Norm
EO §294Kopf
SZ 43/164
Spruch
Die bloße Pfändung einer Forderung (ohne Überweisung) berechtigt den betreibenden Gläubiger nicht zur Drittschuldnerklage, daher auch nicht zur Erwirkung einer EV gegen den Drittschuldner
OGH 24. September 1970, 1 Ob 208/70 (LG Linz 13 R 223/70; BG Neufelden C 36/70)
Text
Die Antragstellerin ist die Schwiegertochter der Antragsgegner. Der Erstantragsgegner betreibt ein Lohnfuhrwerksunternehmen und besitzt die Genehmigung für die Ausübung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs, die Zweitantragsgegnerin betreibt einen Weingroßhandel, eine Gastwirtschaft sowie eine Sodawassererzeugung. Alois M jun, der Gatte der Antragstellerin, erhielt von ihr ein Heiratsgut von 40.000 DM. Mindestens 30.000 DM hievon legte er in dem Unternehmen seiner Eltern an. Mit rechtskräftiger einstweiliger Verfügung des LG Linz vom 24. Februar 1970 wurde der Antragstellerin der abgesonderte Wohnort bewilligt. Mit Urteil desselben Gerichtes vom 6. März 1970 wurde die Ehe aus dem Alleinverschulden des Ehemannes geschieden. Diese Entscheidung wurde in der Folge mit Urteil des OLG Linz vom 19. Mai 1970, 3 R 70/70, und des OGH vom 3. September 1970, 1 Ob 167/70, bestätigt.
Mit rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Linz vom 3. Dezember 1969 wurde Alois M jun schuldig erkannt, der Antragstellerin für das Heiratsgut von 40.000 DM Sicherstellung zu leisten. Auf Grund dieses Urteils pfändete die Antragstellerin u a die ihrem Gatten gegen die Antragsgegner auf Grund der Hingabe von 40.000 DM mehr oder weniger zustehenden Forderungen. Der Schuldenstand der Unternehmen beider Antragsgegner hat sich in den letzten Jahren wesentlich erhöht. Im Frühjahr 1970 verkaufte der Erstantragsgegner einen Lastzug um 350.000 S an die Firma P in P.
Die gefährdete Partei beantragte zur Sicherung ihres Anspruches auf Zahlung von 40.000 DM, den sie gegen die Antragsgegner auf Grund der Hingabe dieses Betrages behauptet, die Erlassung der aus dem Spruch ersichtlichen einstweiligen Verfügungen, sowie außerdem die Erlassung eines Verbotes an die Antragsgegner, über ihre Konzessionen in welcher Weise immer zu verfügen, insbesondere Konzessionen zurückzulegen, u zw ... (folgt detaillierte Ausführung der beiden eingangs genannten Konzessionen).
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung dieser Verfügungen mit Beschluß vom 4. Juni 1970 zur Gänze ab. Es nahm den oben dargestellten Sachverhalt als bescheinigt an und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:
Die Antragstellerin habe gegen ihren Gatten nach dessen Tod oder im Falle rechtskräftiger Scheidung der Ehe aus seinem Verschulden einen Anspruch auf Rückzahlung des Heiratsgutes. Dieser Anspruch sei ein bedingter i S des § 378 Abs 2 EO.
Die subjektive Gefährdung des Anspruchs sei aber nicht ausreichend bescheinigt. Die ungünstige Vermögenslage der Antragsgegner bedeute nur eine objektive Gefährdung. Nicht bescheinigt sei aber ein Verhalten, das es wahrscheinlich mache, daß sie die Einbringung der von der Antragstellerin gepfändeten Forderung ihres Ehegatten vereiteln oder erheblich erschweren würden. Aus dem Grundbuch allein sei nicht ersichtlich, welche Schulden der Antragsgegner tatsächlich unberichtigt aushaften; es sei durchaus möglich, daß mit einem später aufgenommenen Darlehen eine ältere Buchschuld ganz oder teilweise beglichen wurde, ohne daß das dafür haftende Pfandrecht gelöscht wurde. Die Veräußerung des Lastwagenzuges durch den Erstantragsgegner, um - nach seinem Vorbringen - eine unbedingte, fällige Schuld zu begleichen, stelle keine spezielle Gefährdung der Antragstellerin dar, zumal noch nicht abzusehen sei, ob und wann die Antragsgegner der Antragstellerin einen Betrag zu leisten haben werden. Bei dieser Unsicherheit könne den Antragsgegnern nicht zugemutet werden, betriebswirtschaftlich notwendige Verfügungen über ihre Unternehmen, Veräußerungen und Konzessionsrücklegungen nicht vorzunehmen. Dafür, daß sie in letzter Zeit derartige Verfügungen ohne wirtschaftliche Notwendigkeit getroffen haben oder daß derartiges in naher Zukunft zu befürchten sei, lägen keinerlei Anhaltspunkte vor.
