TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/6 2003/04/0031

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Veröffentlicht am 06.04.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §367 Z25;
GewO 1994 §39;
VStG §19 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des G in R, vertreten durch Dr. Peter Kunz, Dr. Georg Schima, Dr. Eberhard Wallentin, Dr. Thomas Wallentin, Mag. Wolfgang Friedl und Dr. Veronika Kozak, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Porzellangasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. November 2002, GZ. UVS- 04/G/19/7203/2001/3, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. November 2002 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten GesmbH zu verantworten, dass zwei näher beschriebene Auflagenpunkte des Genehmigungsbescheides betreffend eine gewerbliche Betriebsanlage insofern nicht eingehalten worden seien, als am 11. Mai 2000 festgestellt worden sei, dass 1.) die Rollgittertore laut Prüfbuch letztmalig am 8. März 1999 überprüft und solcherart das vorgeschriebene Prüfungsintervall von einem Jahr überschritten worden wäre und 2.) die Sicherheitsbeleuchtung letztmalig im Dezember 1999 und somit nicht nachweislich einmal monatlich überprüft worden wäre. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen jeweils im gesetzlich vorgesehenen Höchstausmaß verhängt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Übertretungen schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die erwähnten Vorschriften geschützte öffentliche Interesse. Das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers sei auch nicht erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückgeblieben; die Voraussetzungen für das vom Beschwerdeführer begehrte Absehen von der Strafe lägen nicht vor. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei den Erwägungen der Erstbehörde zu folgen gewesen, die mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers und angesichts seiner Position als gewerberechtlicher Geschäftsführer, der für mehrere Filialbetriebe verantwortlich sei, von günstigen Einkommensverhältnissen ausgegangen sei. Im Übrigen seien keine besonderen Milderungsgründe vorzufinden, wohl aber scheine der Beschwerdeführer bereits vielfach einschlägig vorgemerkt auf. Offenkundig bedürfe es der Verhängung der Höchststrafe, um ihn von weiteren Tatwiederholungen abzuhalten. Eine Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Strafen komme daher nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, sah im Übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im "Recht auf gesetzeskonforme Ermessensausübung gemäß § 19 VStG und § 367 GewO verletzt". Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde sei selbst von einer geringfügigen Überschreitung des vorgeschriebenen Überprüfungsintervalls der Rollgittertore und von einer nicht nachweislichen Überprüfung der Sicherheitsbeleuchtung ausgegangen. Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen stelle die verhängte Geldstrafe, die samt Verfahrenskosten eine Höhe von insgesamt EUR 5.668,47 ausmache, einen Strafexzess dar, der - über den Umfang der Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG - offenbar die Dienstgeberin des Beschwerdeführers treffen solle. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen hätten im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG keine sonstigen nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Sie bewirkten zwar möglicherweise eine Gefährdung von Kunden im Notfall; dies rechtfertige aber noch nicht die Höhe der verhängten Strafen. Was das Verschulden des Beschwerdeführers anlange, habe er bereits in seiner Rechtfertigung vom 16. August 2000 sowie in seiner Berufung vom 8. August 2001 dargelegt, dass er sich "mehrmals persönlich in der technischen Abteilung des Konzerns gemeldet" habe, damit die wiederkehrende Überprüfung rechtzeitig durchgeführt werden. Er habe dadurch alle ihm möglichen Bemühungen getroffen, um die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sicher zu stellen. Auf Grund seiner Urgenz seien die vorgeschriebenen Überprüfungen in der in Rede stehenden Betriebsanlage auch umgehend und ordnungsgemäß durchgeführt worden. Dass es sich bei seinem Vorbringen - so die belangte Behörde - lediglich um allgemein gehaltene Behauptungen handle, sei nicht nachvollziehbar. Schließlich verfüge der Beschwerdeführer über ein monatliches Bruttoeinkommen von EUR 9.500,--, habe Sorgepflichten für ein minderjähriges Kind und keinerlei Vermögen. Hätte die belangte Behörde entsprechende Feststellungen getroffen, hätte sie erkannt, dass dem Beschwerdeführer nach Abzug von Sozialversicherung und Steuer sowie des Unterhalts für sein Kind ein Betrag von monatlich EUR 3.903,80 verbleibe bzw. - bis zur Höhe des zu belassenden Existenzminimums - ein "abzuschöpfender monatlicher Betrag" von EUR 2.378,60. Daraus errechne sich ein Tagessatz von EUR 79,29. Ausgehend von einer Ersatzfreiheitsstrafe von maximal vier Wochen käme - umgerechnet - eine Geldstrafe in Höhe von lediglich EUR 2.220,03 in Betracht. Berechne man jedoch an Hand der tatsächlich verhängten Geldstrafe nach der dargelegten Tagessatzmethode die Dauer der Freiheitsstrafe, so komme man auf eine 55-tägige Freiheitsstrafe. Dies stehe in keinem Verhältnis zu den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen. Die belangte Behörde habe auch keineswegs ihre in general- oder spezialpräventiver Hinsicht angestellten Überlegungen dargelegt, die sie etwa veranlasst hätten, derart hohe Strafen zu verhängen. Die Verhängung einer Strafe von mehr als EUR 726,-- pro Delikt sei jedenfalls rechtswidrig.

Gemäß § 367 Z. 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach der im Zeitpunkt der Begehung der Tat sowie der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides geltenden Fassung vor dem Euro-Umstellungsgesetz BGBl. I Nr. 136/2001 mit bis zu S 30.000,-- zu bestrafen war, wer die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind gemäß § 19 Abs. 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzesbuches anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung der Geldstrafe zu berücksichtigen.

Die Bemessung der Strafe nach diesen Bestimmungen ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, d.h. ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), S. 309f, dargestellte Judikatur).

