TE OGH 1971/2/23 4Ob6/71

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Veröffentlicht am 23.02.1971
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Norm

ABGB §1158
Angestelltengesetz §19 Abs1

Kopf

SZ 44/17

Spruch

Dienstverhältnis "für die Dauer der Abwesenheit einer erkrankten Arbeitskollegin" ist Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit. Wenn die andere Dienstnehmerin dann während des Krankenstandes ausscheidet, endet damit auch das Ersatzdienstverhältnis

OGH 23. 2. 1971, 4 Ob 6/71 (LGZ Graz 2 Cg 40/70; ArbG Graz 1 Cr 92/70)

Text

Die Klägerin wurde von der Beklagten am 27. 10. 1970 für die Dauer der Abwesenheit der erkrankten Bediensteten Helmtraude K als Sprechstundenhilfe im Zahnambulatorium G angestellt. Sie hatte einen Monatsbezug von S 2597.-, der sich ab Februar 1970 auf S 2820.- brutto erhöht hätte. Das Dienstverhältnis unterlag den Bestimmungen des Angestelltengesetzes.

Helmtraude K war vom 22. 10. 1969 bis 8. 2. 1970 im Krankenstand. Mit Ende des Jahres 1969 wurde ihr Dienstverhältnis zur beklagten Partei im beiderseitigen Einvernehmen gelöst.

Die Beklagte teilte der Klägerin am 19. 12. 1969 mit, daß ihr Dienstverhältnis mit 31. 12. 1969 beendet sei.

Mit Schreiben vom 13. 3. 1970. das am 19. 3. 1970 bei der Beklagten einlangte, gab die Klägerin bekannt, daß sie schwanger sei. Vorher war bei der beklagten Partei von einer Schwangerschaft der Klägerin nichts bekannt.

Die Klägerin begehrt eine Kündigungsentschädigung in der Höhe von drei Monatsbezügen (S 8237.- sA) mit der Begründung, daß ihr Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei, weil ein genauer Zeitpunkt der Beendigung nicht festgelegt worden sei. Es hätte daher nur durch ordnungsgemäße Kündigung beendet werden können. Sie sei überdies zum Zeitpunkt des Ausspruches der Auflösung des Dienstverhältnisses schwanger gewesen. Sie dehnte daher im Berufungsverfahren ihr Begehren auf Bezahlung der Bezüge bis 15. 6. 1970. dem Beginn der Schutzfrist nach dem MuttSchG, einschließlich der anteilsmäßigen Sonderzahlungen (zusammen S 17.472.- sA) aus.

Die Beklagte behauptete, daß von vornherein ein Dienstverhältnis für die Dauer des Krankenstandes der Dienstnehmerin K, somit auf eine bestimmte Zeit, vereinbart worden sei. Dieser Endzeitpunkt sei mit der Lösung des Dienstverhältnisses der Helmtraude K eingetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es nahm an, daß zwischen den Streitteilen ein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit abgeschlossen worden sei. Dieses Dienstverhältnis sei mit dem Zeitpunkt der einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses der Helmtraude K zur Beklagten, somit mit 31. 12. 1969. beendet worden. Die Klägerin könne daher über diesen Zeitpunkt hinaus kein Entgelt mehr verlangen.

Die Berufung der Klägerin war erfolglos. Das Berufungsgericht führte das Verfahren gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem durch und stellte noch fest:

Der Klägerin wurde bei ihrer Einstellung bei der Beklagten ausdrücklich erklärt, daß sie für die Dauer der krankheitsbedingten Abwesenheit der Helmtraude K aufgenommen werde. Zu dieser Zeit war nicht bekannt, wie lange Frau K im Krankenstand sein werde.

K teilte am 14. 11. 1969 der Beklagten mit, daß sich ihr Zustand verschlechtert habe, sie sich schonen müsse und daher um die Zustimmung zu einer einvernehmlichen Lösung ihres Dienstverhältnisses mit 31. 12. 1969 ersuche. Diesem Ersuchen hat die beklagte Partei am 16. 12. 1969 stattgegeben. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß mit Beendigung des Dienstverhältnisses der Frau K, also mit Ende des Jahres 1969 auch ihr Dienstverhältnis zu Ende gehe. Für Frau K ist nach Ausscheiden der Klägerin, mit deren fachlichen Leistungen die zuständigen Vorgesetzten nicht zufrieden waren, eine neue Sprechstundenhilfe eingestellt worden.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, daß im vorliegenden Fall ein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit vereinbart worden sei, weil der Endtermin objektiv feststellbar und nicht von der Willkür des Dienstgebers abhängig gewesen sei. Daß die Dienstnehmerin K, wegen deren Krankheit die Klägerin eingestellt wurde, ihre Arbeit nicht mehr aufgenommen habe, sondern aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden sei, ändere nichts daran, daß mit dem Ausscheiden dieser Dienstnehmerin auch das Dienstverhältnis der Klägerin beendet worden sei. Das Ausscheiden der Dienstnehmerin K sei nicht vor der Beklagten allein abhängig gewesen und habe zur Folge gehabt, daß von einer krankheitsbedingten Abwesenheit dieser Dienstnehmerin nicht mehr gesprochen werden konnte. Das Berufungsgericht kam daher auch zu dem Ergebnis, daß das (ausgedehnte) Klagebegehren abzuweisen war.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin behauptet zunächst, daß zwischen ihr und der Beklagten von vornherein nicht ein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit, sondern ein solches auf unbestimmte Zeit vereinbart worden sei, weil zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt gewesen sei, wie lange sich die Dienstnehmerin K im Krankenstand befinden werde. Dem ist entgegenzuhalten, daß ein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit nicht kalendermäßig begrenzt sein muß. Ein solches liegt auch dann vor, wenn dessen Dauer annähernd feststeht und durch Umstände bestimmt wird, die objektiv feststellbar und von der Willkür des Dienstgebers unabhängig sind (Leitich, ÖJZ 1955, 666, JBl 1958, 369 ua). Da die Klägerin ausdrücklich für die Dauer der krankheitsbedingten Abwesenheit der Dienstnehmerin K aufgenommen wurde, trifft diese Voraussetzung im vorliegenden Fall zu. Ob der Bedarf der Dienstgeberin, der zur Einstellung der Klägerin führte, als vorübergehend zu bezeichnen war, ist nicht wesentlich, weil ein Dienstverhältnis auf die Zeit eines vorübergehenden Bedarfes grundsätzlich ein solches auf unbestimmte Zeit ist, das nur die Besonderheit hat, daß es während des ersten Monates jederzeit gelöst werden kann (§ 20 Abs 5 AngG, Leitich, ÖJZ 1955, 665). Da die Mitteilung an die Klägerin, daß ihr Dienstverhältnis mit 31. 12. 1969 zu Ende gehe, erst später als ein Monat nach Beginn des Dienstverhältnisses erfolgte, kann die Bestimmung des § 20 Abs 5 AngG zur Begründung dafür, daß das Dienstverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte gelöst werden können, im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden. Entscheidend ist vielmehr allein, ob das Ende des Dienstverhältnisses von vornherein so vereinbart wurde, daß ein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit (§ 19 Abs 1 AngG) vorliegt. Da es mit dem Ende der krankheitsbedingten Abwesenheit der Dienstnehmerin K begrenzt wurde, war das Ende des Dienstverhältnisses objektiv bestimmt und keineswegs, wie die Revision meint, "völlig nebulos und unbestimmbar".

