Norm
ABGB §1295Kopf
SZ 47/124
Spruch
Der Eigentümer einer Planie, der jedermann entgeltlich die Schuttablagerung auf seinem Grundstück gestattet, haftet aus der Verkehrssicherungspflicht, wenn durch die Fahrzeuge der Ablagerer im Bereiche der Planieausfahrt die öffentliche Straße derart verschmutzt wird, daß ein Benützer derselben zu Schaden kommt
OGH 12. November 1974, 8 Ob 196/74 (OLG Wien 8 R 81/74; LGiZRS Wien 33 Cq 286/72)
Text
Am 30. Dezember 1971 gegen 3.30 Uhr geriet der Kläger mit seinem PKW im Ortsgebiet von L auf der nassen und durch Erdreich verschmutzten Fahrbahn der Bundesstraße 16 ins Schleudern. Der PKW überschlug sich der Kläger wurde leicht der in seinem Fahrzeug mitfahrende Willibald K schwer verletzt. Am Fahrzeug des Klagers entstand Sachschaden. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde gegen den Kläger zu U 58/72 des Bezirksgerichtes Schwechat ein Strafverfahren wegen Übertretung nach § 335 StG eingeleitet; es endete mit einem Freispruch: Die vom Kläger eingehaltene Geschwindigkeit von 50-60 km/h sei der Fahrbahnbeschaffenheit ohne Extremverschmutzung durchaus angepaßt gewesen. Zum Unfallzeitpunkt, 3.30 Uhr früh sei wegen der Dunkelheit der hohe Grad der Verschmutzung der Fahrbahn nicht erkennbar gewesen. Das über Anzeige des Klägers wegen der Fahrbahnverschmutzung eingeleitete Strafverfahren gegen unbekannte Täter (U 923/72 des Bezirksgerichtes Schwechat) wurde gemäß § 90 StPO eingestellt.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger die Verurteilung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von 54824 S samt 4% Zinsen seit Klagstag. Er stutzte dieses Begehren zunächst darauf, daß sein Unfall nur durch die starke Verschmutzung der Fahrbahn herbeigeführt worden sei. Die zweitbeklagte Partei betreibe an der Unfallsstelle eine Tongrube, wobei die Transporte von und zur Unfallsstelle von der erstbeklagten Partei durchgeführt würden. Durch die ständigen Fahrten durch das tonige Gelande werde von den Lastwagen Schmutz auf die Fahrbahn der Bundesstraße 16 getragen und es komme daher häufig zu starken Verschmutzungen der Fahrbahn. Dies widerspreche der Schutznorm des § 92 StVO. Die erstbeklagte Partei hafte als Auftrag- und Dienstgeber der die Verschmutzung verursachenden LKW-Fahrer die zweitbeklagte Partei als Auftraggeberin der erstbeklagten Partei deren alleinige Gesellschafterin sie sei, und überdies deshalb weil sie den von der Bezirkshauptmannschaft W am 9. April 1971 gemachten Auflagen zur Hintanhaltung dieser Verschmutzungen zum Unfallszeitpunkt noch nicht entsprochen gehabt habe. Später erklärte der Klager daß die Klage nicht nur auf § 92 StVO gestützt werde sondern auch auf die allgemeinen Grundsatze des Schadenersatzrechtes und die erweiterte Haftung der beklagten Parteien als Inhaber eines gefährlichen Betriebes. Die Haftung der beklagten Parteien werde nach § 1315 ABGB bzw. § 1313a ABGB in Anspruch genommen und hinsichtlich der zweitbeklagten Partei auch nach dem Reichshaftpflichtgesetz, weil es sich bei der Zweitbeklagten um eine sogenannte "Graberei" handle. Im einzelnen hat der Kläger folgende Schadenersatzansprüche geltend gemacht:
Fahrzeugschaden ............................................ 45.000
S Abschleppkosten ............................................
