Norm
ZPO §236Kopf
SZ 46/97
Spruch
Daß das mit Zwischenantrag festzustellende Rechtsverhältnis strittig sein muß, gilt auch für Statussachen
OGH 4. Oktober 1973, 2 Ob 143/73 (OLG Linz 1 R 53/73; LG Salzburg 9 Cg 30/73)
Text
Die Klägerin begehrt Scheidung ihrer mit dem Beklagten am 4. Dezember 1970 vor dem Registrar (Standesbeamten) in London-Lambeth geschlossenen Ehe gemäß § 49 EheG, Die Klägerin ist österreichische Staatsbürgerin und römisch-katholischer Religion. Der Beklagte ist zypriotischer Staatsangehöriger griechischen Volkstumes mit griechisch-orthodoxem Religionsbekenntnis. An der Eheschließung der Streitteile wirkte weder ein romischkatholischer Priester noch ein griechisch-orthodoxer Pope mit. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Streitteile war Maishofen. Aus der Ehe der Streitteile ist ein Kind hervorgegangen.
Nachdem die Klägerin ein Gutachten des Institutes für Rechtsvergleichung der Universität Wien vorgelegt hatte, laut welchem ihre Ehe nach dem Heimatrecht des Beklagten nicht formgültig zustande gekommen und als Nichtehe anzusehen sei, stellte sie den Zwischenantrag auf Feststellung, die zwischen den Streitteilen am 4. Dezember 1970 vor dem Registrar in London-Lambeth geschlossene Ehe bestehe zu Recht. Gleichzeitig beantragte sie, das Verfahren vorläufig "auf diese Grundfrage des Bestehens der Ehe" einzuschränken. Der diese Anträge enthaltene Schriftsatz wurde dem Beklagtenvertreter am 27. Oktober 1972 zugestellt. Daraufhin stellte der Beklagte mit Schriftsatz vom 17. November 1972 seinerseits einen gleichlautenden Zwischenantrag auf Feststellung.
Das Erstgericht schränkte sodann das Verfahren "auf die Grundfrage des Bestehens der Ehe" ein und erkannte mit Zwischenurteil, daß die zwischen den Streitteilen am 4. Dezember 1970 vor dem Registrar in Lambeth geschlossene Ehe nicht zu Recht bestehe und daß - für den Fall der Rechtskraft dieses Zwischenurteiles - das Klagebegehren abgewiesen werde und dieses Urteil als Endurteil gelte.
Das Erstgericht ging davon aus, daß die nach dem Heimatrecht des Mannes erforderliche Eheschließungsform nicht eingehalten worden sei und daß daher eine Nichtehe vorliege, die keine Rechtswirkungen zeitigen und daher auch nicht geschieden werden konne.
Gegen dieses Zwischenurteil erhoben beide Teile Berufung. Die Klägerin bekämpfte das Zwischenurteil seinem ganzen Inhalte nach und beantragte Abänderung im Sinne des gestellten Zwischenantrages auf Feststellung. Der Beklagte focht das Zwischenurteil ausdrücklich nur insoweit an, als es aussprach, daß die Ehe der Streitteile nicht zu Recht bestehe. Er beantragte aber Abänderung im Sinne einer Feststellung des Zurechtbestehens der Ehe der Streitteile.
Das Berufungsgericht gab beiden Berufungen teilweise Folge. Es hob das angefochtene Zwischenurteil auf und wies die Zwischenfeststellungsanträge beider Teile zurück. Dazu führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus:
Mit der Feststellung, daß die Ehe der Streitteile nicht zu Recht bestehe, sei das Erstgericht über die gestellten Anträge hinausgegangen. Der darin liegende Verstoß gegen die Vorschrift des § 405 ZPO begrunde zwar einen Verfahrensmangel, doch sei dieser nicht gerügt worden, so daß er nicht aufgegriffen werden könne. Das Erstgericht habe aber auch übersehen, daß die Voraussetzungen für einen Zwischenantrag auf Feststellung nach §§ 236, 259 ZPO insoweit nicht vorliegen, als ein zwischen den Streitteilen streitig gewordenes Rechtsverhältnis nicht gegeben sei, da doch beide Parteien übereinstimmend auf dem Standpunkt der Gültigkeit und Rechtswirksamkeit ihrer vor dem Standesbeamten in London-Lambeth geschlossenen Ehe stehen und die Gültigkeit ihrer Ehe zwischen ihnen somit keinen Streitpunkt bilde. Fehle es an der genannten verfahrensrechtlichen Voraussetzung, dann könne ein Zwischenantrag auf Feststellung materiellrechtlich nicht erledigt, sondern müsse mit Beschluß zurückgewiesen werden. Auf die genannte verfahrensrechtliche Voraussetzung müsse auch in zweiter Instanz von Amts wegen Bedacht genommen werden. Die Fragen, ob die Ehe der Streitteile gültig zustande gekommen, ob sie nichtig sei oder ob eine Nichtehe vorliege, werden als Vorfragen im Scheidungsstreit zu beurteilen sei. Als Gegenstand eines mit Rechtskraftwirkung ausgestatteten Zwischenfeststellungsanspruches können sie auf Grund der konformen Einstellung der Parteien nicht in Frage kommen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Soweit die Klägerin ihr Rechtsmittel dahin ausführt, daß Bestand oder Nichtbestand der Ehe für die Entscheidung über eine Klage auf Ehescheidung präjudiziell sei, genügt der Hinweis, daß das Berufungsgericht Präjudizialität ohnehin angenommen und die Zurückweisung der Zwischenfeststellungsanträge ausschließlich mit der fehlenden Streitigkeit des Rechtsverhältnisses begrundet hat, dessen Zustandekommen bzw. Bestand festgestellt werden soll.
