Norm
ABGB §932Kopf
SZ 44/20
Spruch
Schadenersatzpflicht des Unternehmers nach §§ 1167, 932 ABGB; Einfluß von Preissteigerungen zwischen dem Schadensereignis und der Behebung des Schadens
OGH 24. 2. 1971, 5 Ob 7/71 (OLG Innsbruck 1 R 124/70; LG Innsbruck 6 Cg 286/69)
Text
Mit der seit 4. 9. 1964 anhängigen Klage begehrte der Kläger zunächst die Verurteilung der Maria V zur Zahlung eines Betrages von S 63.312.39 samt 4% Zinsen seit 28. 2. 1964 und, nachdem über das Vermögen der ursprünglich Beklagten zu S 55/67 des LG Innsbruck der Konkurs eröffnet worden war, gegenüber dem Masseverwalter in diesem Konkurs die Feststellung, daß seine Forderung mit (eingeschränkt) S 48.066.83 samt 4% Zinsen vom 28. 2. 1964 bis zum 29. 8. 1967 (Tag der Ausgleichseröffnung) in der dritten Klasse der Konkursgläubiger zu Recht bestehe. Er führte hiezu aus, daß ihm die Gemeinschuldnerin diesen Betrag an Architektenhonorar seit 28. 2. 1964 schulde.
Der beklagte Masseverwalter beantragte Klagsabweisung und wendete ein, der Kläger habe sein Honorar zur Gänze erhalten; im übrigen habe er die ihm obliegenden Abschlußarbeiten nicht durchgeführt, was zu einer Kürzung des der Maria V gewährten Darlehens um S 14.000.- geführt habe. Der Maria V sei dadurch ein Schaden in dieser Höhe entstanden. Ferner seien dem Kläger eine Reihe von Kunstfehlern unterlaufen; er habe weiters dem Baumeister um S 124.000.- zuviel ausgezahlt. Insgesamt machte der Beklagte mit ausdrücklicher Aufrechnungseinrede Gegenforderungen im Betrag von S 289.000.- bis zur Höhe der Klageforderung geltend.
Der Erstrichter erkannte die Forderung des Klägers mit S 48.066.83 samt 4% Zinsen vom 28. 2. 1964 bis zum 29. 8. 1967 und die Gegenforderung mit S 14.509.86 seit 28. 2. 1964 als zu Recht bestehend und stellte fest, daß die Forderung des Klägers im Konkursverfahren S 55/67 des LG Innsbruck mit S 33.556.97 samt 4% Zinsen vom 28. 2. 1964 bis zum 29. 8. 1967 in der dritten Klasse der Konkursgläubiger zu Recht bestehe. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.
Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Im Verfahren zweiter Instanz bildeten nur noch die Fragen Streitpunkte, ob die Gemeinschuldnerin auf Abschlag der Honorarforderung des Klägers an diesen am 10. 8. 1961 oder am 10. 8. 1959 S 4000.- und am 20. 2. 1962 weitere S 45.000.- bezahlt habe und ob die erhobene Gegenforderung für Mängel an der Bauführung, die der Kläger zu vertreten hat, S 14.509.86 oder S 25.017.- betrage. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstrichters, wonach die behaupteten Zahlungen nicht als erwiesen angenommen wurden. Zur Gegenforderung hatte der Erstrichter festgestellt, daß der Boden der Terrasse im 4. Stock des im Auftrag der Gemeinschuldnerin nach den Plänen und unter der Aufsicht des Klägers erbauten Hauses um etwa 8 cm höher ist als der Fußboden der angrenzenden Wohnungen. Der Terrassenboden weise nur zum Teil die erforderliche Neigung von 1.5% auf. Dieser Umstand bewirke, daß das Regen- und Schmelzwasser nicht entsprechend abfließe und zu einer Durchfeuchtung der Fußböden in den angrenzenden Wohnungen führen könne, ein Mangel, der vom Kläger als dem für die Planung und Bauaufsicht verantwortlichen Architekten vertreten werden müsse. Die Behebung des seit der Errichtung des Gebäudes (Kollaudierung am 2. 3. 1962) bestehenden Mangels erfordere auf der Basis der derzeitigen Baukosten einen Aufwand von S 25.017.-, auf der Grundlage der Preise des Jahres 1962 sei der erforderliche Aufwand mit S 14.509.86 zu veranschlagen.
