Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht über die Beschwerde des Mag. Dr. P in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, dieser vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, beide Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 23. Jänner 2002, Zl. 107.197/3- Pers/2/02, betreffend den Vorrückungsstichtag (§ 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1947 geborene Beschwerdeführer wurde unstrittig mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2002 vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 2 im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ernannt und steht seither in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wird als Referent (Ministerialrat) in Angelegenheiten des multilateralen Außenhandels verwendet.
Von 2. März 1992 bis 31. Dezember 2001 befand sich der Beschwerdeführer in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Diesen Zeiten in Dienstverhältnissen zum Bund sind, abgesehen von Studien- und Präsenzdienstzeiten sowie einer Dienstzeit im öffentlichen Dienst (vom 1. März 1980 bis zum 30. April 1981 beim Rechnungshof), Dienstzeiten in mehreren privatrechtlichen Dienstverhältnissen, auch bei international tätigen Konzernen, vorangegangen.
Im Vertragsbedienstetenverhältnis des Beschwerdeführers erfolgte keine Vollanrechnung der privaten Vordienstzeiten, sondern bloß deren Hälfteanrechnung. Der Vorrückungsstichtag wurde mit 4. Mai 1979 festgesetzt (Überstellungsverlust von vier Jahren nach § 26 Abs. 7 und 8 VBG).
Nachdem ein Antrag des Beschwerdeführers aus 1992 "auf Berücksichtigung von privaten Vordienstzeiten wegen der besonderen Bedeutung nach § 26 Abs. 3 VBG" nicht erledigt worden war, beantragte er neuerlich am 24. September 1997 (also während seines Dienstverhältnisses als Vertragsbediensteter) die volle Anrechnung sämtlicher Vordienstzeiten bis zur Beendigung seines Dienstverhältnisses beim Rechnungshof mit 30. April 1981 (wie bereits beim Rechnungshof erfolgt) sowie anschließend bis zum Eintritt in das Ressort der belangten Behörde am 2. März 1992. Ebenso stellte er am 24. September 1997 einen Antrag auf Übernahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis.
Die belangte Behörde holte daraufhin - offenbar zur Klärung der Frage der Anrechenbarkeit der Vordienstzeiten - ein fachtechnisches Gutachten vom "25.4." (ohne Anführung einer Jahreszahl) ein. Dieses enthält eine Arbeitsplatzbeschreibung sowie eine Auflistung von (großteils mit Zeugnissen belegten) Vortätigkeiten. Inhaltlich wird die höchstmögliche Anrechnung der Vordienstzeiten aus der Privatwirtschaft im Gesamtausmaß von sieben Jahren befürwortet. Das Gutachten spricht in diesem Zusammenhang unter anderem von einer über sechs Jahre lang ausgeübten Tätigkeit in der belangten Behörde, sodass von seiner Erstellung im Jahr 1998 auszugehen ist.
Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 befasste die belangte Behörde das Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport (kurz: BMöLS) mit der - vom Abteilungsleiter und Sektionsleiter befürworteten - Berücksichtigung von Zeiten nach § 26 Abs. 3 VBG. Der Antrag sei auf Grund unglücklicher Malversationen in Verstoß geraten und erst Jahre später zum Vorschein gekommen, sodass erst jetzt neuerliche Recherchen und Prüfungen des Sachverhalts möglich geworden seien.
Das BMöLS antwortete hierauf mit Schreiben vom 26. Juni 2001. Wie sich aus den vorgelegten Dienstzeugnissen ergebe, sei der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Vortätigkeit ausschließlich in den Bereichen "interne Revision" und im "Rechnungswesen" sowie darüber hinaus in den Bereichen "betriebswirtschaftliche Prüfungen" und "EDV-unterstützte Baubetreuungs- und Überwachungssysteme" tätig gewesen. Auch nach eingehender Prüfung der detaillierten Arbeitsplatzbeschreibung der belangten Behörde könne das BMöLS keinen Konnex zwischen den Bereichen der Vortätigkeiten und der Tätigkeit des Beschwerdeführers zu Beginn seiner Verwendung erblicken. Der angegebene besondere Verwendungserfolg zu Beginn der Tätigkeit des Beschwerdeführers (gemeint wohl im Jahr 1992) könne daher nur mit seiner besonderen Begabung und sonstigen persönlichen Befähigungen begründet werden. Es sei jedoch "ausschließlich die in der Vordienstzeit in bestimmten Tätigkeitsbereichen erworbene Berufserfahrung aus objektiver Sicht der Beurteilung zu Grunde zu legen". Das BMöLS verkenne nicht, dass der zusätzliche Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten durch die Vortätigkeiten bei bestimmten namentlich genannten Unternehmungen von Bedeutung für die Verwendung gewesen sein möge. Jedoch könne darin eine besondere Bedeutung für die erfolgreiche Verwendung im Sinn des § 26 Abs. 3 VBG nicht erkannt werden.
