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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des JW in S, vertreten durch Dr. Longin Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 3. Dezember 2004, Zl. KUVS-285-289/5/2004, betreffend Übertretungen des KFG 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in den Spruchpunkten 2., 3. und 4. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Dezember 2004 wurde der Beschwerdeführer u.a. für schuldig befunden, er habe am 31. Jänner 2003 um 01.30 Uhr an einem näher umschriebenen Ort anlässlich einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle "bzw. der Einsichtnahme in die Schaublätter des EG-Kontrollgerätes bzw. der Aufforderung zur Aushändigung der Schaublätter der laufenden Woche" als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Sattelkraftfahrzeuges mit Sattelanhänger dem zuständigen Kontrollbeamten auf dessen Verlangen die Schaublätter für den 28., 29. und 30. Jänner 2003 (Spruchpunkte 2., 3. und 4.) nicht vorgelegt und dadurch jeweils eine Verwaltungsübertretung nach Art. 15 Abs. 7 der "EG-VO 3821/85" begangen; gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurden drei Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 134 Abs. 1 erster Satz KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 2.180,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer (unter anderem) der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S. 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S. 12, zuwiderhandelt.
Nach Art. 15 Abs. 7 der genannten Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 muss der Fahrer den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit das Schaublatt für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können.
Der Beschwerdeführer bringt vor dem Verwaltungsgerichtshof ebenso wie im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren vor, er sei in den letzten 14 Tagen vor der Verkehrskontrolle nicht gefahren.
Zutreffender Weise hat zwar die belangte Behörde - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - die Vorschrift des Art. 15 Abs. 7 der genannten Verordnung auf den Beschwerdeführer ("Transportunternehmer") grundsätzlich für anwendbar erachtet. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2000, Zl. 99/02/0056, dargelegt, dass eine Einschränkung des Anwendungsbereiches dieser Verordnung auf Berufskraftfahrer der Norm nicht entnommen werden kann.
Die belangte Behörde hat jedoch zu Unrecht eine Verpflichtung des Beschwerdeführers, Schaublätter für die laufende Woche vorzulegen, angenommen: Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. Dezember 1991 in der Rechtssache C-158/90, Sammlung der Rechtsprechung 1991, Seite I-06035, zur Regelung des Art. 15 Abs. 7 der Verordnung Nr. 3821/85 wie folgt ausgeführt (Randnummer 13):
"Aus dem Zusammenhang der fraglichen Bestimmung und dem Zweck der Regelung, zu der sie gehört, ergibt sich somit als Voraussetzung einer wirksamen Kontrolle, dass der Fahrer ein Schaublatt für den letzten Lenktag der letzten Woche vor der Kontrolle, an dem er gefahren ist, vorlegt, um insbesondere eine Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen wöchentlichen Ruhezeiten zu ermöglichen. Ist der Fahrer während einer Woche vor der Woche, in der die Kontrolle stattfand, oder am letzten Kalender- oder am letzten Werktag der letzten Woche, in der er gefahren ist, nicht gefahren, so ist es nach dem Zweck der Regelung nicht erforderlich, dass er ein Schaublatt für diese Zeiträume vorlegt."
Im Hinblick auf diese Rechtsprechung kann daher die offenbare Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei zur Vorlage eines entsprechenden Schaublattes auch dann verpflichtet, wenn er im entsprechenden Zeitraum nicht gefahren sei, nicht geteilt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2004, Zl. 2003/02/0269, welches auch für den vorliegenden Beschwerdefall, betreffend die Schaublätter für die "laufende Woche", anwendbar ist), sodass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist.
Feststellungen dahin, dass der Beschwerdeführer entgegen seinen Angaben im fraglichen Zeitraum doch mit einem entsprechenden Kraftfahrzeug gefahren wäre, hat die belangte Behörde nicht getroffen:
Die belangte Behörde verweist zwar in diesem Zusammenhang - ohne hiefür eine Rechtsgrundlage anzuführen (sie dürfte damit auf den Erlass des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 21. Dezember 1995, Zl. 179.733/33/-I/7/95, betreffend "Kontrolle der Bestimmungen der EG-Verordnungen 3820/85 und 3821/85 gemäß Richtlinie 88/599/EWG; Berichtspflichten" Bezug genommen haben, bei dem es sich allerdings um eine bloße, für den Verwaltungsgerichtshof nicht verbindliche Verwaltungsverordnung handelt, vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2004, Zl. 2003/02/0269) - darauf, dass dann, wenn ein Schaublatt nicht vorgelegt werden könne, eine entsprechende Bestätigung des Güterbeförderungsunternehmers erforderlich sei, aus welcher ersichtlich sei, auf Grund welcher Umstände vom Lenker keine Schaublätter mitgeführt hätten werden können; sie hat jedoch aus dem "Nichtvorhandensein" einer solchen Bestätigung nicht etwa den Schluss gezogen, dass der Beschwerdeführer im in Rede stehenden Zeitraum gefahren sei (sodass dahingestellt bleiben kann, was bei Vorhandensein einer solchen Bestätigung daraus für dieses Beweisthema zu gewinnen gewesen wäre).
Eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt sich im Übrigen daraus, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen drei Verwaltungsübertretungen ein fortgesetztes Delikt bilden und daher nicht für jeden Tag gesondert eine Strafe zu verhängen gewesen wäre (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 28. März 2003, Zl. 2002/02/0140).
Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 15. April 2005
Gerichtsentscheidung
EuGH 61990J0158 Nijs und Transport Vanschoonbeek-Matterne VORABSchlagworte
Besondere RechtsgebieteGemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005020015.X00Im RIS seit
10.05.2005Zuletzt aktualisiert am
15.11.2011