Richtig ist allerdings, daß die Dienstnehmerin K tatsächlich nicht mehr zur Arbeit zurückkehrte, sondern während des Krankenstandes ihr Dienstverhältnis zur Beklagten einvernehmlich mit 31. 12. 1969 löste. Der Hinweis der Revision, daß damit der "vorübergehende Bedarf" einer Ersatzkraft für diese Dienstnehmerin zu einem ständigen geworden sei, ist an sich richtig. Die daraus gezogene Folgerung aber, daß nun das Dienstverhältnis der Klägerin nur mehr unter Einhaltung einer entsprechenden Kündigungsfrist hätte beendet werden können, ist nicht richtig. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurde vereinbart, daß das Dienstverhältnis so lange dauern soll, bis die krankheitsbedingte Abwesenheit der Dienstnehmerin K beendet ist. Dies konnte durch die (erwartete) Rückkehr auf den Arbeitsplatz nach Wiederherstellung ihrer Gesundheit, aber auch durch eine Beendigung ihres Dienstverhältnisses erfolgen. Nach Lösung ihres Dienstverhältnisses konnte nicht mehr gesagt werden, daß sie "krankheitsbedingt" vom Dienst abwesend sei. Auch damit wurde die durch ihre krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung entstandene Lage und die eingetretene Notwendigkeit, ihre Arbeitskraft vorläufig durch eine andere zu ersetzen, geklärt und beendet. Es mußte der Klägerin von vornherein mit Rücksicht auf die getroffene Vereinbarung klar sein, daß ihre Einstellung nur den Zweck hat, den durch die Abwesenheit der erkrankten Dienstnehmerin K entstandenen zusätzlichen Bedarf zu decken und ihre Tätigkeit beendet sein werde, wenn dieser Arbeitsplatz wieder durch eine ständige Arbeitskraft besetzt wird. Dies konnte, so wie es erwartet wurde, dadurch erfolgen, daß die erkrankte Dienstnehmerin wieder zurückkehrt, aber auch dadurch, daß wegen ihres Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis eine andere ständige Arbeitskraft angestellt werden muß. Aus dem mit ihr geschlossenen Dienstvertrag konnte die Klägerin aber kein Recht ableiten, daß sie auch als ständige Arbeitskraft beschäftigt werde. Da nicht der Krankenstand der Dienstnehmerin K schlechthin, sondern die dadurch bedingte Abwesenheit der Dienstnehmerin K von ihrem Arbeitsplatz erkennbar der maßgebliche Gesichtspunkt für die Dauer des Dienstverhältnisses der Klägerin sein sollte, konnte die getroffene Vereinbarung bei ungezwungener Auslegung nur dahin verstanden werden, daß das Dienstverhältnis der Klägerin beendet sein soll, sobald feststeht, daß der Arbeitsplatz der Dienstnehmerin K wieder ständig, sei es von ihr wegen ihrer Rückkehr nach der Wiederherstellung ihrer Gesundheit oder durch eine andere Angestellte wegen ihres Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis, besetzt wird. Daß die Auflösung des Dienstverhältnisses der Dienstnehmerin K mit der beklagten Partei einvernehmlich erfolgte, besagt nicht, daß sie von der Willkür der Beklagten abhing. Das Berufungsgericht hat bereits vielmehr zutreffend hervorgehoben, daß die Anregung dazu nicht von der Beklagten, sondern von der Dienstnehmerin K ausging, und die Beklagte allein eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses mit der Angestellten K nicht bewirken konnte.

Anmerkung

Z44017

Schlagworte

Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit, Dienstverhältnis für Dauer der Krankheit eines Arbeitskollegen, Dienstverhältnis, auf bestimmte Zeit, Ersatzdienstverhältnis, Ersatzdienstverhältnis, Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0040OB00006.71.0223.000

Dokumentnummer

JJT_19710223_OGH0002_0040OB00006_7100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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