TE OGH 1974/4/24 3Ob70/74

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Veröffentlicht am 24.04.1974
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Norm

EO §200 Z3
EO §205
EO §207
EO §208

Kopf

SZ 47/52

Spruch

Wird bei einer Mehrheit von betreibenden Gläubigern das Versteigerungsverfahren hinsichtlich eines Gläubigers eingestellt, beginnt die Frist des § 208 Abs. 1 EO mit der Rechtskraft des diesen einzelnen Gläubiger betreffenden Einstellungsbeschlusses. Das Unterbleiben der im § 205 Abs. 1 EO zwingend vorgeschriebenen Verständigung der betreibenden Partei von den ihr nach § 208 Abs. 1 EO zustehenden Befugnissen hemmt nicht den Beginn der Frist des § 207 Abs. 1 EO

OGH 24. April 1974, 3 Ob 70/74 (LG Innsbruck 2 R 874/73; BG Steinach E 19/72)

Text

Auf Grund des Versäumungsurteiles des Landesgerichtes 1 wurde der betreibenden Gläubigerin mit Beschluß des Erstgerichtes vom 31. Jänner 1973, E 1/73-2, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 169.415.19 S samt Anhang die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 243 II KG P bewilligt. Die betreibende Gläubigerin trat dem zugunsten der Firma T zu E 19/72 eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren bei. Am 30. Mai 1973 wurde die Zwangsversteigerung E 19/72 gemäß § 200 Z 3 EO eingestellt und der Republik Österreich zu E 7/73 der Beitritt bewilligt. Mit Beschluß vom 7. Juni 1973 stellte das Erstgericht die der betreibenden Gläubigerin bewilligte Zwangsversteigerung nach § 200 Z. 3 EO ein. Gleichzeitig veranlaßte es die sofortige Löschung der zugunsten der betreibenden Gläubigerin eingetragenen Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens. Dieser Einstellungsbeschluß wurde der betreibenden Gläubigerin am 15. Juni 1973 zugestellt. Die im § 205 Abs. 1 EO vorgeschriebene Verständigung der betreibenden Gläubigerin von den ihr nach § 208 EO zu, stehenden Befugnissen unterblieb. Mit Beschluß vom 28. September 1973 wurde das Versteigerungsverfahren auch hinsichtlich der Beitrittgläubigerin Republik Österreich eingestellt. Hievon wurde auch die betreibende Gläubigerin benachrichtigt, und zwar am 5. Oktober 1973. Am 23 Oktober 1973 beantragte die betreibende Gläubigerin, ihr zugunsten der Teilforderung von 69.415.19 S samt Anhang die Einverleibung des Pfandrechtes im Range der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens zu bewilligen und diese Anmerkung zu löschen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, da die in den §§ 208 Abs. 1 und 207 Abs. 1 EO angegebene Frist von 14 Tagen nach Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses vom 7. Juni 1973 bereits verstrichen sei.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der betreibenden Gläubigerin die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Einverleibung des Pfandrechtes auf der Liegenschaft EZ 243 II KGP im laufenden Rang bewilligt werde. Es lehnte die "verschiedentlich" vertretene Auffassung, daß die Frist des § 208 Abs. 1 EO erst nach rechtskräftiger Einstellung des Versteigerungsverfahrens hinsichtlich aller betreibender Gläubiger beginne, unter Hinweis auf Neumann - Lichtblau[4], 1428, ab und vertrat außerdem die Ansicht, daß die Bestimmung des § 208 EO nach Löschung der Anmerkung des Versteigerungsverfahrens unanwendbar sei. Die Einverleibung des Zwangspfandrechtes sei jedoch im laufenden Rang zu bewilligen, weil sie gegenüber dem Begehren der betreibenden Gläubigerin lediglich ein Minus darstelle.