Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gräf, Dr. Petretto, Dr. Wurzinger und Dr. Schragel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred E*****, vertreten durch Dr. Egon Jaufer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Johann H*****, vertreten durch Dr. Michael und DDr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wegen restlicher 18.780 S sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. März 1973, GZ 4 R 199/72-34, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 31. Juli 1972, GZ 9 Cg 84/71-26, zum Teil unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Beklagte ist der Ehemann der Stiefmutter der Ehegattin des Klägers. Im Jahre 1968 besuchte er den Kläger in G*****, wunderte sich über seine beengten Wohnverhältnisse und erklärte, diesem Zustand könne durch Ankauf eines Grundstücks und Erbauung eines Hauses abgeholfen werden. Nach dem Hinweis des Klägers auf seine geringen finanziellen Möglichkeiten erklärte der Beklagte, er könne Geld zur Verfügung stellen und auch der Kläger solle etwas sparen. Nach Einverständnis des Klägers kaufte der Beklagte im Frühjahr 1968 ein vom Kläger ausfindig gemachtes Grundstück in G***** um 100.000 S. Die Streitteile einigten sich über einen bestimmten Bauplan, aufgrund dessen der Beklagte die Baubewilligung erwirkte. Der Kläger bestellte Baumaterial und führte sodann den Rohbau einschließlich des Daches unter Mithilfe von Arbeitskollegen, denen er insgesamt 18.212,50 S bezahlte, auf. Die weiteren Auslagen des Klägers betrugen 73.295,27 S, zu deren Abdeckung er vom Beklagten zur Verfügung gestellte 70.000 S und ein aufgenommenes Darlehen von 25.000 S verwendete. Der Kläger leistete außerdem 500 Arbeitsstunden und verwendete seinen PKW zum Aufsuchen von Lieferanten, Transport der aufgenommenen Hilfskräfte und sonstige Fahrten zur Baustelle. Die Streitteile vereinbarten, dass der Kläger nach Fertigstellung des Hauses in diesem mit seiner Familie wohnen und dem Beklagten als Ersatz für seine Aufwendungen 300 bis 500 S monatlich je nach Möglichkeit bezahlen solle. Über die Entlohnung seiner Tätigkeit oder weitergehende Rechte des Klägers wurde nie gesprochen. Nach Auftreten von Differenzen im Jahre 1969 weigerte sich der Beklagte, weitere Mittel für den Hausbau zur Verfügung zu stellen; da keine Einigung zu erzielen war, stellte auch der Kläger seine Tätigkeit ein, so dass der Hausbau unvollendet blieb. Der Beklagte verkaufte die Liegenschaft samt Rohbau und behielt den Erlös zur Gänze für sich.
Der Kläger begehrte vom Beklagten nach einer Einschränkung des Klagebegehrens für Lieferungen und Leistungen Dritter 21.507,77 S sA (91.507,77 S weniger der erhaltenen 70.000 S) sowie für seine eigenen Arbeitsleistungen 14.780 S sA und für die Verwendung seines PKWs 4.000 S sA. Der Beklagte wendete dagegen ein, es habe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bestanden, an der auch seine Gattin beteiligt gewesen sei. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Bezahlung eines Betrags von 21.507,77 S sA statt, das Berufungsgericht bestätigte diesen Teil der Entscheidung, der auch in Rechtskraft erwuchs.
Das Begehren auf Zahlung von 18.780 S sA wies das Erstgericht ab. Der Kläger habe als Bevollmächtigter des Beklagten als des Eigentümers der Liegenschaft gehandelt; dem Kläger als Gewalthaber stehe eine Entlohnung für eigene Bemühungen mangels Vereinbarung einer solchen nicht zu.
Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil in seinem abweisenden Teil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe zwischen den Streitteilen nicht bestanden, da der Beklagte die Liegenschaft allein erworben habe und eine Beteiligung des Klägers an den angeschafften bzw herzustellenden Vermögenswerten nicht vorgesehen gewesen sei; die Rechtsform der Benützung sowie die Höhe der dem Beklagten zu erbringenden Leistungen seien offensichtlich einer späteren Vereinbarung vorbehalten worden. Es liege auch kein Bevollmächtigungsvertrag vor; der Kläger sei im eigenen Namen aufgetreten und habe seine eigenen Interessen verfolgt; auch die Erbringung manueller Arbeitsleistungen durch den Kläger sei für einen bloß Bevollmächtigten nicht typisch. Rechtlich wesentlich sei, dass beide Parteien von der Weiterverfolgung des Vertragszwecks Abstand genommen hätten und der Beklagte zudem die Liegenschaft veräußert habe. Der Sachverhalt könne nur nach den Regeln des Kondiktionsrechtes im Sinne des § 1435 ABGB rechtlich beurteilt werden. Ein derartiger Anspruch sei in erster Linie auf Wiederherstellung des früheren Zustands, wenn dies aber, wie im vorliegenden Fall, nicht möglich sei, auf Zahlung eines angemessenen Entgelts gerichtet. Das Erstgericht werde noch die Höhe des Ersatzanspruchs für die von ihm erbrachten Leistungen (500 Arbeitsstunden, Einsatz des PKWs) auszumitteln haben.
Gegen den Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung unter Umgangnahme von dem gebrauchten Aufhebungsgrund aufzutragen.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Aus dem Inhalt des unbestrittenen Sachverhalts ergibt sich, dass der Beklagte einerseits für sich das Eigentum an der in G***** gekauften Liegenschaft und damit auch des darauf errichteten Rohbaus erworben, dem Kläger aber in Aussicht gestellt hatte, dass er Nutznießer und Bewohner des Hauses werden sollte. Der Kläger hat seine Leistungen erbracht, um diesen Erfolg zu erreichen. Es handelt sich bei den noch strittigen Beträgen um das Entgelt für seinen persönlichen Einsatz bei der Errichtung des Rohbaus bzw um den Aufwand für seinen PKW, den er für Transport- und Anfahrtszwecke eingesetzt hatte. Dem Kläger waren die Leistungen keineswegs vom Beklagten aufgetragen worden, er besorgte auch, wie der Rekurs selbst einräumt, keine Geschäfte im Namen des Beklagten. Damit fehlen aber alle Voraussetzungen für das Vorliegen eines Bevollmächtigungsvertrags (§ 1002 ABGB). Die Ausführungen des Rekurses, die das Gegenteil dartun wollen, sind geradezu unverständlich.
Die Vereinbarungen der Streitteile beinhalten aber auch entgegen der Auffassung des Rekurses nicht die Gründung einer bürgerlichen Erwerbsgesellschaft, auch wenn eine solche dadurch zustandekommen kann, dass mehrere Personen, die nicht Ehegatten sein müssen (vgl QuHGZ 1969, 181/49), ihre Mühe, ihr Einkommen oder sonstige Sachen zum gemeinsamen Nutzen, nämlich zum Erwerb eines Grundstücks und zur Errichtung eines Hauses, vereinigen (MietSlg. 21.245; RZ 1963, 51; EvBl 1958/112 uva). Ein Gesellschaftsvertrag bedarf auch keiner bestimmten Form und kann stillschweigend zustandekommen (EvBl 1963/243; Wahle in Klang2 V 502; Gschnitzer Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz, 112) Gesellschaftsverträge sind aber Verträge der wirtschaftlichen Organisation. Es genügt daher nicht, dass mehrere Personen an dem Eintritt eines bestimmten Erfolgs interessiert sind oder dass sie in einfacher Rechtsgemeinschaft stehen. Es muss vielmehr eine, wenn auch lose, Gemeinschaftsorganisation vereinbart sein, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- oder Mitwirkungsrechte gibt (JBl 1966, 364; vgl auch SZ 33/112 ua; Wahle aaO 500, 540; Gschnitzer aaO 110). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. In welche Rechtsform die Beziehungen der beiden Streitteile in Zukunft gekleidet werden sollten, war offensichtlich überhaupt nicht abgesprochen. Es war damit auch nicht ausgeschlossen, dass der Kläger etwa nur Mieter werden und seine Leistungen in Form einer Zinsvorauszahlung oder auf ähnliche Weise verrechnen sollte. Einen Anspruch des Klägers auf Einräumung des gemeinschaftlichen Eigentums der Streitteile an der Liegenschaft, wie es bei Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses bestünde (4 Ob 558/72; vgl Wahle aaO 674; EvBl 1963/243; SZ 28/120), anerkennt auch der Beklagte selbst nicht, sonst hätte er nicht die Liegenschaft ohne Zustimmung des Klägers verkauft.
