TE OGH 1971/5/5 5Ob108/71

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Veröffentlicht am 05.05.1971
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Norm

KO §47

Kopf

SZ 44/67

Spruch

Vom Masseverwalter "bestrittene" Barauslagen iS des § 47 Abs 2 KO sind nur solche Auslagen, die der Masseverwalter für Rechnung der Masse - wenn auch nur vorschußweise - in barem geleistet hat

OGH 5. 5. 1971, 5 Ob 108/71 (OLG Wien 3 R 17/71; KG Krems S 15/68)

Text

Am 2. 4. 1969 kam zwischen dem Gemeinschuldner und seinen Gläubigern ein Zwangsausgleich zustande, der mit Beschluß des Konkursgerichtes v 2. 4. 1969 bestätigt wurde. Mit Beschluß v 30. 4. 1969 wurde die Belohnung des Masseverwalters mit S 24.000.- bestimmt und die Bezahlung dieses Betrages dem Gemeinschuldner binnen 30 Tagen bei sonstiger Fortsetzung des Konkursverfahrens aufgetragen. Mit Beschluß v 4. 6. 1969 wurde der Masseverwalter ermächtigt, aus der in seiner Verwahrung befindlichen Masse einen Betrag von S 10.000.- zur teilweisen Befriedigung seines Anspruches zu entnehmen.

Am 2. 6. 1969 hatte der Masseverwalter berichtet, daß mit dem Dienstnehmer Josef F am 30. 5. 1969 vor dem Arbeitsgericht Z ein Vergleich über S 5000.- abgeschlossen worden sei. Der Vergleich wurde vom Konkurskommissär mit Beschluß v 4. 6. 1969 konkursbehördlich genehmigt.

Der Gemeinschuldner ersuchte wiederholt um Verlängerung der Frist zum Nachweis der Befriedigung der Massegläubiger sowie der Gläubiger erster und zweiter Klasse. Da der Gemeinschuldner den Nachweis trotz wiederholter Fristverlängerungen nicht erbrachte, wurde mit dem im Rechtskraft erwachsenen Beschluß v 21. 1. 1970 das Zwangsausgleichsverfahren mit der Begründung "abgebrochen", daß die Bevorrechteten Gläubiger nicht befriedigt worden seien. Dem Masseverwalter wurde die Vorlegung der Schlußrechnung und des Verteilungsentwurfes sowie die Verzeichnung seiner Kosten aufgetragen.

Am 7. 12. 1970 berichtete der Masseverwalter, daß auf dem zugunsten der Konkursmasse geführten Konto der Sparkasse K ein Betrag von S

67.299.97 erliege. Er ersuchte um Zustimmung zu einer "teilweisen Verteilung eines Betrages von S 65.000.-, während der Restbetrag von S 2299.97 zum Zwecke der Zahlung kleinerer Auslagen auf dem Konto zu belasten wäre. Er brachte vor, daß an gemäß § 46 Abs 1 Z 1 KO vorzugsweise zu berichtigenden Masseforderungen a) der Rest des ihm im vorausgegangenen Zwangsausgleichsverfahren zuerkannten Honorars von S 14.000.-, b) für von ihm in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten vorschußweise entrichtete Gerichtskostenmarken von S 1130.-, c) die Forderung des Finanzamtes Z v 20. 11. 1970 an Lohnsteuern samt Familienbeihilfe von S 1273.- und d) für die von ihm verlangte Feststellung der Lohnbuchhaltung eine Forderung des Gemeindeobersekretärs Karl H von S 1500.-, insgesamt daher S 17.903.-. offen seien. Danach seien die Masseforderungen der Dienstnehmer von zusammen S 79.182.28 zu berichtigen. Da hiefür lediglich ein Betrag von S 47.097.- zur Verfügung stehe, könnten die Dienstnehmer nur jeweils 59.1% ihrer festgestellten Masseforderungen erhalten.

Der Konkurskomissär faßte den Beschluß, daß der Masseverwalter gebeten werde, die teilweise Befriedigung der Massegläubiger iS des vom Masseverwalter vorgelegten Entwurfes vorzunehmen und über den Vollzug zu berichten.

Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluß unter Setzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf und trug dem Erstgericht auf, nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden. Sobald die Unzulänglichkeit der Masse feststehe, sei es Pflicht des Masseverwalters, alle Gläubiger gleichmäßig zu behandeln. Das Gericht sei nach der vom Masseverwalter erfolgten Mitteilung von der Unzulänglichkeit der Masse zur Befriedigung der Massegläubiger verbunden, festzustellen, welche Masseforderungen miteinander konkurrieren, und es habe hiebei auf die Vorranggläubiger entsprechend Rücksicht zu nehmen. Dieser Pflicht sei das Erstgericht nicht nachgekommen. Es sei weder festgestellt worden, welcher Betrag zur Verfügung stehe, noch welche Masseforderungen bestunden. Es wäre auch klarzustellen gewesen, aus welchem Grund die im Verteilungsentwurf genannten Forderungen der Dienstnehmer niedriger seien als die in Anmeldungsverzeichnis aufscheinenden. Es widerspreche auch der vorgelegte Verteilungsentwurf dem Gesetz. Nach § 47 Abs 2 KO hätten, falls die Masseforderungen nicht vollständig befriedigt werden können, die unter § 46 Abs 1 Z 1 KO fallenden, vom Masseverwalter vorschußweise bestrittenen Barauslagen den Vorrang. Nach ihnen hätten die Masseforderungen der Dienstnehmer, soweit sie sich nicht aus der Beendigung von Dienstverhältnissen ergeben, und die übrigen Kosten des Verfahrens nach § 46 Abs 1 Z 1 Abs 1 KO den Vorzug vor den übrigen Masseforderungen. Dem trage der Entwurf nicht Rechnung. Weder die Lohnsteuer noch die Kosten für die Feststellung der Buchhaltung seien nach dem Bericht vom Masseverwalter ausgelegt worden; sie könnten daher nicht als Barauslagen iS der zitierten Gesetzesstelle angesehen werden. Auch der restliche Honoraranspruch des Masseverwalters gehöre nicht zu den in erster Linie zu befriedigenden Barauslagen. Er konkurriere demgemäß mit den Forderungen der Dienstnehmer und sei gemäß § 47 Abs 2 vorletzter Satz KO verhältnismäßig mit den übrigen Masseforderungen der gleichen Rangstufe zu befriedigen. Es gehe auch nicht an, zur Befriedigung allfälliger Masseforderungen welcher Art immer einen Deckungsfonds zu schaffen. Da hinreichende Feststellungen über die Masse und die einzelnen Masseforderungen fehlten, sei die Sache noch nicht spruchreif.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Masseverwalters gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Was die Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels anlangt, so finden nach § 172 KO, soweit in der KO nichts anderes angeordnet ist, auf das Verfahren die Bestimmungen der ZPO, darunter die Vorschrift des § 527 ZPO, sinngemäß Anwendung. Nach § 527 Abs 2 ZPO steht aber gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes, mit der der erstgerichtliche Beschluß unter Setzung eines Rechtskraftvorbehaltes aufgehoben wurde, der Rekurs an den OGH offen.

Die Zulässigkeit des Rekurses ist auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil die Ansprüche des Masseverwalters Kosten zum Gegenstand haben. Im vorliegenden Fall steht die Frage des Befriedigungsranges im Vordergrund, so daß die Zulässigkeit des Rechtsmittels gegeben ist (SZ 36/154).

Die Legitimation des Masseverwalters zur Anbringung des Rekurses ist zu bejahen, weil er jedenfalls durch die angefochtene Entscheidung in seinen Ansprüchen als Massegläubiger betroffen ist.

Dem Rekursgericht ist beizupflichten, daß das Erstgericht zunächst das in die Masse fallende, noch vorhandene und verfügbare Vermögen und die Masseforderungen, die ja keiner Anmeldungspflicht unterliegen (Lehmann, Komm z KO 597; JBl 1936, 366; 5 Ob 14/71), festzustellen hat (vgl hiezu auch ZBl 1913/262; EvBl 1948/18).

Es trifft zu, daß nach § 47 Abs 1 KO aus der Konkursmasse vor allem die Masseforderungen zu befriedigen sind. Können die Masseforderungen nicht vollständig befriedigt werden, so bestimmt § 47 Abs 2 KO, daß die unter § 46 Abs 1 Z 1 KO fallenden, vom Masseverwalter vorschußweise bestrittenen Barauslagen den Vorrang genießen. Nach ihnen gehen die Masseforderungen der Dienstnehmer, soweit sie sich nicht aus der Beendigung von Dienstverhältnissen ergeben, und die übrigen Verfahrenskosten nach § 46 Abs 1 Z 1 KO den übrigen Masseforderungen vor. Innerhalb gleicher Gruppen sind die Masseforderungen verhältnismäßig zu befriedigen.