1.834 S Ersatz für zerstörtes Kofferradio ..........................
1.490 S Verdienstentgang ...........................................
500 S Schmerzengeld ..............................................
6.000 S --------- zusammen .. 54.824 S
Die beklagten Parteien haben Klagsabweisung beantragt. Die erstbeklagte Partei wendete ein, sie wolle es dahingestellt sein lassen, ob die Unfallstelle im Unfallszeitpunkt verschmutzt gewesen sei. Sie habe jedenfalls damit überhaupt nichts zu tun Sie habe keine Transporte durchgeführt und halte nicht einmal Kraftfahrzeuge, die in die Tongrube einfahren. Der von der Tongrube entnommene Ziegeleiton werde im Auftrag des Abnehmers von einem eigenen Frächter transportiert, mit dem die erstbeklagte Partei nichts zu tun habe. Sollte die Straße durch Kraftfahrzeuge verschmutzt worden sein, seien deren Lenker jedenfalls nicht im Dienst der erstbeklagten Partei gestanden. Die erstbeklagte Partei betreibe keine Graberei im Sinne des Reichshaftpflichtgesetzes sondern sie sei damit befaßt, für die Zuschüttung einer Grube zu sorgen. Ihr Betrieb sei nicht als gefährlicher Betrieb zu qualifizieren überdies hafte der Inhaber eines gefährlichen Betriebes nur für die typischerweise mit dem Betrieb verbundenen Gefahren. Bei der An- und Abfahrt von Fahrzeugen handle es sich aber nicht um eine typische Betriebsgefahr, hier fehle jeder örtliche Zusammenhang. Die zweitbeklagte Partei bestritt, daß die Fahrbahn an der Unfallstelle so stark verschmutzt gewesen sei, daß es zwangsläufig zum Unfall des Klägers habe kommen müssen. Selbst wenn dies aber zutreffe, hafte die zweitbeklagte Partei nicht für die Unfallsfolgen. Die erstbeklagte Partei hafte nicht; schon deswegen komme eine daraus abgeleitete Haftung der zweitbeklagten Partei nicht in Frage. Selbst wenn aber die erstbeklagte Partei für den Unfall haftete konnte die zweitbeklagte Partei dafür nicht zur Verantwortung gezogen Partei sei. Richtig sei, daß die Bezirkshauptmannschaft W im Zusammenhang mit einem umfänglichen Bescheid der zweitbeklagten Partei am 9. April 1971 u.a. auch eine Auflage erteilt habe. Diese Auflage beziehe sich aber, wie übrigens der gesamte Bescheid, nicht auf die Unfallstelle, sondern auf die Landeshauptstraße 160. Von dem Betrieb einer Grube (Gräberei) nach dem Reichshaftpflichtgesetz könne nicht gesprochen werden Die zweitbeklagte Partei übe keinerlei Betrieb im Zusammenhang mit der gegenständlichen Grube aus; in Ermangelung eines Betriebes könne sie auch keinerlei diesbezügliche Haftung treffen.
Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen. Es hat im wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt: Am 30. Dezember 1971 lenkte der Kläger seinen PKW - aus Richtung A kommend - auf der Bundesstraße 16 in Richtung W. Im Ortsgebiet von L, zirka 200 m nach der Kreuzung Bundesstraße 16, S-Gasse, geriet der PKW auf der nassen und durch Erdreich verschmutzten Fahrbahn (Planieausfahrt) ins Schleudern und überschlug sich. Der Kläger hat diesen Unfall erlitten, weil die Fahrbahn der Bundesstraße 16 im Bereich der Ausfahrt der Planie total verschmutzt und mit einem schmierigen Belag bedeckt war. Es war Erdreich, wie es sich auf der Planie vorfindet. Bei der Planie handelt es sich um eine in Eigentum der zweitbeklagten Partei stehende Tongrube mit einer Ausdehnung von zirka 1 km. Ein Teil dieser Tongrube wird aufplaniert, auf einem Teil wird noch Ton abgebaut. Um das Abbaumaterial nicht zu verunreinigen, sind Ab- und Zufahrt zur Planie und zur Abbaustelle getrennt. Die erstbeklagte Partei hat die Aufsicht über die Planierarbeiten. Beide beklagten Parteien haben weder eigenes Ablagerungsmaterial, noch führen sie für sich oder dritte Personen derartiges Material. Die Tongrube ist, soweit noch Ton gewonnen wird, an einen Nachbarbetrieb verpachtet, der das Tongut ohne Benützung öffentlicher Verkehrsflächen aus der Tongrube direkt auf das benachbarte Grundstück führt. Früher hat es eine Zufahrt zur Tongrube von der Landesstraße 160 (jetzt Bundesstraße 15) gegeben, die jedoch aufgelassen wurde. Mit Bescheid vom 9. April 1971 der Bezirkshauptmannschaft W ist diese Zufahrt von der Bundesstraße 15 genehmigt worden, und zwar mit den Auflagen, auf dem Werksgelände 50 m befestigte Fahrbahn anzulegen, damit dort die Lastkraftwagen den in den Profilen der Pneus eingepreßten Schmutz abschleudern könnten, weiters diese Werksstraße immer sauber zu halten und bei Schlechtwetter die Planie zu sperren. Die Genehmigung ist der zweitbeklagten Partei zur Anschüttung der zum Teil ausgebeuteten Tongrube erteilt worden. Hinsichtlich der Zufahrt von der Bundesstraße 16 hat es im Zeitpunkt des Unfalles einen diesbezüglichen Bescheid bzw. solche Auflagen nicht gegeben; bezüglich dieser Werksausfahrt ist seit 1971 bei der Bezirkshauptmannschaft W ein Verfahren gelaufen. Die einzige Zu- und Abfahrt zur Planie befand sich zum Zeitpunkt des Unfalles auf der Bundesstraße 16. Auf dem Werksgelände ist eine asphaltierte Werksstraße angelegt, die an der gleichen Stelle wie die abfahrt von der Planie in die Bundesstraße 16 mundet. Der Grubenmeister K sperrt aus eigenem Entschluß oder über Weisung der Gendarmerie die Zufahrt, wenn die Fahrbahn der Bundesstraße 16 stark verschmutzt ist oder wenn der Boden der Planie infolge Regens aufgeweicht ist. Die bei Regen noch in der Planie befindlichen Lastkraftwagen fahren über Weisung des Grubenmeisters über die Werksstraße, damit dort aus den Reifenprofilen der Schmutz abgeschleudert wird. Ein Auftrag zur Überwachung der Kraftfahrzeuge und deren Reifen bei der Ausfahrt aus der Planie wurde dem Grubenmeister nicht erteilt, doch tut er dies aus eigenem Antrieb, um mit der Gendarmerie keinen Anstand zu haben. Am 29. Dezember 1971 hat es nicht geregnet; die Planie wurde an diesem Tag wie üblich um 16.30 Uhr gesperrt. In der Nacht vom 29. auf den 30. Dezember 1971 hat es dann geregnet. Beide beklagten Parteien fahren nicht mit eigenen Fahrzeugen von der Bundesstraße 16 in die Planie und umgekehrt, vielmehr kann jedermann gegen Bezahlung einer Gebühr die Planie befahren und dort Schutt abladen. Die beklagten Parteien haben die bei Genehmigung der Zufahrt von der Bundesstraße 15 (der zweitbeklagten Partei) erteilten Auflagen auch bei der Zu- und Abfahrt von der bzw. in die Bundesstraße 16 eingehalten. Es handelt sich bei der Planie um eine genehmigte Anschüttung einer zum Teil ausgebeuteten Tongrube. Die Verschmutzung der Fahrbahn der Bundesstraße 16 im Bereich der Planie der zweitbeklagten Partei ist von unbekannt gebliebenen Kraftfahrzeugen verursacht worden.
Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes ging dahin, daß die Lenker bzw. Halter dieser - unbekannt gebliebenen - Fahrzeuge für die aus der Verschmutzung entstandenen Folgen zu haften hätten. Die Vorschrift des § 92 StVO sei auf die beklagten Parteien nicht anwendbar, desgleichen auch nicht das Reichshaftpflichtgesetz, weil es sich um die Zuschüttung einer Tongrube handle. Außerdem erstrecke sich der Zweck der Planie lediglich auf den Bereich des zuzuschüttenden Geländes und nicht über dieses hinaus. Jene Dienstnehmer der beklagten Parteien, die mit Planierraupen den von betriebsfremden Personen zugeführten Schutt einebnen, bewegten sich mit ihren Maschinen nur im Werksgelände, nicht auf den öffentlichen Verkehrsflächen. Der vorliegende Verkehrsunfall stehe in keinem Zusammenhang mit der von den beklagten Parteien betriebenen Planie. Ein Verschulden der beklagten Parteien am Zustandekommen des Unfalles liege nicht vor, weil sie beim Betrieb der Planie weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Verpflichtung verletzt hätten.
Dieses Urteil wurde vom Kläger nur insoweit mit Berufung bekämpft, als sein Klagebegehren gegenüber der zweitbeklagten Partei abgewiesen wurde.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Ausgehend von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt trat es der rechtlichen Beurteilung durch dasselbe bei und führte insbesondere ergänzend aus: Eine Haftung der Zweitbeklagten nach § 92 StVO komme schon deshalb nicht in Betracht, weil nicht sie die Verschmutzung der Bundesstraße herbeigeführt habe. Auch eine Übertretung der Bestimmung des § 29 BStG durch die Zweitbeklagte liege nicht vor. Der Betrieb einer Planie sei weder dem Betrieb einer Gräberei noch einer Fabrik im Sinne des § 2 des Reichshaftpflichtgesetzes gleichzuhalten. Eine Planiebilde auch keinen gefährlichen Betrieb, für dessen Gefahr der Unternehmer einzustehen hätte. Auch aus den Bestimmungen der §§ 1301 und 1315 ABGB könne eine Haftung der Zweitbeklagten nicht abgeleitet werden. Zu prüfen bleibe, ob die zweitbeklagte Partei im Sinne des sogenannten Ingerenzprinzipes verpflichtetgewesen wäre, für die Reinigung der Fahrbahn zu sorgen. Es treffe sicher zu, daß beim Betrieb einer Planie ganz allgemein die Gefahr bestehe, daß durch die zu- und abfahrenden Fahrzeuge die Fahrbahnen der öffentlichen Straßen verunreinigt werden, sei es durch von den anfahrenden Fahrzeugen herabfallendes Material, sei es durch Verschleppen von Erdreich aus der Planie durch die Räder der abfahrenden Kraftfahrzeuge. Verursacht werde eine solche Gefahrenlage aber nicht durch den Planieunternehmer, sondern durch die zu- und abfahrenden betriebsfremden Fahrzeuge. Gegen das Verschleppen von Erdreich aus der Planie habe der Grubenmeister K alles Zumutbare unternommen. Auf die Möglichkeit des Herabfallens von Erdreich von zufahrenden Kraftfahrzeugen habe der Planieunternehmer aber keinen Einfluß. Im übrigen mußte selbst eine aus dem Ingerenzprinzip abgeleitete Straßenreinigungspflicht des Planieunternehmers ihre Grenze in der Zumutbarkeit solcher Maßnahmen finden. Im vorliegenden Fall sei - bei trockenem Wetter - der Betriebsschluß der Planie am 29. Dezember 1971 um 16.30 Uhr erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe die im Bereich der Planieausfahrt bestehende umfangreiche Verunreinigung (Lichtbilder im Strafakt U 58/72 des Bezirksgerichtes Schwechat) - eben wegen des trockenen Wetters - noch nicht als gefährdend erkannt werden können. Erst in der Nacht vom 29. auf den 30. Dezember 1971 habe es zu regnen begonnen, wodurch die Fahrbahnverschmutzung zu einer echten Gefahr für den Fahrzeugverkehr geworden sei. Eine Beseitigung der Fahrbahnverschmutzung zwischen Betriebsschluß bzw. Beginn des Regens und Unfall sei von der Zweitbeklagten nicht zu verlangen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag es im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern. Der Oberste Gerichtshof gab der Revision Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Da der Kläger seinen Anspruch u. a. auch auf die allgemeinen Bestimmungen des Schadenersatzrechtes stützte, hat das Berufungsgericht zutreffend die Haftung der zweitbeklagten Partei auch unter dem Gesichtspunkt des sogenannten Ingerenzprinzips geprüft. Der Oberste Gerichtshof vermag sich jedoch dem Ergebnis dieser Prüfung durch das Gericht zweiter Instanz nicht anzuschließen.