Von diesen unbekämpft gebliebenen Feststellungen ausgehend, billigte das Berufungsgericht auch die Rechtsansicht des Erstrichters, daß die Gegenforderung nur mit einem Betrag von S 14.509.86 zu Recht bestehe. Es führte hiezu aus, der Beklagte habe nur ganz allgemein der Klageforderung eine Forderung auf Ersatz der Schäden, die durch unsachgemäße Disposition des Klägers entstanden sind, bis zur Höhe der Klageforderung entgegengehalten. Er habe diese Forderung zwar detailliert, jedoch den Schaden, den er durch den Fehler bei der Planung und Ausführung der Terrasse behaupte, der Höhe nach nicht bekanntgegeben, es sei denn, man nehme an, daß der unter Pkt K auf S 28 der Akten angeführte Betrag von S 21.000.- sowohl für den durch den Fehler an der Terrasse als auch für den durch die Angabe einer falschen Niveauhöhe des Kellers entstandenen Schaden geltend gemacht worden sei. Der Bestand einer Gegenforderung für den vom Kläger zu ersetzenden Schaden bei der Terrasse, der vom Kläger in dem vom Erstrichter festgestellten Umfang nicht bekämpft wurde, könne aber nach der derzeitigen Aktenlage in einer größeren Höhe schon deshalb nicht festgestellt werden, weil es überhaupt an einem präzisen diesbezüglichen Vorbringen fehle. Sollte aber der Schaden mit S 21.000.- behauptet worden sein, könnte jedenfalls ein darüber hinausgehender Ersatz nicht zugesprochen werden. Von einer Aufhebung der Entscheidung des Erstrichters zur Klärung dieser Frage sei abzusehen, weil es nach Ansicht des Berufungsgerichtes ohnehin nur zur Zuerkennung des Ersatzes des Schadens kommen könne, den der Beklagte im Zeitpunkt seiner Entstehung erlitten habe. Dieser Zeitpunkt sei mit der Fertigstellung des Wohnhauses im Jahr 1962 anzunehmen. Bereits damals habe der Schaden bestanden, und der Ersatzanspruch sei schon damals gegeben gewesen. Dieser Ersatzanspruch sei nach § 1323 ABGB auf Vergütung des Schätzwertes der Leistungen gerichtet, die zur Behebung des Schadens notwendig seien. Über den Zeitpunkt, von dem ausgehend dieser Schätzungswert zu berechnen sei, bestimme § 1332 ABGB, daß der Schaden nach dem gemeinen Wert, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte, zu ersetzen sei. Da die Beschädigung im Jahre 1962 eingetreten sei, könne nur der Ersatz jener Kosten zuerkannt werden, die im Jahre 1962 zur Beseitigung des Schadens hätten aufgewendet werden müssen. Nach dem Jud 15 neu wäre die Bedachtnahme auf eine Preisänderung infolge Erhöhung der Materialpreise und Löhne nicht zulässig.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird vom Beklagten mit Revision insoweit angefochten, als die Gegenforderung nur mit S 14.509.86 anstatt mit S 25.017.- festgestellt wurde.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Auftrag an einen Baumeister zur Errichtung eines Hauses ist in der Regel ein Werkvertrag; dagegen enthält der Vertrag, mit dem ein Architekt nicht nur die Herstellung von Entwürfen und Plänen, sondern auch die Bauüberwachung übernimmt, Elemente eines Bevollmächtigungsvertrages (EvBl 1966/336). Da der Kläger im vorliegenden Fall nach den Feststellungen der Untergerichte im Auftrag der Gemeinschuldnerin eine solche Architektentätigkeit entwickelte, konnte es sich bei den nach Auffassung der Untergerichte gegenüber seiner Honorarforderung aufrechnungsweise geltend gemachten Gegenforderungen des Beklagten und insbesondere bei der noch allein strittigen, auf die mangelhafte Planung und Ausführung der Terrasse im 4. Stock des Hauses gegrundeten Gegenforderung nur um einen aus §§ 1167, 932 oder §§ 1299 bzw 1012 ABGB abgeleiteten Anspruch handeln.