Auf die nähere Beurteilung des zwischen den Streitteilen bestandenen oder beabsichtigten Rechtsverhältnisses kommt es aber ohnehin nicht an, da jedenfalls der bei der Erbringung der Leistungen des Klägers erwartete (wie immer rechtlich zu beurteilende) Rechtsgrund nicht eingetreten ist, weil sich zunächst der Beklagte weigerte, die zugesagten weiteren Mittel zur Fertigstellung des Hauses bereitzustellen und sodann auch der Kläger seine Arbeitsleistungen einstellen musste. Der Zweck der Leistungen des Klägers, eine Wohnmöglichkeit im fertigzustellenden Haus zu erhalten, wurde endgültig dadurch vereitelt, dass der Beklagte die Liegenschaft mit dem Rohbau des Hauses verkaufte. Dass aber die Einräumung der Wohnmöglichkeit im fertiggestellten Haus einziger Grund für die Erbringung der Leistungen des Klägers war, steht außer Zweifel. Es kommt dann aber nicht einmal darauf an, ob zwischen den Streitteilen ein Vertrag bestand (vgl EvBl 1970/177). Der Kläger kann vielmehr in sinngemäßer Anwendung des § 1435 ABGB unter solchen Umständen nicht nur, soweit dies möglich ist, das Geleistete zurückfordern, weil der Geschäftszweck und jene Umstände, die nach dem Sinn des Geschäfts die Grundlage der Leistungen bildeten, weggefallen sind (SZ 41/76 und die dort zitierte Literatur; RZ 1966, 100; Gschnitzer aaO 136; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes2 I, 172), sondern auch den Ersatz für eigene Arbeits- und sonstige Leistungen begehren, die er in der Erwartung der späteren Einräumung der Wohnmöglichkeit im fertigzustellenden Haus erbracht hat (vgl SZ 37/79 ua). Der Beklagte musste nämlich als Empfänger der Dienste des Klägers aus deren Zweckbestimmung entnehmen, dass er diese nur bei Erreichung des vom Kläger bezweckten Erfolgs ohne weitere Vergütung behalten darf, dass er also entweder die als Erfolg angestrebte Gegenleistung erbringen oder die Dienste, denen sonst der Rechtsgrund fehlte, entlohnen muss. Da Dienstleistungen nicht in natura erstattungsfähig sind, kommt hier nur eine angemessene Entlohnung in Frage; dieser Anspruch ist grundsätzlich vom verschafften Nutzen unabhängig (Bydlinski, Lohn- und Kondiktionsansprüche aus zweckverfehlenden Arbeitsleistungen in Wilburg - Festschrift, 74 f). Nur wenn der Kläger selbst den zunächst angestrebten Erfolg durch sein Verhalten vereitelt hätte, könnte er nur Ansprüche im Rahmen der Bereicherung des Beklagten stellen (Bydlinski aaO 76; vgl EvBl 1970/177; Wilburg in Klang2 VI 471), und lägen die adäquaten Ursachen der Zweckvereitelung auf beiden Seiten, zB in der Streitsucht beider Teile, wäre das Leistungsrisiko, das sich in der Differenz zwischen dem Entgeltanspruch und dem am Nutzen orientierten Kondiktionsanspruch ausdrückt, in sinngemäßer Anwendung des § 1304 ABGB beiden Beteiligten aufzuerlegen (Bydlinski aaO 77).
Da das Erstgericht zwar die vom Kläger erbrachten Leistungen feststellte, aber keine Feststellungen zur Höhe des Anspruchs traf, sah das Berufungsgericht, von seiner richtigen Rechtsansicht ausgehend, das Verfahren erster Instanz im Rahmen der Aufhebung zu Recht als mangelhaft an. Es fehlen auch ausreichende Grundlagen zur Beurteilung, nach welchen Maßstäben der Anspruch des Klägers zu beurteilen ist. Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
Anmerkung
Bemerkung: Im Leitsatz der Bezug habenden SZ-Entscheidung SZ 46/73 findet sich die unrichtige Wendung "deren Höhe grundsätzlich vom verschafften Nutzen abhängig ist"; siehe hiezu RS0033709.Schlagworte
Bereicherungsanspruch,Vereitlung des angestrebten Erfolges,Gesellschaftsvertrag,Voraussetzungen,Vereitlung,Bereicherungsanspruch,- des angestrebten Erfolges,Textnummer
Z46062European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1973:0010OB00099.73.0606.000Im RIS seit
10.01.1995Zuletzt aktualisiert am
05.02.2014