Soweit die Klägerin des weiteren die Auffassung vertritt, in Statussachen, in denen der Grundsatz der amtswegigen Wahrheitserforschung gelte und der zu beurteilende Sachverhalt der Parteiendisposition entzogen ist, müsse das Erfordernis der Strittigkeit des festzustellenden Rechtsverhältnisses schon dann als erfüllt angesehen werden, wenn auch bloß einseitig bestehende Zweifel am Bestand des Rechtsverhältnisses bestehen, entfernt sie sich eindeutig vom Wortlaut des Gesetzes, das von einem streitig gewordenen Rechtsverhältnis oder Recht (§ 236 Abs. 1 ZPO) spricht. Weder die Lehre noch die Rechtsprechung bieten einen Anhaltspunkt für die von der Klägerin gewünschte Auslegung, daß in Statussachen das erwähnte Erfordernis für einen Zwischenantrag auf Feststellung nicht gelten soll. Der in Statussachen weitgehend herrschende Grundsatz der amtswegigen Wahrheitserforschung und die damit beschrankte Dispositionsfreiheit der Parteien können dafür nicht als Argument herangezogen werden, denn daraus ist nur abzuleiten, daß das Gericht der Dispositionsfreiheit der Parteien entzogene Vorfragen von Amts wegen zu prüfen hat. Wenn die Klägerin Zweifel darüber hat, ob die am 4. Dezember 1970 in London-Lambeth vorgenommene Trauungszeremonie in Österreich als Eheschließung anerkannt wird, dann wäre es ihr freigestanden. Klage auf Feststellung zu erheben, daß diese Zeremonie nicht die Wirkung einer Eheschließung nach sich zog. Stellt sie sich aber auf den Standpunkt, es liege eine gültige Ehe vor und erhebt sie die Scheidungsklage, dann kann sie eine gesonderte Entscheidung über die Vorfrage der Gültigkeit ihrer Ehe im Wege eines Zwischenantrages auf Feststellung nicht erzwingen, solange der Gegner die Gültigkeit der Ehe nicht bestreitet (Neumannn II, 916 unter II, Pollak, System des österreichischen Zivilprozeßrechtes, 15). Das Festhalten am Wortlaut des Gesetzes, das von der Klägerin als Mißachtung der Sonderlage des Statusverfahrens bezeichnet wird hat somit keineswegs eine Versagung des Rechtsschutzes, dessen die Klägerin bedürfte, zur Folge, wie diese darzulegen versucht.
Der Klägerin ist beizupflichten, daß der Ausspruch des Erstgerichtes, für den Fall der Rechtskraft des Zwischenurteiles werde das Scheidungsbegehren abgewiesen und das Zwischenurteil gelte als Endurteil, verfehlt war. Da dieser bedingte Ausspruch aber von der Klägerin mitangefochten wurde, durch die Zurückweisung der Zwischenfeststellungsanträge gegenstandslos wurde und ohnehin der Aufhebung verfiel, kann sie sich insoweit nicht beschwert erachten.
Abschließend sei noch bemerkt, daß der Zwischenfeststellungsantrag des Beklagten schon deshalb zurückzuweisen gewesen wäre, weil der Zwischenantrag auf Feststellung bezüglich des durch ihn geltend gemachten Anspruches gemäß § 232 ZPO Streitanhängigkeit begrundet und daher der Antrag der Klägerin den dasselbe Rechtsverhältnis betreffenden, noch dazu gleichgerichteten Antrag ausschloß (Fasching III,126).
Anmerkung
Z46097Schlagworte
Statussachen, Zwischenantrag auf Feststellung, Zwischenantrag auf Feststellung, StatussachenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1973:0020OB00143.73.1004.000Dokumentnummer
JJT_19731004_OGH0002_0020OB00143_7300000_000