Norm
ABGB §733Kopf
SZ 47/126
Spruch
Das eheliche Kind eines unehelichen Kindes des Erblassers ist nach dem Gesetz (§ 754 Abs. 2 und 3 ABGB i. d. F. des UeKindG BGBl. 342/1070) nicht erbberechtigt
OGH 13. November 1974, 5 Ob 213/74 (LGZ Wien 43 R 322/74 BG Favoriten 2 A 146/74)
Text
Nach dem am 10. Jänner 1974 verstorbenen Albert S gaben auf Grund des Gesetzes seine Geschwister Maria G und Josef S zu je 1/4 sowie seine Nichten Rosa A und Anna R zu je 1/8, Marianne H, Anna N Friederike Sch. Aloisia St. Leopoldine K und Rosa B zu je 1/28 ferner der Neffe des Erblassers Josef T zu 1/2 bedingte Erbserklärungen ab.
Das Erstgericht faßte am 26. Feber 1974 (ON 12) folgenden Beschluß:
1. Die nachstehenden Abhandlungsvollmachten werden zur Kenntnis genommen, nämlich
a) die der Maria C von der Schwester der Erblasserin Maria G erteilte Vollmacht,
b) die dem Johann S vom erblasserischen Bruder Josef S erteilte Vollmacht,
c) die dem Josef R von den erblasserischen Nichten Rose A und Anna R erteilte Vollmacht,
d) die dem Josef T von den erblasserischen Nichten Marianne H, Friederike Sch., Anna N, Alosia St., Leopoldine K und Rosa B erteilte Vollmacht.
2. Die auf Grund des Gesetzes von den nachgenannten Erben
a) erblicher Bruder Josef S zu 1/4;
b) erbliche Schwester Maria G zu 1/4;
c) erbliche Nichte Rosa A zu 1/8;
d) erbliche Nichte Anna R zu 1/8;
e) erbliche Nichte Marianne H zu 1/28;
f) erbliche Nichte Friederike Sch. zu 1/28;
g) erbliche Nichte Anna N zu 1/28;
h) erbliche Nichte Aloisia St. zu 1/28;
i) erblicher Neffe Josef T zu 1/28;
j) erbliche Nichte Leopoldine K zu 1/28;
k) erbliche Nichte Rosa B zu 1/28 des Nachlasses abgegebenen bedingten Erbserklärungen werden zu Gericht angenommen und deren Erbrecht auf Grund der Aktenlage für ausgewiesen erachtet.
3. Den erbserklärten Erben wird gemäß § 145 AußStrG die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen.
4. Maria C und Johann S werden jeder für sich und selbständig zur Verwaltung der erblasserischen Liegenschaften in Wien 10, W-Platz 12, D-Gasse 21 und A-Straße 20, insbesondere zum Zinsinkasso und zum Abschluß von neuen Mietverträgen, ermächtigt.
5. Die A-Sparkasse wird unter Aufhebung jeder nicht exekutionsrechtlichen Sperre und jeder Klausel verständigt, daß aus dem vom Gerichtskommissär Notar Dr. R vorzulegenden erblasserischen Einlagebuch Nr. 7413-79813 Albert S den Betrag von 40.000 S zu entnehmen und an Maria C zur Bestreitung der laufenden Ausgaben und eventuellen Nachlaßverbindlichkeiten zu überweisen ist.