Mit 1. Jänner 2002 wurde das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers begründet.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde den Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers gemäß § 12 in Verbindung mit § 113 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) auf den 4. Mai 1975 fest.
Begründend führte sie aus, dass der Vorrückungsstichtag - unter Zugrundelegung des aus den Personalunterlagen bekannten maßgebenden Sachverhaltes - durch Voransetzung des dem Tag der Anstellung vorausgehenden Zeitraumes ermittelt worden sei. Dieser sei aus der dem Bescheid angeschlossenen und einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Beilage ersichtlich. Dem Vorrückungsstichtag entsprechend würden dem Beschwerdeführer Bezüge der Verwendungsgruppe A1, Gehaltsstufe 14 mit nächster Vorrückung am 1. Juli 2003 gebühren.
Die genannte Beilage enthält folgende Berechnung:
Geburtsdatum: 4.3.1947
Reifeprüfung: 7.11.1966
Hochschule: Wirtschaftsuniversität Wien (Hochschule für Welthandel):
Schultyp: Handelsakademie
25.10.1974 - 3. Diplomprüfung
18.12.1975 - Promotion zum "Doktor der Handelswissenschaften"
29.11.1976 - Sponsion zum "Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften"
Post Nr.
Aufgliederung der zwischen der Vollendung
des 18. Lebensjahres und dem Tag der
Aufnahme liegenden Zeiten
Der Zeitraum ist zu berücksichtigen
zur Gänze
gem. § 12 (1) b
zur Hälfte
nicht
Benennung der Zeiten
von
bis
J
M
T
J
M
T
f.d. VGr.
gemäß
§ 12
J
M
T
f.d.
VGr.
J
M
T
gemäß § 12
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Höhere Schule
Sonstige Zeit
Studienzeit
Sonstige Zeit
Sonstige Zeit
Präsenzdienst
Sonstige Zeit
Öffentlicher Dienst
Sonstige Zeit
Öffentlicher Dienst
4. 3.1965
1. 7.1965
8.11.1966
8. 5.1971
26.10.1974
1. 4.1976
1.12.1976
1. 3.1980
1. 5.1981
2. 3.1992
30. 6.1965
7.11.1966
7. 5.1971
25.10.1974
31. 3.1976
30.11.1976
29. 2.1980
30. 4.1981
1. 3.1992
31.12.2001
-
1
4
3
1
-
3
1
10
9
3
4
6
5
5
8
3
2
10
9
27
7
-
18
5
-
-
-
1
29
-
-
4
-
-
-
-
1
-
9
3
-
6
-
-
8
-
2
-
9
27
-
-
-
-
-
-
-
-
29
A1
A1
A1
A1
A1
(2) Z. 6
(2) Z. 8 lit. b
(2) Z. 2
(2) Z. 1
(2) Z. 1
-
-
-
1
-
-
1
-
5
-
-
8
-
8
8
-
7
-
5
-
-
4
-
24
17
-
15
-
1
-
A1
A1
A1
A1
A1
-
-
-
1
-
-
1
-
5
-
-
8
-
8
8
-
7
-
5
-
-
3
-
24
18
-
15
-
-
-
(1)b
(1)b
(1)b
(1)b
(1)b
Teilsumme
36
9
27
16
5
26
10
2
1
10
2
-
Summe der voranzusetzenden Zeiten:
26
7
27
Tag der Aufnahme:
2002
1.
1.
Besoldungsrechtl.
Stellung
VGr.
Fkt.Gr.
Geh.St.
nächste
Vorrückung
Vorrückungsstichtag:
1975
5.
4.
am 1.1.2002
A1
2
14
1.7.2003
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, womit der Beschwerdeführer dessen kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Vordienstzeitanrechnung im gesetzlichen Ausmaß und eine dem entsprechende Festsetzung seines Vorrückungsstichtages nach § 12 GehG in der bis zum 30. April 1995 geltenden Fassung, deren Anwendung sich aus § 113 Abs. 5 GehG ergebe, durch unrichtige Anwendung insbesondere des Abs. 3 dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
§ 113 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden kurz GehG), in der Fassung des Art. 2 Z. 28 der Dienstrechts-Novelle 2000, BGBl. I Nr. 94, lautet:
"Vorrückungsstichtag
§ 113 ....
