TE OGH 1974/1/29 4Ob106/73

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Veröffentlicht am 29.01.1974
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Norm

ABGB §1154b
Angestelltengesetz §8 Abs3
Heeresgebührengesetz §27
Wehrgesetz §33a

Kopf

SZ 47/6

Spruch

Gleich Wehrpflichtigen, die Truppenübungen, Kaderübungen oder außerordentliche Übungen leisten, hat auch der zu einer Inspektion oder Instruktion einberufene Wehrpflichtige nur den Entschädigungsanspruch nach § 27 HGebG i. d. f. BGBl. 1971/272

OGH 29. Jänner 1974, 4 Ob 106/73 (LGZ Wien 44 Cg 124/73 ArbG Wien 5 Cr 1027/73)

Text

Der Kläger ist seit 1. September 1959 bei der Beklagten als technischer Angestellter beschäftigt; er bezieht derzeit ein Bruttogehalt von 8722 S, 14mal jährlich. In der Zeit vom 4 September bis zum 11. September 1971 und vom 24. April bis zum 27. April 1973 wurde er nach den Bestimmungen des Wehrgesetzes zu einer Inspektion und Instruktion des österreichischen Bundesheeres einberufen; er erhielt hiefür die nach dem Heeresgebührengesetz vorgesehene Entschädigung. Die Beklagte hat dem Kläger für die genannten Zeiträume im September 1971 1810 S und im April 1973 1162 S, zusammen also 2972 S von seinem Bruttogehalt abgezogen. Unter Berufung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 8. Juli 1969, 4 Ob 47/69, wonach ein Angestellter auch für die Dauer seiner Teilnahme an einer Inspektion oder Instruktion nach § 33a WehrG gemäß § 8 Abs 3 AngG gegen seinen Dienstgeber Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts habe, verlangt der Klager im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten die Zahlung des ihm vorenthaltenen Betrages von 2972 S samt Anhang. Auch die Novelle zum Wehrgesetz BGBl. 272/1971 habe an dieser Rechtslage nichts geändert, weil die nunmehr ausgesprochene Gleichstellung der Teilnehmer an Inspektionen und Instruktionen mit denjenigen Wehrpflichtigen, die den ordentlichen Präsenzdienst leisten, nur wehrrechtliche nicht aber arbeitsrechtliche Bedeutung habe.

Die Beklagte beantragte aus rechtlichen Erwägungen die Abweisung dieses Begehrens. Infolge der Gleichstellung der Inspektionen und Instruktionen mit dem ordentlichen Präsenzdienst sei das für alle Präsenzdiener geltende Arbeitsplatzsicherungsgesetz BGBl. 154/1956 jetzt auch auf den Personenkreis des § 33a WehrG anzuwenden. Da aber nach § 3 des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes während des Präsenzdienstes die Verpflichtung des Dienstgebers zur Entrichtung jedweder aus dem Dienstverhaltnis gebührenden Leistungen ruhe, sei das Begehren des Klägers auf Entgeltfortzahlung nicht berechtigt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen ab, wobei es im wesentlichen der Auffassung der Beklagten folgte. Aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes sei hier schon deshalb nichts zu gewinnen, weil sie die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. 272/1971 wiedergebe. Der durch diese Novelle geänderte Wortlaut des § 33a Abs. 1 WehrG biete keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Gleichstellung der Inspektionen und Instruktionen mit dem ordentlichen Präsenzdienst nur für den öffentlich-rechtlichen Bereich wirken solle. Daß aber § 1 Abs. 1 des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes nur die §§ 28 und 52 WehG, nicht aber auch § 33 a dieses Gesetzes zitiere, sei ohne Bedeutung, zumal zur Zeit der Erlassung des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes die Bestimmungen über Inspektionen und Instruktionen noch gar nicht bestanden hätten.

Infolge Berufung des Klägers führte das Berufungsgericht das Verfahren gemäß § 25 Abs. 1 Z. 3 ArbGG neu durch. Dabei stellte der Kläger in der mündlichen Berufungsverhandlung den Zwischenantrag auf Feststellung, daß er gegenüber der Beklagten auch in Hinkunft für die Dauer der Teilnahme an einer Inspektion und Instruktion des österreichischen Bundesheeres Anspruch auf Fortbezug des Entgelts gemäß § 8 Abs. 3 AngG habe.