6. Der Akt wird dem Gerichtskommissär Notar Dr. Herbert R zur Fortsetzung der Abhandlung rückgemittelt.
Mit einem Schriftsatz vom 11. März 1974, der beim Abhandlungsgericht am 12. März 1974 einlangt, gab Maria O, die eheliche Tochter des am 22. Juli 1910 geborenen und am 28. Feber 1943 in Rußland gefallenen außerehelichen Sohnes des Erblassers Anton Z, auf Grund des Gesetzes eine bedingte Erbserklärung zum ganzen Nachlaß ab. Sie beantragte a) die Bevollmächtigung des öffentlichen Notars Dr. Karl E durch sie zur Kenntnis zu nehmen, b) die von ihr zum ganzen Nachlaß bedingt abgegebene Erbserklärung anzunehmen, c) ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu überlassen. Über die Anträge der Enkelin des Erblassers Maria D hat das Erstgericht bisher nicht entschieden.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der Enkelin des Erblassers Maria D, soweit er sich gegen die Punkte 1 (Zur-Kenntnisnahme der Abhandlungsvollmachten) und 6 (Übermittlung des Aktes an den Gerichtskommissär) des erstgerichtlichen Beschlusses richtet und die Stattgebung der Anträge der Enkelin des Erblassers (Annahme ihrer Erbserklärung und Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses) anstrebt sowie hinsichtlich des Antrages Maria C aufzufordern, den ihr überlassenen Bargeldbetrag aus dem Einlagebuch Nr. 7413-79813 der A-Sparkasse auf dieser wieder einzulegen, zurück. Im Punkt 2 bestätigte das Rekursgericht bezüglich der Annahme der abgegebenen bedingten Erbserklärungen den erstgerichtlichen Beschluß. Im Ausspruch über die Erbsausweisung und in seinen Punkten 3 (Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses), 4 (Verwaltung der Liegenschaften) und 5 (Entnahme von 40.000 S aus einem Einlagebuch) wurde der erstgerichtliche Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen. Das Rekursgericht ging davon aus, daß die Kenntnisnahme von Abhandlungsvollmachten durch das Gericht und die Übermittlung des Aktes an den Gerichtskommissär keine Entscheidungen oder Verfügungen, die Rechte gestalten oder feststellen, bildeten. Ein Rechtsmittel dagegen sei unzulässig. Es sei auch nicht in der Lage, über die Anträge der Rekurswerberin, ihre Erbserklärung zur Kenntnis zu nehmen, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu übertragen und die Verlassenschaftsgläubiger einzuberufen, zu entscheiden, da darüber das Erstgericht noch nicht erkannt habe. Es sei auch ebensowenig wie das Verlassenschaftsgericht zur Entscheidung über den Antrag zuständig, der erbserklärten Erbin Maria C aufzutragen, den aus dem Einlagebuch des Erblassers entnommenen Barbetrag wieder darauf einzulegen. Zu Recht habe aber das Erstgericht die auf Grund des Gesetzes abgegebenen Erbserklärungen der Geschwister und der Geschwisterkinder des Erblassers angenommen. Nach § 122 AußStrG sei jede in der vorgeschriebenen Form abgegebene Erbserklärung vom Gericht anzunehmen. Nur dann könne eine Erbserklärung zurückgewiesen werden, wenn von vornherein feststehe, daß auf Grund derselben eine Einantwortung nie erfolgen könne, weil der in der Erbserklärung behauptete Tatbestand kein Erbrecht begrunde.
Was aber das Erbrecht der ehelichen Tochter des unehelichen Sohnes des Erblassers anlange, so besitze nach § 754 Abs. 2 ABGB ein uneheliches Kind, dessen Vaterschaft festgestellt sei, zum Nachlaß des Vaters ein gesetzliches Erbrecht wie ein eheliches Kind, wobei eheliche Nachkommen vorgingen. Bei Vorversterben der unmittelbaren Nachfolger trete gemäß § 733 ABGB das Repräsentationsrecht ein. Da der Erblasser keine ehelichen Nachkommen habe und die eheliche Tochter seines unehelichen Sohnes mit Schriftsatz vom 12. März 1974 die bedingte Erbserklärung zum ganzen Nachlaß abgegeben habe, scheine das Erbrecht der Geschwister und der Geschwisterkinder des Erblassers mit der in Anspruch genommenen Quote streitig. Der Zusatz im Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses, daß das Erbrecht der Geschwister, Nichten und Neffen des Erblassers für ausgewiesen erachtet werde, sei demgemäß aufzuheben gewesen. Da die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft bei widersprechenden Erbserklärungen nicht einem der widerstreitenden Erben überlassen werden könne und Maria D den weiteren Verfügungen des Abhandlungsgerichtes ihre Zustimmung versagt habe, seien auch die in den Punkten 3 bis 5 getroffenen Verfügungen des Abhandlungsgerichtes aufzuheben gewesen.
