Norm
Außerstreitgesetz §120Kopf
SZ 43/100
Spruch
Keine Feststellungsklage eines noch nicht erbserklärten Erben gegen den anderen Erben über die Testamentsauslegung
OGH 9. Juni 1970, 8 Ob 127/70 (OLG Linz 4 R 5/70; KG Steyr 2 Cg 408/69)
Text
Am 26. März 1969 starb Gottlieb P unter Hinterlassung der beiden Streitteile als seiner Kinder. In einem Testament vom 21. März 1967 setzte er die Streitteile zu Erben ein und verfügte eine ganz bestimmte, zwingend angeordnete Erbteilung. Unter anderem verfügte er, daß das bei seinem Ableben vorhandene Bargeld, Bank- und Sparkassenguthaben sowie alle sonst vorhandenen Forderungen zwischen beiden Kindern je zur Hälfte geteilt werden sollten; ferner, daß der Kläger verpflichtet sei, der Beklagten unentgeltlich und für deren Lebensdauer alljährlich 150 m3 Blochholz bestimmter Güte und Art zu übergeben oder nach ihrer Wahl den Gegenwert in Geld zu bezahlen. Im Verlassenschaftsverfahren hat bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz nur die Beklagte eine Erbserklärung auf Grund des Testamentes abgegeben.
Der Kläger begehrte mit der vorliegenden Klage die Feststellung, daß, ungeachtet der testamentarischen Verfügung, ihm allein der Rechtsanspruch auf den im Nachlaß vorhandenen gesamten Kaufpreisüberschuß von 4.000.000 S aus verschiedenen vom Erblasser vor seinem Tod abgeschlossenen Liegenschaftsverkäufen zustehe, der Beklagten hingegen auf Grund ihrer Erbeinsetzung zur Hälfte des Nachlasses ein Anspruch auf die Hälfte dieses Betrages nicht zustehe; ferner, daß der Kläger nicht verpflichtet sei, die oben genannte Verbindlichkeit zur alljährlichen Lieferung von 150 m3 Blochholz oder zur Bezahlung des Gegenwertes in Geld zu erfüllen. Und daß der Beklagten dieser Anspruch nicht zustehe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil die Feststellungsklage unzulässig sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die entscheidende Frage ist die, ob der Kläger als ein im Testament seines Vaters vom 21. März 1967 eingesetzter Erbe noch vor Abgabe einer Erbserklärung, einer Erklärung, die Erbschaft auf Grund des Testamentes anzunehmen, Rechte als Erbe in Anspruch nehmen kann oder nicht. Diese Frage ist von den Untergerichten mit Recht verneint worden. Durch die Berufung wird nur eine Anwartschaft auf die Erbschaft hervorgerufen (Weiß in Klang Komm[2] III, Vorbemerkungen S 5). Ob der Berufene von dieser Anwartschaft Gebrauch macht, entscheidet sich erst durch seine Erbserklärung; vorher ist es völlig ungewiß, ob der Berufene tatsächlich Erbe wird. Diese Ungewißheit verbietet es ihm, jetzt schon die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses zu begehren, das erst dann zur Entstehung gelangt, wenn er die Erbschaft angenommen hat. Auf den vorliegenden Fall angewendet, heißt dies, daß die Bestimmungen des Testamentes des verstorbenen Vaters der Streitteile, die Grundlage der Feststellungsklage, für den Kläger erst dann aktuell werden, wenn er die Erbschaft angenommen, also die Erbserklärung abgegeben hat. Mit Recht hat das Berufungsgericht unter Verweisung auf Fasching, Komm zu den ZP-Gesetzen III zu § 228 ZPO, 58, Anm 15, darauf verwiesen, daß eine hypothetische Klagserhebung auch bei einer Feststellungsklage unzulässig ist. Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich auch aus folgender Erwägung: Angenommen, der vorliegende Rechtsstreit würde zugunsten des Klägers rechtskräftig entschieden, der Kläger würde aber keine Erbserklärung abgeben - dann wäre die Entscheidung hinfällig, weil einerseits der Kläger den im ersten Teil seines Feststellungsbegehrens enthaltenen Anspruch, andererseits die Beklagte den Anspruch des zweiten Teiles des Feststellungsbegehrens aus anderen Gründen als wegen des Urteiles nicht geltend machen könnte. Die Ausführungen des Revisionswerbers, die darzutun versuchen, daß der Kläger bereits als berufener, noch nicht erbserklärter Erbe ein rechtliches Interesse an den begehrten Feststellungen habe, gehen daher ins Leere. Wenn der Revisionswerber ausführt, aus der Tatsache der Einbringung der Feststellungsklage allein ergebe sich bereits, daß er als Erbe habe auftreten wollen und aufgetreten sei, widerspricht er seiner Klage, in der er selbst sagte, er habe deshalb bisher keine Erbserklärung abgeben können, weil die von der Beklagten vertretene Auslegung des Testamentes für ihn völlig untragbar sei und er wissen müsse, welche Folgen für ihn die Abgabe der Erbserklärung auf Grund des Testamentes hätte. Aus der Klage geht daher gerade das Gegenteil von dem hervor, was der Kläger in der Revision aus ihr ableiten möchte.
Anmerkung
Z43100Schlagworte
Erbe, noch nicht erbserklärter, keine Feststellungsklage über, Testamentsauslegung, Feststellungsklage über Testamentsauslegung, keine - eines noch nicht, erbserklärten Erben, Testamentsauslegung, keine Feststellungsklage eines noch nicht, erbserklärten Erben über -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1970:0080OB00127.7.0609.000Dokumentnummer
JJT_19700609_OGH0002_0080OB00127_7000000_000