Die Beklagte beantragte die Abweisung dieses Zwischenfeststellungsantrages.

Das Berufungsgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens und gab auch dem Zwischenfeststellungsantrag des Klägers Folge. Die neue Fassung des § 33a Abs. WehrG dürfte nicht so ausdehnend interpretiert werden, daß der Gesetzgeber damit der zwingenden Bestimmung des § 8 Abs. 3 AngG derogieren bzw. § 1 des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes um den Personenkreis des § 33a WehrG erweitern hätte wollen; die Gleichstellung der Inspektionen und Instruktionen mit dem ordentlichen Präsenzdienst habe vielmehr nur öffentlich-rechtliche Bedeutung. Sei aber das Arbeitsplatzsicherungsgesetz auf die zu einer Inspektion oder Instruktion einberufenen Wehrpflichtigen nicht anzuwenden, dann könne den an einer solchen Veranstaltung teilnehmenden Angestellten der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts nicht unter Hinweis auf § 3 des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes versagt werden. Da die Wehrdienstleistung nach § 33a WehrG zweifellos eine unverschuldete Arbeitsverhinderung während einer verhältnismäßig kurzen Zeit sei, habe der Kläger Anspruch auf Zahlung des von der Beklagten einbehaltenen, der Höhe nach unbestrittenen Klagebetrages. Daraus folge auch die Berechtigung des vom Kläger in der Berufungsverhandlung gestellten Zwischenfeststellungsantrages.

Der Oberste Gerichtshof änderte das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt und der Zwischenantrag des Klägers auf Feststellung, daß der Kläger gegenüber der Beklagten auch in Hinkunft für die Dauer der Teilnahme an einer Inspektion und Instruktion des österreichischen Bundesheeres Anspruch auf Fortbezug des Entgelts gemäß § 8 Abs. 3 AngG habe, abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Möglichkeit, bestimmte Gruppe von Wehrdienstpflichtigen zu Inspektionen oder Instruktionen einzuberufen, ist erst durch die Wehrgesetznovelle 1962 BGBl. 221 geschaffen worden: Nach § 33a Abs. 1 WehrG idF dieser Novelle waren zur "Kontrolle der Standesevidenz und der übergebenden Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände" Inspektionen, zur "Unterweisung in einzelnen Ausbildungsarten" Instruktionen in der Höchstdauer von insgesamt vier Tagen im Jahr abzuhalten. In den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Wehrgesetznovelle 1962 wurde in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Wehrpflichtigen der Reserve auch während der neu eingeführten Inspektionen und Instruktionen "nicht den Status eines Soldaten haben, sondern Wehrpflichtige der Reserve bleiben" sollten (Erl. Bemerkungen der Regierungsvorlage, 759 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, IX. GP, 20).

Nach Abs. 7 des § 33a WehrG hatten Wehrpflichtige der Reserve, die an derartigen Inspektionen oder Instruktionen teilnahmen, Anspruch auf

a) Vergütung der notwendigen Fahrtkosten, b) unentgeltliche Verpflegung und Unterkunft, c) Entschädigung für den nachgewiesenen Entgang des regelmäßigen täglichen Erwerbes.

Soweit dabei ein bestimmter Betrag als Erwerbsentgang nachgewiesen wurde, gebührte der volle Betrag des Entganges bis zum Höchstbetrag von 150 S, in allen anderen Fällen ein Betrag von 40 S für jeden in die Inspektions- und Instruktionszeit einzurechnenden Tag; dauerte die Inspektion oder Instruktion - oder beide zusammen - weniger als vier Stunden, dann wurde der halbe Betrag gewährt.

Die Novelle BGBl. 185/1966 brachte insofern eine Änderung dieser Entschädigungsregelung, als Abs. 7 lit. c des § 33a WehrG durch sie folgenden Wortlaut erhielt:

"Wehrpflichtige der Reserve, die an Inspektionen oder Instruktionen teilnehmen, haben Anspruch auf eine Entschädigung. Als Entschädigung gebührt Wehrmännern, Gefreiten und Korporälen ein Betrag von 125 S, Zugsführern ein Betrag von 150 S, Unteroffizieren ein Betrag von 155 S und Offizieren ein Betrag von 175 S für jeden in die Inspektions- und Instruktionszeit einzurechnender Tag. Dauert die Inspektion oder Instruktion, oder die Inspektion und die Instruktion zusammen, weniger als vier Stunden, wird der halbe Betrag gewährt."

