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63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;Norm
BDG 1979 §49 Abs1 idF 2000/I/142;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 25. Mai 2004, Zl. P413438/24-PersA/2004, betreffend Überstundenvergütung nach § 16 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Beamter in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Heeresbild & Filmstelle im Planstellenbereich der belangten Behörde.
In einer an die belangte Behörde gerichteten Eingabe vom 19. Juni 2002 (eingelangt am 25. Juni 2002) brachte er vor, er sei am 22. Mai 2002 nach Langenlebarn gefahren, "um die Ankunft der Hercules mit kosovarischen Blindenlehrern für ein CIMIC-Video für Abt MilStrat aufzunehmen. Die Maschine" sei wegen eines Schadens an diesem Tag gar nicht geflogen, worüber er jedoch nicht informiert worden sei. Daher sei er wieder in die Dienststelle zurückgefahren. Er sei Beifahrer gewesen.
Da für einen Zeitraum von 2 Stunden und 15 Minuten keine Reisegebühr anfalle und auch Überstunden nicht bezahlt würden, stelle "sich die Frage der Abgeltung dieser Mehrdienstleistung". "Auf die Zeitkarte" könne er die 2 Stunden 15 Minuten nicht eintragen, weil er bereits 19 Stunden Zeitguthaben habe. Da die Überstunden am 22. Mai 2002 "von der Leitung HBF" abgelehnt worden seien, ersuche er um bescheidmäßige Begründung der Ablehnung.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2002 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu diesem unter einem wiedergegebenen Sachverhalt ohne Durchführung eines aktenkundigen Verfahrens mit, gemäß Erlass vom 20. Dezember 2001 ... seien "Reisezeiten nur für Selbstfahrer mit HKfz als Mehrdienstleistung zu werten". Ihm werde Gelegenheit gegeben, "von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und hiezu Stellung zu nehmen. Eventuelle Einwände gegen diese Erhebungen und Beweise sowie allfällig neu auftretende Beweismittel sind ... schriftlich vorzubringen."
Mit Eingabe vom 8. August 2002 brachte der - mittlerweile rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer dazu vor, "die Anordnung, Fahrten mit einem Heeresfahrzeug außerhalb der im Dienstplan vorgesehenen Dienststunden, nämlich der Fahrten vom Wohnort des Beschwerdeführers zur Dienststelle vor Dienstantritt und die Rückfahrt nach Dienstschluss, durchzuführen", müsse als Anordnung von Überstunden angesehen werden. Dies deshalb, weil von vornherein feststehe, dass die Erfüllung des Auftrages die Leistung von Überstunden unumgänglich notwendig mache.
Er sei "als Redakteur in der Heeresbildung Filmstelle" tätig. Seine Aufgabe sei "die Planung, Recherche, Regie bei Dreharbeiten, Führen von Interviews und Gestaltung des Produktes beim Schnitt". In seiner Dienststelle fielen jährlich unzählige Dienstreisen an. Vor Antritt einer Dienstreise müsse er sich an der Dienststelle einfinden, um sämtliches Equipment in das Dienstfahrzeug einzuladen. Die Auszahlung von Überstunden stehe ihm daher auch dann zu, wenn er als Beifahrer mitreise.
Mit dem ohne weiteres Verfahren ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers "vom 25. Juni 2002 betreffend Berücksichtigung der Zeit am 22. Mai 2002, 1600 bis 1815 Uhr - Beifahrer mit einem Heereskraftfahrzeug - als Überstundenleistung im Sinne des § 49 BDG 1979, BGBl. Nr. 333 i.d.g.F., in Verbindung mit § 16 GehG 1956, BGBl. Nr. 54 i.d.g.F.," ab.
Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und der Rechtslage führte die belangte Behörde aus, eine Vergütung nach § 16 GehG komme nur für Dienstleistungen und nicht für jede Art der Heranziehung eines Beamten in seiner Freizeit in Betracht. Die im Anbringen genannte Reisezeit sei somit als bloße Beeinträchtigung der Freizeit keine "Dienstleistung" und damit auch keine "Überstunde" im Sinne des § 16 GehG. Sie könne auch im Hinblick auf die Begriffsbestimmungen des § 17b GehG nicht als Bereitschaftszeit gewertet werden, weil sich der Beamte in ihr nicht bereit zu halten gehabt habe, um bei Bedarf seine dienstliche Tätigkeit aufnehmen zu können.
Der Beschwerdeführer habe während der Reisezeit keinerlei konkrete Tätigkeiten durchzuführen gehabt. Als Überstunden würden jedoch nur Zeiten einer tatsächlichen Dienstleistung gewertet, wobei unter Dienstleistung die Ausführung von Arbeiten eines bestimmten Ausmaßes innerhalb eines bestimmten Zeitraumes verstanden werde. Die belangte Behörde sei "auf Grund des ermittelten Sachverhaltes zur Ansicht gelangt", dass die (eingangs bezeichnete) Fahrzeit als Beifahrer am 22. Mai 2002 keine Berücksichtigung als Überstunde im Sinne des § 49 BDG 1979 und des § 16 GehG finde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Überstundenvergütung nach § 16 GehG iVm § 49 BDG 1979 verletzt.