(5) Auf Beamte, die
1. vor dem 1. Mai 1995 in ein Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft eingetreten sind und
2. seither ohne Unterbrechung in einem Dienstverhältnis oder in mehreren Dienstverhältnissen zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder zu inländischen Gebietskörperschaften gestanden sind,
sind die Regelungen des § 12 über die Berücksichtigung sonstiger Zeiten in der bis zum Ablauf des 30. April 1995 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Ausschließlich durch arbeitsfreie Tage bewirkte Unterbrechungen gelten nicht als Unterbrechung im Sinne der Z 2."
Auf Grund des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, wurde für Dienstverhältnisse, die nach dem 30. April 1995 begonnen haben, die Halbanrechnung von "sonstigen Jahren" beschränkt. Da der Beschwerdeführer jedoch seit 2. März 1992 ununterbrochen bis zum Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses am 1. Jänner 2002 in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden ist, gilt für ihn gemäß dem zitierten § 113 Abs. 5 GehG das günstigere Vorrückungsstichtagsrecht des § 12 Abs. 1 GehG in der Fassung des Art. I Z. 5 der 20. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 245/1970. Abs. 3 des § 12 GehG enthält Regelungen über die Berücksichtigung sonstiger Zeiten im Sinne des § 113 Abs. 5 GehG. Somit ist auch diese Bestimmung in ihrer bis zum Ablauf des 30. April 1995 geltenden Fassung (im Beschwerdefall also in der der Novelle des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. I Nr. 16/2000, geltenden Fassung), anzuwenden.
Diese Bestimmungen lauten:
"Vorrückungsstichtag
§ 12. (1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass - unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 - dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:
a)
die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze;
b)
die sonstigen Zeiten zur Hälfte.
(2) ...
(3) Zeiten gemäß Abs. 1 lit. b, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können mit Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten sind jedoch ohne Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport zur Gänze zu berücksichtigen,
1. soweit sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Bundesdienstverhältnis nach dem ersten Satz, nach § 26 Abs. 3 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 oder nach einer gleichartigen Bestimmung einer anderen Rechtsvorschrift zur Gänze berücksichtigt worden sind und
2. der Beamte bei Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nach wie vor die hiefür maßgebende Verwendung ausübt."
Im Beschwerdefall ist strittig, ob privatwirtschaftliche Vordienstzeiten des Beschwerdeführers, die seinem privatrechtlichen Dienstverhältnis (als Vertragsbediensteter) zum Bund vorangegangen waren, im Hinblick auf ihre allfällige besondere Bedeutung für sein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gemäß § 12 Abs. 3 GehG zu berücksichtigen sind oder nicht.
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er durch die betreffenden Tätigkeiten in großen international tätigen Konzernen und Unternehmungen des Kreditwesens und des Wirtschaftsberatungsbereiches Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten erworben habe, die durch keinerlei Tätigkeit im öffentlichen Verwaltungsapparat zu ersetzen wären. Diese Vordienstzeiten wären für seine Verwendung als Beamter von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG und seien daher im angefochtenen Bescheid zu Unrecht ausnahmslos nur zur Hälfte angerechnet worden.
Der angefochtene Bescheid enthalte, abgesehen davon, dass in einem angeschlossenen Beiblatt eine Aufgliederung nach ganz, halb und nicht angerechneten Vordienstzeiten vorgenommen worden sei, keine inhaltliche Begründung. Auch schienen die vorangeführten Vordienstzeiten nur unter dem Begriff "sonstige Zeit" auf. Dem Bescheid samt Beiblatt sei daher nicht einmal zu entnehmen, dass es sich dabei um privatwirtschaftliche Zeiten gehandelt habe, wer Dienstgeber gewesen sei und welche Tätigkeiten der Beschwerdeführer verrichtet habe. Ebenso wenig seien Feststellungen über seine Tätigkeiten im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis getroffen worden. Damit fehlten alle Sachverhaltselemente, die für eine Entscheidung nach § 12 Abs. 3 GehG erforderlich seien.
Schon mit diesem Argument ist die Beschwerde im Recht:
Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 1997, also während seines Vertragsbedienstetenverhältnisses, nachträglich eine Vollanrechnung der strittigen privaten Vordienstzeiten nach § 26 Abs. 3 VBG beantragt hat. Dies hat (soweit dies nach den vorgelegten Verwaltungsakten beurteilt werden kann, wohl) im Jahr 1998 zur (ressortinternen) Erstellung eines "fachtechnischen Gutachtens" und erst im Juni 2001 (also noch immer unter dem Gesichtspunkt des § 26 Abs. 3 VBG) zur Befassung des BMöLS geführt. Das BMöLS hat sich, weil ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Zeitpunkt seiner Stellungnahme noch nicht bestanden hat, nur zum Dienstverhältnis des Beschwerdeführers als Vertragsbediensteter geäußert und daher Gesichtspunkte des (wenn auch mit § 12 Abs. 3 GehG inhaltlich übereinstimmenden) § 26 Abs. 3 VBG herangezogen.