Nicht beigetreten werden kann dem Masseverwalter, daß die noch offene Forderung für die Feststellung der Lohnbuchhaltung, die der Masseverwalter noch nicht berichtigt hat, als Massekosten anzusehen wäre. Schon auf Grund des Textes des § 47 KO ergibt sich, daß es sich um "bestrittene" Barauslagen handeln muß. Unter "bestrittenen" Barauslagen können aber nur solche verstanden werden, die der Masseverwalter für Rechnung der Masse, wenngleich vorschußweise, in barem geleistet hat (Bartsch - Pollak, KO[3] I Anm 62 zu § 47 KO; Rintelen, HdB des österr. Konkurs- u Ausgleichsrechtes 329). Doch kann der Masseverwalter, dem es obliegt, zunächst honorarlos sein Amt zu verwalten und Barauslagen vorzuschießen, ohne, wie der OGH ausgesprochen hat (SZ 7/294), die Bezahlung der Masseforderungen ablehnen zu müssen, sich gemäß § 125 Abs 3 KO Vorschüsse leisten oder seinen Anspruch bestimmen lassen. Letzteres ist aber nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens mangels eines einschlägigen Antrages des Masseverwalters noch nicht geschehen. Es bleibt dem Masseverwalter unbenommen, einen solchen Antrag zu stellen. Solange aber ein Beschluß über die, wenngleich auch nur vorschußweise, Festsetzung seiner Barauslagen nicht vorliegt, kann ein Deckungsfonds für die Barauslagen des Masseverwalters, deren Festsetzung ja nicht in der verzeichneten Höhe erfolgen muß, nicht geschaffen werden (SZ 7/294; EvBl 1936/314).

Daß die Lohnsteuerforderungen des Finanzamtes Z als Anspruch nach § 46 Abs 1 Z 1 Abs 2 KO zu jenen Ansprüchen gehören, die, falls alle Masseforderungen nicht vollständig befriedigt werden können, erst nach den Forderungen nach § 46 Z 1 Abs 1 KO zu befriedigen sind, wird vom Rekurswerber nicht mehr in Abrede gestellt.

Frei von Rechtsirrtum ist auch der vom Rekursgericht eingenommene Standpunkt, daß die, wenngleich bereits rechtskräftig bestimmte, Belohnung des Masseverwalters (§ 82 KO), der nach § 46 Abs 1 Z 1 KO die Belohnung des Ausgleichsverwalters (§§ 23, 33 AO) als Kosten eines vorhergegangenen Ausgleichsverfahrens gleichzusetzen ist, nach § 47 Abs 2 KO verhältnismäßig mit den übrigen Masseforderungen der gleichen Rangstufe, nämlich den Forderungen der Dienstnehmer, konkurriert (Bartsch - Pollak aaO I Anm 62 lit b zu § 47 KO).

Es ist zwar richtig, daß bereits geleistete Zahlungen nicht zurückgefordert werden können (§ 47 letzter Satz KO; Rintelen aaO 329; Lehmann Komm[2] KO 391 ff). Der Masseverwalter wird aber darauf zu achten haben, daß bei drohender Unzulänglichkeit der Masse nicht einzelne Gläubiger bezahlt und dadurch andere Massegläubiger entgegen der Vorschrift des § 47 Abs 2 KO verkürzt werden. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß für pflichtwidrige Umgehungen der Masseverwalter nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich haftbar werden könnte (vgl Bartsch - Pollak aaO 1 Anm 62 lit d zu § 47 KO).

Anmerkung

Z44067

Schlagworte

Barauslagen, vom Masseverwalter vorschußweise bestrittene nach § 47, Abs 2 KO, Konkurs vom Masseverwalter vorschußweise bestrittene Barauslagen nach, § 47 Abs 2 KO, Masseverwalter, vom - vorschußweise beschrittene Barauslagen nach § 47, Abs 2 KO

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0050OB00108.71.0505.000

Dokumentnummer

JJT_19710505_OGH0002_0050OB00108_7100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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