Wie die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Novelle BGBl. 185/1966 in diesem Zusammenhang ausführten, war es auf Grund der bisher gewonnenen Erfahrungen insbesondere aus Gründen der Verwaltungsökonomie zweckmäßig erschienen, die für die Ableistung von Inspektionen und Instruktionen zu leistende Entschädigung zu pauschalieren. Der Pauschalbetrag wurde unter Berücksichtigung der damaligen Einkommensverhältnisse festgelegt; gleichzeitig sollte die besondere Funktion eines Reserveoffiziers bzw. Reserveunteroffiziers sowie der höchsten Charge auch in finanzieller Hinsicht Berücksichtigung finden (Erl. Bemerkungen der Regierungsvorlage, 47 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XI. GP, 10).

Von dieser eben dargestellten, auch durch die folgende Wehrgesetznovelle 1969 BGBl. 96 insoweit nicht veränderten Rechtslage ausgehend, hatte sich der Oberste Gerichtshof erstmals im Jahre 1969 mit der Frage des Einflusses der Einberufung zu einer Inspektion oder Instruktion auf bestehende Dienstverträge zu befassen. In seiner grundlegenden, das Verhältnis des § 8 Abs. 3 AngG zu § 33a Abs. 7 lit. c WehrG behandelten Entscheidung vom 8. Juli 1969, 4 Ob 47/69 SZ 42/107 = Arb. 8642 = EvBl. 1970/44 = JBl. 1969, 620 = Rda 1969, 255 = RZ 1970, 20 = SozM VIII C 28 kam er dabei zu dem Ergebnis, daß die Wehrgesetzgebung der Bestimmung des § 8 Abs. 3 AngG nicht derogiert habe. Die unterlassene Regelung der Auswirkungen einer Inspektion oder Instruktion auf bestehende Dienstverbältnisse sei kein bloßes Redaktionsversehen; sie lasse vielmehr unter Bedachtnahme auf eine Reihe anderer gesetzlicher Bestimmungen den Schluß auf die Absicht des Gesetzgebers zu, daß eine solche - höchstens für vier Tage im Jahr zulässige - Einberufung die dienstrechtlichen Ansprüche des Einberufenen nicht zu berühren habe. Eine analoge Anwendung des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes BGBl. 154/1956 sei schon deshalb ausgeschlossen, weil dieses Gesetz nach seinem § 1 nur für Präsenzdiener gelte. Der an einer Inspektion oder Instruktion teilnehmende Angestellte behalte daher für die Dauer dieser Dienstleistung gemäß § 8 Abs. 3 AngG seinen Entgeltanspruch gegen den Dienstgeber; er brauche sich auf dieses Arbeitsentgelt nicht anrechnen zu lassen, was er gemäß § 33a Abs. 7 lit. c WehrG vom Bund als Entschädigung erhalten habe.

Im gleichen Sinn ist am 15. Juli 1969 die Entscheidung 4 Ob 58/69 Arb. 8647 = ZAS 1970, 20 ergangen. In dieser wie in drei weiteren, gleichfalls von einer grundsätzlichen Pflicht des Dienstgebers zur Fortzahlung des Entgelts für die Zeit von Inspektionen oder Instruktionen ausgehenden Entscheidungen (12. Mai 1970, 4 Ob 32,

33/70 Arb. 8731 = JBl. 1971, 100 = RdA 1971, 67 = SozM. VIII C 37;

12. Mai 1970, 4 Ob 28/70 EvBl. 1971/6 = JBl. 1971, 49 = RdA 1970, 225 = SozM VIII C 33; 6. Oktober 1970, 4 Ob 78/70 Arb. 8805 = SozM VIII C 41) hatte der OGH auch auf die jeweils in Betracht kommenden kollektivvertraglichen Regelungen Bedacht zu nehmen und deren Auswirkungen auf die Bestimmungen des § 8 Abs. 3 AngG und des § 1154b ABGB zu prüfen.

