Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §10 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der G R AG in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 5/3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 13. Jänner 2003, Zl. 37.001/1-IV/3/2003, betreffend Unterschutzstellungsverfahren nach dem Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 24. Mai 2002 hat das Bundesdenkmalamt festgestellt, dass die Erhaltung des Wohn- und Geschäftshauses in W, Am Kmarkt, gemäß §§ 1 und 3 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen sei. Dieser Bescheid wurde der Eigentümerin der Liegenschaft mit der Bezeichnung "G A R-AG zu Handen RA Dr. Schlein" am 6. Juni 2002 zugestellt.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2002 hat das Bundesdenkmalamt über die von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18. Juli 2002 gestellten Anträge und über ihre Berufung vom 19. Juli 2002 wie folgt entschieden:
"Der Antrag, die Parteienbezeichnung von G A R AG bzw. G V AG auf G R AG zu berichtigen, wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufung gegen den Unterschutzstellungsbescheid des BDA vom 24.5.2002, GZ: 37.910/9/02, wird abgewiesen und die Wiedereinsetzung gem. § 71 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 nicht bewilligt.
Die Berufung der G R AG gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 24.5.2002, GZ: 37.910/9/01, wird gemäß § 64a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 als verspätet zurückgewiesen."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Jänner 2003 hat die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wie folgt entschieden:
"I.
Der Berufung der G R AG, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien I., vom 7. November 2002, gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 22. Oktober 2002, Zl. 37.910/4/02, wird hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages, die Parteienbezeichnung von 'G A R AG' bzw. 'G V AG' auf 'G R AG' zu berichtigen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG insoweit Folge gegeben, als dieser Antrag abgewiesen wird.
II.
Der Berufung der G R AG, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien I., vom 7. November 2002 gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 22. Oktober 2002, Zl. 37.910/4/02, wird hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid in diesem Punkt vollinhaltlich bestätigt.
III.
Die Berufung der G R AG, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien I., vom 19. Juli 2002, gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 24. Mai 2002, Zl. 37.910/9/01, wird (verbunden mit der Feststellung, dass es sich bei dem Rechtsmittel der G R AG, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien I., vom 7. November 2002, hinsichtlich dieses Spruchpunktes um einen Vorlageantrag gemäß § 64a Abs. 2 AVG handelt und der Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 22. Oktober 2002, Zl. 37.910/4/02, hinsichtlich dieses Spruchteils gemäß § 64a Abs. 3 AVG außer Kraft getreten ist) gemäß § 66 Abs. 4 AVG wegen Verspätung als unzulässig zurückgewiesen."
Zur Begründung führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verfahrensverlaufes - im Wesentlichen aus, die Berufung vom 16. Juli 2002 habe ausdrücklich die (unter FN ... im Firmenbuch des Handelsgerichtes W eingetragenen) G V AG erhoben. Die beantragte Berichtigung der Parteibezeichnung auf die (unter FN ... im Firmenbuch des Handelsgerichtes W eingetragene) G R AG sei nicht zulässig, weil dadurch ein (unzulässiger) Austausch der Partei angestrebt werde. Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages führte die belangte Behörde aus, die erstinstanzliche Behörde habe die Rechtslage unter Bezug auf höchstgerichtliche Judikatur ausführlich dargestellt und sei zum Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzung des § 71 Abs. 1 AVG nicht vorliege (nämlich mit der Begründung, der Parteienvertreter habe versucht, sich seiner Überwachungspflicht mit der Behauptung zu entziehen, dass sich durch Verwendung edv-mäßiger Schablonen ein Flüchtigkeitsfehler, der nur einen minderen Grad des Versehens darstelle, eingeschlichen habe; demgegenüber sei es einem Rechtsanwalt jedoch sehr wohl zumutbar, Schriftsätze, die von Konzipienten erstellt bzw. von Kanzleibediensteten ausgefertigt worden seien, auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen); die belangte Behörde schließe sich diesen ausführlichen rechtlichen Überlegungen im Wesentlichen an. Ergänzend werde ausgeführt, dass ein Rechtsanwalt den von Mitarbeitern erstellten Schriftsatz nicht nur zu unterfertigen sondern auch inhaltlich zu überprüfen habe. Wenn ein berufsmäßiger Parteienvertreter einen Schriftsatz hinsichtlich