Norm
ABGB §163b n. FKopf
SZ 46/30
Spruch
Die nach §§ 163c und 163d ABGB rechtswirksame Feststellung der Vaterschaft durch Anerkenntnis verhindert die sachliche Erledigung einer auf § 163 ABGB (alte Fassung) gestützten Vaterschaftsklage gegen einen anderen Mann; sie stellt ein Prozeßhindernis im Sinne des § 240 Abs. 3 ZPO dar, das zur Klagszurückweisung führt. Die früher abweichende Rechtsprechung zur rechtlichen Bedeutung eines Vaterschaftsanerkenntnisse ist durch das UeKindG überholt
OGH 6. März 1973, 3 Ob 36/73 (KG Steyr R 172/72; BG Steyr 2 C 856/71)
Text
Das Erstgericht gab der am 13. Mai 1971 eingebrachten, gemäß § 163 ABGB (in der vor dem 1. Juli 1971 geltenden Fassung) auf Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und Verpflichtung zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 500 S gerichteten Klage mit Urteil vom 7. Juli 1972 statt. Zu dem ihm bereits bekannten Umstand, daß ein anderer Mann namens Helmut S - nach Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 9. Mai 1972 vor dem gemäß § 114 JN zuständigen Gericht - die Vaterschaft zum Kläger anerkannt hatte, verwies das Erstgericht darauf, daß Helmut S nur von der Mutter, nicht aber auch vom Kind (vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter) als Vater bezeichnet worden war.
Mit Urteil vom 15. November 1972 gab das Berufungsgericht der Berufung des Beklagten nicht Folge, obwohl es in der an diesem Tag durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung den von ihm beigeschafften Akt P 121/72 des Erstgerichtes verlesen hatte, der die Niederschrift vom 9. Mai 1972 über das erwähnte Vaterschaftsanerkenntnis des Helmut S erithält. Das Berufungsgericht vertrat nämlich unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung die Auffassung, daß dieses Vaterschaftsanerkenntnis die urteilsmäßige Feststellung eines anderen Mannes als Vater nicht hindere.
Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß der Revision des Beklagten die Urteile der Vorinstanzen und das Verfahren vor dem Berufungsgericht als nichtig auf und wies die Klage zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Aus Anlaß der zulässigen Revision des Beklagten war von Amts wegen wahrzunehmen, daß - infolge der ab 9. November 1972 wirksamen Anerkennung der Vaterschaft zum Kläger durch Helmut S - der gegenständlichen Klage ein durch die Bestimmungen der §§ 163b, 163c und 163d ABGB (i. d. F. des UeKindG BGBl. 342/1970) neu geschaffenes Prozeßhindernis entgegensteht.
Nach den zitierten Gesetzesstellen wird die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind nicht bloß durch Urteil, sondern auch durch Anerkenntnis festgestellt (§ 163b ABGB), wobei die feststellende Wirkung dieses Anerkenntnisses - unter der hier gegebenen Voraussetzung der Einhaltung der durch § 163c ABGB normierten Formvorschriften - auch dann, wenn das Kind den Anerkennenden nicht als Vater bezeichnet, spätestens 6 Monate nach der Anerkennung der Vaterschaft vor dem Gericht eintritt (§ 163c Abs. 2 ABGB, vgl. hiezu Kralik JBl.1971, 278/79, Gamerith ÖJZ 1972, 58). Im gegenständlichen Fall war die feststellende Wirkung des Anerkenntnisses bereits vor Durchführung der mündlichen Berufungsverhandlung, nämlich am 9. November 1972, eingetreten. Ab diesem Tag wirkte das zu P 121/72 des Erstgerichtes ordnungsgemäß zu Protokoll genommene Anerkenntnis des Helmut S, gegen welches nach dem Inhalt des angeführten Aktes kein Widerspruch erhoben, noch weniger dessen Rechtsunwirksamkeit festgestellt wurde, zufolge § 163d ABGB gegenüber jedermann. Die vom Berufungsgericht zitierte Rechtsprechung (über die Rechtswirkungen früherer Vaterschaftsanerkenntnisse) ist durch die dargestellte, durch das UeKindG geschaffene Rechtslage überholt.
Da es sich hier um keine Klage im Sinne des § 164c ABGB handelt - in einer derartigen Klage müßte abweichend von der gegenständlichen Klage behauptet und unter Beweis gestellt werden, daß einerseits begrundete Bedenken gegen die Vaterschaft des Helmut S bestehen, andererseits der Beklagte mutmaßlich der (biologische) Vater ist -, besitzt das Anerkenntnis des Helmut S gegenüber der gegenständlichen, auf § 163 ABGB alter Fassung gestützten - Vaterschaftsklage nach den vorstehenden Ausführungen dieselbe - Feststellungswirkung wie ein Urteil. Diese Feststellungswirkung bildet, ohne daß deren Rechtsnatur in allen Einzelheiten erörtert werden müßte (vgl. hiezu Kralik 282/83, Gamerith 57 Anm. 6), jedenfalls ein Prozeßhindernis für die sachliche Prüfung der vorliegenden Klage, welches in zumindest sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 240 Abs. 3 ZPO in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrgenommen werden und zur Klagszurückweisung führen muß (ebenso Fasching IV, 925, vgl. auch Fasching III, 172, Gamerit h 57 Anm. 6, SZ 26/233 u. a.).
Es handelt sich dabei um einen im Gesetz (§ 477 ZPO) nicht ausdrücklich angeführten Fall der Nichtigkeit (ebenso Fasching III, 169, SZ 30/48, 43/61 u. a.). Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher ebenso wie das von der Nichtigkeit betroffene Verfahren vor dem Berufungsgericht als nichtig aufzuheben.
Anmerkung
Z46030Schlagworte
Anerkenntnis der Vaterschaft, Prozeßhindernis, Feststellung, rechtswirksame - der Vaterschaft, Prozeßhindernis, Vaterschaftsanerkenntnis, Vaterschaft, rechtswirksame Feststellung der -, Vaterschaftsanerkenntnis, ProzeßhindernisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1973:0030OB00036.73.0306.000Dokumentnummer
JJT_19730306_OGH0002_0030OB00036_7300000_000