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 208 Abs. 1 EO kann der betreibende Gläubiger innerhalb der im § 207 Abs. 1 EO angegebenen Frist von 14 Tagen nach rechtskräftiger Einstellung des Versteigerungsverfahrens den Antrag auf Einverleibung eines vollstreckbaren Pfandrechtes für seine Forderung in der Rangordnung der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens stellen. Wegen dieser Befugnis des betreibenden Gläubigers ist die Löschung aller auf das Versteigerungsverfahren sich beziehenden bücherlichen Anmerkungen erst nach Ablauf dieser Frist zu veranlassen (§ 207 Abs. 1 EO). Der Revisionsrekurs vertritt unter Berufung auf eine Fragebeantwortung des Justizministeriums zu § 207 EO und auf einen Teil der Lehre (Pollak, System des Österreichischen Zivilprozeßrechtes;, 936; Petschek - Hämmerle - Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht, 147) die Auffassung, daß bei einer Mehrheit von betreibenden Gläubigern die Frist des § 207 Abs. 1 EO erst nach rechtskräftiger Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens gegen alle betreibenden Gläubiger beginne. Petschek - Hämmerle - Ludwig leiten diesen Rechtssatz aus dem Gegensatz des § 207 Abs. 2 zu § 207 Abs. 1 EO ab. Nach der erstgenannten Bestimmung sind bei einer bloß teilweisen Einstellung des Versteigerungsverfahrens nur diejenigen bücherlichen Anmerkungen zu löschen, welche zugunsten des aus dem Versteigerungsverfahren ausscheidenden Gläubigers eingetragen sind. Auch in diesem Falle ist die Wartefrist des § 207 Abs. 1 EO einzuhalten, nur beginnt sie bereits mit der Rechtskraft des gegen den ausscheidenden Gläubiger ergangenen Einstellungsbeschlusses. Gerade aus der Vorschrift des § 207 Abs. 2 EO ergibt sich, daß die vierzehntägige Frist des § 208 Abs. 1 EO mit der Rechtskraft des den einzelnen Gläubiger betreffenden Einstellungsbeschlusses zu laufen beginnt, da andernfalls die Einverleibung des Pfandrechts vom ausgeschiedenen betreibenden Gläubiger zu einem Zeitpunkt beantragt werden könnte, zu dem die diesen Gläubiger betreffende Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens schon längst gelöscht ist. Die Unrichtigkeit der von einem Teil der Lehre vertretenen Auffassung ergibt sich auch aus dem vom Gesetzgeber mit der kurzen Befristung des Antrages nach § 208 Abs. 1 EO verfolgten Zweck, Klarheit darüber zu schaffen, ob noch mit der Einverleibung eines Pfandrechtes in einem früheren Range gerechnet werden muß, so daß der Eigentümer nicht an der Veräußerung oder Belastung der Liegenschaft gehindert wird (Materialien zu den österr. Zivilprozeßgesetzen, II, 47). Könnte ein ausgeschiedener Gläubiger noch nach rechtskräftiger Einstellung des Versteigerungsverfahrens gegen alle Gläubiger die Einverleibung eines Pfandrechtes im Range seines Befriedigungsrechtes verlangen, würde gerade das eintreten, was das Gesetz vermeiden will (Heller - Berger - Stix EO[4], 1428). Der OGH billigt daher die Ansicht der Vorinstanzen, daß die Frist zur Antragstellung nach § 208 Abs. 1 EO für die Revisionsrekurswerberin bereits mit der Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses vom 7. Juni 1973 begann, im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages daher bereits abgelaufen war. Das unterbleiben der im § 205 Abs. 1 EO zwingend vorgeschriebenen Verständigung der betreibenden Gläubigerin von den ihr nach § 208 Abs. 1 EO zustehenden Befugnissen hemmt nicht den Beginn der Frist des § 207 Abs. 1 EO, da das Gesetz eine solche Sanktion nicht enthält.

Anmerkung

Z47052

Schlagworte

Einstellungsbeschluß, Beginn der Frist des § 208 Abs. 1 EO bei einer Mehrheit von betreibenden Gläubigern Frist keine Hemmung des Beginnes der - des § 207 Abs. 1 EO bei Unterbleiben der in § 205 Abs. 1 EO zwingend vorgeschriebenen Verständigung Verständigung, Unterbleiben der im § 205 Abs. 1 EO zwingend vorgeschriebenen - Versteigerungsverfahren, Beginn der Frist des § 208 Abs. 1 EO bei einer Mehrheit von betreibenden Gläubigern

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1974:0030OB00070.74.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19740424_OGH0002_0030OB00070_7400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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