Aus der allgemeinen Verschuldensnorm des § 1295 ABGB in Verbindung mit dem Gefährdungsverbot der §§ 335 und 431 StG und dem Ingerenzprinzip hat der Oberste Gerichtshof den Begriff der Verkehrssicherungspflicht abgeleitet und in ständig neuerer Rechtsprechung folgende Rechtsgrundsätze entwickelt: Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, hat die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Dritter nach Tunlichkeit abzuwenden; jeder der auf einem ihm gehörenden oder seiner Verfügung unterstehenden Grund und Boden einen Verkehr für Menschen eröffnet oder unterhält, hat für die Verkehrssicherung zu sorgen (vgl. SZ 37/97; JBl. 1969, 557; ZVR 1957/96, 1964/188 EvBl. 1961/526 u. v. a.). Dasselbe muß gelten, wenn er von diesem Grund und Boden aus eine Gefahrenquelle auf eine der Öffentlichkeit zugängliche Verkehrsfläche wirken läßt (vgl. SZ 37/97).
Die Anwendung der dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall
führt zur Bejahung der Haftung der zweitbeklagten Partei für den
Unfallschaden des Klägers: Die Zweitbeklagte hat auf der in ihrem
Eigentum und ihrer Verfügungsmacht stehenden Planie zum Zwecke der
genehmigten Anschüttung derselben über die gegenstandliche
Liegenschaftsausfahrt einen Verkehr eröffnet, indem sie jedermann
gegen Entgelt Schutt auf diese Planie abladen ließ. Daß das durch
die solcherart ein- und ausfahrenden Fahrzeuge herausgeschleppte
bzw. abgestreifte Erdreich im Einmundungsbereich dieser
Grundstucksausfahrt auf der Bundesstraße 16, insbesondere bei
Durchfeuchtung infolge Regens, eine Gefahr für den allgemeinen
Straßenverkehr zu bilden geeignet sei, war für die zweitbeklagte
Partei erkennbar. Es wäre ihr daher oblegen, dieser erkennbaren
Gefahr durch zumutbare Maßnahmen zu begegnen. Dieser Verpflichtung
hat die zweitbeklagte Partei nicht voll entsprochen. Der von der
zweitbeklagten Partei hervorgehobene Umstand, daß sich die im
Zusammenhang mit der Anschüttung der Planie mit Bescheid der
Bezirkshauptmannschaft W vom 9. April 1971 erteilten Auflagen nur
auf die Ausfahrt auf die Bundesstraße 15 bezogen hätten und daß im
Unfallszeitpunkt hinsichtlich der Ausfahrt auf die Bundesstraße 16
noch kein Bescheid erlassen war - tatsächlich wurde der
Zweitbeklagten erst mit Bescheid vom 22. Jänner 1974 u. a.
