Norm
ABGB §918Kopf
SZ 45/112
Spruch
Ein Leibrentenvertrag ist nach dem zugrunde liegenden Kausalverhältnis (hier als Kaufvertrag) zu beurteilen; ein Dauer(Wiederkehr-)schuldverhältnis liegt nicht vor
Ein Rücktritt gemäß § 918 ABGB vom Leibrentenvertrag ist möglich; liegt ein einheitlicher Kaufvertrag über zwei verschiedene Kaufobjekte (hier Liegenschaftsanteile und Unternehmen) vor, so ist das Rücktrittsrecht des Verkäufers erst ausgeschlossen, wenn beide Kaufgegenstände bereits dem Käufer übergeben worden sind
OGH 25. 10. 1972, 7 Ob 221/72 (OLG Linz 5 R 72/72; KG Wels 2 Cg 186/71)
Text
Der zwischen den Streitteilen am 27. 8. 1970 geschlossene Kaufvertrag enthält folgende für den Rechtsstreit wesentliche Bestimmungen:
1. Der Kläger verkauft und übergibt an die Beklagten und diese übernehmen zu gleichen Teilen:
a) die dem Kläger gehörigen Hälften der Liegenschaften EZ 570 und 2239 KG W mit allen was mit diesen Liegenschaften erd-, mauer-, niet- und nagelfest verbunden ist und demnach ein rechtliches oder tatsächliches Zubehör dieser Liegenschaften bildet;
b) die dem Kläger allein gehörige zu HRA 907 des Kreis- als Handelsgerichtes Wels protokollierte Einzelfirma Anton B Großtischlerei mit dem Standort W, R-Straße 39, samt allen Aktiven und Passiven ...
2.
a) Die Beklagten verpflichten sich hingegen, sämtliche bücherlichen und außerbücherlichen Verbindlichkeiten des Klägers, welche aus dem Betrieb seines Unternehmens und aus der Erbauung der auf den Liegenschaften EZ 570 und 2239 KG W errichteten Baulichkeiten stammen, mit der Weiterverzinsung ab 27. 8. 1970 in ihre ausschließliche Zahlungsverpflichtung zu übernehmen und den Kläger diesbezüglich klag- und schadlos zu halten.
Hinsichtlich der ob den EZ 570 und 2239 KG W grundbücherlich einverleibten Forderungen des Kreditinstitutes X im Betrage von S 300.000.- sA, S 1.000.000.- sA und S 700.000.- sA und des Kreditinstitutes Y im Höchstbetrage von S 1.500.000.- wird festgehalten, daß es sich hiebei um Darlehen und Kredite handelt, die ausschließlich für die Erbauung der auf diesen Liegenschaften befindlichen Baulichkeiten bzw zu deren Vergrößerung aufgenommen wurden. Hinsichtlich dieser Forderungen verpflichten sich die Beklagten lediglich, die den Kläger betreffenden Hälftebeträge zu übernehmen, ihn diesbezüglich schad- und klaglos zu halten und dafür zu sorgen, daß er auch als Personalschuldner aus der Schuldhaftung entlassen wird. Die andere Hälfte dieser Kredite bzw Darlehen betrifft die Miteigentümerin der vorgenannten Liegenschaften Frieda B, bezüglich der eine Schuldübernahme nicht erfolgt.
Die von den Beklagten eingegangene Verpflichtung zur Übernahme der Verbindlichkeiten betrifft auch sämtliche Steuern, öffentliche Abgaben, Versicherungsprämien, Krankenkassenbeiträge usw, soweit diese aus dem vom Kläger geführten Unternehmen resultieren. Weiters übernehmen die Käufer auch die Kirchensteuerverbindlichkeiten des Klägers mit Stichtag 27. 8. 1970 sowie alle Steuern, die auf Grund des gegenständlichen Vertrages vorgeschrieben werden, einschließlich Umsatzsteuer und einer eventuell vorzuschreibenden Einkommensteuer aus einem Veräußerungsgewinn.
