TE OGH 1970/7/8 4Ob332/70

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Veröffentlicht am 08.07.1970
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Norm

Rabattgesetz §1
Rabattgesetz §12

Kopf

SZ 43/126

Spruch

Nicht nur die Ausgabe unzulässiger Gutscheine, sondern auch deren Einlösung kann verboten werden (so auch schon ÖBl 1964, 117; gegenteilig SZ 26/133)

OGH 8. Juli 1970, 4 Ob 332/70 (OLG Wien 1 R 103/70; HG Wien 26 Cg 39/70)

Text

Die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei hat bis zu der am 24. März 1970 erfolgten Zustellung der vorliegenden Klage an werdende Mütter, die sich in der Linzer Landesfrauenklinik befanden, Pakete verteilen lassen, in denen sich u a Gutscheine befanden, die die Beklagte beim Kauf einer von ihr erzeugten Nähmaschine der Klassen 478 oder 700 mit 1000 S einzulösen versprach. Die Klägerin erblickt in diesem Vorgehen einen Verstoß gegen die Bestimmungen des § 1 RabG und begehrt, der Beklagten 1. die Ausgabe von Gutscheinen an Letztverbraucher, die den Inhaber zur Inanspruchnahme eines Preisnachlasses von 1000 S im Fall des Ankaufs einer Nähmaschine der Klassen 478 oder 700 berechtigen, zu verbieten und ebenso 2. die Einlösung solcher Gutscheine, sofern hiedurch nicht ein höchstens 3%iger Barzahlungsrabatt oder ein gemäß § 9 RabG zulässiger Sondernachlaß gewährt wird.

Gleichzeitig beantragt sie die Erlassung einer gleichlautenden einstweiligen Verfügung.