aufgetragen, auf der Bundesstraße in beiden Fahrtrichtungen 250 m
vor der gegenständlichen Planieausfahrt das Gefahrenzeichen "Achtung
Schleudergefahr" anzubringen -, vermag die zweitbeklagte Partei
nicht zu entlasten. Gerade die Erlassung eines Bescheides mit besonderen Auflagen hinsichtlich der Ausfahrt auf die wesentlich weniger frequentierte Bundesstraße 15 und das gegenüber der zweitbeklagten Partei abgeführte Verwaltungsverfahren mußten diese mit besonderer Deutlichkeit auf die Gefahren hinweisen, die durch eine Verschmutzung der Bundesstraße 16 für den Straßenverkehr erwachsen könnten. Sie hätte daher - unabhängig von den Auflagen eines Verwaltungsbescheides - nach den oben dargestellten allgemeinen Grundsätzen der Verkehrssicherung in Rechnung stellen müssen daß auf dieser frequentierten Bundesstraße mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h fahrende Verkehrsteilnehmer, insbesondere wenn sich bei Dunkelheit der ungekennzeichneten, durch Verschmutzung hervorgerufenen Gefahrenstelle im Bereiche der Planieausfahrt näherten, bei feuchtem Wetter größter Schleudergefahr mit schwerwiegenden Folgen - wie der gegenständliche Unfall zeigt - ausgesetzt sind. Die zweitbeklagte Partei hätte es daher keineswegs dem Gutdünken des Grubenmeisters überlassen dürfen, die gegenständliche Planieausfahrt fallweise zu sperren. Sie hätte vielmehr durch konkrete Anweisungen und Vorkehrungen dafür sorgen müssen, daß der von ihr eröffnete Verkehr - wenn die sonstigen Methoden zur Verhütung der Ablagerung von Erdreich durch die ein- und ausfahrenden Fahrzeuge nicht ausreichten - zeitweise unterbunden wird, ehe die Verschmutzung der Fahrbahn im Ausfahrtsbereich das noch zu tolerierende Ausmaß überschreiten konnte. Dem Berufungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, daß die vom Erstgericht festgestellte und durch die im Strafakt erliegenden Lichtbilder veranschaulichte umfangreiche und starke Fahrbahnverschmutzung bei Betriebsschluß der Planie um 16.30 Uhr wegen des in diesem Zeitpunkt herrschenden trockenen Wetters nicht als Gefahr für den Straßenverkehr zu erkennen gewesen wäre. Es muß vielmehr bedacht werden, daß eine derartig großflächige Fahrbahnverschmutzung bei der insbesondere in der feuchten Jahreszeit (Unfallstag 29. Dezember) in Rechnung zu stellenden Niederschlagsneigung jederzeit zu einer akuten Gefahr für den Straßenverkehr werden kann. Es kann daher nicht toleriert werden, die durch den von der Zweitbeklagten eröffneten und unterhaltenen Verkehr herbeigeführte Verschmutzung der Bundesstraße 16 auf ein derartiges Maß anwachsen zu lassen, daß sie während der Abend- und Nachtstunden bei Schlechtwettereinbruch höchste Schleudergefahr für die Benutzer der Bundesstraße auslöst. Die zweitbeklagte Partei kann die Folgen dieser Gefahr nicht auf die Teilnehmer am allgemeinen Straßenverkehr abwälzen, welche die Gefahr nicht geschaffen haben, ihr nicht entgegenwirken könnten und mangels Kennzeichnung nicht einmal vor ihr gewarnt wurden.
Die zweitbeklagte Partei hat somit dem Kläger für den von ihm erlittenen Unfallsschaden nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechtes zu haften.
Da keinerlei Feststellungen über die behaupteten Unfallsschäden vorliegen, ist die Verhandlung in erster Instanz unerläßlich, um die Sache spruchreif zu machen.
Anmerkung
Z47124Schlagworte
Planie, Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers einer -, Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers einer PlanieEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1974:0080OB00196.74.1112.000Dokumentnummer
JJT_19741112_OGH0002_0080OB00196_7400000_000