Zudem seien die von der Antragsgegnerin für eine nicht näher begrundete subjektive Gefährdung angebotenen Bescheinigungsmittel (Einholung von telephonischen Auskünften und Ladung von Auskunftspersonen) nicht sofort greifbar und daher nicht zulässig.
Das Rekursgericht gab (Beschlußfassung am 10. Juli 1970) dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge. Es bestätigte die Abweisung des Antrages auf Erlassung eines Verfügungsverbotes über die Konzessionen der Antragsgegner, hob aber im übrigen den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstrichter unter Rechtskraftvorbehalt eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Dazu führte das Rekursgericht aus:
Die Forderung der Antragstellerin sei eine Geldforderung. Die zu ihrer Sicherung zulässigen Mittel seien im § 379 EO erschöpfend aufgezählt. Das beantragte Verbot der Verfügung über die Konzessionen der Antragsgegner falle unter keines der zulässigen Sicherungsmittel, weshalb der Rekurs in diesem Punkte erfolglos bleiben müsse.
Die weiters beantragten Sicherungsmittel bedeuteten ein Drittverbot hinsichtlich einer Geldforderung, also ein nach § 379 Abs 2 Z 3 EO zulässiges Mittel. Bei Beurteilung der Frage, ob die Forderung der Antragstellerin subjektiv gefährdet sei, komme es darauf an, ob die Wahrscheinlichkeit bestehe, daß ohne die beantragte Sicherung die Befriedigung des Anspruchs der Antragstellerin erheblich erschwert würde. Dies sei dann zu bejahen, wenn ein Verhalten des Gegners bescheinigt werde, aus dem sich eine hohe Wahrscheinlichkeit der Vornahme von Vereitlungshandlungen ableiten lasse. Nicht erforderlich sei, daß das Vorgehen des Schuldners vorsätzlich auf eine Gefährdung gerichtet sei; es genüge, wenn vom Schuldner veranlaßte Vermögensveränderungen bescheinigt werden, die eine die Befriedigung des Gläubigers vereitelnde oder erheblich erschwerende Wirkung haben.
Die von der Antragstellerin behauptete Aufnahme von Hypotheken im Betrage von 1.220.000 S durch die Antragsgegner auf die schon mit 420.000 S vorbelastete Liegenschaft, der Verkauf des einen erheblichen Teil ihres Fahrnisvermögens darstellenden Lastzuges, sowie die Veräußerung des sehr wesentlichen Rechtes auf Ausübung des Transportgewerbes im grenzüberschreitenden Güterverkehr könnten zumindest in ihrer Gesamtheit als zur erheblichen Erschwerung der Befriedigung der Antragsgegner geeignet gewertet werden.
Es sei daher erforderlich, die Richtigkeit dieser Behauptungen zu prüfen und zu diesem Zwecke die angebotenen Bescheinigungs-, aber auch allenfalls angebotene Gegenbescheinigungsmittel aufzunehmen, soweit sich dies ohne wesentliche Verfahrensverzögerung durchführen lasse. Die Ladung der Auskunftspersonen, insbesondere des von beiden Seiten beantragten Alois M jun, die Einholung von Auskünften von Behörden, aber auch die Vornahme von Feststellungen aus dem Grundbuch seien grundsätzlich als geeignete Bescheinigungsmittel anzusehen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsgegner Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Revisionsrekurs der Antragsgegner ist zufolge des Rechtskraftvorbehalts zulässig, er ist aber auch berechtigt.
Die Antragstellerin begehrt die Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Sicherung ihres behaupteten Anspruches gegen die Antragsgegner auf Zahlung von 40.000 DM. Auf Grund des von den Untergerichten als bescheinigt angenommenen Sachverhaltes wie überhaupt auf Grund des Akteninhaltes steht der Antragstellerin jedoch ein solcher Anspruch gegen die Antragsgegner nicht zu. Die Antragstellerin hat einen solchen Anspruch allenfalls gegen ihren Ehegatten Alois M jun, und sie hat auch einen gleichen Anspruch ihres Ehegatten gegen die Antragsgegner zu E .../70 des Erstgerichtes gepfändet. Entsprechend ihrem Antrag wurde ihr jedoch nur die Pfändung, nicht aber auch die Überweisung der allfälligen Forderung des Alois M jun gegen seine Eltern bewilligt.
