Norm
ABGB §1295Kopf
SZ 45/32
Spruch
Wenn besondere Umstände, insbesondere ein steiles und glattes Dach, es erkennbar erfordern, obliegt dem Hauseigentümer auch ohne Anordnung einer Bauordnung und ohne baubehördlichen Auftrag die Anbringung von Schutzvorrichtungen (Schneerechen) zur Verhinderung (Erschwerung) des Abgehens von Dachlawinen
Ohne Rücksicht auf die Übertragung der Obsorge gegen das Abgehen von Dachlawinen auf einen anderen haftet der Hauseigentümer für Schäden, die aus ihm bekannten und trotzdem nicht behobenen Mängeln entstanden
OGH 15. 3. 1972, 1 Ob 51/72 (OLG Linz 2 R 106/71; LG Salzburg 4 Cg 419/70)
Text
Die Beklagten sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ 340 KG B, auf der sich ein Haus befindet. Das Dach dieses Hauses ist mit Blech gedeckt, weist aber auf der Straßenseite nicht die sonst bei Blechdächern üblichen eisernen Schneerechen auf. Als Schneefänger sind vielmehr Kanthölzer montiert, wobei jedoch zwischen der Dachhaut und der Unterkante der Kanthölzer ein durchlaufender Schlitz in einer Breite von 5 bis 6 cm vorhanden ist; außerdem besteht zwischen zweien dieser Kanthölzer ein Zwischenraum von zirka 1 m, so daß hier kein Schneefänger existiert. Nach starken Schneefällen war im Gebiet von B am 3. 1. 1970 Föhnwetterlage eingetreten. Am 5. 1. 1970 gegen 22 Uhr löste sich vom Dach des Hauses eine Eisscholle und fiel auf einen im Eigentum des Klägers stehenden, auf der davor befindlichen öffentlichen Straße fahrenden PKW so, daß dessen Windschutzscheibe zertrümmert wurde. Der Kläger erlitt hiedurch einen der Höhe nach nicht strittigen Schaden von S 30.775.-, dessen Ersatz sA der Kläger von beiden Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt. Die Beklagten wendeten dagegen insbesondere ein, daß ein von einem Fachmann errichteter Schneerechen vorhanden gewesen sei und Dachreparaturen immer von einem befugten Gewerbsmann durchgeführt worden seien. Knapp vor Schluß der Verhandlung erster Instanz wurde noch vorgebracht, die Obsorge über das gegenständliche Gebäude habe jeweils der Zweitbeklagte gehabt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegen den Zweitbeklagten statt, wies das Begehren gegen den Erstbeklagten ab und stellte im wesentlichen fest: der Erstbeklagte habe die Obsorge für die Reinigung des Daches von Schnee und Eis dem Zweitbeklagten überlassen. Dieser habe am 3. oder 4. 1. 1970 zwei bei ihm bedienstete Kraftfahrer beauftragt, den straßenseitig gelegenen Teil des Hausdaches unterhalb der Schneerechen vom Schnee zu säubern, was sie auch durchgeführt hätten. Durch diese Räumungsarbeiten habe aber nicht verhindert werden können, daß Schnee oder Eis aus dem oberhalb der Kanthölzer gelegenen Teil des Daches entweder durch den etwa 1 m breiten Spalt zwischen den Kanthölzern vorhandenen, etwa 5 bis 6 cm breiten Schlitz zum Abrutschen gekommen und auf die Fahrbahn gelangt sei und dort den PKW des Klägers beschädigt habe. Durch eine überhängende Schneewächte habe sich der Schadensfall nicht ereignet.
