Norm
ABGB §383Kopf
SZ 47/88
Spruch
Wenn das Fischereirecht vom Eigentum abgesondert in Erscheinung tritt, ist es ein selbständiges dingliches Recht; soweit es sich nicht um öffentliches Wassergut handelt, kann dieses Recht grundsätzlich auch durch Ersitzung erworben werden
Verlängert sich der Lauf eines Baches, welcher zuvor an einer bestimmten Stelle versickert war, später bis zu seiner Einmundung in ein anderes Gewässer, dann tritt dadurch keine automatische Ausweitung eines am bisherigen Wasserlauf bestehenden Fischereirechtes ein
OGH 11. Juli 1974, 6 Ob 119/74 (KG Ried im Innkreis R 12/74; BG Mattighofen C 327/71)
Text
Die Kläger sind Inhaber verschiedener Fischereirechte, die im Fischereikataster der Bezirkshauptmannschaft B (OÖ) unter Revier M Revierblattzahl 31, in den für diesen Rechtsstreit interessanten Teilen wie folgt eingetragen sind: "H- und U-Bach (2 km) Begrenzung:
..... f), H- und U-Bach (2 km lang), derselbe endet in der Nähe des Müllers in S 67". Die Kläger beantragten im Jahre 1967 bei der Bezirkshauptmannschaft B die Beschreibung und Begrenzung des Fischwassers zu berichtigen, damit die Eintragung im Fischereikataster mit dem tatsachlichen Umfang der Fischereirechte übereinstimme Sie behaupteten, daß ihr Fischereirecht im H-Bach sich auf diesen samt seinen Nebengerinnen von der Quelle bis zur Einmundung in den K-Bach auf dem Grundstück 352 in St. samt den Zulaufen zu den Teichen auf den Grundstücken 263/1 und 257/9, Länge zirka 4 km, erstrecke. Mit Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Juli i971 wurde dem Antrag der Kläger hinsichtlich des behaupteten Fischereirechtes im H-Bach nicht Folge gegeben, da die Fischereibehörde, wie sich aus § 2 OÖ. FischereiG ergebe, nur über unstrittige Rechte entscheiden konne, hinsichtlich des Fischereirechtes im H-Bach u. a. aber auch die jetzige beklagte Gemeinde S Ansprüche erhoben habe.
Die Kläger begehren gegenüber der beklagten Gemeinde die Feststellung, daß ihnen in der ihr gehörigen, am H-Bach gelegenen und von diesem durchströmten Schottergrube das Fischereirecht zustehe Die Kläger begrundeten ihren Anspruch damit, ihre Rechtsvorgänger und sie hätten seit vielen Jahrzehnten sicherlich unbeanstandet das Fischereirecht im H-Bach von der quelle bis zur Einmundung in den K-Bach ausgeübt bzw. durch dritte Personen als Pächter ausüben lassen. Die beklagte Partei wendete ein den H-Bach sei bis 1967 in der Schottergrube versichert, es habe dort nicht gefischt werden können. Erst 1967 hätten sich die Verhältnisse geändert den Klägern sei jedoch kein Fischereirecht in der Schottergrube eingeräumt worden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte im wesentlichen fest: Der H-Bach entspringe auf dem Grundstück 1172/2 KG W und fließe zunächst 4 km durch Gebiet der österreichischen Bundesforste, das er im Bereich des sogenannten R-Stadels verlasse; er fließe dann durch verschiedene Wiesen und einen Pflanzgarten der Bundesforste in eine im Eigentum der beklagten Partei stehende Schottergrube. Der H-Bach sei ursprünglich nur ein Rinnsal mit kleinen Tümpeln gewesen, doch hätten ihm die Bundesforste auf ihrem Gebiet um 1930 ein Bett gegraben. Er sei vor der gemeindeeigenen Schottergrube unter Bildung kleiner Tümpel versickert. Beim Hochwasser des Jahres 1954 sei die zwischen diesen Tümpeln und der Schottergrube führende Straße durch Wassermassen durchbrochen worden. Bei Wiederherstellung der Straße seien Rohre eingebaut worden, um bei einem eventuellen neuerlichen Hochwasser den Abfluß des Wassers des H-Baches zu ermöglichen. Beim Hochwasser 1957 sei die Straße jedoch neuerlich weggeschwemmt worden. Bis zum Jahre 1967 habe sich dann die Schottergrube mit dem Wasser des H-Baches gefüllt, so daß die Schottergewinnung eingestellt habe werden müssen. Das Wasser sei dann über die Schottergrube hinausgetreten und habe zeitweise eine in der Nähe vorbeiführende Straße überschwemmt. Im Jahre 1967 sei daher von der Schottergrube bis zum K-Bach ein schmaler Graben gezogen worden, so daß nunmehr der H-Bach in den K-Bach munde. Wenn durch Hochwasser Fische in die Tümpel bzw. später in die Schottergrube geschwemmt worden seien, hätten sie stets die Kläger bzw. deren Pächter herausgefischt. Der Großvater und der Vater der Kläger sowie diese selbst hätten das Fischereirecht im H-Bach bis zur Schottergrube stets unbeanstandet und im Bewußtsein, daß ihnen dieses Recht zustehe, in Anspruch genommen. Dritte, die fischen wollten, seien daran gehindert bzw. vertrieben worden.