Infolge Rekurses der erbserklärten Erben stellte der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Erstgerichtes vom 26. Feber 1974 in seinen aufgehobenen Aussprüchen 2 bis 5 wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Was die entscheidende Frage anlangt, ob der ehelichen Tochter des unehehlichen Sohnes des Erblassers Anton Z ein gesetzliches Erbrecht gegenüber dem Erblasser zusteht, so gewährte bis zum Wirksamwerden des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes, BGBl. 342/1970, am 1. Juli1971 der § 754 ABGB in Rücksicht auf die Mutter und die Verwandten der Mutter unehelichen Kindern bei der gesetzlichen Erbfolge in das frei vererbliche Vermögen gleiche Rechte wie den ehelichen Kindern. Das eheliche Kind eines unehelichen Kindes beerbte nicht nur sein Mutter, sondern auch seine Großmutter und deren Verwandte wenn auch sein Elternteil sie beerbt hatte (Gschnitzer, Erbrecht, 11; Ehrenzweig[2] II/2, 388). Zum Nachlaß des Vaters und der väterlichen Verwandten gebührte den unehelichen Kindern hingegen keine gesetzliche Erbfolge. Die Neuregelung des § 754 ABGB beließ in ihrem Abs. 1 die Regelung der erbrechtlichen Ansprüche unehelicher Kinder zum Nachlaß der Mutter und ihrer Verwandten gleich. Hingegen wurde dem unehelichen Kind nunmehr auch zum Nachlaß seines Vaters, vorbehaltlich der Bestimmung über das gesetzliche Erbrecht der Witwe, ein gesetzliches Erbrecht eingeräumt. Auch dieses sollte, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine ehelichen Nachkommen oder diesen erbrechtlich Gleichgestellte vorhanden sind, dem gesetzlichen Erbrecht des ehelichen Kindes gleich sein. Zwischen § 754 Abs. 1 ABGB und § 754 Abs. 2 ABGB besteht aber außer den erwähnten Einschränkungen zugunsten der Witwe und bei Konkurrenz mit ehelichen Kindern noch ein weiterer wesentlicher Unterschied: Während das uneheliche Kind ein gesetzliches Erbrecht zum Nachlaß der Mutter und ihrer Verwandten hat, steht ihm ein gesetzliches Erbrecht nur zum Nachlaß des Vaters, nicht aber auch zum Nachlaß der Verwandten des Vaters zu (§ 754 Abs. 3 ABGB); es besteht hier also kein Repräsentationsrecht (Meyer, Das Recht des unehelichen Kindes 91; 1 Ob 90/74). Umgekehrt steht auch den Verwandten des Vaters zum Nachlaß eines unehelichen Kindes kein gesetzliches Erbrecht zu (§ 756 Abs. 2 ABGB). Daraus ergibt sich unmißverständlich der eine zwischen den extremen Forderungen, dem unehelichen Kind zum Nachlaß des Vaters überhaupt kein Erbrecht zu gewähren, einerseits und ihm ein unbeschränktes Erbrecht einzuräumen andererseits (Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 6 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XII. GP, 32) vermittelnde Lösung anstrebende Wille des Gesetzgebers, das eingeschränkte gesetzliche Erbrecht ausschließlich zwischen dem Vater und seinem unehelichen Kind, nicht aber weiter gelten zu lassen. Das Eintrittsrecht das § 733 ABGB, das es ermöglicht, daß die Enkel an Stelle eines vorverstorbenen ehelichen Kindes gesetzliche Erben sein können, ist aber ein typisches Recht, das sich aus der Verwandtschaft ergibt. Ebensowenig wie dem unehelichen Kind zum Nachlaß seiner väterlichen Großeltern ein gesetzliches Erbrecht zusteht (§ 754 Abs. 3 ABGB), kann daher auch dem ehelichen Kind des unehelichen Kindes eines Erblassers ein gesetzliches Erbrecht zukommen. Daß dies die Absicht des Gesetzgebers war, ergibt sich daraus, daß die Regierungsvorlage des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes in den hier maßgeblichen Sätzen unverändert Gesetz wurde, obwohl in den Erläuterungen hiezu ausdrücklich erwähnt worden war, daß auf Grund des Gesetzes in das Vermögen des Vaters eines unehelichen Kindes nur die unehelichen Kinder ersten Grades erbberechtigt sein sollen. Im ersten Grad verwandt sind aber nur Vater und Sohn, nicht aber Großvater und Enkel (§ 41 ABGB; Wolff in Klang[2] I/1, 278; Gschnitzer, Familienrecht, 2; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[2] II, 102). Da § 754 Abs. 2 ABGB, wie erwähnt, ausdrücklich nur auf den Nachlaß des unehehlichen Vaters abstellt, kann der Auffassung des Rekursgerichtes nicht beigetreten werden daß widerstreitende Erbserklärungen in Betracht kommen, weil auch die von Maria D abgegebene Erbserklärung vom Abhandlungsgericht anzunehmen sein werde. Da von vornherein feststeht, daß die eheliche Tochter des unehelichen Sohnes des Erblassers nach dem Gesetz nicht erbberechtigt ist und ihr daher der Nachlaß auf keinen Fall eingeantwortet werden kann, wird das Abhandlungsgericht ihre auf Grund des Gesetzes abgegebene Erbserklärung zurückzuweisen haben. Ihre Erbserklärung steht daher den vom Abhandlungsgericht im Beschluß vom 26 Feber 1974 (ON 12) getroffenen Verfügungen nicht entgegen.
Ungeachtet der aufhebenden Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz war der Oberste Gerichtshof im Rekursverfahren in der Lage, in der Sache selbst zu erkennen (SZ 25/51; JBl. 1969, 42 u. a.).
Anmerkung
Z47126Schlagworte
Gesetzliches Erbrecht, kein - des ehelichen Kindes eines unehelichen, Kindes des Erblassers, Uneheliches Kind, das eheliche Kind eines - des Erblassers ist nicht, erbberechtigtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1974:0050OB00213.74.1113.000Dokumentnummer
JJT_19741113_OGH0002_0050OB00213_7400000_000