TE OGH 1970/9/15 8Ob185/70

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Veröffentlicht am 15.09.1970
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Norm

Handelsgesetzbuch §18 Abs2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2

Kopf

SZ 43/153

Spruch

Zur Zulässigkeit des Wortes "Austria" als Firmenbestandteiles

OGH 15. September 1970, 8 Ob 185/70 (OLG Linz 4 R 30/70; KG Steyr Fa 27/69)

Text

Der Antragsteller ist Inhaber eines fabriksmäßigen Unternehmens in der Bundesrepublik Deutschland mit zwei Werken in G und E. Er hat am 13. August 1969 das Gewerbe der fabriksmäßigen Erzeugung von hydraulischen Geräten in L angemeldet; in diesem Unternehmen waren im November 1969 23 Arbeitnehmer, darunter vier Angestellte, bei einem monatlichen Umsatz von etwa 100.000 S beschäftigt; nach Fertigstellung des Fabriksgebäudes, die nach Errichtung der notwendigen Anschlüsse durch die Gemeinde erfolgen soll, soll die Belegschaft auf mindestens 100 Personen erhöht werden. Der Antragsteller begehrt die Eintragung seines Unternehmens in die Abteilung A des Handelsregisters des Kreisgerichtes Steyr unter der Firmenbezeichnung "W-Hydraulik-Austria, Emil W". Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich sprach sich gegen die Eintragung dieser Firma aus, da das Unternehmen des Antragstellers noch keine derart überragende wirtschaftliche Bedeutung in Österreich habe, daß die Aufnahme des Zusatzes "Austria" gerechtfertigt erscheine.

Das Erstgericht wies den Antrag des Einschreiters auf Eintragung der Firma "W-Hydraulik-Austria, Emil W", in das Handelsregister ab. Der Zusatz "Austria" wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Unternehmen des Antragstellers nach Art und Umfang für Österreich wichtig erscheine, wogegen die derzeit noch geringe Arbeitnehmerzahl und der relativ geringe Umsatz sprächen. Ob der Zusatz "Austria" am Anfang oder am Ende der Firma stehe, sei unerheblich, weil aus der Stellung des Wortes "Austria" allein niemand erkennen könne, daß es sich hiebei nur um die Firma eines "Zweigbetriebes" eines ausländischen Unternehmens handle.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Bei Beurteilung der Täuschungseignung des Firmenzusatzes "Austria" sei von der Bedeutung auszugehen, die die Verkehrsübung diesem Zusatz beimesse, und nicht von der Absicht, die der Antragsteller mit diesem Zusatz verfolge bzw jener Bedeutung, unter der er diesen verstehe. Geographische Firmenzusätze, insbesondere wenn sie sich auf größere regionale Räume beziehen, wären aber nur dann zulässig, wenn sie durch eine besondere, über die anderen protokollierten Unternehmungen desselben Geschäftszweiges hinausgehende Bedeutung gerechtfertigt wären. Die verlangte besondere Bedeutung müßte darin liegen, daß das Unternehmen nach Umfang und Art für den mit dem Zusatz bezeichneten regionalen Bereich wichtig erschiene. Bei der Bedeutung des Wortes "Austria" seien Assoziationen des Verkehrs über eine gewisse Bedeutung des bezeichneten Unternehmens für Österreich sehr naheliegend; eine derartige Verkehrsauffassung reiche für eine Täuschungseignung des Firmenzusatzes "Austria" im Sinne des § 18 Abs 2 HGB aus. Es könne hiebei dahingestellt bleiben, ob bei einer Nachstellung des Wortes "Austria" im Firmenwortlaut aus diesem lediglich hervorgehe, daß das Unternehmen in Österreich seinen Standort habe, ohne Assoziationen über die Bedeutung des Unternehmens hervorzurufen. Von einer Nachstellung könne nämlich (im vorliegenden Fall) keine Rede sein, da gerade der Firmenkern erst nach dem Zusatz "Austria" aufscheine; der Eindruck, daß es sich nicht nur um eine reine Standortbezeichnung handle, werde noch durch den vorangehenden Bindestrich verstärkt. Die Bezeichnung "Austria" werde im vorliegenden Fall zu einer förmlichen Namensgebung hinsichtlich des Unternehmens des Antragstellers verwendet. Der Rekurswerber könne sich auch nicht darauf berufen, daß der Zusatz zur Unterscheidung von seinem Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland notwendig sei; die Bestimmung des ersten Satzes des § 18 Abs 2 HGB wäre vielmehr wenig sinnvoll, wenn sie durch Ausnahmsfälle, die für einen Dritten als solche nicht erkennbar seien, durchlöchert werden könnte. Die Gefahr einer Verwechslung von Unternehmungen in verschiedenen Ländern bestehe überdies selbst bei den heute nur geringfügigen Verkehrsbeschränkungen nicht.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs des Antragstellers zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach Art 9 Abs 1 EVHGB sind die Vorschriften der §§ 1 bis 19 AußStrG auch in Handelsregistersachen anzuwenden. Eine gegen eine bestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz erhobene Beschwerde ist daher als außerordentlicher Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG zu beurteilen (NZ 1969, 90, ÖBl 1968, 67, HS 5632, 4491, 2344, EvBl 1955/381 u v a). Im Sinne dieser Bestimmung macht der Revisionsrekurs auch nur den Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend. Eine solche liegt nur vor, wenn die zur Beurteilung gestellte Frage im Gesetz so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde; eine offenbare Gesetzwidrigkeit ist daher nicht bereits bei nur unrichtiger rechtlicher Beurteilung eines Falles gegeben (SZ 39/103 u v a). Ob und welche Zusätze zu einem Firmenwortlaut zulässig sind und welche nicht, ist im Gesetze nicht näher geregelt. Die Bestimmung des § 18 Abs 2 HGB besagt vielmehr nur allgemein, daß der Firma kein Zusatz beigefügt werden darf, der geeignet ist, eine Täuschung über die Art und den Umfang des Geschäftes oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers herbeizuführen. Ob ein Zusatz dieser Bestimmung des Gesetzes widerspricht, ist eine Frage, die im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu lösen ist (vgl ÖBl 1968, 67, ÖBl 1964, 122). Mangels bestimmter Regelung der hiebei in Betracht kommenden Kriterien handelt es sich weitgehend um eine Ermessensentscheidung, bei der eine offenbare Gesetzwidrigkeit schon begrifflich nicht gegeben sein kann. Insbesondere kann auch eine solche in der Entscheidung des Rekursgerichtes nicht erblickt werden.