Rechtlich führte das Erstgericht aus: Gemäß § 5 des Landesfischereigesetzes für Oberösterreich stehe bei Entstehen eines neuen Wasserlaufes durch die Eröffnung eines Durchstiches das Fischereirecht im Durchstich demjenigen zu, welcher im Altbach fischereiberechtigt gewesen sei. Analog dieser Bestimmung müsse auch den Klägern das Fischereirecht in der Schottergrube der beklagten Partei eingeräumt werden. Es liege hier zwar kein Durchstich nach dem Wortlaut des Gesetzes vor, da sich das Wasser des H-Baches selbst den Weg in die Schottergrube gebahnt habe; der Sinn der erwähnten Bestimmung bestehe aber offenbar darin, daß bei einer natürlichen oder künstlichen Veränderung des Laufes eines Baches bzw. eines Fischwassers das Fischereirecht nicht berührt werde.
Das Berufungsgericht änderte unter Übernahme der Feststellungen des Erstgerichtes das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es unter dem Ausspruch, der von der Abänderung des Urteiles betroffene Wert des Streitgegenstandes übersteige 1000 S, das Klagebegehren abwies. Aus dem Klagevorbringen ergebe sich, daß die
Kläger ihren Anspruch auf Ersitzung stützten. Die Kläger hätten frühestens ab dem Jahre 1954 in der Schottergrube gefischt, da der H-Bach zuvor noch vor Erreichen der Schottergrube versickert sei. Die gemäß § 1472 ABGB erforderliche 40jährige Ersitzungszeit könne noch nicht abgelaufen sein. Auf § 5 oö. FischereiG hätten sich die Kläger nicht berufen. Bei einem darauf gestützten Anspruch wäre auch der Rechtsweg unzulässig, da das Gesetz zur Entscheidung hierüber ausdrücklich die Verwaltungsbehörde berufen habe. Um einen künstlichen Durchstich handle es sich allerdings, da nach 1954 unter der Straße Rohre verlegt worden seien, die sicher dazu beigetragen hätten, daß sich die Schottergrube schließlich mit Wasser gefüllt habe. Aus einer Reihe von anderen Landesfischereigesetzen sei auch ersichtlich, daß der Gesetzgeber einen künstlichen Durchstich mit einem natürlichen Durchbruch des Wassers gleichsetzen habe wollen; wenn das verhältnismäßig alte oö. FischereiG nur von einem Durchstich spreche, könne darunter zweifellos auch ein natürlicher Durchbruch verstanden werden, weil die aus jüngster Zeit stammenden Gesetze durch eine deutlichere Formulierung eventuell bestehende Zweifel in dieser Hinsicht beseitigt hätten. Da mit dem Durchbruch des Wassers in die Schottergrube und der Ableitung von dort in den K-Bach ein neuer Wasserlauf entstanden sei, werde sich die Verwaltungsbehörde mit der Frage zu befassen haben, wem das Fischereirecht in diesem Gewässer zustehe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Rechtsstreit geht um ein Fischereirecht, dessen Besitz und Erwerb nach § 2 oö. FischereiG vom 2. Mai 1895 LGBl. 32/1896 i. d. F. des Gesetzes vom 24. Mai 1921, LGBl. 125, den allgemeinen Vorschriften über den Besitz und Erwerb von Privatrechten unterliegt; es ist hienach auch im Streitfalle - unbeschadet der den Verwaltungsbehörden vorbehaltenen Zuweisung von Fischwässern und Gestattung der Zerlegung von Fischereirechten auf Grund und im Sinne der §§ 4, 5 und 7 des Gesetzes - der Richter zur Entscheidung berufen (vgl. auch EvBl. 1973/2). Das Fischereirecht ist dort, wo es vom Eigentum abgesondert in Erscheinung tritt, ein selbständiges dingliches Recht (EvBl. 1974/69; JBl. 1970, 320 u. a.; Klang[2] II, 251). Nach § 4 Abs. 2 Z. 2 oö. FischereiG steht