Norm
EO §250Kopf
SZ 46/99
Spruch
Den Bestimmungen der §§ 250, 251 EO über die Unpfändbarkeit liegen Rücksichten öffentlich-rechtlicher Natur zugrunde. Sie gehören dem Verfahrensrecht an und sind daher immer dann anzuwenden, wenn eine Exekution innerhalb des Geltungsgebietes der EO vorgenommen werden soll, mag dies auch auf bewegliche Sachen eines Ausländers geführt werden, die sich im Inland befinden. Die Schutzbestimmungen des § 251 EO kommen daher auch Ausländern zustatten, gegen die in Österreich Fahrnisexekution geführt wird
Bei Prüfung, welche Gegenstände des Verpflichteten zur Ausübung seines Berufes erforderlich sind, ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen
OGH 9. Oktober 1973, 3 Ob 163/73 (LG Salzburg 10 R 313/73; BG Salzburg 3 E 1204/73)
Text
Der Verpflichtete beantragte die Ausscheidung des beim Vollzug einer Fahrnisexekution gepfändeten PKW Mercedes 300 SEL gemäß § 251 EO, weil er ihn zur Ausübung seines Berufes als Industrieberater dringend benötigte.
Das Erstgericht sprach diesem Antrag statt, das Rekursgericht wies ihn ab. Die Vorinstanzen gingen hiebei von folgendem Sachverhalt aus.:
Die Berufstätigkeit des Verpflichteten als Industrieberater erstreckt sich mit Ausnahme von Afrika auf sämtliche Kontinente, Zweimal im Jahre hält sich der Verpflichtete in Europa auf, um hier seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Besonders in Deutschland und den angrenzenden Ländern entfaltet der Verpflichtete während seiner Aufenthalte in Europa eine intensive berufliche Tätigkeit, indem er seine unbedingt erforderlichen technischen Kenntnisse laufend erneuert und sich über die Fortschritte auf den einschlägigen wissenschaftlichen und technischen Gebieten informiert. Der,PKW des Verpflichteten wurde am 14. August 1968 erstmalig zum Verkehr zugelassen und wies am Tage der Pfändung einen Kilometerstand von 70.734 auf. Die jährliche Fahrleistung betrug daher zirka 15.700 km.
Der Verpflichtete unterhält mit einschlägigen Firmen in Westdeutschland und anderen Staaten Kontakte, sucht sie an Ort und Stelle auf, berät sei, verhandelt mit ihnen, schließt Geschäfte ab und nimmt Aufträge entgegen. Außerdem besucht er auch Fachmessen. Das Erstgericht war der Ansicht, daß der Verpflichtete ohne eigenen PKW nicht in der Lage sei, seine berufliche Tätigkeit in Europa so intensiv und erfolgreich wie bisher auszuüben.
Das Rekursgericht vertrat hingegen die Auffassung, daß der Verpflichtete den PKW zur Ausübung seines Berufes nicht benötige. Zum Unterschied vom Provisionsvertreter, der seine weitverstreuten Kunden mit einem Musterkoffer in kurzen Zeitabständen besuchen müsse, hätten die Kunden des Verpflichteten ihren Sitz in Weltstädten, die meistens über einen eigenen Flughafen verfügen. Die Benützung eines Flugzeuges für seine Geschäftsreisen sei daher für den Verpflichteten viel bequemer.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Verpflichteten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Den Bestimmungen der §§ 250, 251 EO über die Unpfändbarkeit liegen Rücksichten öffentlich-rechtlicher Natur zugrunde (Heller - Berger - Stix Komm. z. EO[4], 1642). Sie gehören dem Verfahrensrechte an und sind daher dann anzuwenden, wer in eine Exekution innerhalb des Geltungsgebietes der EO vorgenommen werden soll, mag diese auch gegen bewegliche Sachen eines Ausländers gerichtet sein, die sich im Inland befinden (Heller - Berger - Stix 1643). Der Umstand, daß der Verpflichtete deutscher Staatsangehöriger (Bundesrepublik Deutschland) ist, steht daher der Anwendung der Bestimmungen über die Unpfändbarkeit nach § 251 EO nicht entgegen.
Der Rekurswerber bekämpft die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in Europa ein eigener PKW nicht erforderlich sei. Seine Berufstätigkeit bestehe in der Beratung auf dem Sektor der chemischen, Rohstoff- und Maschinenindustrie. Um einen Beratungsvertrag abschließen zu können, müsse er der in Betracht kommenden Firma einen neuen Werkstoff oder ein neues Verfahren zur Herstellung eines solchen auf dem chemischen, Kunstleder- oder Plastiksektor unterbreiten. Hiezu müsse er eine gewisse Zeit im Labor bzw. den entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsabteilungen des Unternehmens arbeiten. Nach Erhalt seines Beratungsvertrages müsse er seine Vorschläge auch realisieren. Neben dieser Tätigkeit müsse er wieder neue Geschäftsverbindungen anknüpfen und sich durch laufenden Besuch von Messen und verschiedenen Firmen das entsprechende Wissen für seine Tätigkeit aneignen. Um seinen Beruf als Industrieberater ausüben zu können, müsse er auch oft weit entfernt liegende Fachabteilungen der einzelnen Firmen besuchen. Ohne eigenen PKW sei ihm daher die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit unmöglich.
