TE OGH 1975/1/21 5Ob322/74

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Veröffentlicht am 21.01.1975
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Norm

ABGB §1392

Kopf

SZ 48/2

Spruch

Anders als bei der Vollzession im Sinne des § 1392 ABGB, bei welcher das Eigentum an der abgetretenen Forderung schon im Zeitpunkt der Zessionsvereinbarung auf den Zessionar übergeht, ohne daß es noch eines zusätzlichen Besitzübereignungsaktes bedürfte, müssen bei der Sicherungsabtretung die gleichen Formen der Übergabe eingehalten werden, wie sie ein gültiger Pfandrechtserwerb erfordert. Die Sicherungsabtretung einer Buchforderung wird daher nicht schon mit der erklärten Willensübereinstimmung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar rechtswirksam, sondern erst im Zeitpunkt der Eintragung eines entsprechenden Buchvermerkes oder des Zugehens der Verständigung an den übernommenen Schuldner

Eine Rechnung (Faktura) ist keine rechtsbegrundende rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern eine bloße Beweisurkunde

OGH 21. Jänner 1975, 5 Ob 322/74 (OLG Linz 4 R99/74; LG Linz 9 Cg 1085/73)

Text

Die klagende A-Sparkasse begehrt von der beklagten S-AG die Zahlung von 40.597 S samt 8.5% Zinsen seit 25. Jänner 1973. Zur Begründung ihres Begehrens brachte sie im wesentlichen vor:

Die W-Ges. m. b. H. in Linz habe für die Beklagte die Zentralheizungsanlage im Werk III Linz-Wegscheid geliefert und montiert und der Beklagten hiefür laut Faktura Nr. 412/72 vom 29. Juni 1972 den Betrag von 955.080.40 S in Rechnung gestellt. Diese Firma habe ihre Forderung auf Grund eines ihr gewährten Kontokorrent- und Zessionskredites am 4. Juli 1972 der Klägerin abgetreten. Da es sich um eine stille Zession gehandelt habe, sei die Beklagte davon nicht sogleich verständigt worden und habe daher verschiedene Zahlungen an die W-Ges. m. b. H. geleistet, nachdem die ursprüngliche Forderung auf Grund einer Beanstandung der Beklagten auf den Betrag von 951.446 S reduziert worden war. Mit Schreiben der Klägerin vom 11. Jänner 1973 sei die Beklagte von der Forderungsabtretung in Kenntnis gesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die noch unberichtigte Forderung 40.597 S betragen. Die W-Ges. m. b. H. habe dieselbe Forderung am 10. Jänner 1973 auch an die O-Bank abgetreten, doch sei diese Abtretung umwirksam, weil sie nach der Zession an die Klägerin erfolgte. Am 24. Jänner 1973 habe die Beklagte den damals noch offenen Betrag von 40.597 S an die Zedentin gezahlt. In dem anschließend über das Vermögen der Zedentin eröffneten Konkurs beliefen sich die Forderungen der Klägerin mit Stichtag 6. Juni 1973 auf 4.368.520.98 S, die durch Absonderungs- und Aussonderungsrechte bei weitem nicht gedeckt seien; der Ausfall der Klägerin erreiche mindestens die Höhe der Klageforderung.

Das Zinsbegehren begrundete die Klägerin damit, daß der Kredit der Zedentin mit 8.5% verzinst sei, so daß die Beklagte den gleichen Zinsfuß aus dem Titel des Schadenersatzes zu ersetzen habe.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und im wesentlichen eingewendet:

Die W-Ges. m. b. H., die der Beklagte ins Werk III in Linz-Wegscheid eine Zentralheizungsanlage geliefert und montiert hat, habe ihre Forderung aus der darüber am 29. Juni 1972 gelegten Rechnung Nr. 412/72 über 955.080.40 S mehrfach, jedoch nicht offen zediert; die Beklagte sei von diesen Zessionen am 10. Jänner 1973 durch die O-Bank und am 12. Jänner 1973 durch die Klägerin verständigt worden. Sollte aus der Zession überhaupt ein Anspruch bestehen, so stunde er der O-Bank zu. Die Zedentin habe ihre Rechnung Nr. 412/72 vom 29. Juni 1972 zurückgezogen und ohne Aufforderung durch die Beklagte durch die Rechnung Nr. 968/72 vom 30. November 1972, lautend auf den Betrag von 978.810.40 S, ersetzt. Diese Rechnungsforderung sei nicht an die Klägerin zediert worden, und aus der zedierten Rechnung Nr. 412/72 sei der Klägerin im Zeitpunkt der Verständigung der Beklagten keine Forderung zugestanden. Die Beklagte habe den im Zeitpunkt der Verständigung noch offenen Betrag von 40.597 S am 24. Jänner 1973 gutgläubig an die W-Ges. m. b. H. ausgezahlt. Die Zahlung sei von der Klägerin durch ihre mangelhafte und undeutliche Zessionsmitteilung veranlaßt worden, denn es sei die Identität der zedierten Forderung mit jener aus der Rechnung Nr. 968/72 nicht ohne weiteres erkennbar gewesen und die Zessionsmitteilung habe auch nicht den Zeitpunkt der Abtretung angegeben; erst durch den vorbereitenden Schriftsatz der Klägerin ON 4 habe die Beklagte Kenntnis erhalten, daß die Zession an die Klägerin vor jener an die O-Bank erfolgt ist. Die Klage sei nicht schlüssig, weil die Klägerin in der Abtretungsanzeige weder den Rechtsgrund der Forderung noch die richtige Faktura angegeben habe.

Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen. Es stellte auf Grund der von den Parteien vorgelegten Urkunden in Verbindung mit dem zum Teil übereinstimmenden Parteienvorbringen folgenden Sachverhalt fest:

Die Rechnungen der W-Ges. m. b. H. vom 29. Juni 1972, Nr. 412/72, und vom 30. November 1972, Nr. 968/72, beziehen sich auf die nur einmal erbrachten Leistungen der Rechnungslegerin; die Rechnung vom 30. November 1972 ist nur eine Berichtigung der Rechnung vom 29. Juni 1972. Die Rechnung vom 30. November 1972 wurde von der Beklagten mit Buchungsanzeige vom 30. November 1972 mit dem Differenzbetrag von 2349 S beanstandet.

Mit Abtretungsanzeige vom 11. Jänner 1973 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß ihr die W-Ges. m. b. H. die Forderung gegen die Beklagte laut Rechnung Nr. 412/72 vom 29. Juni 1972 über 955.080.40 S abzüglich diverser Akontozahlungen und Haftrücklaß mit einem Restbetrag von 118.780.40 S abgetreten habe. Auf Grund dieser Abtretung könnten Zahlungen mit schuldenbefreiender Wirkung nur an die Klägerin geleistet werden; allfällige Zahlungshindernisse bzw. bereits geleistete Zahlungen wolle die Beklagte bekanntgeben.

Die Identität der Forderung aus den beiden Rechnungen der Zedentin ergebe sich jedenfalls aus den einzelnen Rechnungspositionen. Es habe für die Beklagte kein Zweifel bestehen können, auf welche abgetretene Forderung sich die Abtretungsverständigung der Klägerin bezog. Von einer gutgläubigen Zahlung der Beklagten an die Zedentin könne keine Rede sein.

Die Zession der Forderung an die Klägerin sei aber unwirksam geblieben, weil es bei einer Doppelzession nicht darauf ankomme, welche Zession zuerst erfolgte, sondern darauf, von welcher Abtretung der Schuldner zuerst verständigt wurde. Die Beklagte sei aber von der Zession der Forderung an die O-Bank früher verständigt worden als von jener an die Klägerin.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren Folge.