Im Hinblick auf die Antragstellung des Beschwerdeführers im Jahr 1997 und den damals gleichzeitig erfolgten Antrag auf Übernahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, bei der - nach neuer Prüfung des Sachverhaltes vorzunehmenden - Festsetzung des Vorrückungsstichtages im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auf die Frage einzugehen, ob für die privaten Vordienstzeiten eine teilweise oder gänzliche Vollanrechnung in Betracht kommt. Sofern sie nicht von vornherein selbst (mit inhaltlicher Begründung) zu einem negativen Ergebnis kommt, wäre das (damals zuständige) BMöLS zu befassen gewesen. Beides ist jedoch im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Beschwerdeführers, also unter dem Gesichtspunkt des § 12 Abs. 3 GehG, unterblieben. Ebenso geht aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht hervor, dass dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Stellungnahme des BMöLS im Verfahren vorgehalten worden wäre.
Bei Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ist die (Voll-)Anrechnung von Zeiten, die bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages im privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund nur zur Hälfte berücksichtigt wurden, selbst bei Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt des § 12 Abs. 3 GehG grundsätzlich auch dann neuerlich zu prüfen, wenn über deren Vollanrechnung im vorangegangenen privatrechtlichen Bundesdienstverhältnis nach § 26 Abs. 3 VBG negativ entschieden worden wäre. Nur bei einer Vollanrechnung von privaten Vordienstzeiten im vorangegangenen Vertragsbedienstetenverhältnis zum Bund bestünde nach dem zweiten Satz des § 12 Abs. 3 GehG für die Festsetzung des Vorrückungsstichtages im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis für die Dienstbehörde eine Bindungswirkung, sofern auch die in Z. 2 dieser Bestimmung genannte Vorraussetzung erfüllt ist (vgl. dazu ausführlich die hg. Erkenntnisse vom 20. Februar 2002, Zl. 2000/12/0293, und vom 15. Oktober 2003, Zl. 2000/12/0237, mit weiteren Nachweisen der Vorjudikatur).
In einem Verfahren nach § 12 Abs. 3 GehG ist rechtlich davon auszugehen, dass eine Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung eines Beamten im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis von Bedeutung ist, wenn sie sich als eine ihrer Ursachen darstellt, und nur dann von besonderer Bedeutung, wenn der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1998, Zl. 96/12/0026, mwN).
Die Frage nach der besonderen Bedeutung einer Vortätigkeit des Beamten für seine erfolgreiche Verwendung muss in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren geklärt werden. Es ist demnach festzustellen, welche tatsächlichen Verrichtungen während der Vortätigkeiten besorgt wurden, in welchem Ausmaß dies geschehen ist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten dabei erworben wurden.
Andererseits ist festzustellen, welche tatsächlichen Tätigkeiten der Anrechnungswerber auf dem Dienstposten, auf den er aufgenommen wurde, und zwar im ersten Halbjahr des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. Mai 1988, Zl. 87/12/0035, und vom 19. Februar 1992, Zl. 91/12/0024), zu verrichten hatte, inwieweit sein Verwendungserfolg in diesem Rahmen über dem von Beamten ohne ähnliche Vortätigkeit lag und ob die Vortätigkeit für diesen Verwendungserfolg als Beamter ursächlich war. Trifft dies alles zu und wäre der durch die Vortätigkeit verursachte Verwendungserfolg ohne diese nur in einem beträchtlich geringeren Maß gegeben gewesen, dann ist die Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung als Beamter von besonderer Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG (so die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1991, Zl. 90/12/0221).
Die dargestellten Verfahrensmängel und das unter dem Gesichtspunkt der Prüfung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 GehG vollständige Fehlen einer Begründung des angefochtenen Bescheides führen im vorliegenden Fall jedoch dazu, dass die Frage der besonderen Bedeutung der zurückliegenden Tätigkeiten in der Privatwirtschaft für den Erfolg der Verwendung des Beschwerdeführers als Beamter nicht schlüssig nachgeprüft werden kann.
Da ein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis - in Form der Vollanrechnung (allenfalls auch nur eines Teils) seiner privaten Vordienstzeiten - nicht ausgeschlossen werden kann, hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 15. April 2005
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002120141.X00Im RIS seit
30.05.2005