Die Rechtslage, von der diese Judikatur des OGH - welche auch vom Schriftum im Ergebnis gebilligt wurde (vgl. Cerny in RdA 1969, 257 sowie Binder in ZAS 1970, 22; ferner Holzer, Dienstverhinderung aus anderen wichtigen, die Person des Dienstnehmers betreffenden Gründen, RdA 1970, 107 (116) - ausgegangen war, hat dann aber mit Wirkung vom 1. August 1971 eine wesentliche Änderung erfahren: Nach dem letzten Halbsatz des durch Art. 1 Z. 18 des Bundesgesetzes vom 15. Juli 1971 BGBl. 272 neu gefaßten Abs. 1 des § 33a WehrG sind "die Teilnehmer an Inspektionen und Instruktionen ...... den Wehrpflichtigen gleichgestellt, die den ordentlichen Präsenzdienst leisten. Daß der Gesetzgeber mit diesen Worten nicht etwa, wie der Kläger meint, nur die Anwendung der den ordentlichen Präsenzdienst betreffenden Bestimmungen des Wehrgesetzes und des Heeresdisziplinarrechtes auf den Personenkreis des § 33a WehrG anordne, sondern darüber hinaus die gesamte Rechtsstellung der Teilnehmer an Inspektionen und Instruktionen für die Zukunft anders gestalten wollte, zeigen die Materialien zur Novelle BGBl. 272/1971, wo es im Bericht des Landesverteidigungsausschusses zu Art. 1 Z. 18 der Novelle ausdrücklich heißt: "Diese Dienstleistung ist künftig ordentlicher Präsenzdienst (Erl. Bemerkungen der Regierungsvorlage, 552 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XII. GP, 2). Die Teilnehmer an Inspektionen und Instruktionen sind daher jetzt nicht mehr Wehrpflichtige der Reserve (so noch ausdrücklich die Erläuternden Bemerkungen zu Art. 1 Z. 26 WehrGNov. 1962, Erl. Bemerkungen der Regierungsvorlage, 759 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, IX. GP, 20), sondern sie leisten seit dem 1. August 1971 ordentlichen Präsenzdienst.

Dagegen kann auch nicht eingewendet werden, daß § 28 Abs. 2 WehrG idF der Novelle BGBl. 272/1971 zum ordentlichen Präsenzdienst wohl den Grundwehrdienst (§ 28 Abs. 3) und die Truppenübungen (§ 28 Abs. 4) zählt, die Inspektionen und Instruktionen nach § 33a WehrG aber hier nicht erwähnt. Dieser scheinbare Widerspruch kann aus der Entstehungsgeschichte der Novelle BGBl. 272/1971 erklärt werden:

Eine der wesentlichen Neuerungen dieses Gesetzes, mit welchem der erste Schritt zur Neuordnung des gesamten österreichischen Wehrsystems getan und eine tiefgreifende Reform des österreichischen Bundesheeres nach dem von der Bundesheer-Reformkommission ausgearbeiteten Konzept in Angriff genommen werden sollte, war - neben der Herabsetzung der Grundwehrdienstzeit von neun Monaten auf sechs Monate und der Einführung eines verlängerten Grundwehrdienstes auf Grund freiwilliger Meldung - vor allem die Einführung von Waffenübungen (zur Erhaltung des Ausbildungsstandes und zur Unterweisung in einzelnen Ausbildungsarten) und Kaderübungen (zur Heranbildung von Wehrpflichtigen zu Kommandantenfunktionen). Damit hatten aber die seit 1962 bestehenden Inspektionen und Instruktionen nach § 33a WehrG ihren eigentlichen Zweck verloren, weil ja sowohl die "Unterweisung in einzelnen Ausbildungsarten" als auch die Kontrolle der Standesevidenz und der übergebenden Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände" fortan im Rahmen der Waffenübungen durchgeführt werden sollte (vgl. dazu § 28 Abs. 4 und 12 WehrG); die Regierungsvorlage zur Novelle BGBl. 272/1971 (Erl. Bemerkungen der Regierungsvorlage, 350 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XII. GP, 12) hatte daher folgerichtig auch den gänzlichen Entfall des die Inspektionen und Instruktionen betreffenden § 33a WehrG vorgesehen. Demgegenüber vertrat aber der Landesverteidigungsausschuß des Nationalrates die Auffassung, daß trotz der Neueinführung von Truppenübungen in der Gesamtdauer von 60 Tagen die Pflicht zur Teilnahme an Inspektionen und Instruktionen für diejenigen Wehrpflichtigen, die vor dem 1. Jänner 1971 zum ordentlichen Präsenzdienst einberufen worden waren, im Ausmaß von insgesamt 16 Tagen bis zum 31. Dezember 1976 aufrecht bleiben sollte (Ausschußbericht zu Art. 1 Z. 18 der Novelle BGBl. 272/1971, Erläuternde Bemerkungen der Regierungsvorlage, 552 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XII. GP, 2); er trat deshalb entgegen der Regierungsvorlage für die Aufrechterhaltung des § 33a WehrG in geänderter Fassung ein, fügte dabei aber dem ersten Absatz dieser Bestimmung den schon erwähnten Halbsatz über die Gleichstellung der Teilnehmer an Inspektionen und Instruktionen mit denjenigen Wehrpflichtigen, die den ordentlichen Präsenzdienst leisten, ein. In dieser vom Landesverteidigungsausschuß vorgeschlagenen Fassung ist die Novelle dann auch Gesetz geworden. Daß die Inspektionen und Inspektionen nach § 33a WehrG trotzdem in § 28 Abs. 2 WehrG nicht als Form des ordentlichen Präsenzdienstes angeführt worden sind, mag seine Ursache in einer durch diese nachträgliche Abänderung der Regierungsvorlage bewirkten Störung der Systematik der gesetzlichen Regelung haben; einer solchen Ergänzung des § 28 Abs. 2 WehrG bedurfte es aber schon deshalb nicht, weil der letzte Halbsatz des § 33a Abs. 1 WehrG ohnehin ausdrücklich die "Gleichstellung" der Inspektionen und Instruktionen mit dem ordentlichen Präsenzdienst ausspricht. Nach dem klaren Wortlaut dieser Anordnung des Gesetzes im Zusammenhang mit der dem Ausschußbericht zu entnehmenden Absicht des Gesetzgebers kann daher auch ohne ausdrückliche Bezugnahme in § 28 Abs. 2 WehrG kein Zweifel darüber bestehen, daß die Teilnahme an Inspektionen und Instruktionen im Sinne des § 33a WehrG seit dem 1. August 1971 ordentlicher Präsenzdienst mit allen sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen ist.

Für die hier vertretene Auffassung spricht auch noch eine andere Erwägung: Dem Antrag des Landesverteidigungsausschusses folgend, hat der Gesetzgeber der Novelle BGBl. 272/1971 in die neue Fassung des § 33a WehrG eine dem bisherigen Abs. 7 entsprechende Bestimmung nicht mehr aufgenommen, sondern die Neuregelung der den Teilnehmern an Inspektionen und Instruktionen zustehenden Entschädigungsansprüche in das Meeresgebührengesetz BGBl. 152/1956 aufgenommen. Nicht nur diese Übertragung der Entschädigungsbestimmungen in ein nach seinem Titel "die Bezüge und sonstigen Ansprüche der Wehrpflichtigen während der Dauer des Präsenzdienstes" behandelndes, nach seinem § 1 Abs. 1 und 2 nur für (ordentliche oder außerordentliche) Präsenzdiener geltendes Gesetz, sondern noch mehr der Umstand, daß der zu diesem Zweck durch die Novelle BGBl. 272/1971 neugeschaffene § 27 HGebG ("Entschädigung bei Übungen") die Entschädigungsansprüche der Teilnehmer an Inspektionen und Instruktionen gemeinsam mit den Ansprüchen derjenigen Wehrpflichtigen regelt, die Truppenübungen, Kaderübungen oder außerordentliche Übungen - also unstreitig ordentlichen (Truppenübungen) oder außerordentlichen (Kaderübungen und außerordentliche Übungen) Präsenzdienst im Sinne des § 28 WehrG - absolvieren, ist ein weiterer deutlicher Hinweis auf die durch die Novelle 1971 vom Gesetzgeber bewußt herbeigeführte Änderung des rechtlichen Status der unter § 33a WehrG fallenden Wehrpflichtigen.