Der Rüge der Berufungswerberin, es mangle an der Tatsachenfeststellung, daß die Zession der Forderung an sie bereits am 4. Juli 1972 erfolgte und die Zessionsvereinbarung zwischen der Zedentin und der O-Bank über dieselbe Forderung erst am 10. Jänner 1973 zustande kam, entgegnete das Berufungsgericht mit der Auffassung, die Beklagte habe die Wirksamkeit der Zession aus der Forderung an die Klägerin niemals bestritten; aus ihrem Vorbringen sei abzuleiten, daß die Zessionsvereinbarung der Klägerin mit der Zedentin vor der mit der O-Bank geschlossenen Vereinbarung rechtswirksam zustande kam und die Beklagte stellte ihre Vorbringen im Berufungsverfahren auf die Tatsache des früheren Abschusses der Zessionsvereinbarung der Klägerin mit der Zedentin ab, es sei somit diese Tatsache auch im Berufungsverfahren als wirksam zugestanden anzusehen. Es sei daher bei der Erörterung der Rechtsrüge der Berufungswerberin von dieser Tatsache auszugehen und es könne unerörtert bleiben, ob es sich bei der Zession der Forderung an die Klägerin um eine Sicherungszession gehandelt habe oder nicht.

Zutreffend habe das Erstgericht erkannt, daß aus der Mitteilung der Klägerin von der Zession deutlich genug die abgetretene Forderung hervorgegangen sei; beide Rechnungen der Zedentin hätten sich auf ihre aus dem Werkvertrag erbrachten Leistungen bezogen und den Werklohn sowie den Wert der gelieferten Sachen zum Inhalt, so daß sich am Rechtsgrund der mit der zweiten Rechnung bezifferten Forderung nichts geändert habe. Der Umstand, daß die Zessionsmitteilung der Klägerin nur die erste Rechnung der Zedentin anführte, könne deshalb nicht zur Abweisung der Klage führen.

Es könne jedoch als herrschende Auffassung bezeichnet werden, daß der Abtretungsvertrag als Konsensualvertrag zwischen dem Zedenten und dem Zessionar zu seiner Wirksamkeit weder der Zustimmung noch der Verständigung des Schuldners bedürfe und daß bei mehrfacher Abtretung durch die erste die Forderung aus dem Vermögen des Zedenten ausgeschieden sei. Da durch die erste Abtretung die Forderung ins Vermögen der Klägerin gelangt sei, stehe ihr auch die Legitimation zur Geltendmachung der restlichen Forderung von 40.597 S zu. Entscheidungswesentlich sei nur noch, ob die Beklagte am 24. Jänner 1973 noch an die Zedentin schuldbefreiend zahlen konnte oder nicht. Zum Zeitpunkt dieser Zahlung habe die Beklagte von der zweifachen Zession Kenntnis gehabt. Es sei daher nach den für diesen fall jedenfalls übereinstimmenden Ansichten Wolffs in Klang und Ehrenzweigs die ältere Abtretung maßgebend. Selbst wenn der Beklagten eine Prüfung, wer auf Grund der zweifachen Abtretung tatsächlich Eigentümer der Forderung geworden ist, nicht zumutbar gewesen wäre, hätte sie, um Schuldbefreiung zu erlangen, die Restschuld bei Gericht hinterlegen können; Unklarheiten der Rechtslage als auch das Auftreten mehrerer Forderungsprätendenten seien ein rechtlicher Grund zum Gerichtserlag nach § 1425 ABGB. Die Schutznorm der §§ 1395 und 1396 ABGB seien zugunsten der Beklagten nicht anwendbar, wenn sie bei der dargestellten Sachlage dennoch an die Zedentin gezahlt habe.

Infolge Revision der Beklagten hob der Oberste Gerichtshof die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Den Untergerichten ist darin beizustimmen, daß die Abtretungsanzeige der Klägerin an die Beklagte vom 11. Jänner 1973 als ihrem Inhalt nach ausreichende Bekanntmachung der Zession im Sinne der §§ 1395, 1396 ABGB angesehen werden muß.

