TE OGH 1970/4/16 1Ob73/70

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.1970
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Greissinger, Dr. Schneider, Dr. Sperl und Dr. Schragel als Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei Maria K*****, wider die Antragsgegnerinnen Amalie M*****, Berta S*****, und Frieda O***** (Schweiz), wegen Geltendmachung des Anerbenrechtes gemäß § 16 Tiroler HöfeG, infolge Revisionsrekurses der Amalie M***** und der Frieda O***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 10. November 1969, GZ 4 R 253/69-55, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Schwaz vom 22. September 1969, GZ 1 Nc 113/54-48, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Maria K***** stellte am 5. 2. 1954 beim Bezirksgericht Schwaz den Antrag, sie nach seinerzeitiger Vorbehaltseinantwortung als Anerbin des geschlossenen Hofes EZ 25 I KG Straß festzustellen und die Schätzung dieser Liegenschaft zu veranlassen. Mit dem angefochtenen in Rechtskraft erwachsenen Beschluss vom 6. 11. 1956 (ON 8) bestimmte das Bezirksgericht Schwaz den Übernahmswert der bezeichneten Liegenschaft mit S 40.000,-. Aus unbekannten Gründen wurde das Verfahren erst elf Jahre später fortgesetzt, nachdem Maria K***** am 12. 2. 1965 die Durchführung der Erbteilung nach dem Tiroler Höfegesetz beantragt hatte (ON 10).

Im fortgesetzten Verfahren wurde zunächst ein Antrag der Miterbin Amalie M***** auf neuerliche Schätzung und Bestimmung des Übernahmswertes unter Hinweis auf den rechtskräftigen Beschluss vom 6. 11. 1956 zurückgewiesen (ON 16). In weiterer Folge haben die Miterben Amalie M*****, Frieda O***** und Berta S***** vorgebracht, dass ihre Schwester Maria K***** nach der Bestimmung des § 17 Z 4 lit b Tiroler HöfeG von der Übernahme des Hofes ausgeschlossen sei. Daraufhin stellte das Bezirksgericht Schwaz mit dem Beschluss vom 11. 10. 1968 (ON 33) fest, dass Maria K***** das Anerbenrecht am geschlossenen Hof "Natterer" in EZ 25 I KG Straß zustehe und keine Gründe vorlägen, die Maria K***** von der Übernahme des Hofes ausschließen würden. Den von den genannten Miterben gegen diesen Beschluss erhobenen Rekursen blieb ein Erfolg versagt (ON 42). Mit dem Beschluss vom 22. 9. 1969 (ON 48) hat das Erstgericht die 5/20 Liegenschaftsanteile der Therese H***** verw. A***** sowie die je 3/20 betragenden Liegenschaftsanteile der Schwestern Amalie M*****, Rosa H*****, Frida O***** und Berta S***** am geschlossenen Hof "Natterer" der Anerbin Maria K***** gegen Entrichtung der zugleich festgelegten Entfertigungen (S 10.000,- an Therese H*****, je S 6.000,- an die übrigen Miteigentümer der Liegenschaft, zahlbar binnen einem Monat nach Rechtskraft des Beschlusses) zugewiesen. Das Rekursgericht gab den (nur) von Amalie M*****, Frieda O***** und Berta S***** gegen diese Entscheidung erhobenen Rekursen, die vor allem die ausgesprochene Zuweisung des Hofes an die Anerbin Maria K*****, darüber hinaus aber auch die Höhe der Entfertigungsbeträge bekämpften, teilweise Folge, indem es der Anerbin auftrug, die den Rechtsmittelwerberinnen zuerkannten Entfertigungsbeträge ab 6. 11. 1956 mit je 4 % jährlich zu verzinsen; im Übrigen bestätigte das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes. Insoweit sind die Beschwerde gegen die Zuweisung des Hofes an die Anerbin richte, vernachlässige sie den in Rechtskraft erwachsenen Beschluss des Erstgerichtes vom 10. 11. 1968 (ON 33, 42) in welchem das Anerbenrecht der Maria K***** am geschlossenen Hof "Natterer" und zudem noch festgestellt worden sei, dass bezüglich der genannten Anerbin keine Ausschließungsgründe im Sinne des § 17 Z 4 lit b Tiroler HöfeG vorlägen. Unter diesen Umständen sei aber die Zuweisung des Hofes an die Anerbin Maria K***** durch die Bestimmung des § 18 Tiroler HöfeG gedeckt. Dem Erstgericht sei auch darin zu folgen, dass sich die Höhe der einzelnen Entfertigungsbeträge nach dem im rechtskräftig gewordenen Beschluss des Erstgerichtes vom 6. 11. 1956 (ON 8) ermittelten, mit S 40.000,- bestimmten Übernahmswert errechne und die Erbeinteilung auf dieser Grundlage zu erfolgen habe. Nach der Regelung des § 21 Abs 1 Tiroler HöfeG habe das Gericht nach billigem Ermessen zu entscheiden, wenn - wie diesfalls nach der Aktenlage anzunehmen - die Miterben sich über die Art der Verzinsung und Auszahlung nicht einigen können. Das Gericht habe die Leistungsfrist mit einem Monat bestimmt, eine Verzinsung der Entfertigungsbeträge jedoch nicht angeordnet. Werde berücksichtigt, dass sich die Höhe der Entfertigungsbeträge nach einem bereits im Jahre 1956 ermittelten Übernahmswert bestimme und erwogen, dass seit dieser Zeit eine spürbare Geldwertminderung eingetreten ist, dann entspreche es der Billigkeit, eine Verzinsung dieser Beträge vorzusehen. Andernfalls würde die Übernehmerin des Hofes aus der Verzögerung der Durchführung der Erbteilung einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil ziehen. Ein billiger, der Forderung, der Übernehmer wohl bestehen können müsse, durchaus Rechnung tragender Ausgleich der beiderseitigen Interessen sei durch eine 4 %ige Verzinsung der auszuzahlenden Entfertigungsbeträge, die mit dem Tage der Festsetzung des Übernahmswertes beginne, gewährleistet; (allein) in diesem Umfange sei den Rekursen ein Teilerfolg zuzubilligen gewesen. Gegen die Rekursentscheidung wenden sich die vorliegenden (nur) von Amalie M***** und Frieda O***** erhobenen Revisionsrekurse. Die aktenkundige Tatsache, dass beiden Rekurswerberinnen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz am 27. 1. 1970 zugestellt worden ist, Amalie M***** das Rechtsmittel erst am 8. 3. 1970, also nach Ablauf der 14-tägigen Rechtsmittelfrist (§ 14 Abs 1 AußStrG) zur Post gegeben hat, erheischt den Hinweis, dass bei der Entscheidung über einen verspätet erhobenen Rekurs zunächst zu prüfen ist, ob dieser sachlich berechtigt wäre oder nicht. Nur bejahendenfalls ist die Frage zu lösen, ob von der Ausnahmebestimmung des § 11 Abs 2 erster Satz AußStrG über die Zulassung verspäteter Rechtsmittel Gebrauch gemacht werden kann (RZ 1966 S 149 = NotZ 1967 S 73 ua, zuletzt 5 Ob 301/69).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Zulässigkeitsproblem kann im vorliegenden Fall jedoch nicht auftreten, weil beide Revisionsrekurse sachlich nicht gerechtfertigt sind.