Ist demnach aber die Teilnahme an Inspektionen und Instruktionen seit dem 1. August 1971 ebenso ordentlicher Präsenzdienst wie der Grundwehrdienst und die Truppenübungen nach § 28 Abs. 2 bis 4 WehrG, dann müssen mangels einer gegenteiligen, aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Regelung zu entnehmenden Absicht des Gesetzgebers alle für den ordentlichen Präsenzdienst und die daran teilnehmenden Wehrpflichtigen geltenden Vorschriften künftig auch für die Inspektionen und Instruktionen im Sinne des § 33a WehrG gelten, gleichgültig, ob es sich dabei um wehrrechtliche (Wehrgesetz, Heeresgebührengesetz, Heeresdisziplinargesetz) oder sozialrechtliche Bestimmungen handelt. Das gilt insbesondere für die hier entscheidende Frage der Anwendung des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes BGBl. 154/1956 idF des Bundesgesetzes BGBl. 92/1959: Da dem Gesetz kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen ist, daß die in § 33a Abs. 1 WehrG angeordnete Gleichstellung der Inspektionen und Instruktionen mit dem ordentlichen Präsenzdienst nur wehrrechtliche Bedeutung haben, darüber hinaus aber der Personenkreis des § 33a WehrG weiterhin den Status von Wehrpflichtigen der Reserve behalten sollte, sind auch die Bestimmungen des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes seit dem 1. August auf die Teilnehmer an Inspektionen und Instruktionen in gleicher Weise anzuwenden wie auf alle anderen ordentlichen Präsenzdiener. Dabei kam auch aus dem Umstand, daß § 1 Abs. 1 des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes nach dem Wort "Präsenzdienst" in Klammern nur die "§§ 28 und 52 des WehrG, BGBl. 181/1955" anführt, ohne auch § 33a dieses Gesetzes zu erwähnen, nicht etwa abgeleitet werden, daß die Bestimmungen des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes nur für die in §§ 28 und 52 WehrG geregelten Formen des (ordentlichen oder außerordentlichen) Präsenzdienstes, nicht aber auch für Inspektionen und Instruktionen nach § 33a WehrG zu gelten hätten: Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes (28. Juli 1956) hatte das Wehrgesetz in seiner damals geltenden ursprünglichen Fassung (BGBl. 181/1955) tatsächlich nur den - ordentlichen oder außerordentlichen - Präsenzdienst nach §§ 28 und 52 gekannt; die ausdrückliche Anführung dieser beiden Bestimmungen in § 1 Abs. 1 des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes konnte nur ein erläuternder Hinweis sein, ohne daß man daraus auf die Absicht des Gesetzgebers schließen könnte, den Begriff des "Präsenzdienstes" im Sinne des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes für alle Zukunft auf die in den zitierten Bestimmungen geregelten Fälle einzuschränken. Mangels einer erkennbaren gegenteiligen Absicht des Gesetzes muß daher davon ausgegangen werden, daß später neu geschaffene Formen des Präsenzdienstes - und damit insbesondere die zwar schon durch die Wehrgesetznovelle 1962 eingeführten, aber erst durch die Novelle BGBl. 272/1971 zum ordentlichen Präsenzdienst erklärten Inspektionen und Instruktionen - auch dann in den Geltungsbereich des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes fallen mußten, wenn sie nicht gerade in § 28 oder § 52 WehrG, sondern in einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes - hier § 33a - geregelt wurden.

Entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung sind demnach die arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes auch ohne Erweiterung des in § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes enthaltenen Klammerzitates seit dem 1. August 1971 auch auf die zu einer Inspektion oder Instruktion nach § 33a WehrG einberufenen Wehrpflichtigen anzuwenden. Damit gilt jetzt aber auch für diesen Personenkreis die Anordnung des § 3 des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes, wonach privatrechtliche Dienstverhältnisse der zum Präsenzdienst einberufenen Wehrpflichtigen zwar durch die Einberufung in ihrem Bestand unberührt bleiben, während der Zeit des Präsenzdienstes aber sowohl die Verpflichtung des Dienstnehmers zur Leistung der Dienste als auch die Verpflichtung des Dienstgebers zur Entrichtung jedweder hiefür aus dem Dienstverhältnis gebührenden Leistungen - insbesondere also auch seine Pflicht zur Zahlung des vereinbarten Arbeitsentgelts - ruhen.