Bei der ersten Tagsatzung anerkannte die Beklagte, die ab Klagszustellung die Ausgabe solcher Gutscheine eingestellt hatte, den unter Punkt 1 wiedergegebenen Klagsanspruch, worauf ein in der Folge in Rechtskraft erwachsenes Teilanerkenntnisurteil erging. Hinsichtlich des unter Punkt 2 wiedergegebenen Begehrens wendete die Beklagte ein, die Einlösung der bis zur Klagszustellung ausgegebenen Gutscheine könne ihr nicht verboten werden.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Gänze ab. Mit Rücksicht auf das erlassene Teilanerkenntnisurteil mangle es der gefährdeten Partei an einem rechtlichen Interesse. Die Einlösung der bereits in Händen der Bedachten befindlichen Gutscheine könne nicht verboten werden, weil ein klagbarer Anspruch der Inhaber auf Einlösung bestehe, die ihnen gegenüber nicht sittenwidrig sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der gefährdeten Partei teilweise Folge und verbot ihrer Gegnerin, die an die Letztverbraucher ausgegebenen Gutscheine einzulösen, mit denen deren Inhaber berechtigt werden, beim Kauf einer Nähmaschine der Klassen 478 oder 700 einen Preisnachlaß zu beanspruchen. Ausgenommen seien Gutscheine, durch die ein Barzahlungsrabatt von höchstens 3% des Kaufpreises oder ein nach § 9 RabG zulässiger Sondernachlaß gewährt werde. Im übrigen Umfang, also hinsichtlich der Abweisung des Verbotes der Ausgabe von Gutscheinen, bestätigte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß. Die Rechtsprechung zur Frage der Einlösung ausgegebener Gutscheine sei nicht einheitlich. So sei in der Entscheidung SZ 26/133 ausgesprochen worden, daß die Auszahlung einer dem Dritten auf Grund einer Auslobung zugesicherten Prämie nicht sittenwidrig sei, sodaß die Einwendung mangelnder Leistungspflicht wegen Sittenwidrigkeit der Ankündigung gegen den Anspruch des Dritten auf Zuhaltung der Auslobung den guten kaufmännischen Sitten widerspräche. Andererseits habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 28. Juli 1964, GR 1964, 117, der Rechtsansicht Ausdruck gegeben, daß die rabattgesetzliche Spezialregelung nicht auf das Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer abzustellen sei, sondern auf jenes zwischen dem Verkäufer und seinen Mitbewerbern und daß in der Einlösung eines Gutscheines ein verschleierter unzulässiger Preisnachlaß im Sinn des § 1 RabG liege und der Verkäufer durch Annahme eines Gutscheins in einem 3% des Preises übersteigenden Ausmaß gegen dieses Gesetz verstoße. Das Rekursgericht hielt die Abwägung der beiderseitigen Interessen des kauflustigen Gutscheininhabers und des Mitbewerbers für erforderlich. Entscheidend sei, wessen Interesse durch das Verbot oder die Zulassung der Gutscheineinlösung mehr betroffen werde. Dem gesetzlichen Verbot des ein bestimmtes Ausmaß überschreitenden Preisnachlasses habe sich der Käufer ebenso wie der Verkäufer oder sein Mitbewerber zu fügen. Wollte man trotzdem das Interesse des Käufers voranstellen, so würde sich unzulässigerweise ein grobes Mißverhältnis zwischen dem geschützten Interesse der gefährdeten Partei und dem an sich vom Gesetz mißbilligten Interesse des Käufers ergeben. Es sei daher nicht möglich, dem Interesse des Letztverbrauchers den Vorzug zu geben. Außerdem komme dem Gutscheininhaber kein durchsetzbarer Anspruch zu, weil sich der Sachverhalt gegenüber dem Zeitpunkt der Gutscheinausgabe dadurch geändert habe, daß die Antragsgegnerin unter Berufung auf das ihren Willen beugende Verbot die Einlösung versagen könne. Ein solches Begehren des Gutscheininhabers, das zu einer Verbotsverletzung führe, wäre selbst sittenwidrig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach der Bestimmung des § 1 RabG dürfen zum Zweck des Wettbewerbes Preisnachlässe nur nach Maßgabe "der nachfolgenden Vorschriften" angekundigt oder gewährt werden. Als solche nachfolgende Vorschrift kommt die Begrenzung des Nachlasses bis zu 3% des Warenpreises in Betracht (§ 2 RabG). Gemäß § 12 Abs 1 RabG kann derjenige, der den Vorschriften des RabG zuwiderhandelt, vom Mitbewerber oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Belange auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der gefährdeten Partei steht daher das Recht zu, nicht nur die Unterlassung der dem RabG widerstreitenden Ankündigung des Preisnachlasses zu verlangen, sondern auch der Gewährung des Preisnachlasses. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen (GR 1960, 114 und 117) zum Ausdruck gebracht hat, liegt nicht schon in der Ausgabe von Gutscheinen die Gewährung des Preisnachlasses, sondern in deren Einlösung. Somit kann der gefährdeten Partei nicht das Recht abgesprochen werden, auch die Unterlassung der Einlösung der bereits ausgegebenen Gutscheine zu verlangen. Ohne ein solches Verbot könnte die Durchführung der beanstandeten und gegen das gesetzliche Verbot verstoßenden Gutscheinaktion nicht verhindert werden. Diese Erwägungen entsprechen der vom Obersten Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 28. Juli 1964, GR 1964 117, zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung, daß bei Anwendung des Rabattgesetzes nicht auf das Verhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Käufer abzustellen ist, sondern auf jenes zwischen dem Verkäufer und seinen Mitbewerbern, deren Unterlassungsanspruch durch allenfalls in Zukunft von den Gutscheininhabern erhobene Ansprüche nicht beeinträchtigt werden kann. Der Anspruch der gefährdeten Partei findet jedenfalls in der Bestimmung des § 12 Abs 1 RabG seine Stütze. Allfällige Ansprüche von Gutscheininhabern gegen die Antragsgegnerin zu prüfen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Anmerkung

Z43126

Schlagworte

Gutscheinaktion, Verbot der Ausgabe und Einlösung von Gutscheinen nach, dem Rabattgesetz, Rabattgewährung, unzulässige, Gutscheinaktion

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0040OB00332.7.0708.000

Dokumentnummer

JJT_19700708_OGH0002_0040OB00332_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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