Die Rechtsmittelausführungen beschränken sich - wird von den darin enthaltenen persönlichen Angriffen gegen die Anerbin abgesehen - im Wesentlichen auf die Behauptung, dass die Zuweisung des Hofes an die Anerbin Maria K***** zu Unrecht erfolgt sei. Während Amalie M***** diese Behauptung mit dem Hinweis auf die Hilfsbedürftigkeit der weichenden Schwester und Miterbin Berta S***** zu untermauern versucht, entbehrt die Rechtsrüge der Miterbin Frieda O***** jedweder Begründung. Der darin implicite enthaltene zusätzliche Vorwurf, Frieda O***** habe die maßgeblich gerichtlichen Entscheidungen (ON 8, 16, 33, 42) nicht zugestellt erhalten, lässt sich unschwer aus den in den Akten erliegenden Rückscheinen widerlegen.

Die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Rekursentscheidung hat davon auszugehen, dass das Anerbenrecht der Maria K***** ebenso wie das Fehlen eines Ausschließungsgrundes nach § 17 Z 4 Tiroler HöfeG hinsichtlich ihrer Person bindend festgestellt worden ist (ON 33, 42). Geschieht dies, dann kann die Zuweisung des Hofes im Zuge der nunmehr vorzunehmenden Erbteilung (§ 16 Tiroler HöfeG) an die genannte Anerbin im Hinblick auf die Bestimmung des § 18 Tiroler HöfeG keinen rechtlichen Bedenken begegnen. Die Höhe der von der Anerbin den Miterben zu leistenden Abfindungsbeträge, die im Übrigen auf der Grundlage des ermittelten Übernahmswertes von S 40.000,-

zutreffend bestimmt erscheinen, wurde von den Rechtsmittelwerberinnen nicht mehr bekämpft. Die dem Gericht nach § 21 Abs 1 Tiroler HöfeG aufgetragene Ermessensentscheidung erlaubt es jedenfalls auch, auf die im angefochtenen Beschluss gewählte Art den inneren Wert der den Berechtigten gegenüber dem Anerben zustehenden Abfertigungsansprüche sicherzustellen und solcherart die Grundgedanken und Zielsetzungen dieses bäuerlichen Sonderrechtes zu verwirklichen (vgl 1 Ob 208/67). Den Revisionsrekursen war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E73513 1Ob73.70

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0010OB00073.7.0416.000

Dokumentnummer

JJT_19700416_OGH0002_0010OB00073_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten