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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §10;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/01/0007Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerden 1. des S K, und 2. der M K, beide in W und vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Adalbert-Stifter-Straße 16, gegen den unabhängigen Bundesasylsenat jeweils wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Asylgesetz 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 4 zweiter Satz VwGG iVm § 66 Abs. 2 AVG werden beide Bescheide des Bundesasylamtes vom 14. Dezember 2001, Zl. 99 09.221-BAL und Zl. 99 09.222-BAL, behoben und die Angelegenheiten jeweils zur neuerlichen Verhandlung sowie zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer ist Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin, beide sind
Kosovo und sind am 17. Juni 1999 in das Bundesgebiet eingereist. Der Erstbeschwerdeführer beantragte am selben Tag die Gewährung von Asyl, die Zweitbeschwerdeführerin stellte anlässlich ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 17. Juni 1999 den Antrag auf Asylerstreckung nach ihrem Ehegatten.
Der Antrag des Erstbeschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Juli 1999 gemäß § 4 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Seine Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. August 1999 gemäß § 4 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Mit hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 99/01/0422, wurde dieser Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid vom 13. Juli 2001 der Berufung des Erstbeschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Juli 1999 gemäß § 32 Abs. 2 AsylG stattgegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 27. September 2001 brachte der Erstbeschwerdeführer vor, er sei geflüchtet, weil er Albaner sei und Verfolgung seitens der serbischen Volksgruppe befürchte.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. Dezember 2001 wurde der Asylantrag des Erstbeschwerdeführers vom 17. Juni 1999 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien, Provinz Kosovo, gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt. Begründend führte das Bundesasylamt (zusammengefasst) aus, die Provinz Kosovo stelle für den Erstbeschwerdeführer "de facto" eine innerstaatliche Fluchtalternative dar, und es sei im Kosovo seit Juni 1999 eine Ausübung serbischer Staatsgewalt nicht mehr gegeben. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Erstbeschwerdeführer bei seiner Rückkehr in den Kosovo einer Gefahr im Sinn des § 57 Abs. 1 FrG ausgesetzt sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 3. Jänner 2002 führte der Erstbeschwerdeführer aus, er werde im Kosovo von der Untergrundorganisation "schwarze Hand" verfolgt, weiters habe das mit seinem Unternehmen erworbene Vermögen die Begehrlichkeit diverser politischer Organisationen erweckt, ihren Befreiungskampf (finanziell) zu unterstützen. Im Kosovo hätten sich "mafiartige Strukturen" entwickelt, die vom jugoslawischen Gesamtstaat nicht hätten zerschlagen werden können.
Der Asylerstreckungsantrag der Zweitbeschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Juli 1999 gemäß § 11 Abs. 2 AsylG abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 25. August 1999 gemäß § 10, 11 AsylG abgewiesen. Mit hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 99/01/0440, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im fortgesetzten Verfahren wurde der Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Juli 1999 mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. Juli 2001 gemäß § 32 Abs. 2 dritter Satz AsylG "als überholt" behoben.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. Dezember 2001 wurde der Asylerstreckungsantrag der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 10 iVm § 11 Abs. 1 AsylG abgewiesen, was im Wesentlichen mit der Abweisung des Asylantrages des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid vom selben Tag begründet wurde.
In der gegen diesen Bescheid (gemeinsam mit dem Erstbeschwerdeführer) erhobenen Berufung - diese langte am 3. Jänner 2002 beim Bundesasylamt ein - erstattete die Zweitbeschwerdeführerin dasselbe Vorbringen wie der Erstbeschwerdeführer.
Am 3. Jänner 2003 erhoben die Beschwerdeführer Säumnisbeschwerden. Die belangte Behörde, die es unterließ, innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG bis 31. Dezember 2003 erstreckten Frist den Bescheid zu erlassen, legte dem Verwaltungsgerichtshof die Verwaltungsakten zur Entscheidung vor.
Auf Grund der - zulässigen - Säumnisbeschwerden, die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden wurden, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 zweiter Satz VwGG in der Sache selbst erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat der unabhängige Bundesasylsenat im Ersuchen um Fristverlängerung gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ausgeführt, dass er im Verfahren betreffend den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers weitere Ermittlungsschritte, die sich nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als notwendig erwiesen hätten, in die Wege geleitet habe, hinsichtlich derer aber noch keine Ergebnisse vorlägen. Als Nachweis für diese Ermittlungsschritte wurde eine Telefax-Anfrage an die österreichische Botschaft Belgrad, welche gleichlautend per e-mail auch an das UNHCR versendet worden sei, übermittelt.
Der unabhängige Bundesasylsenat führt in dem genannten Fristverlängerungsansuchen weiters aus, es werde nach Einlangen der Ermittlungsergebnisse eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen sein.
Wie dieser Fristerstreckungsantrag zeigt, hält die belangte Behörde mit Recht eine genauere Analyse der Lage für die Beurteilung des Asylantrages des Erstbeschwerdeführers für erforderlich. Es kann nicht von vornherein gesagt werden, dass diese noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen für die Beurteilung des Asylantrages des Erstbeschwerdeführers bedeutungslos wären. Die Entscheidung über den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entscheidung über den Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Asylerstreckung.
Der vorliegende Fall gleicht im Hinblick auf die Notwendigkeit weiterer Ermittlungsschritte und der (neuerlichen) Durchführung einer mündlichen Verhandlung in einem asylrechtlichen Säumnisbeschwerdeverfahren jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. September 2004, Zl. 2001/01/0348, entschieden hat. Aus den dort genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Beschwerdefall veranlasst, in Anwendung der Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG die erstinstanzlichen Bescheide des Bundesasylamtes zu beheben und die Angelegenheiten jeweils zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 9. November 2004, Zl. 2002/01/0067).
Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 12. April 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003010006.X00Im RIS seit
25.05.2005