Die Revisionswerberin stellt ihr Vorbringen dazu, wie schon in den Untergerichten darauf ab, daß ihr infolge der Angabe der Rechnung der Zedentin vom 26. Juni 1972 mit der Nr. 412/72 über den Rechnungsbetrag von 955.080.40 S und den noch als offen behaupteten Restbetrag von 118.780.40 S die Identität der zedierten Forderung nicht erkennbar gewesen sei, weil die Zedentin in der Zwischenzeit diese Rechnung zurückgezogen habe, so daß ihr daraus keine Forderung mehr zugestanden sei; die Forderung aus der späteren Rechnung der Zedentin vom 30. November 1972, Nr. 968/72, über den Betrag von 951.446 S sei jedoch nicht zediert worden. Sie habe daher am 24. Jänner 1973 den noch offenen Schuldbetrag von 40.597 S an die Zedentin gutgläubig gezahlt, zumal auch der in der Abtretungsanzeige behauptete Saldo mit dem zum Zeitpunkt dieser Benachrichtigung tatsächlich bestehenden Saldo nicht übereingestimmt habe.

Zutreffend haben schon die Untergerichte darauf hingewiesen, daß sich aus der Angabe der Rechnungsnummer (und ihres Datums) in der Abtretungsanzeige der Rechtsgrund der abgetretenen Forderung eindeutig ergebe. Die Rechnung Nr. 412/72 der Zedentin gibt den Gegenstand der in Rechnung gestellten Leistung, nämlich die Lieferung und Montage der Zentralheizungsanlage im Werk III der Beklagten in Linz-Wegscheid und ihrer einzelnen Bestandteile (Umformerstation, Warmwasserbereitung, Raumheizung Akkulager EW 3, Expedit-Torheizung, Be- und Entlüftung-Keller und Be- und Entlüftung-Küche) an, so daß für die Beklagte kein Zweifel daran aufkommen konnte, auf welches Vertragsverhältnis die von der angegebenen Zedentin der Klägerin abgetretene Forderung gegrundet wurde. Zu Unrecht beruft sich die Revisionswerberin auf die Zurückziehung dieser Rechnung durch die Zedentin, denn das Bestehen der in Rechnung gestellten Forderung hängt nicht von der Existenz der Rechnungsurkunde ab. Eine Rechnung (Faktura) wirkt nicht schuldbegrundend, sie ist keine rechtsbegrundende rechtsgeschäftliche Erklärung (EvBl. 1966/300), sondern Deklaration einer vom Rechnungsleger angesprochenen Forderung, der nur Beweischarakter zukommen kann. Trotz fehlerhafter Ausstellung einer Rechnung ist daher der Rechnungsleger berechtigt, die Umrichtigkeit der Rechnung wahrzunehmen und den ihm aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis mit dem Rechnungsempfänger zustehenden Betrag einzufordern (EvBl. 1966/300). Er kann deshalb auch jederzeit eine fehlerhaft erstellte Rechnung durch eine dem Vertragsverhältnis entsprechende richtige Rechnung ersetzen, ohne daß dadurch am Bestehen der wahren Forderung etwas geändert wurde. Die Revisionswerberin verkennt offensichtlich diesen Charakter einer Faktura und meint, das Bestehen der zedierten Forderung an die Existenz der darüber von der Zedentin gelegten Rechnung knüpfen zu dürfen. Zediert wurde aber nicht die Forderung aus einer Rechnung, sondern die Forderung aus einem Werkvertrag, über die von der Zedentin eine Rechnung gelegt worden war, die dann durch eine andere Rechnung ersetzt worden ist. Diese zweite Rechnung der Zedentin enthält über die in Rechnung gestellten Leistungen die gleichen Angaben wie die dadurch ersetzte erste Rechnung, es wird allerdings ein geringerer Betrag darin ausgewiesen. Ein Anlaß für die Beklagte, an der Identität der in beiden Rechnungen bezeichneten Leistungen und ihres zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses (Werkvertrag) zu zweifeln, konnte nicht bestehen. In der aufgezeigten Richtung haben die Unterinstanzen die Rechtslage einwandfrei beurteilt.

Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung von der unrichtigen Annahme ausgegangen, es brauche die Rechtsnatur der Zession nicht weiter zu untersuchen, weil die Beklagte zumindest im Berufungsverfahren die Tatsache zugestanden habe, daß die Zessionsvereinbarung zwischen der Klägerin und der W-Ges. m. b. H. rechtswirksam früher zustande gekommen sei als jene zwischen der Zedentin und der O-Bank, die Rechtswirksamkeit der Zession an sich von der Beklagten überhaupt nie in Frage gestellt worden sei.

Die Frage, welche Rechtsnatur einer Zession zukommt, ob es sich um eine Vollzession oder um eine Sicherungszession handelt und was unter einer stillen Zession zu verstehen ist, kann jedenfalls dann nicht Gegenstand eines wirksamen Rechtsgeständnisses einer Prozeßpartei sein, wenn die Rechtsnatur der davon betroffenen Zession auf Grund des Vorbringens der Gegenpartei ungeklärt geblieben ist. Es braucht deshalb in diesem Zusammenhang nicht auf die divergierenden Auffassungen der Lehre einerseits (vgl. Fasching III, 240; Rosenberg - Schwab, Zivilprozeßrecht[11], 602; Baumbach - Lauterbach, ZPO[31], 634) und der Rechtsprechung andererseits (vgl. ZVR 1960/275; EvBl. 1964/165; ZVR 1968/102; EvBl. 1974/29 u. a.), ob überhaupt und allenfalls in welchem Ausmaß und mit welcher Wirkung Rechtsgeständnisse zulässig sind, eingegangen zu werden.

In der Klage hatte die Klägerin ausdrücklich behauptet, daß ihr die eingeklagte Forderung auf Grund eines der Zedentin gewährten Kontokorrent- und Zessionskredites abgetreten worden sei und daß es sich um eine stille Zession gehandelt habe, weshalb die Beklagte davon nicht sogleich verständigt worden sei. Auf Grund dieses Vorbringens in Verbindung mit der weiteren Behauptung, die Forderungen der Klägerin im Konkurs über das Vermögen der Zedentin in Höhe von 4.368.520.98 S seien durch Absonderungs- und Aussonderungsrechte bei weitem nicht gedeckt und der Ausfall, den die Klägerin dort erleide, erreiche auf alle Fälle mindestens die Höhe der eingeklagten Forderung, muß die wahre Rechtsnatur der Zession als völlig unklar bezeichnet werden. Es kann aus diesem Vorbringen der Klägerin allein jedenfalls nicht von einer Vollzession ausgegangen werden, wie sie das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hatte. Für eine Vollzession ist allerdings charakteristisch, daß infolge des zeitlichen Zusammenfallens von Titulus und Modus das Eigentum an der zedierten Forderung bereits im Zeitpunkt der Zessionsvereinbarung von der Zedentin auf die Zessionarin ohne zusätzlichen Besitzübereignungsakt übergeht, wenn es sich nicht gerade um Forderungen aus Wertpapieren im Sinne des engeren Wertpapierbegriffes handelt, also aus Order- und Inhaberpapieren, bei denen die Besitzübereignung des die Forderung verbriefenden Papieres nach sachenrechtlichen Grundsätzen erforderlich ist, um das Eigentum an der verbrieften Forderung zu übertragen (Bydlinski in Klang[2] IV/2, 690; Wolff ebendort VI, 287; Baumbach - Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz[11], 3). In einem solchen Falle wäre tatsächlich bereits im Zeitpunkt der Zessionsvereinbarung zwischen der W-Ges. m. b. H. und der Klägerin, die nach dem insoweit übereinstimmenden Tatsachenvorbringen der Parteien am 4. Juli 1972 getroffen worden sein soll, die davon betroffene Forderung in die Rechtszuständigkeit der Klägerin gelangt, so daß eine spätere Abtretungsvereinbarung der Zedentin mit der O-Bank ohne Einfluß auf diese Rechtszuständigkeit bleiben müßte. Da die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen erst nach der Verständigung von der Zession der Forderung an die Klägerin Zahlung an die Zedentin geleistet hat, könnte diese Zahlung gemäß § 1396 ABGB nicht mehr schuldbefreiend geschehen sein. Sollte sie in Anbetracht der ihr am 12. Jänner 1973 zugekommenen Verständigung von der Abtretung der Forderung auch an die O-Bank Zweifel an der Rechtszuständigkeit der Forderung gehabt haben, dann wäre es ihr freigestanden, gemäß § 1425 ABGB den geschuldeten Betrag bei Gericht zu hinterlegen (Wolff, 315; SZ 24/261; SZ 27/59; SZ 30/79 u. a.).