Bei dem im Beschwerdefall strittigen Anspruch handelt es sich um eine zeitraumbezogen zu beurteilende Leistung.
§ 16 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 in der Fassung der 24. GehG-Novelle BGBl. Nr. 214/1972 (GehG), zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, lautet:
"Überstundenvergütung
§ 16. (1) Dem Beamten gebührt für Überstunden,
1.
die nicht in Freizeit oder
2.
die gemäß § 49 Abs. 4 Z 3 BDG 1979 im Verhältnis 1:1 in Freizeit ausgeglichen werden,
eine Überstundenvergütung." (...)
§ 49 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, lautet:
"Mehrdienstleistung
§ 49. (1) Der Beamte hat auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen (Mehrdienstleistung). Den auf Anordnung erbrachten Mehrdienstleistungen sind Mehrdienstleistungen gleichzuhalten, wenn
1. der Beamte einen zur Anordnung der Mehrdienstleistung Befugten nicht erreichen konnte,
2. die Mehrdienstleistung zur Abwehr eines Schadens unverzüglich notwendig war,
3. die Notwendigkeit der Mehrdienstleistung nicht auf Umstände zurückgeht, die von dem Beamten, der die Mehrdienstleistung erbracht hat, hätten vermieden werden können, und
4. der Beamte diese Mehrdienstleistung spätestens innerhalb einer Woche nach der Erbringung schriftlich meldet; ist der Beamte durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, so verlängert sie sich um die Dauer der Verhinderung."
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Wertung der Reisezeit als Überstunden sei im Beschwerdefall deshalb geboten, weil er vor der Reise nach Langenlebarn an die Dienststelle habe fahren müssen, um sämtliches Equipment (Kamera, Stativ, Akkus, Kassetten, Licht, Ton, etc.), welches einen Wert von rund EUR 120.000,-- habe, in das Dienst-Kraftfahrzeug einzuladen. Diese Ausrüstung sei notwendig gewesen, um die Dreharbeiten durchführen zu können. Daher sei es auch notwendig gewesen, "dass diese Ausrüstung von der Dienststelle in das Dienst-Kfz geladen wurde". Da die Ausrüstung auf jeden Fall aufzuladen gewesen sei, habe der Beschwerdeführer bei jeder Dienstreise vor dem Reiseantritt die Dienststelle aufsuchen und die Ausrüstung "in das Dienst-Kfz aufladen" müssen. Dies komme einer dienstlichen Anordnung gleich.
Zwar bestehe kein Anspruch auf Überstundenvergütung für die "auf Dienstreise verbrachte Zeit". Ausgenommen von diesem Grundsatz seien jedoch Reisebewegungen zwischen zwei dienstlichen Einsätzen. Eine solche liege im Beschwerdefall vor, weil der Beschwerdeführer vor Antritt der Reise die Dienststelle habe aufsuchen und das Equipment in das Dienstauto habe laden müssen. Dies habe die belangte Behörde verkannt und daher den für die Entscheidung erforderlichen Sachverhalt nicht ermittelt.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
§ 16 Abs. 1 GehG normiert eine Überstundenvergütung nur vor dem Hintergrund der die Überstunden regelnden Bestimmungen des BDG 1979. Aus § 49 Abs. 1 Satz 2, erster Halbsatz BDG 1979, der im Zusammenhang mit angeordneten Mehrdienstleistungen von versehenen bzw. erbrachten Mehrdienstleistungen spricht - für die im Satz 2 geregelten Mehrdienstleistungen ergibt sich dies aus Z. 3 -, geht hervor, dass stets nur eine tatsächlich verrichtete Dienstleistung die Grundlage einer individuellen Überstundenvergütung bilden kann.
Zu einer solchen ist es unstrittig weder in Langenlebarn, wo Filmaufnahmen unterblieben sind, noch während der Hin- oder Rückfahrt oder nach deren Ende gekommen. Insgesamt hat die von ihm selbst im Verwaltungsverfahren beschriebene Reisebewegung des Beschwerdeführers, für die er eine Vergütung begehrt hat, damit keine über seine bloße Ortsveränderung hinausgehenden Dienstverrichtungen umfasst.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht für die auf Dienstreisen außerhalb der Normaldienstzeit verbrachte Zeit grundsätzlich kein Anspruch auf Überstundenvergütung, weil es sich dabei um keine Dienstleistung, sondern um eine bloße Beeinträchtigung der Freizeit handelt. Eine Vergütung für derartige Reisezeiten ist im GehG nicht vorgesehen (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, Zl. 2002/12/0134, mit weiterem Nachweis der Vorjudikatur). Von einer - Ausnahmen vom dargestellten Grundsatz rechtfertigenden - Reisebewegung, die sich als Verbindung zwischen zwei dienstlichen Einsätzen des Beamten an verschiedenen Orten darstellt, kann im Beschwerdefall schon nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht die Rede sein.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers nur vor Antritt seiner Dienstreise erfolgte Einladen der Ausrüstung in das Dienstfahrzeug zu seinen Dienstpflichten gehört und bejahendenfalls bei objektiver Betrachtung einen zeitlich nicht unerheblichen Umfang in Anspruch genommen hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 15. April 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004120096.X00Im RIS seit
30.05.2005Zuletzt aktualisiert am
30.09.2008