerdeführers "nicht gefolgt werden" konnte, reicht für eine einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zugängliche Begründung der Beweiswürdigung nicht aus. Insbesondere fehlen jegliche Überlegungen zu der bereits im erstinstanzlichen Verfahren aufgeworfenen Frage, inwieweit die mündlich am 23. September 2002, dem ersten Tag des Beschwerdeführers im Dienst nach einem länger dauernden Krankenstand, zur Kenntnis gebrachte Verwendungsänderung dem Beschwerdeführer als Dienstanweisung (und nicht nur als bloße Absichtserklärung) erkennbar gewesen war bzw. hätte sein müssen.

Der Verlauf des Gespräches zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten hätte daher in allen für die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes maßgeblichen Punkten festgestellt werden müssen. Des Weiteren hätte geklärt und festgestellt werden müssen, ob und mit welcher Begründung der Beschwerdeführer gegen die Weisung vom 23. September 2002 remonstriert hat.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 6. April 2005

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090010.X00

Im RIS seit

10.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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