TE OGH 1972/6/29 6Ob123/72

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Veröffentlicht am 29.06.1972
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Norm

ZPO §225 Abs1

Kopf

SZ 45/77

Spruch

Eine mit einem in die Gerichtsferien fallenden Tag datumsmäßig bestimmte Frist endet, wenn es sich nicht um eine Ferialsache handelt, nicht am ersten Werktag nach den Gerichtsferien. Es ist vielmehr die Dauer der Frist festzustellen und die in die Gerichtsferien fallende Zahl von Tagen oder Wochen dem Ende der Gerichtsferien anzufügen

OGH 29. 6. 1972, 6 Ob 123/72 (OLG Wien 1 R 33/72; HG Wien 20 Cg 851/71)

Text

Das Erstgericht setzte in der gegenständlichen Rechtssache, bei welcher es sich nicht um eine Ferialsache handelt, in der ersten Tagsatzung vom 16. 7. 1971 der Beklagten zur Erstattung der Klagebeantwortung eine Frist bis 10. 8. 1971. Die von der Beklagten am 6. 9. 1971 überreichte Klagebeantwortung wies es als verspätet zurück.

Über Rekurs der Beklagten hob das Rekursgericht diesen Beschluß mit dem Auftrag an das Erstgericht auf, das Verfahren fortzusetzen. Es begrundet diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Frist zur Erstattung der Klagebeantwortung, deren Beginn bereits in die Gerichtsferien gefallen sei, um die Dauer der Gerichtsferien verlängert werde. Die in der Literatur von Fasching vertretene Meinung, eine Frist, welche während der Dauer der Gerichtsferien enden würde, ende am ersten Werktag nach den Gerichtsferien auch dann, wenn die Frist datumsmäßig mit einem in die Gerichtsferien fallenden Tag bestimmt worden sei, würde zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, daß in einem solchen Fall iS des § 225 Abs 1 ZPO die Frist am 26. 8. zu laufen begänne und am gleichen Tag enden würde. Ein befriedigendes und dem Sinn der gesetzlichen Bestimmung entsprechendes Ergebnis erfordere daher, die Dauer der Frist, deren Ende datumsmäßig festgesetzt worden sei, festzustellen und danach die festgestellte Zahl von Tagen oder Wochen dem Ende der Gerichtsferien anzufügen. Zweck der Bestimmung des § 225 Abs 1 ZPO sei es, dem Betroffenen die Frist in ihrer gesamten Dauer außerhalb des Zeitraumes der Gerichtsferien zur Durchführung der betreffenden Prozeßhandlung offen zu halten. Die am 6. 9. 1971 überreichte Klagebeantwortung sei daher rechtzeitig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Da der Beschluß des Rekursgerichtes auf Aufhebung der Entscheidung der ersten Instanz mit dem Auftrag zur Verfahrensfortsetzung lautet, war vorerst die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu prüfen. Trotz der Fassung des Spruches der rekursgerichtlichen Entscheidung handelt es sich inhaltlich um eine Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung über die Zurückweisung einer Prozeßhandlung der Partei, somit um eine meritorische Entscheidung. Die Bestimmung des § 527 Abs 2 ZPO ist daher nicht anzuwenden und der Revisionsrekurs zulässig (siehe dazu die in der MGA der ZPO[12] auf 1065 unter Nr 13 zu § 527 ZPO angeführten Entscheidungen). Er ist jedoch nicht gerechtfertigt.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet der Ansicht des Rekursgerichtes bei, daß durch die Bestimmung des § 225 Abs 1 ZPO der Partei die ihr zur Vornahme einer Prozeßhandlung gesetzte Frist in ihrer gesamten Dauer außerhalb des Zeitraumes der Gerichtsferien gewahrt bleiben soll, wenn es sich nicht um eine Ferialsache handelt. Der Meinung des Rekurswerbers, durch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes werde der vom Gesetzgeber bei Abfassung des § 125 Abs 3 ZPO verfolgten Absicht der Vereinfachung der Fristenberechnung nicht Rechnung getragen, kann nicht gefolgt werden. Daß durch die Gerichtsferien auch jene Fristen in ihrem Lauf gehemmt werden, deren Ende durch Angabe eines bestimmten Kalendertages festgesetzt wurde, stellt auch der Rekurswerber nicht in Frage. Schwierigkeiten in der Berechnung der Frist können aber gar nicht auftreten, weil sich auch bei Angabe eines Kalendertages als Ende der Frist deren Dauer ohne Schwierigkeiten errechnen läßt. Wesentlich ist, daß der Partei durch die Fristsetzung ein bestimmter Zeitraum zur Vornahme der Prozeßhandlung eingeräumt wird. Da in Nichtferialsachen dieser Zeitraum gemäß § 225 Abs 1 ZPO durch die Gerichtsferien nicht verkürzt werden soll, entspricht der Beschluß des Rekursgerichtes dem Gesetz. Die Ansicht Faschings, daß eine Frist, die während der Dauer der Gerichtsferien enden würde, am ersten Werktag nach den Gerichtsferien ende, wurde vom Rekursgericht mit Recht abgelehnt. Es genügt, hiezu auf die Begründung der Vorinstanz zu verweisen.

Anmerkung

Z45077

Schlagworte

Frist, Ende der Gerichtsferien, Frist, Gerichtsferien, Gerichtsferien, Ende bei datumsmäßig bestimmten Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1972:0060OB00123.72.0629.000

Dokumentnummer

JJT_19720629_OGH0002_0060OB00123_7200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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