Diese Ausführungen vermögen nicht zu überzeugen. Der Rekurswerber gehört als Industrieberater zu dem einen geistigen Beruf ausübenden Personenkreis des § 251 Z. 5 EO. Nach dieser Gesetzesstelle sind der Exekution alle jene Gegenstände des Verpflichteten entzogen, die zur Ausübung seines Berufes erforderlich sind. Bei der Prüfung dieser Frage ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (Heller - Berger - Stix 1659). Ein eigenes Kraftfahrzeug ist daher nur dann zur Berufsausübung eines zum Personenkreis des § 251 Z 5 EO gehörigen Verpflichteten erforderlich, wenn dieser ohne das Kraftfahrzeug seine berufliche Tätigkeit nicht mehr im bisherigen Umfang ausüben kann. Denn die Exekutionsbefreiung nach § 251 Z. 5 EO hat die Erhaltung der Erwerbsfähigkeit des Verpflichteten zum Ziel (Heller - Berger - Stix 1657, EvBl. 1966/171). Dient daher das Kraftfahrzeug dem Verpflichteten nur zur bequemeren Erreichung des Arbeitsplatzes, so liegt die Exekutionsbefreiung nach § 251 Z. 5 EO nicht vor.
Vorauszuschicken ist, daß die Verwendung des gepfändeten PKWS von vornherein nur für die berufliche Tätigkeit des Rekurswerbers in Europa in Frage kommt, die sich damit nur auf einige Monate im Jahr beschränkt. Zur Ausübung dieser Tätigkeit des Verpflichteten im ihrem bisherigen Umfange ist aber der Besitz eines eigenen Kraftfahrzeuges nicht unbedingt erforderlich. Der Rekurswerber räumt nämlich selbst ein, daß er einen Teil seiner Reisen mit dem Flugzeug durchführt und sich bei den einzelnen von ihm besuchten Firmenstätte sich erfahrungsgemäß in Großstädten oder der unmittelbaren vorwiegend mit größeren Industrieunternehmungen, deren Betriebslänger aufhält. Die Beratungsverträge des Rekurswerbers bestehen vorwiegend mit größeren Industrieunternehmungen, deren Betriebsstätte sich erfahrungsgemäß in Großstädten oder der unmittelbaren Umgebung von solchen befindet. Dies gilt auch von den Industrieunternehmungen, die der Rekurswerber zu seiner wissenschaftlichen Fortbildung laufend besuchen muß. Auch die Fachmessen werden durchwegs in größeren Städten abgehalten. Die in Betracht kommenden Unternehmen kann aber der Rekurswerber auch mit einem Massenbeförderungsmittel (Flugzeug oder Bahn) erreichen, ohne daß hiedurch der Umfang seiner beruflichen Tätigkeit in Europa eine Beeinträchtigung erfahren würde.
Der Vergleich des Rekurswerbers mit einem Handelsvertreter schlägt schon deshalb fehl, weil dieser eine Vielzahl räumlich voneinander entfernter Kunden in kurzen Zeitabständen besuchen muß. Für den Handelsvertreter würde daher das Fehlen eines eigenen PKW einen derartigen Zeitverlust zur Folge haben, daß er seinen Beruf nicht mehr im bisherigen Umfange ausüben könnte. Wenn der Rekurswerber bisher verschiedene Geschäftsfahrten in Europa mit seinem PKW durchgeführt haben sollte, so mag dies für ihn vielleicht gewisse Bequemlichkeiten mit sich gebracht haben. Zur Ausübung seines Berufes als Betriebsberater war dies jedoch nicht unbedingt erforderlich.
Anmerkung
Z46099Schlagworte
Ausländer, Schutzbestimmungen des § 251 EO, Anwendbarkeit, Bewegliche Sachen, Unpfändbarkeit -r - eines Ausländers, Maßstab bei Prüfung der zur Ausübung des Berufes des Verpflichteten, erforderlichen Gegenstände, Schutzbestimmungen des § 251 EO, Anwendung bei Ausländern, Unpfändbarkeit, bewegliche Sachen eines Ausländers, Unpfändbarkeit, Rechtsnatur ihrer Bestimmungen, Verpflichteter, Maßstab bei Prüfung der zur Ausübung seines Berufes, erforderlichen GegenständeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1973:0030OB00163.73.1009.000Dokumentnummer
JJT_19731009_OGH0002_0030OB00163_7300000_000