TE OGH 1970/6/24 3Ob63/70

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Veröffentlicht am 24.06.1970
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Norm

Bundes-Verfassungsgesetz Art10 Z6
Bundes-Verfassungsgesetz Art15 Abs1
Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz §1
Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz §14

Kopf

SZ 43/114

Spruch

Durch die Erteilung einer Bietgenehmigung nach § 14 nö GVG 1969 ist für das Exekutionsgericht bindend entschieden, daß die zu versteigernde Liegenschaft unter das nö GVG 1969 fällt und nur Personen mit Bietgenehmigung bei der Versteigerung mitbieten dürfen

OGH 24. Juni 1970, 3 Ob 63/70 (KG Klosterneuburg 5 R 69/70; BG Hollabrunn E 5077/68)

Text

Im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung der aus einem Wohnhaus, einem Garten- und einem Ackergrundstück bestehenden Liegenschaft EZ 109, KGK, waren zum Versteigerungstermin am 3. März 1970 als Bieter aufgetreten Franz S, Landwirt, ferner gemeinsam Herbert F, Maurer, und Johann A, Dachdecker, von denen der erstere ein Drittel und der letztere zwei Drittel der Liegenschaft zu ersteigern beabsichtigte, und schließlich Anna R, Private. Lediglich Franz S legte eine vom 28. Jänner 1970 datierte Bietgenehmigung i S des § 14 Abs 3 nö GVG 1969 LGBl 140 vor. Aussteller dieser Genehmigung war die Grundverkehrsbezirkskommission für den Wirkungsbereich der Bezirkslandwirtschaftskammer H. Nachdem bei der Versteigerung Herbert F und Johann A mit 41.000 S das höchste Anbot gemacht hatten, erhob Franz S, dessen Anbot sich auf 40.000 S belief, gegen einen allfälligen Zuschlag an F und A Widerspruch mit dem Hinweis, daß diese beiden Bieter nicht über die erforderliche Bietgenehmigung verfügten.

Das Erstgericht gab dem Widerspruch nicht Folge und schlug die Liegenschaft dem Herbert F und Johann A um das Meistbot von 41.000 S zu. Es ging davon aus, daß die zur Versteigerung gelangte Liegenschaft, wie sich bei der im Zuge des Exekutionsverfahrens stattgefundenen Schätzung ergeben habe, nicht als land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft gemäß § 1 Abs 2 leg cit anzusehen sei. Auch sei in der von S vorgelegten Bietgenehmigung nicht ausgesprochen, daß die Liegenschaft dem nö GVG 1969 unterliege, worüber übrigens nicht die die Bietgenehmigung erteilende Grundverkehrsbezirkskommission, sondern deren Vorsitzender zu entscheiden habe (§ 1 Abs 3 leg cit). Eine Bietgenehmigung besage lediglich, daß derjenige, dem sie erteilt worden sei, die Eignung zur Ersteigerung einer Liegenschaft i S des Grundverkehrsgesetzes besitze, nicht aber, daß es sich im Einzelfall auch wirklich um eine solche Liegenschaft handle. Da letzteres unter den hier gegebenen Umständen zu verneinen sei, komme § 14 leg cit nicht zur Anwendung, weshalb auch Personen ohne Bietgenehmigung zuzulassen gewesen seien.

