TE OGH 1971/9/15 3Ob70/71

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Veröffentlicht am 15.09.1971
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Norm

AO §53 Abs1
EO §36

Kopf

SZ 44/130

Spruch

Nachträgliche Stundung der betriebenen Forderung durch Liquidationsbeschluß

OGH 15. 9. 1971, 3 Ob 70/71 (OLG Wien 2 R 11/71; KG St Pölten 1 Cg 612/70)

Text

Klagende Partei im gegenwärtigen Prozeß war ab der am 13. 8. 1968 erfolgten Klagseinbringung zunächst Maria E, über deren Vermögen jedoch mit Beschluß des Kreisgerichtes St Pölten vom 11. 6. 1969 der Konkurs eröffnet wurde. Hierauf trat am 8. 7. 1970 der zum Masseverwalter bestellte Rechtsanwalt Dr Heinz W als Kläger in den durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Rechtsstreit ein, der auf seinen Antrag hin fortgesetzt wurde.

Die auf § 36 EO gestützte Klage richtet sich auf Unzulässigerklärung der dem Beklagten mit Beschluß des Kreisgerichtes St Pölten vom 26. 6. 1968 zu Sa 9/67-31 gegen Maria E zur Hereinbringung von S

29.152.89 sowie von Kosten im Betrage von S 453.34 bewilligten und vom Bezirksgericht Ybbs am 18. 7. 1968 in Vollzug gesetzten, in der Folge allerdings aufgeschobenen Fahrnisexekution. Nach der Klagserzählung habe der Beklagte der Maria E die fälligen Ausgleichsraten bis 31. 7. 1968 gestundet, also bis dahin auf die Einleitung der Exekution verzichtet. In der ersten Verhandlungstagsatzung am 22. 5. 1969 brachte Maria E vor, die Fälligkeit der Quotenforderung des Beklagten sei infolge des am 27. 8. 1968 gefaßten Liquidationsbeschlusses nach den Bestimmungen des Ausgleiches bis zur Abwicklung der Liquidation, längstens bis 4. 7. 1969 aufgeschoben. Diesen Umstand habe sie, da er erst nach Klagseinbringung (13. 8. 1968) eingetreten sei, nicht schon in der Klage geltend machen können.

Der Beklagte, der Abweisung des Klagebegehrens beantragte, bestritt, eine Stundung der fälligen Ausgleichsraten bis 31. 7. 1968 je gewährt zu haben. Er habe lediglich einem Aufschub der Beschlußfassung über die Liquidation des Unternehmens der Ausgleichsschuldnerin bis 31. 7. 1968 zugestimmt, dies jedoch unter dem Vorbehalt aller ihm aus dem Ausgleich bereits erwachsenen Rechte. Den Liquidationsbestimmungen komme mithin uneingeschränkte Geltung nur im Verhältnis zu jenen Gläubigern zu, die nicht, wie er, einen Vorrang gegenüber den übrigen Gläubigern hätten. Abgesehen davon verstoße das erst am 22. 5. 1969 erstattete Klagsvorbringen gegen die für eine Impugnationsklage geltende Eventualmaxime und bedeute überdies eine das Verfahren erschwerende und verzögernde Klagsänderung.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Aus seinen Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich im wesentlichen Folgendes: Am 5. 12. 1967 kam zwischen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin und damaligen Ausgleichsschuldnerin Maria E und ihren Gläubigern beim Kreisgericht St Pölten zu Sa 9/67 ein sodann gerichtlich bestätigter Ausgleich zustande. Dieser bestimmt, daß die nicht bevorrechteten Gläubiger zur gänzlichen Befriedigung ihrer jeweiligen Forderung eine 50%ige, ab 2. 4. 1968 in sechzehn gleichen Monatsraten zahlbare Quote erhalten, und zwar bei Terminsverlust und anteiligem quotenmäßigen Wiederaufleben der Forderung im Falle des Verzuges; ferner, daß sich die Schuldnerin bis zur vollständigen Ausgleichserfüllung der Überwachung durch Sachwalter unterwirft (§§ 55b, 55d AO); weiters, daß die Sachwalter einen Liquidationsbeschluß zu fassen berechtigt sind, wenn sich der gestundete Quotenrückstand auf mehr als S 450.000.- beläuft; schließlich, daß nach Fassung des Liquidationsbeschlusses die Fälligkeit der noch aushaftenden Quoten bis zum Eingang des Realisates, längstens bis zur Fälligkeit der letzten angebotenen Ausgleichsrate, die Fälligkeit des sie übersteigenden Teiles der Forderung aber bis 24 Monate nach der Annahme des Ausgleiches aufgeschoben ist. Mit Beschluß vom 2. 4. 1968 hob das Ausgleichsgericht gemäß § 55 Abs 2 AO den Ausgleich auf. Am 11. 6. 1968 bewilligte es zu Sa 9/67-65 dem nunmehrigen Beklagten auf Grund der diesbezüglichen Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis zur Hereinbringung seiner 50%igen Quote im Betrage von S 45.232.95 samt Nebengebühren die umstrittene Fahrnisexekution. Am 27. 8. 1968 faßten die Sachwalter den im Ausgleich vorgesehenen Liquidationsbeschluß, wodurch der für diesen Fall vereinbarte Fälligkeitsaufschub wirksam wurde.

In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus, die Eventualmaxime verhindere nur solche Einwendungen, die schon bei Erhebung der Klage hätten vorgebracht werden können. Dies treffe auf das klägerische Vorbringen vom 22. 5. 1969 über den Liquidationsbeschluß nicht zu, da dieser erst am 27. 8. 1968 gefaßt, die Klage aber bereits am vorangegangenen 13. August eingebracht worden sei. Auch bedeute die Klagsänderung keine Erschwerung und Verzögerung des Verfahrens. Durch den vorerwähnten Liquidationsbeschluß sei der Liquidationsausgleich wirksam geworden. Danach habe die Gläubigerbefriedigung ausschließlich aus dem Liquidationserlös zu erfolgen. Die Gläubiger hätten also selbst für die Befriedigung aus den ihnen überlassenen Vermögenswerten zu sorgen. Statt der Zahlungen durch die Ausgleichsschuldnerin hätten bei Zahlungsverzug die Gläubiger durch Verwertung der Aktiven die Quotenzahlungen zu erwirken. Die Fälligkeit der noch aushaftenden Ausgleichsquoten des Beklagten sei bis zum Eingang des Realisates, längstens bis zur Fälligkeit der letztangebotenen Ausgleichsrate bis 24 Monate nach Annahme des Ausgleiches aufgeschoben. Da die Quoten noch nicht fällig geworden seien, mache der wirksam gewordene Liquidationsausgleich die Weiterführung der Exekution unzulässig.

Die zweite Instanz gab der Berufung des Beklagten mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000.- übersteigt, nicht Folge. Sie hielt das erstgerichtliche Verfahren für mängelfrei und billigte auch die im Ersturteil der Rechtssache zuteil gewordene rechtliche Beurteilung.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Soweit sich der Revisionswerber im Rahmen der Rechtsrüge gegen die Auffassung der Berufungsinstanz wendet, wonach die Berücksichtigung des Vorbringens der klagenden Partei vom 22. 5. 1969 durch das Erstgericht nicht der Eventualmaxime zuwiderlaufe, macht er in Wahrheit einen vermeintlichen Verstoß des Erstgerichtes gegen die Verfahrensvorschrift des § 36 Abs 2 EO, mithin einen Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend, dessen Vorliegen das Berufungsgericht verneinte. Eine neuerliche Beanständung im Verfahren dritter Instanz ist daher nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr zulässig (SZ 27/4 ua).

In der Sache selbst verficht die Revision die Ansicht, daß der Liquidationsbeschluß vom 27. 8. 1968 nicht zurückwirke, daher die dem Beklagten bereits vorher bewilligte Exekution und seine dadurch entstandenen Pfandrechte nicht berühre, zumal es undenkbar sei, daß dem Liquidationsbeschluß eine stärkere Wirkung zukäme als einer Konkurseröffnung (welche Pfandrechte als Absonderungsrechte fortbestehen läßt). Dem kann nicht beigepflichtet werden. Wie schon das Berufungsgericht unter Hinweis auf § 53 Abs 1 AO zutreffend hervorhob, muß ein Gläubiger den Ausgleich auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er an der Abstimmung über den Ausgleich nicht teilgenommen oder gegen diesen gestimmt hat. Der vorliegende Ausgleich enthält nichts, woraus sich ergäbe, daß von der durch den vorgesehenen Liquidationsbeschluß Platz greifenden Regelung der Fälligkeiten die Forderung des Beklagten auszunehmen wäre. Das in der Revision gebrauchte Argument, der Liquidationsbeschluß hätte bei vorhergehender Befriedigung des Beklagten diese nicht mehr rückgängig machen können, folglich könne er auch ein zur Befriedigung erworbenes Pfandrecht nicht mehr beseitigen, ist nicht stichhältig. Denn befriedigte Forderungen sind mit ihrer Erfüllung erloschen und von da an nicht mehr Gegenstand des Ausgleichsverfahrens, wogegen für noch nicht beglichene und darum fortbestehende Ausgleichsforderungen die durch den Ausgleich geschaffene Rechtslage maßgeblich bleibt. Diese aber ist hier dadurch gekennzeichnet, daß die Forderung des Beklagten bei Bewilligung der nunmehr bekämpften Exekution zwar fällig war, nachher aber durch die Fassung des Liquidationsbeschlusses eine Stundung eintrat, wodurch die Exekutionsführung unzulässig wurde. Die Rechtsrüge erweist sich demnach als verfehlt. Da auch sonst der Berufungsentscheidung kein Rechtsirrtum anhaftet, ist die vom Revisionswerber aus einer angeblich unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache hergeleitete Mangelhaftigkeit des Verfahrens gleichfalls nicht gegeben.

Anmerkung

Z44130

Schlagworte

Ausgleich, nachträgliche Stundung der betriebenen Forderung durch, Liquidationsbeschluß der Sachverwalter, Impugnationsklage, nachträgliche Stundung der betriebenen Forderung, durch Liquidationsbeschluß der Sachwalter im Ausgleichsverfahren, Liquidationsbeschluß der Sachverwalter im Ausgleichsverfahren„ nachträgliche Stundung der betriebenen Forderung, Stundung, nachträgliche der betriebenen Forderung durch, Liquidationsbeschluß derSachwalter im Ausgleichsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0030OB00070.71.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19710915_OGH0002_0030OB00070_7100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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