Nach §§ 1167 und 932 ABGB kann der Besteller, sofern er nicht wegen wesentlicher Mängel, welche das Werk unbrauchbar machen oder einer ausdrücklichen Bedienung zuwiderlaufen, vom Vertrag abgehen will, wegen anderer behebbarer Mängel Verbesserung oder Preisminderung verlangen. Hat der Besteller aber die Verbesserung selbst vorgenommen oder sie durch einen dritten vornehmen lassen, ohne die Verbesserung zuerst vom Unternehmer zu fordern, kann er bloß im Wege der Geltendmachung des Minderungsanspruches eine Herabsetzung des Entgeltes erwirken, nicht aber schlechthin den Ersatz der Verbesserungskosten verlangen (vgl SZ 5/224; SZ 25/277; HS 1815; HS 5373/44). Da der Beklagte diesfalls nicht einmal behauptete, vom Kläger die Verbesserung der aufgezeigten Mängel begehrt zu haben, er aber dessenungeachtet ausschließlich den Ersatz der Verbesserungskosten begehrt, können im Rahmen der Gewährleistungsansprüche des Beklagten keinesfalls höhere als die von den Untergerichten festgestellten Kosten als berechtigt angesehen werden.
Soweit sich aber die strittige Forderung des Beklagten auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes stützt, ist allerdings zu beachten, daß § 1167 ABGB die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des Bestellers nicht ausschließt (vgl SZ 20/192). In einem solchen Fall ist der Geschädigte auch nicht verpflichtet, dem Schädiger zunächst Gelegenheit zu geben, den Schaden durch Verbesserung seiner Arbeit selbst zu beheben (vgl SZ 40/31). Es ist daher für den Schadenersatzanspruch des Beklagten ohne Bedeutung, ob der Kläger zur Verbesserung aufgefordert wurde. Voraussetzung des Schadenersatzanspruches des Beklagten ist freilich in jedem Fall der Nachweis des Verschuldens des Klägers oder seiner Gehilfen (§ 1313a ABGB). Nach § 1299 ABGB hat der Unternehmer den Mangel seiner für die Ausführung des Werkes erforderlichen Sachkenntnis und Sorgfalt zu vertreten. Daß diesbezüglich dem Kläger hinsichtlich des noch strittigen Ersatzanspruches ein derartiger Mangel zur Last fällt, haben die Untergerichte ohne Widerspruch des Klägers angenommen, und diese Annahme erscheint auch nach dem festgestellten Sachverhalt begrundet.
Selbst wenn man nun davon ausgeht, daß der Beklagte seinen geltend gemachten Ersatzanspruch mit S 21.000.- bezifferte, so ist die Feststellung der Gegenforderung mit einem höheren Betrag als diesem jedenfalls schon deshalb ausgeschlossen, weil ein höherer Schaden in diesem Zusammenhang gar nicht behauptet wurde.