Rechtlich führte das Erstgericht aus: es könne sein, daß die Konstruktion der Schneerechen auf dem Dach des Hauses von einem befugten Dachdeckermeister erstellt worden sei; auch als Laien habe es dem Zweitbeklagten aber klar erkennbar sein müssen, daß bei der gegebenen Konstruktion der Schneefänger, vor allem dadurch, daß zwischen den zwei Kanthölzern ein Zwischenraum von zirka 1 m besteht, jederzeit die Möglichkeit gegeben ist, daß durch diesen Zwischenraum Schnee oder Eis aus dem oberhalb der Schneefänger befindlichen Teil des Daches auf die darunter befindliche öffentliche Fahrbahn abrutschen kann. Es sei ihm als Verschulden anzulasten, daß es nicht für die Anbringung eines geeigneten Schneefängers oder für eine ausreichende Räumung des Daches von Schnee und Eis Sorge getragen habe. Der Erstbeklagte sei von der Haftung befreit, da er berechtigt gewesen sei, die ihn als Miteigentümer gemäß § 93 StVO treffenden Verpflichtungen auf den Zweitbeklagten zu übertragen.
Gegen das Urteil des Erstgerichtes erhoben sowohl der Kläger als auch der Zweitbeklagte Berufung. Das Berufungsgericht hielt die Beweiswürdigung des Erstgerichtes für unbedenklich, übernahm dessen Feststellungen, trat auch seiner rechtlichen Beurteilung bei und gab beiden Berufungen keine Folge.
Der Oberste Gerichtshof hob über die Revisionen des Klägers und des Zweitbeklagten die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zur Revision des Zweitbeklagten:
Bei der rechtlichen Beurteilung ist davon auszugehen, daß die Eigentümer von Liegenschaften nach der Bestimmung des § 93 Abs 2 StVO dafür zu sorgen haben, daß überhängende Schneewächten oder Eisbildungen von den Dächern ihrer an der Straße gelegenen Gebäude entfernt werden. Solche Überhänge wurden im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Die unmittelbare Anwendung des § 93 Abs 2 StVO versagt daher (ZVR 1970/74). Es kann daraus aber, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, nicht geschlossen werden, daß die Hauseigentümer etwa einer sonstigen Ansammlung von Schneemassen, sofern sie nur nicht überhängen, tatenlos zuschauen und warten dürfen, bis sie abstürzen (SZ 37/133). Es bestehe nur Einhelligkeit darüber, daß eine Haftung der Hauseigentümer für die Folgen von abgegangenen Dachlawinen ohne Verschulden nach § 1318 ABGB schon nach der grammatikalischen und logischen Interpretation dieser Gesetzesbestimmung nicht in Frage kommt (EvBl 1965/256; Brunner in ImmZ 1965, 327), aber auch eine Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast nach § 1319 ABGB, wenn mit einer Dachlawine infolge eines schadhaften Daches nicht auch Dachziegel mitabgingen (EvBl 1965/256), abzulehnen ist. Wenn aber § 1319 ABGB den Eigentümer zu einer gewissen Beaufsichtigung und Überprüfung des Bauzustandes verhält, muß daraus doch geschlossen werden, daß eine ebenso intensive Überwachungspflicht besteht, ob Schnee sich vom Dache ablösen könnte (SZ 18/3). Die Bestimmung des § 93 Abs 2 StVO kann nämlich nur im Zusammenhalt mit den allgemeinen Normen der §§ 1295 ff ABGB verstanden werden, welche die Haftung für einen aus Verschulden zugefügten Schaden statuieren und Bestimmungen über das Maß der anzuwendenden Sorgfalt enthalten; die Hauseigentümer sind demnach von einer Haftung nur frei, wenn es zum Absturz der Dachlawine gekommen ist, obwohl sie die nach den Umständen gebotene Sorgfalt angwendet hatten (SZ 37/133). Die Hauseigentümer haften hiebei, wenn sie nicht eine konkrete Schutznorm übertraten, iS des § 1297 ABGB für ein entsprechendes Maß an Fleiß und Aufmerksamkeit (vgl ZVR 1961/247; JBl 1958, 577 ua). Es kommt dann nicht darauf an, ob sie sich bewußt waren, daß Sicherungsmaßnahmen gegen Abrutschen von Schnee unzureichend waren, sondern ob sie die nach der Lage des Falles gebotene Sorgfalt tatsächlich anwendeten (ZVR 1970/74; EvBl 1967/114; JBl 1963, 430 ua). Nach diesen Grundsätzen obliegt den Hauseigentümern die Anbringung von Schutzvorrichtungen (Schneerechen) selbst ohne baubehördlichen Auftrag (ZVR 1961/247), wenn besondere Umstände, insbesondere das Vorhandensein eines steilen und glatten Daches, eine solche Maßnahme erkennbar erfordern (SZ 15/94). Sonst müssen sie, wenn es die Umstände erfordern, insbesondere also bei deutlicher Änderung der Witterung durch plötzliche Erwärmung, die die Gefahr des Abgehens von Dachlawinen besonders groß werden läßt, das Dach abschaufeln lassen (vgl SZ 37/133). Darauf allein, daß unter Umständen viele Jahre vergangen sind, ohne daß eine Dachlawine abgegangen wäre, dürfen sich die Hauseigentümer nicht verlassen (EvBl 1971/193; ZVR 1961/247).