b) Die Beklagten räumen ferner dem Kläger:
aa) auf seine Lebensdauer für seinen persönlichen Bedarf das unentgeltliche Recht auf ausschließliche Benützung der im ersten Stock des Hauses W, R-Straße 39, befindlichen Wohnung ein;
bb) und verpflichten sich, dem Kläger eine monatliche Leibrente von
S 20.000.- bis 5. eines jeden Monats beginnend ab Oktober 1970 kosten- und abzugsfrei bar auszuzahlen. Sie erteilen ihre ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung der Reallast zur Zahlung einer monatlichen Leibrente von S 20.000.- zugunsten des Klägers ob den Vertragsliegenschaftshälften EZ 570, 2239 KG W.
c) Schließlich verpflichten sich die Beklagten für die Lastenfreistellung der auf den Liegenschaftshälften des Klägers EZ 1231 und 1521 KG W haftenden Darlehensforderungen des Kreditinstitutes X im Betrage von S 300.000.-, S 1.000.000.-, S 700.000.- und des Kreditinstitutes Y im Höchstbetrage von S 480.000.- zu sorgen.
Die Übergabe bzw Übernahme der Liegenschaften und des Unternehmens in den tatsächlichen Besitz und Genuß der Beklagten fand am 27. 8. 1970 statt. Die grundbücherliche Durchführung der Liegenschaftskäufe ist jedoch bisher nicht erfolgt.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger festzustellen, daß der Kaufvertrag vom 27. 8. 1970 im Hinblick auf seinen begrundeten Rücktritt aufgehoben sei und die Beklagten zu verurteilen, die von ihnen übernommenen Liegenschaftshälften der EZ 570 und 2239 KG W zu räumen bzw an ihn zurückzustellen und das unter der Handelsfirma Anton B Großtischlerei betriebene Möbelhandelsunternehmen bzw Möbelfabrik samt allen Aktiven und Passiven an ihn zurückzustellen. Die Beklagten hätten die von ihnen vertraglich übernommenen Pflichten nicht erfüllt, weshalb der Kläger nach Setzung einer Nachfrist den Rücktritt vom Kaufvertrag vom 27. 8. 1970 erklärt habe. Die Beklagten hätten den Kläger außerdem durch Vorspiegelung falscher Tatsachen über ihre Vermögenslage bewußt in Irrtum geführt und ihn hiedurch zum Abschluß des vorgenannten Vertrages bewogen. Die Beklagten bestritten das Klagevorbringen, beantragten Klagsabweisung und behaupteten, daß nicht sie, sondern der Kläger die vertraglichen Verpflichtungen nicht einhalte.
Das Erstgericht entschied iS des Klagebegehrens und traf noch folgende Feststellungen:
Mit Schreiben vom 27. 8. 1970 bestätigten die Beklagten dem Kläger in Ergänzung des Vertrages vom 27. 8. 1970, daß er aus dem Firmenvermögen kostenlos verschiedene Einrichtungsgegenstände erhalte, und verpflichteten sich ferner, binnen 6 Monaten den Kredit Nr 43.109 über S 400.000.- der auf einem Privathaus sichergestellt war, zur Löschung zu bringen. Nach der Eröffnungsbilanz vom 27. 8. 1970 betrugen die Lieferantenverbindlichkeiten S 1.927.063.58, die Wechselverbindlichkeiten S 767.048.82. Die Beklagten bezahlten an Lieferantenverbindlichkeiten bis Ende 1970 zirka S 747.000.-. Der Kläger forderte seine früheren Lieferanten nicht auf, ihn wegen Bezahlung der Schulden zu klagen. Er wurde aber trotzdem von verschiedenen Firmen wegen nicht bezahlter Warenlieferungen geklagt. Der vom Kläger unter Bürgschaft seiner Gattin beim Kreditinstitut Y aufgenommene Kredit von S 1.500.000.-, der auf den Liegenschaften EZ 570 und 2239 KG W durch eine Höchstbetragshypothek bis zum Betrage von S 1.950.000.- sichergestellt ist, haftete am 31. 8. 1970 mit S 1.588.501.06 und zum 22. 3. 1972 mit S 1.598.694.70 aus. Die angefallenen Zinsen und Kreditspesen wurden von den Beklagten bezahlt. Eine Rückzahlung des bereits fällig gestellten Kapitals erfolgte jedoch nicht. Ein weiterer offensichtlich auf den Liegenschaften EZ 1231, 1521 KG W durch eine Höchstbetragshypothek von S 480.000.- sichergestellter Kredit des Kreditinstitutes Y haftete am 30. 6. 1970 mit S 364.618.49 und am 30. 6. 1971 mit S
397.380.39 aus, er wurde am 27. 1. 1972 fällig gestellt. Mit Schreiben vom 16. 5. 1972 teilte jedoch das Kreditinstitut Y mit, daß zur Einbringung der aushaftenden Kreditbeträge keine gerichtlichen Schritte unternommen werden, wenn die jeweils vorgeschriebenen Zinsen zeitgerecht beglichen, der Nachweis der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens durch Vorlage der Bilanzen jeweils dargetan und ein dem Kreditrahmen entsprechender Umsatz getätigt wird. Die vom Kreditinstitut X dem Kläger gewährten drei Hypothekardarlehen von insgesamt S 2.000.000.- wurden auf den Liegenschaften EZ 1231 und 1521 KG W pfandrechtlich sichergestellt. Der Stand des ersten Darlehens in der Höhe von ursprünglich S 300.000.- betrug am 28. 8. 1970 S 191.219.38 und am 10. 5. 1972 S 179.537.-. Die beiden weiteren Darlehen von S 1.000.000.- und S 700.000.- hafteten am 28. 8. 1970 mit S 459.532.20 bzw S 521.511.56 und am 10. 5. 1972 mit S 306.128.35 bzw S 424.972.53 aus.