Was aber die Frage der Höhe des dem Beschädigten gebührenden Schadenersatzbetrages anlangt, wenn in der Zeit zwischen dem Schadensereignis und der Behebung des Schadens Preissteigerungen eingetreten sind, ist zu beachten:
Maßgebend für die Höhe des Schadens ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschädigung (vgl § 1332 ABGB; Wolff in Klang[2] VI 4; DREvBl 1942/214). Aus der Verpflichtung des Beschädigten, seinerseits alles zur Minderung des Schadens zu tun (§ 1304 ABGB), läßt sich insbesondere in jenen Fällen, in denen der Schaden umso größer wird, je länger der durch die Beschädigung herbeigeführte Zustand dauert, die Verpflichtung des Beschädigten ableiten, alles zur Wiederherstellung Nötige zu tun, allenfalls die Wiederherstellung auch selbst zu besorgen. Auf diese Fälle können die Bestimmungen der §§ 1036 ff ABGB Anwendung finden. Der Beschädigte, der die Wiederherstellung in solcher Weise rechtmäßig selbst vornimmt, braucht allerdings ihre Kosten nicht vorzustrecken; er kann vom Beschädiger Vorschuß verlangen, aber auch nachträglich den Ersatz der Kosten der Mittelbeschaffung, allenfalls den Zinsenverlust vom Zeitpunkt der Beschädigung an, begehren (Wolff aaO 121 und 170; Ehrenzweig[2] II/1, 67 § 303 I/1). Wenn und soweit die Wiederherstellung (Beschaffung der Ersatzsache) dem Beschädigten zur Zeit der Beschädigung nicht möglich war, sind allerdings die Kosten der Wiederherstellung im Zeitpunkt ihrer Vornahme maßgebend (Wolff aaO 170). Zwar gebührt dem Beschädigten regelmäßig Schadenersatz ohne Rücksicht darauf, ob der Schaden in der Zwischenzeit durch den Beschädigten selbst behoben wurde; der Ersatz der in der Zwischenzeit durch Preissteigerungen eingetretenen höheren Wiederherstellungskosten kann dem Beschädigten jedoch nur zuerkannt werden, wenn es sich um einen tatsächlichen Aufwandersatz (vgl § 1037 ABGB; Stanzl in Klang[2] IV/1, 904), handelt. Da diesfalls die Behauptung der Gemeinschuldnerin, Aufwendungen in der angegebenen Höhe gemacht zu haben, nicht erweislich war und selbst die Revision davon ausgeht, daß die Wiederherstellungsarbeiten noch nicht ausgeführt wurden, sind die Untergerichte bei der Berechnung der Gegenforderung des Beklagten mit Recht von den Kosten der Wiederherstellung im Zeitpunkt der Schadenszufügung ausgegangen.
Im übrigen hat der wegen schuldhaften Verhaltens schadenersatzpflichtige Unternehmer dem Besteller nur jenen Nachteil zu ersetzen, den dieser durch seine Unkenntnis vom Mangel des gelieferten Werkes erlitten hat. Dagegen ist mangels Kausalität des schuldhaften Verhaltens des Unternehmers nicht auch jener Schaden zu ersetzen, den der Besteller schon durch das Vorhandensein des Mangels selbst erlitten hat; diesbezüglich kann der Besteller nur Gewährleistungsansprüche geltend machen (vgl Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 546; HS 249/75). Daraus ergibt sich aber, daß diesfalls, da - wie oben ausgeführt - Gewährleistungsansprüche des Beklagten nicht gegeben sind, nur der Ersatz der Kosten der Wiederherstellung der durch Wassereinwirkung beschädigten Parkettböden mit Erfolg begehrt werden konnte. Nach den von den Untergerichten der Entscheidung zugrunde gelegten Gutachten des Sachverständigen Alois S, dessen Ansätze auch der Beklagte gelten läßt, betrugen aber selbst die derzeitigen Kosten der Wiederherstellung der beschädigten Eichenböden samt den Türstöcken weniger als S 4000.-. Selbst unter Berücksichtigung des auch vom Sachverständigen als begrundet angesehenen Zuschlages für unvorhergesehene Mehrarbeiten im Betrag von S 2850.- liegen demnach die gesamten ersatzfähigen Wiederherstellungskosten weit unter dem von dem Untergerichten festgestellten Betrag der Gegenforderung des Beklagten. Die Feststellung einer höheren Gegenforderung iS des Revisionsantrages kommt daher nicht in Betracht.
Anmerkung
Z44020Schlagworte
Preissteigerung zwischen Schadensereignis und Schadensbehebung, Schadenberechnung, Preissteigerung zwischen Schadensereignis und, Schadensbehebung, Schadenersatzpflicht des Unternehmers beim Werkvertrag, Preissteigerung, zwischen Schadensereignis und Schadensbehebung, Werkvertrag, Schadenersatzpflicht des Unternehmers, Preissteigerungen, zwischen Schadensereignis und SchadensbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1971:0050OB00007.71.0224.000Dokumentnummer
JJT_19710224_OGH0002_0050OB00007_7100000_000