TE OGH 1973/10/9 6Ob107/73

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Veröffentlicht am 09.10.1973
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Norm

ABGB §889

Kopf

SZ 46/101

Spruch

Ist Gegenstand eines Kaufvertrages der Verkauf einer Liegenschaft als Ganzes, ist die Verbindlichkeit mehrerer Miteigentümer (Verkäufer) der Liegenschaft zur Übertragung des Eigentums als Gesamthandschuld, der Anspruch mehrerer Käufer auf Übertragung von Miteigentumsanteilen als Gesamthandforderung zu beurteilen

OGH 9. Oktober 1973, 6 Ob 107/73 (OLG Graz 4 R 154/72. LG Klagenfurt 22 Cg 92/72)

Text

Im Herbst 1969 kauften der Kläger, Richard B Anton B und Sepp K von den Eigentümern der Liegenschaft EZ 65 KG W ein mit einem Vorkaufsrecht des Beklagten belastetes Grundstück zu gleichen Teilen. Der Beklagte ist bücherlicher Eigentümer dieses nunmehr in der EZ 243 KG W eingetragenen Grundstücks.

Der Kläger begehrt in der Klage vom Beklagten die Übertragung eines Viertelanteiles der Liegenschaft EZ 243 KG W und die formgerechte Errichtung der zur bücherlichen Durchführung der Übertragung notwendigen Urkunden. Er brachte vor, daß er auf Grund der Vereinbarung vom Herbst 1969 zu einem Viertel Eigentümer der Liegenschaft sei, die ihm und den anderen drei Käufern bereits übergeben worden war. Der Beklagte habe auf sein Vorkaufsrecht verzichtet. Zur Errichtung einer einverleibungsfähigen Urkunde sei es deshalb nicht gekommen, weil Anton B die Zuhaltung der Vereinbarung verweigere. Auf den Vorschlag, die Liegenschaft zu dritt zu erwerben, sei von den Verkäufern mitgeteilt worden, daß der Beklagte erklärt habe, sein Vorkaufsrecht geltend zu machen und in den Kaufvertrag einzutreten. Richard B und Sepp K seien bereit, je ein Viertel der Liegenschaft zu übernehmen. Wenn der Beklagte das verbleibende Viertel nicht behalten wolle, seien sie zur Übernahme der Liegenschaft zusammen mit dem Kläger zu je einem Drittel bereit.

Der Beklagte beantragte die Klage abzuweisen. Er wendete ein daß die Verkäufer wegen des Verzuges der Käufer mit der Errichtung einer verbücherungsfähigen Urkunde und der Zahlung des Restkaufpreises zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt gewesen seien und daß er auf Grund seines Vorkaufsrechtes, auf das er keineswegs verzichtet habe, in den Kaufvertrag eingetreten sei. Der Kläger allein sei zur Klagsführung nicht legitimiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß die Vereinbarung vom Herbst 1969 selbst dann, wenn sie einen rechtsgültigen Kaufvertrag darstellte, kein Titel zum Erwerb eines Viertelanteiles der Liegenschaft gegen den Willen des Beklagten sei, weil die Vereinbarung nicht "auseinandergerissen" werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteige. Es stellte auf Grund der vorgelegten Urkunden im wesentlichen folgendes fest:

Nach Punkt III der Vereinbarung vom Herbst 1969 hatten die Käufer die Erstellung eines verbücherungsfähigen Teilungsplanes auf ihre Kosten zu veranlassen. Die Verkäufer verpflichteten sich, die zur lastenfreien Abtrennung des verkauften Grundstücks und die zur Eigentumseinverleibung nötigen Urkunden auszustellen, bzw. beglaubigt zu unterfertigen. Ein Drittel des Kaufpreises von 450.000 S, für dessen Zahlung die Käufer zur ungeteilten Hand zu haften haben, war binnen einer Woche nach Unterzeichnung der Vereinbarung, der Rest nach grundbücherlicher Durchführung des Kaufvertrages zu entrichten. Die Liegenschaft war mit Zahlung der ersten Kaufpreisrate in den Besitz der Käufer zu übergeben. Die Käufer verpflichteten sich, die zur Errichtung des Kaufvertrages und dessen bücherlichen Durchführung notwendigen Schritte mit möglichster Eile voranzutreiben. Mit Schreiben vom 29. Juli 1970 erinnerte Dr. Max K die Käufer namens der Verkäufer an ihre Vertragspflichten und ersuchte sie, den Verkäufern den bereits vorhandenen Teilungsplan zuzuleiten und den verbucherungsfähigen Kaufvertrag zur Unterfertigung zuzusenden, wofür er eine Frist von drei Wochen vormerke. Er teilte mit, daß sich die Verkäufer vorbehielten, nach Ablauf dieser angemessenen Nachfrist vom Kaufvertrag zurückzutreten und Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Vertrages geltend zu machen. Die Käufer führten in ihrem an Dr. Max K gerichteten Schreiben vom 21. September 1970 unter anderem aus, daß sich Anton B gegenüber den anderen Kaufwerbern weigere, an der Errichtung einer verbücherungsfähigen Kaufurkunde, bzw. deren Verbücherung mitzuwirken. Sir schlugen den Verkäufern vor, mit den verbleibenden drei Kaufwerbern einen verbücherungsfähigen Kaufvertrag zu den Bedingungen der seinerzeitigen Vereinbarung, die ihrer Ansicht nach kein Kaufvertrag gewesen sei, abzuschließen. Im Schreiben vom 10. Feber 1971 führte Dr. Max K aus, daß sich Anton 8 in einer schriftlichen Erklärung vom Kaufvertrag distanziert und mit dem Erwerb seines Viertelanteiles durch den Beklagten einverstanden erklärt habe. Der Beklagte sei auf Grund seines Vorkaufsrechtes in die Vereinbarung eingetreten. Ein einverleibungsfähiger Kaufvertrag sei bereits errichtet. Der Verzug der Käufer berechtige die Verkäufer zum Rücktritt vom Vertrag.

