Norm
EO §397Kopf
SZ 43/59
Spruch
Daß im Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung Gründe geltend gemacht werden, die einen Aufhebungsantrag nach § 399 EO rechtfertigen würden, ersetzt nicht einen solchen Antrag, der ausdrücklich zu stellen ist
OGH 3. März 1970, 8 Ob 50/70 (LG Klagenfurt 2 R 621/69; BG Eberstein C 102/69)
Text
Der Antragsgegner hat auf Grund des Beschlusses des Pflegschaftsgerichtes v 25. Juli 1968 dem Antragsteller, seinem am 5. Juli 1965 geborenen Sohn, einen monatlichen Unterhalt von 650 S zu bezahlen. Mit der Behauptung, der Gegner, der sich seiner Unterhaltspflicht zu entziehen trachte und auch bereits mehrfach wegen Übertretung nach dem Unterhaltsschutzgesetz verurteilt worden sei, wolle nunmehr eine ihm gehörige Liegenschaft veräußern, hat der Antragsteller die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt. Dem Gegner solle die Veräußerung der Liegenschaft verboten werden. Dem Notar bei dem der Rangordnungsbescheid für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft hinterlegt sei, solle die Ausfolgung dieses Bescheides verboten werden. Ferner solle, dem Notar verboten werden, den bei ihm vom Käufer der Liegenschaft erlegten Kaufpreis dem Gegner herauszugeben. Die einstweilige Verfügung solle für die Zeit erlassen werden, bis der Antragsteller jeweils nach Eintritt der Fälligkeit der einzelnen Unterhaltsbeträge Zwangsvollstreckung in diesen Vermögensbesitz des Gegners erwirken könne.
Das Erstgericht hat zunächst die einstweilige Verfügung, ohne den Gegner zu hören, antragsgemäß erlassen. Es hat aus den vorliegenden Akten festgestellt, daß der Gegner bereits zweimal wegen Übertretung nach § 1 Unterhaltsschutzgesetz verurteilt wurde und daß neuerlich ein Verfahren wegen Vergehens nach dem Unterhaltsschutzgesetz gegen den Gegner anhängig ist. Es hat ferner als bescheinigt angenommen, daß der Gegner seit zwei Jahren keiner geregelten Beschäftigung nachgehe und kein regelmäßiges Arbeitseinkommen habe. Der Liegenschaftsbesitz sei das einzige greifbare Vermögen des Gegners, das zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches herangezogen werden könne.
Der Gegner hat gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch erhoben. Er hat vorgebracht, daß die Liegenschaft bereits verkauft sei, daß er sämtliche Unterhaltsrückstände beglichen habe und den laufenden Unterhaltsverpflichtungen nachkomme, daß somit kein Anlaß zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung bestehe. Bei der über den Widerspruch anberaumten Verhandlung erklärte sich der Gegner überdies bereit, beim Pflegschaftsgericht einen Betrag von 20.000 S als Sicherstellung für künftige Unterhaltsleistungen, die er im übrigen aus seinem Arbeitsverdienst erbringen werde, zu erlegen und diesen Betrag dort bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Antragstellers zu belassen. Die beiden Elternteile des Gegners gaben bei Gericht die Erklärung ab, daß sie der Unterhaltsverpflichtung des Gegners gegenüber dem Antragsteller als Bürgen und Zahler beitreten.