Ein Verschulden der Hauseigentümer wird allerdings nur, wenn sie eine Schutzvorschrift (hier: Bauordnung) verletzten, bis zur Erbringung des Gegenbeweises, daß der Schaden auch ohne Verletzung der Vorschrift eingetreten wäre, vermutet (§ 1311 ABGB). In B gilt die Salzburger Landbauordnung 1968, LGBl 84, deren § 68 Abs 2 und 3 die Anbringung von schneefangenden Dachrinnen oder von Schneefängern verlangt. Diese Anordnung gilt nach Abs 1 aber nur für neue Häuser, so daß im vorliegenden Fall die Anwendung des § 1311 ABGB nicht in Betracht kommt. Der Kläger muß daher ein Verschulden der Beklagten im Rahmen des § 1297 ABGB beweisen.
Fest steht nun, daß das Dach des Hauses der Beklagten als Schneefänger nicht die sonst üblichen eisernen Schneerechen, sondern an einer Stelle durch einen Abstand von 1 m voneinander getrennt liegende Kanthölzer aufweist, bei denen zwischen der Dachhaut und der Unterkante ein durchlaufender Schlitz von 5 bis 6 cm vorhanden ist; außerdem wurde festgestellt, daß das Dach unterhalb der Schneerechen von Schnee gesäubert war. Daß der Schaden allein deswegen entstanden wäre, weil die Kanthölzer nicht die gleiche Wirkung gehabt hätten wie eiserne Schneerechen, ist nicht festgestellt. Kein Zweifel kann aber bestehen, daß ein Verschulden zumindest des Zweitbeklagten zu bejahen wäre, wenn der Schaden am Fahrzeug des Klägers dadurch entstanden wäre, daß Schnee durch die 1 m breite Schneefängerlücke von einer oberhalb der Schneerechen gelegenen Stelle aus abgerutscht und auf die Straße gestürzt wäre. Die Hauseigentümer müssen nämlich die Eigentümlichkeiten ihres Hauses kennen; sie müssen die daraus entspringenden Gefahrenquellen beseitigen und können sich nicht darauf berufen, daß sie die Gefährdung nicht sehen konnten (SZ 18/3). Eine durch viele Jahre vorhandene Lücke in der Reihe der als Schneefänger fungierenden Kanthölzer müßte von den Beklagten daher bemerkt worden sein. Ihre Verantwortung wäre es gewesen, den Mangel beim Fachmann, der die Schneefänger unzureichend montiert hatte, zu rügen, jedenfalls aber für die Beseitigung des Mangels zu sorgen.