Rechtlich war das Berufungsgericht der Ansicht, daß die Verkäufer, wie aus ihrem dem Schreiben der Käufer vom 21. September 1970 nachfolgenden Verhalten, insbesondere der anderweitigen Verfügung über das Verkaufsobjekt, zu erkennen sei, den angedrohten Rücktritt nach Ablauf der Nachfrist tatsächlich vorgenommen haben. Nach der neueren Rechtsprechung sei der Rücktritt der Verkäufer trotz erfolgter Übergabe in den physischen Besitz der Käufer zulässig gewesen. Das Klagebegehren sei auch ohne Aufhebung des Kaufvertrages nicht gerechtfertigt. Gegenstand des Vertrages sei der Verkauf einer Liegenschaft als Ganzes gewesen, bei Solidarhaftung der Käufer für den Kaufpreis. Wegen des einheitlichen Charakters des Geschäftes und der Unteilbarkeit der Leistung wäre der Kläger nicht berechtigt gewesen, von den Verkäufern die Übertragung bloß eines Viertelanteiles der Liegenschaft zu begehren. Er könne daher ein solches Begehren auch nicht gegen den Rechtsnachfolger der Verkäufer stellen. Dem Begehren des Klägers stehe auch entgegen, daß einer von mehreren Gläubigern einer unteilbaren Leistung nicht eine Teilleistung an sich selbst, sondern nur die unteilbare Leistung an alle verlangen könne.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revision ist zuzugeben, daß die Unteilbarkeit einer Leistung nicht unbedingt die Unteilbarkeit der Gegenleistung zur Folge haben muß. Das Berufungsgericht hat jedoch die Unteilbarkeit der von den Verkäufern geschuldeten Leistung nicht ausschließlich mit der Solidarhaftung der Käufer für den Kaufpreis, sondern in erster Linie zutreffend damit begrundet, daß Gegenstand des Kaufvertrages der Verkauf des Grundstückes als Ganzes war und aus der Teilbarkeit der zu leistenden Sache noch nicht die Teilbarkeit der Leistung und damit der Schuld folgen muß. Soll Eigentum übertragen werden, so wäre dieses Recht zwar teilbar, dennoch ist die Leistung nicht in der Art teilbar, daß man einen Miteigentumsanteil übertragen könnte (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 283; Ehrenzweig[2] II/1, II). Daß die Käufer das Grundstück zu gleichen Teilen erworben haben, ist für die Frage der Teilbarkeit der von den Verkäufern zu erbringenden Leistung unerheblich. Die Verkäufer, deren Anteile an dem Grundstück verschieden waren, konnten über die gesamte Liegenschaft nur gemeinsam verfügen. Ohne Zusammenwirken aller Miteigentümer konnte die geschuldete Leistung, nämlich die Übertragung des Eigentumsrechtes an dem verkauften Grundstück an die Käufer nicht erbracht werden. Die Verbindlichkeit der Verkäufer zur Übertragung des Eigentums ist daher als Gesamthandschuld zu beurteilen. Auf Seite der Käufer liegt ungeachtet des Umstandes, daß sie das Grundstück zu gleichen Teilen gekauft haben, eine Gesamthandforderung vor. Dem Berufungsgericht ist deshalb beizupflichten, daß die von den Verkäufern in der Vereinbarung vom Herbst 1969 übernommene Leistung und damit auch die Schuld unteilbar ist. Daraus folgt, daß hier einer der Käufer nicht die Übertragung eines Miteigentumsanteiles an dem Kaufobjekt fordern kann. Der Kläger wäre ohne Einverständnis der übrigen Käufer auch nicht berechtigt, von den Verkäufern Leistung (der ganzen Sache) an alle zu verlangen. Im übrigen darf über das Klagebegehren, das nur auf Übertragung eines Viertelanteiles gerichtet ist, nicht hinausgegangen werden (§ 405 ZPO). Die Unteilbarkeit des Schuldverhältnisses schließt ein Ausscheiden des nicht erfüllungsbereiten Käufers Anton B und den Erwerb des Grundstückes durch die übrigen Käufer ohne Einverständnis aller Beteiligten aus (vgl. Gschnitzer, IV/1, 281). Mangels Erfüllungsbereitschaft ihres Mitgenossen Anton B sind die übrigen Käufer nicht bereitigt, von den Verkäufern die Erfüllung des Kaufvertrages und von deren Rechtsnachfolger, dem Beklagten die Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft zu verlangen.

Anmerkung

Z46101

Schlagworte

Gesamthandforderung, Anspruch mehrerer Käufer auf Übertragung von, Miteigentumsanteilen, Gesamthandschuld, Liegenschaftsverkauf durch mehrere Miteigentümer, Liegenschaftskauf, Gesamthandforderung, - durch mehrere Käufer, Liegenschaftsverkauf, Gesamthandschuld, Miteigentümer, Miteigentümer, Gesamthandschuld, Liegenschaftsverkauf durch mehrere -, Miteigentumsanteile, Anspruch mehrerer Käufer auf Übertragung von -n„ Gesamthandforderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1973:0060OB00107.73.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19731009_OGH0002_0060OB00107_7300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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