Das Erstgericht hob die einstweilige Verfügung auf. Gleichzeitig trug es dem Antragsteller auf, dem Gegner die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu ersetzen. Es war der Ansicht, daß die vom Gegner bei Gericht erlegte Kaution von 20.000 S und die Bürgschaftserklärungen der Eltern des Gegners, denen noch eine Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren zugebilligt werden könne, mindestens ebensoviel Sicherheit für den Unterhaltsanspruch des Antragstellers gewährten wie der Betrag von 64.113.43 S, der nach Abzug aller Verpflichtungen als Rest des Kaufpreises für die gegenständliche Liegenschaft verblieben sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers teilweise Folge. Es änderte den Beschluß der ersten Instanz dahin ab, daß es den Widerspruch des Gegners gegen die einstweilige Verfügung abwies und die einstweilige Verfügung insoweit aufrechterhielt, als dem Notar verboten wurde, den bei ihm erlegten Kaufpreis für die gegenständliche Liegenschaft dem Gegner auszufolgen. Es nahm allerdings den Widerspruch zum Anlaß, den Antrag des Antragstellers, soweit er die Erlassung eines Belastung- und Veräußerungsverbotes und das Verbot der Herausgabe der Rangordnungsanmerkung für die beabsichtigte Veräußerung zum Gegenstand hatte, zurückzuweisen. Es war der Ansicht, der erst im Verlauf des Widerspruchsverfahrens getätigte Erlag einer Kautionssumme als Sicherheit für die erst künftig fällig werdenden Unterhaltsbeträge sowie die gleichfalls erst in diesem Zeitpunkt erfolgte Stellung von Bürgen zu dem gleichen Zweck seien nicht geeignet, dem Widerspruch gegen die erlassene einstweilige Verfügung zum Erfolg zu verhelfen. Grundsätzlich sei von der im Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung gegebenen Sachlage auszugehen. Der Gegner soll nur Gelegenheit haben, im Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung bereits vorgelegene, aber nicht schon aus den Akten ersichtliche Umstände geltend zu machen. Die Verhandlung über den Widerspruch habe sich daher gemäß § 398 EO auf die Überprüfung der Statthaftigkeit und Angemessenheit der einstweiligen Verfügung zu beschränken. Der Erlag einer Kautionssumme und die Stellung von Bürgen könnten daher als nachträglich eingetretene Tatsachen nur im Rahmen eines Antrages auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 399 EO Berücksichtigung finden. Um einen solchen Antrag handle es sich hier nicht. Hier gehe es nur darum, ob die einstweilige Verfügung nach den im Erlassungszeitpunkt gegebenen Verhältnissen berechtigt sei. Dies sei zu bejahen. Die nunmehrige Bereinigung des Unterhaltsrückstandes und die Zahlung des laufenden Unterhaltes durch verhältnismäßig kurze Zeit könnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß weiterhin Gefahr bestehe, der Gegner, der früher in allzu deutlicher Weise gezeigt habe, daß er seine Unterhaltsverpflichtung nicht ernst nehme, werde nach Verbrauch des noch vorhandenen Kaufpreisrestes wieder rückfällig werden. Eine Exekution zur Sicherstellung erst künftig fällig werdender Unterhaltsbeträge komme hier nicht in Betracht. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung solcher erst künftig fällig werdender Unterhaltsbeträge sei daher grundsätzlich zulässig. Das an den Notar gerichtete Verbot, den noch vorhandenen Kaufpreisrest an den Gegner auszuzahlen, sei ein geeignetes Mittel zur Sicherung derartiger Ansprüche. Auch hinsichtlich der vorgesehenen Dauer bestunde im Hinblick darauf, daß die Liegenschaft nach wie vor im grundbücherlichen Eigentum des Klägers stehe, keine Bedenken. Insoweit sei daher die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten. Dagegen seien ein Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie ein nur im Zusammenhang mit einem solchen Belastungs- und Veräußerungsverbot sinnvolles Verbot der Ausfolgung und Verwendung des Rangordnungsbescheides keine im Gesetz für derartige Fälle vorgesehenen Sicherungsmittel. Insoweit sei der Antrag zurückzuweisen gewesen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Gegner wendet sich gegen die Ansicht des Rekursgerichts, bei dem erstgerichtlichen Beschluß handle es sich lediglich um die Entscheidung über den Widerspruch gegen die zunächst ohne Anhörung des Gegners erlassene einstweilige Verfügung. Er versucht darzutun, daß es sich zumindest auch um eine Entscheidung über einen Antrag nach § 399 EO handle. Er habe nicht bloß Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung erhoben, sondern er habe in der Verhandlung über den Widerspruch auch einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung gem § 399 EO gestellt.