Vom Finanzamt W wurde dem Kläger mit Steuerbescheid vom 1. 2. 1971 im Hinblick auf die ihm eingeräumte Leibrente von S 20.000.- monatlich eine Einkommensteuervorauszahlung von S 200.000.- vorgeschrieben. Die Beklagten lehnten die Bezahlung dieser Steuer ab, worauf vom Finanzamt W am 23. 3. 1971 verschiedene Einrichtungsgegenstände des Klägers gepfändet wurden. In einer am 2. 7. 1971 erstatteten Selbstanzeige an das Finanzamt W behauptete der Kläger, daß über Verlangen der Beklagten in die Schlußbilanz niedrigere Inventurwerte eingesetzt wurden. Diese Selbstanzeige führte zu einer Steuerfahndung und einer noch nicht abgeschlossenen Betriebsprüfung, sowie zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Erstbeklagten wegen Anstiftung zur Abgabenhinterziehung und versuchter Abgabenkürzung. Aus dem Zwischenbericht der Steuerprüfer ergibt sich, daß die vom Kläger in der Selbstanzeige vorgebrachten Inventurwerte den Tatsachen entsprechen. Am 15. 11. 1971 bewilligte das BG Wels über Antrag des Finanzamtes W zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung an Gewerbe- und Einkommensteuer von S 414.592.- die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung ob den Liegenschaftshälften des Klägers EZ 570, 1231, 1521 und 2239 KG W. Zur Sicherstellung der Umsatz-, Einkommens- und Gewerbesteuer samt Zuschlägen in der voraussichtlichen Höhe von S 1.886.139.- erwirkte ferner das Finanzamt W die Pfandrechtsvormerkung ob den vorgenannten Liegenschaftsanteilen des Klägers. Die Exekutionsführungen erfolgten deshalb, weil weder vom Kläger noch von den Beklagten irgendwelche Steuern bezahlt wurden. Mit Bescheid vom 28. 12. 1971 wurde zur Hereinbringung von Abgabenschulden des Klägers von S 422.925.- dessen Leibrente und sonstige Forderungen gepfändet, der Republik Österreich bis zur Höhe der vollstreckbaren Abgabenforderungen zur Einziehung überwiesen und den Beklagten verboten, die gepfändeten Forderungen an den Kläger zu berichtigen, sondern diese an das Finanzamt W zu bezahlen. Zur GZ 1 Cg 3/72 wurde der Kläger wegen fälliger Versicherungsprämien betreffend das Betriebsgelände in W, R-Straße 39, im Betrag von S 48.000.- geklagt. In diesem Rechtsstreit erging ein Versäumungsurteil. Die zum Betriebsvermögen der Firma Anton B gehörigen Teppiche im Werte von S 90.000.- waren nicht Gegenstand der Vereinbarung vom 27. 8. 1970. In den Monaten April bis Juli 1971 bezahlten die Beklagten dem Kläger keine Leibrente und stellten mit Dezember 1971 deren Bezahlung überhaupt ein. Am 5. 3. 1971 verfügte das Erstgericht über Antrag des Klägers die Löschung der Firma Anton B im Handelsregister wegen Zurücklegung des Gewerbes. Mit Schreiben vom 5. 4. 1971 gab der Kläger den Beklagten bekannt, daß sie ihre Verpflichtungen aus deren Vertrage vom 27. 8. 1970 nicht erfüllt hätten, setzte ihnen eine Nachfrist bis 16. 4. 1971 und erklärte für den Fall des fruchtlosen Ablaufes dieser Frist den Rücktritt vom Vertrag.
