TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/6 2004/09/0020

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Veröffentlicht am 06.04.2005
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §108 Abs3;
AuslBG §2 Abs5 idF 2002/I/126;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde 1. des M und 2. der S GmbH, beide in W, vertreten durch Dr. Stefan Joachimsthaler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kandlgasse 32/10, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 16. Januar 2004, Zl. 10/13113/233 2095, betreffend Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 2 Abs. 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 21. Oktober 2003 beantragten die beschwerdeführenden Parteien die Zulassung des Erstbeschwerdeführers als Schlüsselkraft bei der zweitbeschwerdeführenden Partei gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG. Dieser Antrag wurde damit begründet, dass die zweitbeschwerdeführende Partei mit weiteren Gesellschaften in Tschechien, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Jugoslawien und Großbritannien gesellschaftsrechtlich zu einem Konzern verbunden sei, deren Gegenstand der Handel und die Produktion von Grundnahrungsmitteln sowie der Handel mit Produkten der Maschinenindustrie (Kraftübertragungselemente) sei. Die operativen Geschäfte (Import/Export) würden am Standort W von der Zweitbeschwerdeführerin geführt. Nunmehr solle die Geschäftstätigkeit auch auf Polen und Russland ausgeweitet werden. Dafür benötige die zweitbeschwerdeführende Partei einen Assistenten, der dem für den Bereich Zuckerexport in die Regionen Bosnien-Herzegowina, Slowenien, Kroatien, Jugoslawien, Polen und Russland zuständigen Geschäftsführer zur Seite gestellt werden solle. Die Aufgaben dieses Assistenten (des Erstbeschwerdeführers) sollten die Unterstützung des Geschäftsführers bei der Leitung der Exportgeschäfte in diese Regionen sowie insbesondere beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen in den Staaten Polen und Russland umfassen. Dafür sei eine Person gesucht worden, die neben betriebswirtschaftlichen Kenntnissen insbesondere auch die Sprachen dieser Länder beherrsche. Diese Qualifikation erfülle der Erstbeschwerdeführer. Er verfüge über entsprechende betriebswirtschaftliche Kenntnisse auf Grund seines (fast abgeschlossenen) Studiums an der Wirtschaftsuniversität Wien (Betriebswirtschaftslehre). Er beherrsche die Sprachen Deutsch, Englisch, Serbisch, Polnisch und Russisch fließend in Wort und Schrift. Obwohl in einem früheren Antrag (vom 20. Jänner 2003) für den Fall der Abweisung die Vermittlung von Ersatzkräften gewünscht worden sei, habe bis dato ein geeigneter Mitarbeiter weder vom AMS vermittelt, noch sonst gefunden werden können. Der Unternehmensgegenstand der zweitbeschwerdeführenden Partei sei - wie gesagt - der Handel mit Grundnahrungsmitteln und Produkten der Maschinenindustrie. Dabei habe die zweitbeschwerdeführende Partei einen Anteil von ca. 80 % ihrer Umsätze (von insgesamt 47 Millionen EUR in den Jahren 2001 und 2002 und prognostiziert ca. 48 Millionen EUR für das Jahr 2003) mit dem Export österreichischer Grundnahrungsmittel, insbesondere etwa mit Speiseölen, Fett und Zucker erzielt und in diesem Bereich in den bisher belieferten Regionen Marktanteile zwischen 25 % und 70 % erreicht. Bezogen auf Länder (Regionen) betrügen die Anteile am Gesamtumsatz der zweitbeschwerdeführenden Partei für

Slowenien

15 %

Kroatien

20 %

Bosnien und Herzegowina

40 %

übrige Länder

25 %.

Könne in Polen und Russland auch nur ein ähnlicher Erfolg erzielt werden, bedeute dies eine Umsatzsteigerung von 15 % bis 20 %. Dass dies auch zur Steigerung der Umsätze der durchwegs inländischen Lieferanten und damit vermutlich zur Schaffung, jedenfalls aber zur Sicherung von Arbeitsplätzen beitrage, sei evident. Über die Interessen der zweitbeschwerdeführenden Partei hinaus bestehe daher ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des Erstbeschwerdeführers. Aber auch bei der Zweitbeschwerdeführerin selbst würden mit der geplanten regionalen Ausweitung der Geschäftstätigkeit weitere Arbeitskräfte erforderlich sein. Derzeit seien mit der Betreuung der Regionen Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina jeweils 2 Mitarbeiter und hinsichtlich der übrigen Länder weitere 2 Mitarbeiter betraut. Durch die Erschließung auch der Länder Polen und Russland sei daher mit Sicherheit mit der Schaffung von 2 bis 3 zusätzlichen Arbeitsplätzen (neben dem Erstbeschwerdeführer) bei der zweitbeschwerdeführenden Partei zu rechnen, da diese geschäftliche Ausweitung mit dem derzeitigen Personalstand jedenfalls nicht mehr zu leisten sei, sodass vorerst einmal die Stellung eines Assistenten besetzt werden solle, für welche der Erstbeschwerdeführer hervorragend qualifiziert sei.