Geht man aber von dieser Rechtsauffassung aus, dann ist jetzt auch für Teilnehmer an Inspektionen oder Instruktionen nach § 33a WehrG jeder Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts oder Lohnes durch den Dienstgeber ausgeschlossen, selbst wenn ein solcher Anspruch ansonsten auf Grund besonderer gesetzlicher (insbesondere § 1154b ABGB § 8 Abs. 3 AngG) Regelung an sich gegeben wäre; ebenso wie diejenigen Wehrpflichtigen, die Truppenübungen, Kaderübungen oder außerordentliche Übungen leisten, ist vielmehr auch der zu einer Inspektion oder Instruktion einberufene Wehrpflichtige ausschließlich auf den Entschädigungsanspruch nach § 27 HGebG idF der Novelle BGBl. 272/1971 verwiesen. Die gegenteilige, von Martinek - Schwarz, Angestelltengesetz[2], 162 ohne jede Begründung vertretene Ansicht kann aus den angeführten Erwägungen nicht geteilt werden.

Die hier vertretene Auffassung führt auch zu einem durchaus sachgerechten Ergebnis, wäre es doch nicht einzusehen, warum etwa der wiederholt zu Truppenübungen einberufene Wehrpflichtige für die Zeit seiner dadurch erzwungenen Dienstverhinderungen - welche gemäß § 28 Abs. 4 WehrG innerhalb von 13 Jahren immerhin eine Gesamtdauer von 60 Tagen erreichen können - nur die in § 27 HGebG vorgesehenen Entschädigungsbeträge zu bekommen hätte und damit unter Umständen auch einen Verdienstausfall in Kauf nehmen müßte, während der nur wenige Tage an einer Inspektion oder Instruktion teilnehmende Angestellte neben den - ohnehin an der Höhe des Durchschnittseinkommens orientierten (Erl. Bemerkungen der Regierungsvorlage, 350 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XII. GP, 16) - Pauschalsätzen des § 27 Abs. 2 HGebG auch noch gemäß § 8 Abs. 3 AngG Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts durch seinen Dienstgeber hätte. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang übrigens mit Recht darauf hingewiesen, daß in diesem Fall das Arbeitsentgelt sogar frei von Abzügen für die gesetzliche Sozialversicherung ausgezahlt werden müßte, weil ja schon seit dem Jahre 1969 die Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. 153/1956 auch für Teilnehmer an Inspektionen und Instruktionen gelten (Art. IV a dieses Gesetzes idF des Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. 23/1969), danach aber während der Dauer der Dienstleistung weder Kranken- noch Pensionsversicherungsbeiträge zu leisten sind.

Ist aber der Anspruch des zu einer Inspektion oder Instruktion einberufenen Angestellten auf Fortzahlung des Gehaltes nach § 8 Abs. 3 AngG schon durch die positive Regelung des § 1 Abs. 1 im Zusammenhang mit § 3 des Arbeitsplatzsicherungsgesetzes ausgeschlossen, dann braucht auf das Problem einer allfälligen materiellen Derogation des § 8 Abs. 3 AngG durch § 27 HGebG i. d. F. der Novelle BGBl. 272/1971 ebensowenig eingegangen zu werden, wie auf die Frage einer allfälligen Anrechnung der vom Staat gezahlten Entschädigung auf das vom Dienstgeber fortzuzahlende Entgelt. Mangels Anwendbarkeit des § 8 Abs. 3 AngG oder des § 1154b ABGB ist weiters auch nicht zu prüfen, ob die Einberufung zu einer Inspektion oder Instruktion für die Dauer von mehr als einer Woche noch als eine "verhältnismäßig kurze" Dienstverhinderung angesehen werden könnte oder nicht.

Diese Erwägungen führen zur Verneinung des vom Kläger erhobenen Zahlungsbegehrens und damit auch zur Abweisung seines im Berufungsverfahren gestellten Zwischenfeststellungsantrages. Das Urteil des Berufungsgerichtes war daher in diesem Sinne abzuändern.

Anmerkung

Z47006

Schlagworte

Entschädigungsanspruch des Wehrpflichtigen bei Einberufung zu einer, Inspektion und Instruktion nach § 27 HGebG, Inspektion, Entschädigungsanspruch des Wehrpflichtigen nach § 27 HGebG, Instruktion, Entschädigungsanspruch des Wehrpflichtigen nach § 27 HGebG, Wehrpflichtige, Entschädigungsanspruch nach § 27 HGebG bei Einberufung, zu einer Inspektion und Instruktion

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1974:0040OB00106.73.0129.000

Dokumentnummer

JJT_19740129_OGH0002_0040OB00106_7300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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