Sollte es sich jedoch um eine Zession der Forderung an die Klägerin bloß zu Sicherungszwecken handeln, die den Schuldnern des Zedenten zunächst verborgen bleiben sollte (stille Zession), wie nach dem Klagevorbringen auch in Erwägungen gezogen werden muß, zumal die Kreditpraxis unter einer "stillen Abtretung" eine Sicherungsabtretung versteht (wie Frotz in seinem Gutachten "Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechts" 249 nachgewiesen hat) und das klagende Kreditinstitut dem Zedenten einen Kontokorrent- und Zessionskredit gewährt zu haben behauptet, in dessen Rahmen die Abtretung der eingeklagten Forderung erfolgt sein soll, dann könnte vor der Verständigung der Beklagten von dieser Zession der Forderung an die Klägerin die Rechtszuständigkeit der Klägerin nur durch einen geeigneten Publizitätsakt im Sinne des PlB des OGH vom 15. Jänner 1929 (SZ 11/15), also durch eine schriftliche Abtretungserklärung und entsprechendem Buchvermerk beim Zedenten, begrundet worden sein (Frotz, 252; Bydlinski, 690). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß bei der sicherungsweisen Übertragung von Forderungen die gleichen Formen der Übergabe eingehalten werden müssen, die Voraussetzungen eines gültigen Pfandrechtserwerbes sind (SZ 32/170; EvBl. 1972/259; JBl. 1974, 90 und 428 u. a.). Durch einen derartigen Modus, wie er eben aufgezeigt wurde, kann also der Modus der Verständigung des übernommenen Schuldners ersetzt werden. Da die Sicherungsabtretung einer Buchforderung nicht schon im Zeitpunkt der erklärten Willensübereinstimmung zwischen Zedenten und Zessionar, sondern erst im Zeitpunkt der Eintragung des Buchvermerks oder des Zuganges der Verständigung an den übernommenen Schuldner wirksam wird, ist bei einer mehrfachen Zession derselben Forderung jene Zession wirksam, deren Voraussetzungen in dem aufgezeigten Sinne zuerst vorliegen, also die Bucheintragung oder die Drittschuldnerverständigung in Vollziehung des Zessionsvertrages (Frotz, 252.).

Da die Rechtsnatur der Zession der eingeklagten Forderung an die Klägerin ebenso unklar ist wie die der weiteren Zession derselben Forderung an die O-Bank - also auch ein Kreditunternehmen und eine Gläubigerin desselben Zedenten -, kann auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse nicht die Rechtszuständigkeit der eingeklagten Forderung beurteilt werden.

In den Bereich der Rechtsfrage gehört jede Erwägung, die zur Auffindung der anzuwendenden Rechtsnorm führt, aus der die durch den Sachantrag verkörperte Rechtsfolge abgeleitet werden kann (Fasching IV, 249). Die Untergerichte haben sich mit dem aufgezeigten Rechtsproblem der rechtlichen Natur der dem Klagebegehren zugrunde gelegten Zession nicht befaßt, so daß deshalb das Verfahren in beiden Instanzen mangelhaft geblieben ist und zur Aufhebung der Urteile erster und zweiter Instanz und zur Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht führen muß.

Anmerkung

Z48002

Schlagworte

Buchforderung, Sicherungsabtretung einer -, Sicherungsabtretung, bei der - müssen die gleichen Formen der Übergabe, eingehalten werden, wie sie ein gültiger Pfandrechterwerb erfordert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1975:0050OB00322.74.0121.000

Dokumentnummer

JJT_19750121_OGH0002_0050OB00322_7400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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