Es ist dem Rekursgericht vielmehr darin beizupflichten, daß nach der Rechtsprechung das Wort "Austria", das nach der allgemeinen Verkehrsübung auch als Bezeichnung des österreichischen Staates gilt und vom Publikum so verstanden wird (vgl Demelius in Staub - Pisko, Kommentar zum AHGB[3] 156, § 15 zu Art 16 AHGB), grundsätzlich nur dann im Wortlaut einer Firma aufscheinen darf, wenn das Unternehmen von größerem Umfang und Wichtigkeit für Österreich ist oder Erzeugnisse typisch österreichischen Gepräges (ÖBl 1964, 73, JBl 1961, 601, NZ 1960, 93, SZ 13/198 u a; in diesem Sinne auch Würdinger in GroßkommHGB[3] I, 301, 305 Anm 19 und 24 zu § 18 HGB, Schlegelberger - Hildebrandt, HGB[4] 162 Anm 13 zu § 18 I) oder von besonders hoher Qualität (JBl 1955, 226) herstellt. Dem Revisionsrekurs ist allerdings einzuräumen, daß dieser Grundsatz bisher, soweit die Judikatur und Literatur überblickt werden kann, immer nur in Fällen vertreten wurde, in denen "Austria" oder die Bezeichnung eines anderen Staates, Landes oder Ortes an die Spitze des Firmennamens gestellt wurde und so der Eindruck entstehen mußte, daß sich die Firma ihrer Bedeutung nach mit der des geographischen Begriffes identifizieren wollte. Selbst aber wenn der Standpunkt vertreten würde, daß das Wort "Austria" dann, wenn es nicht an die Spitze der Firmenbezeichnung gesetzt wird, eine andere Bedeutung hätte und anders verstanden werden könnte, widerspricht doch die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes keinesfalls offenbar dem Gesetze. Das gilt insbesondere im vorliegenden Falle, in dem entgegen der Ansicht des Revisionsrekurses tatsächlich, wie das Rekursgericht richtig ausführte, der Firmenkern dem Zusatz "Austria" nachfolgt, wobei unter "Firmenkern" das notwendige Element der Firma zu verstehen ist (Hämmerle, Handelsrecht[2] 140, § 29 III A, Würdinger, Komm[3] I 295 Anm 3 zu § 18), bei einer Einzelfirma also der Familienname des Inhabers mit einem ausgeschriebenen Vornamen (§ 18 Abs 1 HGB). Durch den vom Antragsteller gewählten Firmenwortlaut ist jedenfalls nicht einwandfrei klargestellt, ob es sich bei dem Zusatz "Austria" um eine reine Standortbezeichnung (ÖBl 1961, 94) oder sonst um einen Zusatz zur Unterscheidung des Geschäftes handelt. Für den Standpunkt des Antragstellers ist auch damit nichts gewonnen, daß in der Literatur u a die Auffassung vertreten wird, daß der Name eines Staates auch der Kennzeichnung einer in diesem gelegenen Tochtergesellschaft eines ausländischen Unternehmens dienen kann, wenn diese Tochtergesellschaft im übrigen die Firma der Muttergesellschaft führt, die in den beteiligten Verkehrskreisen als Firma eines ausländischen Unternehmens bekannt ist (Würdinger, Komm[3] I 305 Anm 24 zu § 18 HGB). Es kann nämlich auch hier nicht gesagt werden, daß selbst unter den erwähnten Voraussetzungen ein anderer rechtlicher Standpunkt offenbar dem Gesetze widerspräche. Der § 30 HGB ist auf den vorliegenden Fall überhaupt nicht anwendbar.

Da der Revisionsrekurs somit nicht darlegen kam, inwieweit die angefochtene Entscheidung offenbar gesetzwidrig wäre, ist er als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

Z43153

Schlagworte

"Austria", Wort als Firmenbestandteil, Firma, "Austria" im Firmenwortlaut, Firmenbestandteil, "Austria", Firmenwahrheit, "Austria", Firmenwortlaut, "Austria"

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0080OB00185.7.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19700915_OGH0002_0080OB00185_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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