Das Erstgericht war der Auffassung, daß der Vertrag vom 27. 8. 1970 einen Leibrentenvertrag darstelle, der als Wiederkehrschuldverhältnis zu betrachten sei. Da die Beklagten diesen Vertrag nicht auf die bedungene Weise erfüllt hätten, sei dessen Aufhebung ex nunc gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht hob über Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Das Berufungsgericht war der Meinung, daß es sich bei dem Vertrag vom 27. 8. 1970 um einen Kaufvertrag mit Elementen eines Leibrentenvertrages handle. Kaufgegenstand seien die Überlassung der Liegenschaftsanteile und das Unternehmen, den Kaufpreis bilde hingegen die vereinbarte Übernahme aller bücherlichen und außerbücherlichen Verbindlichkeiten des Unternehmens, die Einräumung eines Wohnungsrechtes und die Verpflichtung zur Zahlung einer Leibrente. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag sei aber dann nicht mehr zulässig, wenn der Verkäufer die Sache dem Käufer übergeben habe. In einem solchen Falle könne der Käufer nur mehr die Erfüllung des Vertrages oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Bei dem gegenständlichen Kaufvertrag handle es sich um ein einheitliches Rechtsgeschäft, das in seinem wesentlichen Punkt, nämlich der Übertragung des verkauften Unternehmens vom Kläger bereits erfüllt worden sei. Auch hinsichtlich der Liegenschaftsanteile habe der Kläger seinen Verpflichtungen auf Übergabe und Abgabe der Aufsandungserklärung zur Gänze entsprochen und habe daher seinerseits keine Leistungen mehr zu erbringen. Dem Kläger stehe somit ein Rücktritt nach § 918 ABGB nicht mehr zu.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rekurs ist berechtigt.
Beizupflichten ist den Ausführungen des Berufungsgerichtes, daß es sich bei dem Vertrag vom 27. 8. 1970 um einen als Kaufvertrag zu qualifizierenden Leibrentenvertrag handelt. Unter Leibrentenvertrag ist nämlich jeder Vertrag zu verstehen, in dem eine Leibrente zugesichert wird. Der Vertrag selbst ist nach dem zugrundeliegenden Kausalverhältnis zu beurteilen (SZ 25/328, EvBl 1964/2). Ein Dauer(Wiederkehr-)schuldverhältnis liegt deshalb nicht vor, weil sich bei diesem die Leistungen nach der Dauer des Verhältnisses richten und daher so lange erbracht werden müssen, als das Verhältnis währt. Es verpflichtet daher zu fortgesetzter oder doch periodisch wiederkehrender Erfüllungstätigkeit beider Vertragsparteien (Gschnitzer in Klang[2] IV/1 25f, s auch Barta und Call, "Ein Beitrag zur Lehre vom Ziel- und Dauerschuldverhältnis" in JBl 1971, 76 ff). Das sogenannte Zielschuldverhältnis (vorübergehendes Schuldverhältnis) dauert hingegen nur solange, als noch Leistungen ausständig sind (Gschnitzer in Klang[2] IV/1 26).
Richtig hebt auch das Berufungsgericht hervor, daß nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein Rücktritt vom Kaufvertrag dann nicht mehr zulässig ist, wenn der Verkäufer die Sache dem Käufer übergeben hat (SZ 3/123, 36/95, JBl 1967, 316 f). Voraussetzung für den Ausschluß des Rücktrittsrechtes nach § 918 ABGB ist aber immer, daß der Vertrag vom Verkäufer zur Gänze erfüllt wurde. Liegt daher - so wie hier - ein einheitlicher Kaufvertrag über zwei verschiedene Kaufobjekte vor, so ist das Rücktrittsrecht des Verkäufers erst ausgeschlossen, wenn beide Kaufgegenstände bereits dem Käufer übergeben worden sind. Liegenschaften gelten aber nicht schon mit der faktischen Besitzeinräumung, sondern erst dann übergeben, wenn die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers im Grundbuch erfolgt ist (SZ 34/146, EvBl 1966/443 = JBl 1967, 316 f, SZ 43/152). Solange dies nicht der Fall ist, kann daher der Verkäufer bei Zahlungsverzug des Käufers gemäß § 918 ABGB vom Vertrag zurücktreten. Die Gründe, aus welchen es noch nicht zur grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers gekommen ist, sind belanglos (EvBl 1963/163, 8 Ob 172/70).