Was zunächst den Strafbemessungsgrund gemäß § 19 Abs. 1 VStG anlangt, räumt der Beschwerdeführer selbst eine Gefährdung von Kunden (und wohl auch von Dienstnehmern) als Folge der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen ein. Die belangte Behörde ist in diesem Punkt der Auffassung, das tatbildliche Verhalten des Beschwerdeführers entspreche dem in der Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt bzw. bleibe nicht erheblich dahinter zurück. Umstände, die diese Annahme als unzutreffend erweisen könnten, bringt der Beschwerdeführer nicht vor; dass eine nur geringfügige Überschreitung des vorgesehenen jährlichen Überprüfungsintervalls festgestellt wurde, ändert nichts daran, dass auch in der geringfügigen Überschreitung eine Nichteinhaltung der entsprechenden Auflage und damit einhergehend eine Beeinträchtigung der dadurch geschützten Interessen liegt. Selbst wenn diese Beeinträchtigung nur verhältnismäßig kurz währte, folgt daraus noch nicht, dass der Unrechtsgehalt der Tat diesfalls zu vernachlässigen wäre.

In Ansehung des ihm zur Last liegenden Verschuldens an den Übertretungen weist der Beschwerdeführer ebenso wie im Verwaltungsstrafverfahren darauf hin, dass er, indem er die technische Abteilung seines Konzerns um Veranlassung der Überprüfung ersucht habe, ohnedies alles getan habe, was in seinen Möglichkeiten gestanden sei. Er übersieht bei diesem Vorbringen allerdings, dass nicht die technische Abteilung seines Konzerns, sondern er als gewerberechtlicher Geschäftsführer für die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften verantwortlich war. Wenn daher die erforderlichen Überprüfungen durch die technische Abteilung des Konzerns trotz mehrmaliger persönlicher Bemühungen des Beschwerdeführers nicht so zeitgerecht bewerkstelligt werden konnten, wie im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid verlangt, wäre es seine Sache gewesen, für die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen anderweitig zu sorgen. Mit dem Hinweis darauf, dass er ohnedies bei der technischen Abteilung auf die Veranlassung der erforderlichen Überprüfungen gedrängt habe, zeigt der Beschwerdeführer daher keinen schuldbefreienden Umstand auf.

Betreffend die Bedeutung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Strafbemessung ist zunächst zu sagen, dass es sich dabei zwar um Umstände handelt, die bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sind, dass das VStG die Anwendung eines dem gerichtlichen Strafrecht vergleichbaren Tagessatzsystems aber nicht vorsieht. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren der behördlichen Aufforderung, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben, nicht entsprochen. Vielmehr hat er die in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde diesbezüglich gestellte Frage mit "unbekannt" beantwortet. Wenn die Erstbehörde und dieser folgend die belangte Behörde daher mit einer Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers vorging und diese auf Grund näherer Erwägungen als günstig, d. h. in einer Höhe annahm, die eine im Hinblick auf die Leistungskraft des Beschwerdeführers vergleichsweise niedrige Geldstrafe nicht geboten erscheinen ließ, so ist das nicht zu beanstanden. Den in der vorliegenden Beschwerde dargestellten Berechnungen betreffend die Höhe des maximal "abzuschöpfenden" monatlichen Betrages genügt es, dem Beschwerdeführer zu entgegnen, dass er derartige Angaben im Verwaltungsstrafverfahren trotz gebotener Gelegenheit nicht gemacht hat; diese kann er daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erfolgreich nachholen.

Bei seinem Vorbringen, es seien unangemessen hohe Geldstrafen verhängt worden, übersieht die Beschwerde einen Umstand allerdings grundsätzlich, nämlich den von der belangten Behörde für die Verhängung der Höchststrafe ins Treffen geführten Grund: Die belangte Behörde hat sich zur Verhängung der Geldstrafe in der erwähnten Höhe nämlich entscheidend wegen der vielfachen einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers veranlasst gesehen. Die zahlreichen über ihn verhängten Strafen seien allesamt nicht ausreichend gewesen, um ihn zu gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen; es bedürfe "offenkundig" der Höchststrafe, um ihn von weiteren einschlägigen Übertretungen abzuhalten.

Der Beschwerdeführer tritt diesen Annahmen der belangten Behörde nicht entgegen. Er stellt insbesondere nicht in Abrede, dass er bereits zahlreiche einschlägige Vorstrafen aufweist, was mit den vorgelegten Verwaltungsstrafakten auch insofern in Einklang steht, als diese ein umfangreiches Vorstrafenregister des Beschwerdeführers ausweisen.

Auf dem Boden dieser Annahmen kann in der Strafbemessung der belangten Behörde allerdings kein Ermessensfehler gesehen werden, zumal die aus einer Vielzahl einschlägiger Vorstrafen gewonnene Überzeugung der Behörde, der Beschwerdeführer stehe den im Gegenstande geschützten Interessen gleichgültig gegenüber, sodass es der Verhängung einschneidender Strafen bedürfe, um ihn zu entsprechender Einsicht und folglich zur Einhaltung der in Rede stehenden Verwaltungsvorschriften zu bewegen, grundsätzlich nicht unschlüssig ist und auch Umstände, die das Gewicht dieser Gesichtspunkte entscheidend verringern könnten, nicht ersichtlich sind; Milderungsgründe wurden von der belangten Behörde verneint und vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

Soweit der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde vorbringt, er sei seit 30. Juni 2000 nicht mehr gewerberechtlicher Geschäftsführer betreffend die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage, erübrigt es sich schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 41 VwGG bestehenden Neuerungsverbotes, auf dieses Vorbringen weiter einzugehen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 6. April 2005

Schlagworte

Persönliche Verhältnisse des Beschuldigten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003040031.X00

Im RIS seit

30.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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