Den Ausführungen des Gegners kann aber nicht gefolgt werden. Daß er in dem schriftlich erhobenen Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung auch deren Aufhebung nach § 399 EO beantragt habe, behauptet der Gegner selbst nicht. Der Inhalt des gegenständlichen Schriftsatzes, in dem zwar bereits die Begleichung des Unterhaltsrückstandes und die Zahlung der laufenden Unterhaltsbeträge behauptet wird, ließe auch eine solche Auslegung nicht zu. Denn aus dem Vorbringen im Schriftsatz wird nur abgeleitet, daß die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung fehlten, daß demnach der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen sei. Es wird aber nicht - etwa auch hilfsweise - der Antrag gestellt, die einstweilige Verfügung wegen nachträglich eingetretener Umstände aufzuheben. Auch in der gem § 398 Abs 1 EO zur Prüfung der Statthaftigkeit und Angemessenheit der bewilligten Verfügung anberaumten Verhandlung wurde mit keinem Wort gesagt, daß für den Fall der Zurückweisung des Widerspruches die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen eines der im § 399 EO angeführten Gründe begehrt werde. Daß sich allenfalls die vom Gegner geltend gemachten Umstände zur Stellung eines solchen Antrages geeignet hätten, enthob den Gegner nicht der Notwendigkeit, einen solchen Antrag, der im Sinn der Bestimmung des § 399 Abs. 1 EO erforderlich gewesen wäre, auch ausdrücklich zu stellen. Von einem - wie der Gegner meint - unangebrachten Formalismus kann dabei keine Rede sein. Prozeßhandlungen sind in den im Gesetz vorgesehenen Umfang notwendigerweise an die Einhaltung bestimmter Formen gebunden. Die Aufhebung der einstweiligen Verfügung im Sinn des § 398 Abs 2 EO auf Grund eines gem § 397 EO gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Widerspruches ist mit der Aufhebung der einstweiligen Verfügung gem § 399 EO infolge nachträglich eingetretener Umstände nicht identisch. Auch die Kostenfolgen können ganz verschieden sein. Es trifft auch nicht zu, daß das Erstgericht von einer Antragstellung nach § 399 EO ausgegangen sei. In dem Beschluß des Erstgerichtes, mit dem die einstweilige Verfügung aufgehoben wurde, heißt es im Spruch der Entscheidung ausdrücklich, daß es sich um eine Entscheidung über den Widerspruch handle. Aus den Gründen der Entscheidung kann bei dieser Sachlage nicht abgeleitet werden, das Erstgericht habe entweder nur oder doch auch über einen Antrag nach § 399 EO entschieden. Wenn der Gegner der Ansicht ist, daß die seit Erlassung der einstweiligen Verfügung eingetretenen Änderungen eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung gem § 399 EO zu rechtfertigen vermögen, so bleibt es ihm unbenommen, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Von einer Aktenwidrigkeit, die darin gelegen sein soll, daß das Rekursgericht annahm, ein Antrag nach § 399 EO liege nicht vor, kann nicht gesprochen werden.
Der Gegner ist auch nicht im Recht, soweit er sich dagegen wendet, daß das Rekursgericht die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Drittverbotes hinsichtlich des beim Notar erliegenden Kaufpreisrestes als gegeben ansah. Es kann in diesem Belange auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts hingewiesen werden, denen im Revisionsrekurs nichts Stichhältiges entgegengesetzt wird.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
Z43059Schlagworte
Aufhebung einer einstweiligen Verfügung, Antrag auf - muß ausdrücklich, gestellt werden, Einstweilige Verfügung, Antrag auf Aufhebung der - gemäß § 399 EO muß, ausdrücklich gestellt werdenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1970:0080OB00050.7.0303.000Dokumentnummer
JJT_19700303_OGH0002_0080OB00050_7000000_000