Nach den Verfahrensergebnissen wurde der PKW des Klägers aber nicht durch "Schneemassen", sondern nur durch eine abstürzende Eisscholle beschädigt. Nicht festgestellt ist, ob diese Eisscholle nicht etwa nur durch den 5 bis 6 cm breiten Schlitz zwischen den Kanthölzern und der Dachhaut durchrutschte. Während nun aber ein Verschulden bei Abrutschen von größeren Schneemengen durch die 1 m breite Lücke außer Frage steht, kann dies vom Abgehen einer Eisscholle, die auch ein vorhandener Schneefänger nicht aufhalten konnte, nicht ohne weiteres bejaht werden. Nicht ausreichend geklärt ist es nämlich, ob den Beklagten tatsächlich auch als Laien klar erkennbar sein mußte, daß überhaupt der 5 bis 6 cm breite Schlitz bestand und durch ihn auch bei an sich hoher Schneelage eine Eisscholle rutschen und Schaden anrichten könnte. Dies muß vor allem dann fragwürdig sein, wenn die Beklagten, wie sie behaupten, einen Fachmann mit der Anbringung der Schneefänger beauftragt hatten. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich bereits ausgesprochen, daß keine Schadenshaftung der Hauseigentümer angenommen werden kann, wenn festgestellt ist, daß sie das Abrutschen von Schnee unter Schneefängern, die in einer lichten Höhe von 5 bis 10 cm angebracht waren, nicht vorhersehen konnten (JBl 1963, 430). In gleicher Weise wurde in einem Fall entschieden, in dem ein befugter Spenglermeister Schneefänger errichtet hatte, bei denen der senkrechte Abstand des untersten waagrechten Flacheisens des Rechens zur Dachkante etwa 6.5 bis 7 cm betragen hatte und tatsächlich zuvor noch keine Dachlawine abgegangen war (ZVR 1970/74). Es ist nun aber nicht festgestellt und keineswegs selbstverständlich, daß die Beklagten auch bei Berücksichtigung der von ihnen zu fordernden Kenntnis des Zustandes des Hauses ohne weiteres bemerken hätten müssen, daß überhaupt ein Abstand von einigen Zentimetern zwischen Dachhaut und Unterkante der Schneefänger besteht; auf den im Akt erliegenden Lichtbildern ist dies jedenfalls nicht zu erkennen; eine Besichtigung aus größter Nähe durch Besteigen des Daches ist ihnen aber wohl nicht ohne weiteres zumutbar und jedenfalls nur bei berechtigter Befürchtung, es könnte etwas nicht in Ordnung sein, zu verlangen. Grundsätzlich können sich nämlich Hauseigentümer, die sich befugter Handwerker zur Durchführung von Arbeiten bedienen, darauf verlassen, daß sie ihre Arbeiten auch fachgemäß durchführen (vgl SZ 24/78); daß aber ein Abstand von 1 m zwischen den aufgelegten Kanthölzern belassen wurde, mußte nicht unbedingt zur Annahme führen, daß auch die tatsächlich montierten Kanthölzer nicht fachgemäß und das Abgehen von Eisschollen nicht hindernd aufgebracht worden wären.
Um die Sache hinsichtlich des Zweitbeklagten abschließend beurteilen zu können, erweist sich somit eine Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz für notwendig. Es ist deutlich festzustellen, ob die Schneescholle auch unter den Kanthölzern durchgerutscht sein konnte. Sollte dies bejaht werden, wird eine Verschuldenshaftung nur anerkannt werden können, wenn die Beklagten keinen Fachmann mit der Anbringung der Schneefänger beauftragt gehabt hätten und die Arbeit unfachgemäß durchgeführt worden wäre oder wenn sie trotzdem unter Einsatz der ihnen zumutbaren gewöhnlichen Fähigkeiten (§ 1297 ABGB) eine Gefahrenlage, die aus dem bloßen Durchrutschen von Schneeschollen unter den Schneefängern entstehen konnte, voraussehen hätten müssen und daher nach der Lage des Falles die ihnen gebotene Sorgfalt nicht angewendet hätten.