dieses Recht allerdings in natürlichen Gewässern grundsätzlich der Gemeinde zu, in deren Gebiet sich das Gewässer befindet. Derjenige, der ein eigenes, davon abweichendes dingliches Fischereirecht behauptet, muß es also im Streitfalle beweisen (EvBl. 1973/2). Dies kann er nur durch den Beweis des Erwerbes dieses Rechtes vor Inkrafttreten des oö. FischereiG (vgl. § 9 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Regelung der Fischerei in den Binnengewässern, RGBl. 58/1885) oder durch den Beweis tun, daß er das Fischereirecht ersessen habe. Die Ersitzung eines Fischereirechtes ist, soweit es sich nicht um öffentliches Wassergut handelt (§ 4 Abs. 5 WRG), grundsätzlich möglich (Klang VI, 574. Gschnitzer, Sachenrecht, 105); die Ersitzungszeit beträgt Gemeinden gegenüber 40 Jahre (§ 1472 ABGB. JBl. 1969, 91).
Zur Ersitzung wird der wirkliche, rechtmäßige, redliche und echte Besitz des Rechtes durch die ganze von dem Gesetz bestimmte Zeit erfordert (§ 1460 ABGB). Nach den Feststellungen der Untergerichte versickerte der H-Bach jedoch zumindest bis zum Jahre 1954, möglicherweise aber auch noch einige Zeit darüber hinaus, vor der im Eigentum der beklagten Gemeinde stehenden Schottergrube, floß also weder in noch durch diese ein Fischereirecht konnte von den Klägern aber nur insoweit ausgeübt werden und damit allenfalls durch Zeitablauf ersessen worden sein, als überhaupt ein Gewässer vorhanden war; solange sein Lauf vor der Schottergrube endete, konnte auch das Fischereirecht nicht darüber hinausreichen. Die Ausübung eines Fischereirechtes in der Schottergrube, die nach den Feststellungen zudem auch in jüngerer Zeit nur dann erfolgte, wenn Hochwasser Fische in die Schottergrube geschwemmt hatte und daher wohl schon nach § 6 ReichsfischereiG als sogenanntes Fischfolgerecht (vgl. dazu Gschnitzer, Sachenrecht, 74. Ehrenzweig[2] I/2, 172) zustand, kann demnach niemals durch die vom Gesetz geforderten 40 Jahre erfolgt sein.
Damit ist den Klägern aber der ihnen obliegende Beweis, daß ihnen auch ein Fischereirecht in der Schottergrube der beklagten Partei zusteht, nicht gelungen. Die Kläger haben allerdings bestritten, daß sie ihr Klagebegehren nur auf Ersitzung stützten; sie können aber auch in der Revision nicht darlegen, welcher Rechtsgrund von ihnen sonst geltend gemacht wurde oder auch nur geltend gemacht hätte werden können. Das Berufungsgericht legte im übrigen richtig dar, daß die Kläger in erster Instanz nichts vorgebracht hatten, was als Ableitung ihres Anspruches aus anderen gesetzlichen Bestimmungen als denen über die Ersitzung verstanden werden könnte. Wenn die Revision aber darauf verweist, die Kläger und ihre Vorgänger hätten das Fischereirecht im H-Bach ohnehin schon seit 70 Jahren bis zur Einmundung in den K-Bach ausgeübt, geht sie nicht von den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen der Untergerichte aus, wonach der H-Bach zumindest bis 1954 bereits vor der Schottergrube und damit auch vor Einmundung in den K-Bach versiegte. Der weitere Hinweis der Revision auf den angeblichen Wortlaut der Eintragung in den Fischereikataster ist nicht nur privatrechtlich bedeutungslos und durch Feststellungen der Untergerichte nicht gedeckt, sondern auch, wie sich aus den beiliegenden Akten der Verwaltungsbehörden ergibt, aktenwidrig (siehe Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft B vom 10. Mai 1968).