Auf Grund dieser Forderungspfändung hatte die Antragstellerin im Zeitpunkt der Beschlußfassung des Erstrichters nur das Recht, a) vom Drittschuldner gemäß § 301 EO Auskunft über den Bestand der gepfändeten Forderung zu verlangen (was auch geschehen ist) und b) die Verwertung i S der §§ 303 ff EO zu erwirken (was die Antragstellerin nur hinsichtlich der Kostenforderung getan hat). Gegen die Drittschuldner könnte sie daher mit Klage und Exekution und ebenso mittels einstweiliger Verfügung höchstens gemeinsam mit dem Verpflichteten vorgehen, da dieser noch Eigentümer der Forderungist (Neumann - Lichtblau, 926).
Wie Petschek - Hämmerle - Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht, 185, ausführen, steht der betreibende Gläubiger zum Drittschuldner auf Grund einer bloßen Pfändung der Forderung des Verpflichteten überhaupt noch in keinem Rechtsverhältnis. Er wird daher auch durch Rechtsbeeinträchtigungshandlungen zwischen dem Verpflichteten und dem Drittschuldner nicht berührt. Dispositionen zwischen Verpflichteten und Drittschuldner hinsichtlich der gepfändeten Forderung sind daher gültig, wenn auch gegenüber dem betreibenden Gläubiger nicht wirksam.
Der Antragstellerin steht auf Grund der Pfändung der allfälligen Forderung des Alois M jun gegen seine Eltern auch nicht etwa gegen diese eine durch eine spätere Überweisung bedingte Forderung i S des § 378 Abs 2 EO zu. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung JBl 1961, 277, gestützt auf Lehre (Gschnitzer in Klang[2] III 644, 659, Rintelen, Die einstweilige Verfügung, 32, 1165) und Rechtsprechung (GlUNF 2855) ausgeführt, daß für den Begriff der Bedingung i S dieser Gesetzesstelle nicht der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend sei. Vielmehr sei dieser Begriff im technischen Sinne zu verstehen, eine Bedingung liege demnach nur dann vor, wenn die rechtliche Wirksamkeit einer Willenserklärung vom Eintritt oder Nichteintritt eines Ereignisses abhängig gemacht werde. Hiebei werde, je nachdem ob diese Abhängigkeit unmittelbar durch das Gesetz oder durch Parteiwillkür geschaffen ist, zwischen Rechtsbedingungen und Partei- oder Geschäftsbedingungen unterschieden. Eine andere Auslegung lasse die vom Gesetz im § 696 ABGB gewählte Passivform ("... abhängig gemacht wird") nicht zu. Die bloße Möglichkeit, daß ein Recht unter bestimmten derzeit noch nicht bestehenden Voraussetzungen entstehen könne, gebe keinen Anspruch auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Im gleichen Sinne wurde in der Entscheidung GlUNF 3971 ausgeführt, daß auch ein bedingtes Recht schon ein Recht ist, nur qualifiziert dadurch, daß es, falls die Bedingung eine aufschiebende ist, erst nach Erfüllung der Bedingung zu seiner Kraft gelangt (§ 696 ABGB), und daß bis dahin ein Schwebezustand geschaffen ist, der aber bereits rechtliche Bedeutung hat und von keiner Vertragsseite einseitig beeinträchtigt und in seinen Grundlagen geändert werden darf.
Diese Ausführungen, von denen abzugehen der Oberste Gerichtshof keinen Anlaß findet, treffen auch auf den vorliegenden Fall zu. Ob und wann die Antragstellerin die Überweisung der von ihr gepfändeten Forderung beantragt und ob ihr diese bewilligt wird, stellt eine in ungewisser Zukunft liegende Möglichkeit, keinesfalls aber eine Bedingung i S der obigen Ausführungen dar. Es fehlt auch jeglicher Schwebezustand, jegliche Anwartschaft, die schon als (bedingtes) Recht wertbar wäre.
Es ist daher dem Revisionsrekurs darin zuzustimmen, daß der gefährdeten Partei gegen die Antragsgegner kein mittels einstweiliger Verfügung zu sichernder Anspruch zusteht. Demnach bedarf es auch nicht der dem Erstgericht vom Rekursgericht aufgetragenen Verfahrensergänzung. Vielmehr war der angefochtene Beschluß sogleich dahin abzuändern, daß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch in seinem restlichen Teil abgewiesen wurde.
Anmerkung
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ECLI:AT:OGH0002:1970:0010OB00208.7.0924.000Dokumentnummer
JJT_19700924_OGH0002_0010OB00208_7000000_000