Nach den Feststellungen der Unterinstanzen ist die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes der Beklagten an den vorgenannten Liegenschaftshälften, die teilweise der Sicherstellung der für den Betriebsausbau aufgenommenen Darlehen dienten und deren Erwerb durch die Beklagten daher keineswegs von untergeordneter Bedeutung ist, noch nicht erfolgt. Da der Kaufgegenstand (Liegenschaftsanteile und Unternehmen) noch nicht zur Gänze den Beklagten übergeben worden ist, war der Kläger entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes noch zum Rücktritt vom Kaufvertrag nach § 918 ABGB berechtigt.
Wenn schließlich das Berufungsgericht meint, auch bei bäuerlichen Übergabsverträgen, die dem vorliegenden Vertrag sehr ähnlich seien, sei eine einseitige Vertragsauflösung nicht möglich, wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart wurde, so kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht hebt nämlich selbst hervor, daß bei bäuerlichen Übergabsverträgen ein Rücktritt des Übergebers nicht mehr in Frage kommt, wenn der Kaufgegenstand dem Übernehmer übergeben worden ist (EvBl 1970/223, 1972/38). Übertragen ist aber auch eine bäuerliche Liegenschaft grundsätzlich erst dann, wenn die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes des Übernehmers erfolgt ist. Daraus folgt aber, daß so lange die Eigentumseinverleibung des Übernehmers nicht erfolgt ist, der Übergeber nach § 918 ABGB noch vom Übergabsvertrag zurücktreten kann. Die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen befassen sich überdies hauptsächlich mit der Frage, ob ein Übergabsvertrag den Dauerschuldverhältnissen zuzuordnen und daher eine einseitige Auflösung mit Wirkung ex nunc möglich sei (EvBl 1970/223).
Ob der Rücktritt des Klägers nach § 918 ABGB zu Recht erfolgte, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Im Hinblick auf die vom Obersten Gerichtshof nicht geteilte Rechtsansicht des Berufungsgerichtes befaßte sich dieses nicht mit der von den Beklagten erhobenen Mängel- und Beweisrüge, obwohl mit letzerer wesentliche Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes bekämpft wurden. Erst nach Prüfung der Berechtigung der vorgenannten Berufungsgrunde wird das Berufungsgericht beurteilen können, ob ein berechtigter Vertragsrücktritt des Klägers nach § 918 ABGB vorliegt. Sollte das Berufungsgericht einen solchen verneinen, so wird es abermals das Ersturteil aufzuheben und dem Erstgericht eine Prüfung des noch geltend gemachten Vertragsaufhebungsgrundes der listigen Irreführung nach § 870 ABGB aufzutragen haben.
Anmerkung
Z45112Schlagworte
Dauerschuldverhältnis, Leibrentenvertrag Einheitlicher Kaufvertrag, Rücktritt bei - über verschiedene Kaufobjekte Kaufvertrag, Rücktritt bei einheitlichem - über verschiedene Kaufobjekte Kausalverhältnis, Leibrentenvertrag Leibrentenvertrag, Dauerschuldverhältnis Leibrentenvertrag, Kausalverhältnis Leibrentenvertrag, Rücktritt Leibrentenvertrag, Wiederkehrschuldverhältnis Rücktritt, bei einheitlichem Kaufvertrag über verschiedene Kaufobjekte Rücktritt, Leibrentenvertrag Verkäufer, Rücktritt bei einheitlichem Kaufvertrag über zwei verschiedene Kaufobjekte Wiederkehrsschuldverhältnis, LeibrentenvertragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1972:0070OB00221.72.1025.000Dokumentnummer
JJT_19721025_OGH0002_0070OB00221_7200000_000