Norm
EO §17Kopf
SZ 48/7
Spruch
Wurde bei der Exekutionsbewilligung ein bestimmter Sachverhalt bereits in einer bestimmten Richtung geprüft und darnach die Entscheidung über die Art des anzuwendenden Exekutionsmittels getroffen, bindet diese im Falle ihrer Rechtskraft bei gleichbleibendem Sachverhalt sowohl das Gericht als auch die Parteien für das weitere Verfahren.
OGH 28. Jänner 1975, 3 Ob 14/75 (KG Wr. Neustadt R 374/74; BG Aspang E 569/74)
Text
Mit Beschluß vom 28. August 1974 bewilligte das Erstgericht neben einer Fahrnisexekution auf Grund eines Antrages der betreibenden Gläubigerin, in welchem diese unter Hinweis auf eine zu E 504/74 des Erstgerichtes ergangene Entscheidung ausdrücklich erklärt hatte, ihren Antrag nicht auf § 353 EO, sondern auf § 354 EO zu stützen, zur Erwirkung des vollstreckbaren Anspruches der betreibenden Partei auf vorbehaltslose Löschung einer näher bezeichneten, ob der Liegenschaft EZ 264 KG G einverleibten Höchstbetragshypothek die Exekution gemäß § 354 EO gegen den Verpflichteten und drohte diesem eine Geldstrafe von 1000 S an, falls er das gegenständliche Pfandrecht nicht binnen 14 Tagen vorbehaltslos zur Löschung bringe. Dieser Beschluß blieb unangefochten. Mit Beschluß vom 25. November 1974 verhängte das Erstgericht auf Antrag der betreibenden Partei die angedrohte Geldstrafe, setzte dem Verpflichteten eine neue Frist und drohte ihm bei deren fruchtlosem Ablauf eine weitere Geldstrafe von 2000 S "sowie" Haft von einer Woche an.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß insoweit ab, als es den Antrag der betreibenden Partei auf kumulative Androhung der Geld- und Haftstrafe abwies; im übrigen bestätigte es den erstgerichtlichen Beschluß.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Verpflichteten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Verpflichteten ist zuzugeben, daß die von ihm aufgeworfene Frage in Lehre und Rechtsprechung nicht einhellig beantwortet wird (siehe die zusammenfassende Darstellung der hiezu bestehenden Literatur und Judikatur bei Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblaus Kommentar zur EO[4], 160, insbesondere JBl. 1958, 99).
Bei ihrer Lösung ist zunächst davon auszugehen, daß nach der zufolge § 78 EO auch im Exekutionsverfahren geltenden Bestimmung des § 425 Abs. 2 ZPO das Gericht an von ihm gefaßte Beschlüsse gebunden ist, sofern diese nicht prozeßleitender Natur sind, sowie daß Beschlüsse, mit welchem über Rechtsschutzansprüche erkannt wird, also auch der Exekutionsbewilligungsbeschluß, der materiellen Rechtskraft fähig sind (ebenso Heller - Berger - Stix, 160; Fasching III, 823 und 827, JBl. 1958, 340, 1966, 151 u. a.). Die Rechtskraft derartiger Beschlüsse saniert somit nicht bloß etwaige Verfahrensmängel, sondern verhindert auch die nachträgliche Überprüfung ihrer sachlichen Richtigkeit (ebenso Heller - Berger - Stix, 161; EvBl. 1964/348, 1967/100; JBl. 1966, 151 u. a.).
Abgesehen von Fällen der sogenannten perplexen Exekution, in welchen die getroffene Anordnung ihrer Natur nach undurchsetzbar bzw. verboten ist, kann die dargestellte Bindungswirkung bei einer rechtskräftigen Exekutionsbewilligung nur verneint werden, falls sich infolge der - wegen der Einseitigkeit des Verfahrens möglichen - Unvollständigkeit des beurteilten Sachverhaltes nachträglich die Unzulässigkeit einer Anordnung bzw. ihres Vollzuges herausstellt (vgl. Heller - Berger - Stix, 162/163; SZ 16/40 u. a.). Diese Unvollständigkeit bildet mithin die rechtliche Grundlage dafür, bei gleichzeitiger Feststellung des vollständigen - und damit im weiteren Sinne geänderten - Sachverhaltes eine mit der rechtskräftigen Exekutionsbewilligung in Widerspruch stehende Entscheidung zu treffen. Wurde hingegen bei der Exekutionsbewilligung ein bestimmter Sachverhalt bereits in einer bestimmten Richtung geprüft und darnach die Entscheidung über die Art des anzuwendenden Exekutionsmittels getroffen, so bindet diese Entscheidung im Falle ihrer Rechtskraft bei gleichbleibendem Sachverhalt für das weitere Verfahren sowohl das Gericht als auch die Parteien (ebenso Heller - Berger - Stix, 163, EvBl. 1964/348, JBl. 1966, 151 u. a.).
Im vorliegenden Fall hat die betreibende Partei, wie eingangs dargelegt, unter Berufung auf eine frühere Entscheidung des Erstgerichtes ausdrücklich beantragt, die Exekution nicht nach § 353 EO, sondern nach § 354 EO zu bewilligen. Das Erstgericht hat diesem Antrag somit auf Grund einer Beurteilung der nunmehr vom Verpflichteten aufgeworfenen Frage stattgegeben und damit über diese Frage (rechtskräftig) entschieden. Dem Verpflichteten, welchem laut Rückschein im Akt mit der Exekutionsbewilligung auch die Gleichschrift des Exekutionsantrages zugestellt wurde, stand es daher offen, seinerzeit gegen die Exekutionsbewilligung Rekurs zu erheben. Infolge der inzwischen eingetretenen Rechtskraft der Exekutionsbewilligung vom 28. August 1974 kann somit die Frage, ob auf Grund des gegenständlichen Exekutionstitels die Exekution richtig nach § 353 EO zu bewilligen gewesen wäre. Im vorliegenden Fall nicht mehr aufgerollt werden, wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausgesprochen hat.
Anmerkung
Z48007Schlagworte
Exekutionsbewilligung, rechtskräftige - bindend für Gericht und Parteien, Rechtskräftige Exekutionsbewilligung, bindend für Gericht und ParteienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1975:0030OB00014.75.0128.000Dokumentnummer
JJT_19750128_OGH0002_0030OB00014_7500000_000