Diesem Antrag war u.a. auch eine Bestätigung des Studienerfolgs des Erstbeschwerdeführers bei der Wirtschaftsuniversität Wien, der Jahresabschluss für 2001 sowie Saldenlisten per Dezember 2002 angefügt.

Ohne weitere Beweiserhebungen wurde dieser Antrag mit Bescheid des Arbeitsmarktservice W vom 26. November 2003 gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG mit der Begründung abgewiesen, "im Ermittlungsverfahren" hätten "keine der genannten Voraussetzungen festgestellt werden" können.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie im Wesentlichen ihr Vorbringen im Antrag wiederholten.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Jänner 2004 gab die belangte Behörde dieser Berufung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 2 Abs. 5 AuslBG keine Folge. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmung führte die belangte Behörde Folgendes aus:

"Bei der vorgesehenen Verwendung von Herrn M als Assistent der Geschäftsführung in ihrer Gesellschaft, auch wenn ihrerseits ein entsprechender Bedarf besteht, handelt es sich nicht um eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung und er verfügt nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens auch über keine speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung. Nach den getroffenen Erhebungen hält er sich seit dem Kalenderjahr 1994, somit seit seinem 24. Lebensjahr in Österreich auf und studiert seither an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Somit ist die Bedingung des § 2 Abs. 5 AuslBG zur Zulassung von Herrn M als Schlüsselkraft zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht gegeben.

Auf Grund dieses Sachverhaltes erübrigt sich die Prüfung, ob eine der in den Ziffern 1 bis 5 des § 2 Abs. 5 AuslBG genannten zusätzlichen Voraussetzungen im gegenständlichen Verfahren, wie von ihnen behauptet, vorliegt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 5 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 gelten Ausländer als Schlüsselkräfte, die über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 v.H. der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen hat. Überdies muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt, oder

2. die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei, oder

3. der Ausländer übt einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebes (Führungskraft) aus, oder

4. die beabsichtigte Beschäftigung hat einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge, oder

5. der Ausländer verfügt über einen Abschluss einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung, oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung.

Die belangte Behörde hat - ohne die weiteren Voraussetzungen nach den Ziffern 1 bis 5 leg. cit. zu überprüfen - die beantragte Zulassung des Erstbeschwerdeführers als Schlüsselkraft schon aus dem Grunde abgewiesen, weil sie die - alternativen - Voraussetzungen einer "besonderen, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragten Ausbildung" bzw. der "speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung" als nicht gegeben erachtete (die weitere für die Anerkennung als Schlüsselkraft erforderliche gesetzliche Voraussetzung der Höhe der monatlichen Bruttoentlohnung wäre nach dem vorgelegten Vertragsentwurf gewährleistet gewesen).

Aus den dem Antrag beigefügten Unterlagen ergab sich - unbestritten -, dass der Erstbeschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über keine abgeschlossene Fachausbildung verfügte, da er nach den von der Behörde getroffenen Feststellungen das - seit 1994 betriebene - Studium an der Wirtschaftsuniversität (Betriebswirtschaftslehre) noch nicht abgeschlossen hat. Damit liegt eine "besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung" jedenfalls nicht vor, unabhängig davon, ob eine solche auch im Falle des bereits erfolgten Abschlusses dieses Studiums anzunehmen gewesen wäre.

Als weitere Qualifikation machten die Beschwerdeführer die sprachlichen Kenntnisse des Erstbeschwerdeführers in Wort und Schrift geltend, ohne allerdings der weiteren Voraussetzung einer "entsprechenden beruflichen Erfahrung" die erforderliche Bedeutung beizumessen. Eine solche wurde im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Auch in der Beschwerde wird hierzu nichts vorgebracht.

Da somit schon aus dem Antragsangaben ersichtlich war, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 AuslBG nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG, sowie der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 6. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090020.X00

Im RIS seit

09.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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