Gegen die Entscheidung des Erstgerichtes wendete sich Franz S mit Rekurs, dem die zweite Instanz Folge gab, indem sie in Abänderung des angefochtenem erstrichterlichen Beschlusses den Zuschlag an F und A versagte. Während, so führte das Rekursgericht aus, die Bestimmung des § 1 Abs 3 leg cit, betreffend die Entscheidung der Frage, ob eine dem Grundverkehrsgesetz unterliegende Liegenschaft gegeben sei, vor allem für dem rechtsgeschäftlichen Verkehr Bedeutung habe, sei § 14 Abs 6 leg cit eine Spezialvorschrift für das Zwangsvollstreckungsverfahren. Danach dürfe das Exekutionsgericht bei Vorlage einer Bietgenehmigung durch einen Interessenten nur noch Bieter mit solchen Genehmigungen zulassen. Eine materielle Überprüfung derartiger Bescheide, insbesondere auch der Vorfrage, ob für die Liegenschaft die Vorschriften des Grundverkehrsgesetzes gelten, habe im Exekutionsverfahren zu unterbleiben; dies wegen der grundsätzlichen Bindung der Gerichte an Bescheide der Verwaltungsbehörden. Der Fall eines absolut nichtigen Verwaltungsaktes aber liege nicht vor. Folglich sei nach § 14 Abs 6 erster Satz leg cit vorzugehen, es seien also nur solche Personen zum Bieten zuzulassen, die sich mit einer Bietgenehmigung ausweisen.

Den gegen die Rekursentscheidung erhobene Revisionsrekurs des Herbert F und des Johann A gab der Oberste Gerichtshof nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß die dem Franz S von der zuständigen Grundverkehrsbezirkskommission erteilte Bietgenehmigung einen Verwaltungsakt darstellt, an den das Gericht gebunden ist. Denn weder kann hier, was übrigens die Rechtsmittelwerber auch gar nicht behaupten, von einem Nichtverwaltungsakt noch aber auch von einem absolut nichtigen Verwaltungsakt die Rede sein, von jenen Fällen also, in denen eine derartige Bindung der Gerichte nicht bestunde (vgl Fasching, II 907, 908 Anm 16, Vorbem zu § 190 ZPO). Ob nun die in Exekution gezogene Liegenschaft als Realität i S nö GVG 1969 (§ 1 Abs 2 leg cit) zu beurteilen ist, wurde mit dem zugunsten des Franz S erlassenen Genehmigungsbescheid als Vorfrage dafür, ob ihm diese Genehmigung zu erteilen sei, bereits begriffsnotwendig bejaht, andernfalls eben der Bescheid nicht erlassen worden wäre. Demnach verbietet sich ein Eingehen auf den im Revisionsrekurs neuerlich erhobenen Einwand, daß die den Gegenstand dieser Exekutionsführung bildende Liegenschaft weder land- noch forstwirtschaftlicher Art sei und sich daher auf sie das nö GVG 1969 nicht anwenden lasse.

Soweit aber die Rechtsmittelwerber geltend machen, daß das im erwähnten Grundverkehrsgesetz normierte Erfordernis einer Bietgenehmigung verfassungswidrig sei, weil dadurch eine Landesgesetzgebung in das Zivilrechtswesen eingreife, welches in Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art 10 Z 6 B-VG Bundessache ist, kam ihnen gleichfalls nicht gefolgt werden. Da nämlich die Regelung des Verkehrs mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken nach Art 15 Abs 1 B-VG, u zw sowohl die Gesetzgebung als auch die Vollziehung, dem Ländern vorbehalten ist, sind diese auch befugt, zu diesem Zweck die unerläßlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des Straf- und Zivilrechtes, einschließlich des Verfahrensrechtes, festzulegen. Dies ergibt sich aus der im BGBl 1954/92 gem § 56 Abs 4 VfGG erfolgten Kundmachung der im einem Rechtssatz zusammengefaßten Feststellungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 24. März 1954, K II-1/54/20. Daher bestehen gegen die Verfassungsmäßigkeit der durch das nö GVG 1969 allerdings bewirkten Änderungen der Exekutionsordnung, soweit sie hier in Betracht kommen, entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber keine Bedenken.

Anmerkung

Z43114

Schlagworte

Bietgenehmigung, Wirkung, Bindungswirkung, Bietgenehmigung, Exekutionsgericht, Wirkung einer Bietgenehmigung, Grundverkehrsgesetz, Wirkung einer Bietgenehmigung, Verwaltungsakt, Wirkung einer Bietgenehmigung, Zwangsversteigerung, Wirkung einer Bietgenehmigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0030OB00063.7.0624.000

Dokumentnummer

JJT_19700624_OGH0002_0030OB00063_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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