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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Verordnung betreffend Umwidmung einer Grundfläche von Freiland in Sonderfläche "Hofstelle" mangels Darlegung einer aktuellen Betroffenheit der Rechtssphäre des Antragstellers und infolge Zumutbarkeit der Erwirkung eines Bescheides hinsichtlich drohender ErschließungskostenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit seinem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, "die Verordnung der Gemeinde Jochberg vom 3. Juli 1998 zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben".
Der Gemeinderat der Gemeinde Jochberg hat mit Verordnung vom 23. April 1998 (aufsichtsbehördlich genehmigt durch den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. Juni 1998, angeschlagen an der Amtstafel vom 18. Juni bis 3. Juli 1998) beschlossen, eine Teilfäche aus Gp. 70 der KG Jochberg ("Scheiben") von Freiland in Sonderfläche "Hofstelle" gemäß §44 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 umzuwidmen.
2. Seine Antragslegitimation begründet der Antragsteller damit, dass er Miteigentümer der betroffenen Liegenschaft Gp. 70, KG Jochberg sei. Durch die angefochtene Verordnung würde unmittelbar und aktuell in seine Rechtssphäre, insbesondere in sein Eigentumsrecht, eingegriffen, ohne dass es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedürfe. Weiters würde dem Antragsteller für zukünftige Bauvorhaben die Rechtspflicht auferlegt, entsprechende Erschließungskosten zu bezahlen. Es stehe ihm kein zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen die angefochtene Verordnung zur Wehr zu setzen. Die den Neubau bzw. die Sanierung der Hofstelle "Scheiben" betreffenden Bauverfahren seien überwiegend bereits rechtskräftig abgeschlossen bzw. befinden sich in einem Verfahrensstadium, in welchem Einwendungen gegen die Verordnung nicht mehr erhoben werden können. Für die Wiedererrichtung der Hofstelle liege der rechtskräftige baubehördliche Bewilligungsbescheid der Gemeinde Jochberg vom 31. Dezember 1996 vor; eine andere Baumaßnahme sei mit Bescheid des Bürgermeisters vom 21. Oktober 1997 ebenfalls baubehördlich bewilligt worden. Die beim Gemeindevorstand zur Erledigung anstehende Berufung des A. S. werde vom Gemeindevorstand zurückzuweisen sein, da A. S. nicht Partei im Sinne der Tiroler Bauordnung sei.
3. Die Tiroler Landesregierung und die Gemeinde Jochberg erstatteten jeweils eine Äußerung.
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).
Bei Beurteilung der Antragslegitimation ist zu untersuchen, ob die von dem Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10.593/1985, 11.453/1987).
2. Beurteilt man das Vorbringen des Antragstellers im Lichte der oben dargestellten Vorjudikatur, so kommt man zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller eine aktuelle Betroffenheit in seine Rechtssphäre durch die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Jochberg vom 23. April 1998 nicht darzutun vermochte. Darüber hinaus steht dem Antragsteller, der nur durch drohende "Erschließungskosten" und nicht durch eine beschränktere Bebaubarkeit in seinem Eigentumsrecht beeinträchtigt zu sein behauptet, ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplans vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts geltend zu machen.
Wenn der Antragsteller die zukünftige Bebaubarkeit seines Grundstückes durch die zu erfolgende Auferlegung der Rechtspflicht der Entrichtung eines Erschließungsbeitrags für Bauvorhaben beeinträchtigt sieht, so bezieht er sich damit einerseits weder auf eine gegenwärtige noch auf eine in naher Zukunft zu gewärtigende Wirkung der Verordnung, sondern auf eine - wenn auch nur behauptete - Wirkung in Ansehung einer unbestimmten, hypothetischen Situation (vgl. VfSlg. 15.466/1999).
Ein Abgabenanspruch, der sich auch auf die angefochtene Verordnung (vgl. §9 Abs2 Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz, LGBl. Nr. 22/1998, idF TVAG) stützt, würde gemäß §12 Abs1 TVAG bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem auf Grund des §28 Abs2 der Tiroler Bauordnung 1998 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden darf, und bei allen anderen Bauvorhaben mit Baubeginn, entstehen. Er ist gemäß §12 Abs3 TVAG bei bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauvorhaben nach dem Baubeginn vorzuschreiben. Dem Antragsteller ist es jedenfalls zumutbar, die Erlassung des Abgabenbescheides gemäß §12 Abs3 TVAG abzuwarten. Es steht ihm frei, gegen einen künftigen Bescheid, der einen Erschließungsbeitrag verhängt, nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung geltend gemacht werden, da diese gemäß § 9 Abs2 TVAG präjudiziell ist. Auf diese Weise kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Flächenwidmungsplans auf seine Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden.
Daraus ergibt sich, dass dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen den auf der Grundlage der angefochtenen Verordnung erlassenen Bescheid die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihm bekämpften Verordnung zu erreichen.
3. Der Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Baurecht, Aufschließungsbeitrag, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V64.1998Dokumentnummer
JFT_09989380_98V00064_00