der Bezeichnung der (von ihm) vertretenen Partei nicht überprüfe, sei dies nicht als ein nur minderer Grad des Versehens zu beurteilen. Das zum Wiedereinsetzungsantrag erstattete Vorbringen zeige, dass der Schriftsatz vor seiner Unterfertigung offensichtlich nicht mit gehöriger Sorgfalt geprüft worden sei. Der Unterschutzstellungsbescheid vom 24. Mai 2002 sei der "G A R AG zu Handen Herrn RA Dr. Wilhelm Schlein" am 6. Juni 2002 zugestellt worden. Die "G A R AG" sei mit der "G R AG" (das ist die Beschwerdeführerin) ident. Durch die Änderung des Firmenwortlautes sei in der Rechtsperson (dieser Aktiengesellschaft) keine Änderung eingetreten. Die Zustellung des Unterschutzstellungsbescheides sei am 6. Juni 2002 rechtswirksam erfolgt. Die nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist erst am 19. Juli 2002 eingebrachte Berufung sei daher als verspätet zurückzuweisen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichthof erwogen:
Die Beschwerdeführerin wiederholt zur "Berichtigung der Parteibezeichnung" im Wesentlichen ihr im Beschwerdeverfahren zur hg. Zl. 2002/09/0205, erstattetes Vorbringen. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht insoweit jenem, welcher mit dem hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2002/09/0205, entschieden worden ist. In dieser Hinsicht - nämlich, dass kein Formgebrechen der zurückgewiesenen Berufung vorgelegen ist, und diese daher einem Verbesserungsverfahren nicht zu unterziehen war - wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des genannten Beschlusses verwiesen. Die belangte Behörde ist daher, ohne das Gesetz zu verletzen, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf "Berichtigung" der Parteibezeichnung abzuweisen war.
Hinsichtlich der Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages (mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) wird in der Beschwerde geltend gemacht, es sei nur ein schlichter Flüchtigkeitsfehler betreffend die unrichtige bzw. unvollständige Schreibweise der Firma vorgelegen. Dieser Fehler, der auch dem Bundesdenkmalamt unterlaufen sei, stelle nur einen minderen Grad des Versehens dar.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Rechtsanwalt, der bei der Unterfertigung eines Schriftsatzes (hier: der Berufung) eine Überprüfung der Richtigkeit des zu unterfertigenden Schriftsatzes in wesentlichen Punkten unterlässt, grobe Fahrlässigkeit zu verantworten (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 26. April 2002, Zl. 2002/02/0062, und die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I, zweite Auflage 1998, Seite 1582 ff, insbesondere E 217, wiedergegebene Judikatur). Im Beschwerdefall ist aber die Fristversäumung auf eine solche mangelhafte inhaltliche Überprüfung (Kontrolle) des Berufungsschriftsatzes zurückzuführen, nämlich darauf, dass vor der Unterfertigung unbeachtet blieb, von welcher Partei diese Berufung erhoben wird.
Die belangte Behörde hat den Wiedereinsetzungsantrag daher zu Recht abgewiesen.
Dem zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides erstatteten Beschwerdevorbringen, die Zustellung vom 6. Juni 2002 sei unwirksam, weil Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Schlein für die "G A R AG" gar nicht eingeschritten sei, ist zu erwidern, dass der genannte Rechtsanwalt im gegenständlichen Unterschutzstellungsverfahren mit Schriftsatz vom 20. Dezember 1999 dem Bundesdenkmalamt ausdrücklich mitgeteilt hat, er vertrete "in obiger Verwaltungsangelegenheit" (somit in diesem Unterschutzstellungsverfahren) die "G R AG" (das ist die Eigentümerin der Liegenschaft bzw. des unbeweglichen Denkmals). Von daher war die am 6. Juni 2002 erfolgte Zustellung des erstinstanzlichen Unterschutzstellungsbescheides aber jedenfalls im Sinne der §§ 7 und 9 Zustellgesetz wirksam, ist doch am 6. Juni 2002 der an die Liegenschaftseigentümerin (und Eigentümerin des unbeweglichen Denkmals) gerichtete Unterschutzstellungsbescheid damit dem (zum Empfang von Schriftstücken) bevollmächtigten Rechtsanwalt tatsächlich zugekommen. Eine allfällige mangelhafte Bezeichnung der Empfängerin - wenn man in der Verwendung der noch im Grundbuch eingetragenen, dem Firmenbuch aber nicht mehr entsprechenden Bezeichnung der Aktiengesellschaft einen Mangel sehe - wäre damit nämlich saniert worden, zumal der Unterschutzstellungsbescheid unmissverständlich für die von Rechtsanwalt Dr. Schlein vertretene Liegenschaftseigentümerin bestimmt war bzw. an diese zugestellt werden sollte (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, a.a.O., Seite 1900 f, E 17 ff, wiedergegebene Judikatur).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 6. April 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003090029.X00Im RIS seit
09.05.2005