Die Kläger wollen schließlich ihr Fischereirecht in der Schottergrube damit begrunden, daß jeder Naturbach im Laufe der Jahre sein Bachbett verändere; den Fischereiberechtigten im Hauptgewasser stehe sicherlich auch das Fischereirecht im neuen Bachverlauf und in allfälligen neuen Ausbuchtungen zu; den Klägern müsse das Fischereirecht auch in dem durch Hochwasser geschaffenen neuen Teil des Baches zustehen. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht darum, daß der H-Bach seinen Lauf veränderte; er verlängerte ihn vielmehr, indem er nicht mehr vor der Schottergrube versickerte, sondern sodann diese durchfloß und auffüllte, bis er künstlich in den K-Bach abgeleitet werden mußte. Es ist dadurch ein neuer Wasserlauf entstanden. Es ist nun aber keineswegs so, daß der Fisch und mit ihm das Fischereirecht, wie es Kaan - Leopold, Steiermärkisches Fischereigesetz 1964, 12 Anm. 24, allerdings in anderem Zusammenhang, ausdrücken, unter allen Umständen der Wasserwelle folgen müssen. Nach § 1 Abs. 3 ReichsfischereiG haben vielmehr die Landesgesetzgeber zu beurteilen, wem das Recht der Fischerei in neu entstehenden Wasseransammlungen oder Wasserläufen gebührt. § 4 Abs. 3 oö. FischereiG räumt nun aber dieses Recht, von der Annahme des § 5 abgesehen, ebenfalls der Gemeinde ein. Die Ausnahme des § 5 betrifft die von den Untergerichten bereits erwähnten (künstlichen) Durchstiche, aber auch die Verteilung der Durchstichwasserfläche oder die Zuweisung der neu entstandenen Flächen steht, wie schon das Berufungsgericht richtig hervorhob, der Bezirksverwaltungsbehorde zu (§ 5 Abs. 2), erfordert also einen konstitutiven Akt. Eine automatische Ausweitung eines privatrechtlichen Fischereirechtes auf einen neu entstandenen - wenn auch von einem Gewässer, in dem im oberen Lauf ein Fischereirecht zusteht, durchflossenen - Wasserlauf tritt hingegen nicht ein. An einem Gewässer können vielmehr ohne weiteres auch mehrere Fischereirechte in verschiedenen Abschnitten, auch zwischen Einzelpersonen und Gemeinden bestehen. Im Zivilrechtsstreit kann der Fischereiberechtigte jedenfalls die Feststellung seines Rechtes (zumindest dann, wenn es sich nicht um eine bloße Verlagerung des Wasserlaufes handelt) nur insoweit verlangen, als er es auch tatsächlich bereits erworben oder ersessen hat. Nur zur Klärung dieser Frage wurden die Kläger auch entgegen der Auffassung der Revision auf den Rechtsweg verwiesen. Der Beweis eines solchen privatrechtlichen Rechtsbesitzes ist den Klägern aber, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, für die im Eigentum der beklagten Partei stehende Schottergrube nicht gelungen. Das Klagebegehren wurde demnach zu Recht abgewiesen. Ob und wie weit die Kläger ihre Ansprüche im Verwaltungswege verfolgen und durchsetzen können, ist in diesem Verfahren nicht zu beurteilen.
Anmerkung
Z47088Schlagworte
Ersitzung, Erwerbung des Fischereirechtes durch -, Fischereirecht, Ausweitung des - nach § 4 Abs. 3 oö. FischereiG. bei, neuentstandenen Gewässern, Fischereirecht, Erwerbung durch ErsitzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1974:0060OB00119.74.0711.000Dokumentnummer
JJT_19740711_OGH0002_0060OB00119_7400000_000