Zur Revision des Klägers:
Die Mithaftung des Erstbeklagten lehnen die Untergerichte nur auf Grund der Feststellung ab, daß dieser die Obsorge für die Reinigung des Daches von Schnee und Eis dem Zweitbeklagten überlassen habe; rechtlich beriefen sie sich auf die Bestimmung des § 93 Abs 5 StVO, wonach, wenn durch ein Rechtsgeschäft eine Verpflichtung nach § 93 Abs 1 bis 3 StVO übertragen wurde, der durch das Rechtsgeschäft Verpflichtete an die Stelle des Eigentümers tritt. Daß es sich hiebei um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, also um einen Vertrag handeln muß, ergibt sich bereits aus der Formulierung des Gesetzes. Als Rechtsgeschäfte kommen also in erster Linie Bestand- und Dienstverträge, aber auch Aufträge an Arbeiter im Rahmen eines Dienstvertrages in Betracht (ZVR 1968/148; Gaisbauer in ImmZ 1970, 55). Ein Vertrag kommt nun aber nur durch den übereinstimmend, frei, ernstlich und bestimmt, wenn auch allenfalls stillschweigend - wenn mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln, übrig bleibt - erklärten Willen beider Teile zustande (§§ 861, 863, 869 ABGB). Daß im vorliegenden Fall ein solcher Vertrag zwischen den Beklagten zustande gekommen wäre, kann aus der bloßen Überlassung der Obsorge entgegen der Auffassung der Untergerichte nicht geschlossen werden, weil darunter auch ein bloßes Nichtkümmern des Erstbeklagten verstanden werden kann. Eine solche Annahme liegt bei dem Verhalten der Beklagten im vorliegenden Prozeß sogar besonders nahe, hat der Erstbeklagte doch zunächst eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung mit dem Zweitbeklagten gar nicht behauptet, sondern sich erst knapp vor Schluß der Verhandlung erster Instanz nach Ablegung der Parteiaussage des Zweitbeklagten darauf berufen. Darüber hinaus kann ein Verschulden der Hauseigentümer aber nicht nur in der Nichtreinigung des Daches, sondern auch in der Nichtanbringung durchlaufender Schneefänger bzw der Anbringung unzureichender Schneefänger erblickt werden. Dafür müßte der Erstbeklagte, wenn er dem Zweitbeklagten nur die Sorge für die Reinigung des Daches überlassen hätte, immer noch haften.
Im übrigen bezieht sich § 93 Abs 5 StVO nur auf § 93 Abs 1 bis 3 StVO, von welchen Bestimmungen im vorliegenden Fall nur § 93 Abs 2 StVO Bedeutung haben könnte. Da eine Haftung nach dieser Gesetzesstelle aber gar nicht in Anspruch genommen werden kann, ist § 93 Abs 5 StVO unmittelbar gar nicht anwendbar. Es besteht allerdings kein Einwand dagegen, zuzulassen, daß sich ein Miteigentümer auch eines anderen Miteigentümers zur Besorgung seiner Angelegenheiten bedient, so daß auch außerhalb des Geltungsbereiches des § 93 Abs 5 StVO eine Übertragung der Verantwortung auf den Zweitbeklagten stattgefunden haben könnte und dann nur mehr eine Haftung im Rahmen des § 1315 ABGB in Betracht käme. Schon um der erforderlichen Rechtssicherheit willen muß aber zumindest unter Miteigentümern, die im selben Hause wohnen, doch auch hier der Abschluß eines Vertrages hierüber in der weiter oben bereits dargelegten Art verlangt werden; ein bloßes Überlassen der Obsorge genügt nicht.
Da der Erstbeklagte aber im selben Haus wie der Zweitbeklagte wohnt, muß ihm zudem ohnehin bekannt geworden sein, daß der Zweitbeklagte seine Obliegenheiten zumindest in der Richtung verletzte, daß er die 1 m breite Lücke zwischen den Schneefängern nicht schließen ließ. Auch er selbst wäre dann aber trotz aller Vereinbarungen mit dem Zweitbeklagten auch persönlich verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, daß die erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, und müßte für das Unterlassen dieser Vorkehrungen unter Umständen haften (vgl SZ 18/150; Brunner in ImmZ 1965, 329). Die Mithaftung des Erstbeklagten wurde damit aber zu Unrecht bereits abschließend verneint. Auch sie wird sich erst nach einer Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz und Treffen präziser Feststellungen beurteilen lassen.
Anmerkung
Z45032Schlagworte
Baubehörde, Verhütung von Dachlawinen, Baubehördlicher Auftrag, Verhütung von Dachlawinen, Bauordnung, Verhütung von Dachlawinen, Dachlawine, baubehördlicher Auftrag, Dachlawine, Bauordnung, Dachlawine, Haftung des Hauseigentümers, Hauseigentümer, Dachlawinenschaden, Schneerechen, Verhütung von Dachlawinen, Schutzvorschrift, Verhütung von DachlawinenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1972:0010OB00051.72.0315.000Dokumentnummer
JJT_19720315_OGH0002_0010OB00051_7200000_000