TE OGH 1976/02/18 1Ob531/76 (1Ob530/76)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.1976
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Norm
ABGB §862
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §76 Kopf

SZ 49/23

Spruch

Das mit Notariatsakt erfolgte Anbot der Übertragung eines Geschäftsanteiles einer GmbH gilt auch dann als fristgerecht angenommen, wenn innerhalb der Frist der Notariatsakt über die Annahme errichtet und der Anbotsteller hievon, wenn auch ohne Zustellung einer Ausfertigung des Notariatsaktes, verständigt wurde

 

OGH 18. Feber 1976, 1 Ob 530, 531/76 (OLG Wien 1 R 239/75; KG Wiener Neustadt 2 Cg 63/75)

Text

Mit Notariatsakten vom 8. August 1970 wurden die "E Tierfutterwerk Hans und Michael H Gesellschaft m. b. H." (im folgenden Tierfutterwerk) und die Hans H Gesellschaft m. b. H. gegrundet, deren Stammkapital von 8 500 000 S bzw. 15 000 000 S Dipl.-Ing. Michael H zu je 50% und die beiden Beklagten zu je 25% erwarben. Am 22. Mai 1974 kam zwischen den Beklagten und Dipl.-Ing. Michael H nach erheblichen Differenzen und Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Tierfutterwerk eine schriftliche Vereinbarung zustande, wonach die Beklagten die Anteile des Dipl.-Ing. Michael H an der Hans H GmbH und Dipl.-Ing. Michael H die der Beklagten am Tierfutterwerk erwerben sollten; den Beteiligten stand es frei, die zu erwerbenden Gesellschaftsanteile auch an Dritte ganz oder teilweise zu übertragen. Die Beklagten und Dipl.-Ing. Michael H beauftragten ihre Rechtsanwälte, die Beklagten ihren nunmehrigen Vertreter Dr. Wilhelm S, Dipl.-Ing. Michael H den Zweitkläger, die getroffenen Vereinbarungen in die entsprechend richtige Form zu bringen.

 

Mit Zustimmung des Dipl.-Ing. Michael H stellte der Erstbeklagte dem Erstkläger und der Zweitbeklagte dem Zweitkläger mit Notariatsakt vom 11. Dezember 1974 das jeweils mit einer Woche befristete Anbot zum Erwerb der Nominale von 425 000 S ihrer je 2 125 000 S betragenden Stammeinlagen (je 5% des gesamten Stammkapitals) am Tierfutterwerk; das Abtretungsentgelt für die angebotenen Anteile sollte je 50 000 S betragen und mit den Forderungen des Dipl.-Ing. Michael H gegen die Beklagten verrechnet werden. Diese Anbote wurden dem Zweitkläger, der auch als Bevollmächtigter des Erstklägers tätig wurde, am 11. Dezember 1974 bekanntgemacht. Der Zweitkläger wünschte jedoch bei dieser Gelegenheit, daß die für ihn und den Erstkläger bestimmten Anbote mit der Post zugeschickt werden sollten. In Erfüllung der Vereinbarung vom 22. Mai 1974 bot auch Dipl.-Ing. Michael H mit Notariatsakten vom 11. Dezember 1974 an den Zweitbeklagten und dessen Ehegattin Margarete H den Erwerb je eines Viertels und der Dipl.-Kfm. Margarete L, der Schwester des Erstbeklagten und Tochter des Zweitbeklagten, der Hälfte seiner 7 500 000 S betragenden Stammeinlage an der Hans H GmbH an; das Abtretungsentgelt von 4 250 000 S sollte unter verschiedenen Bedingungen in Teilbeträgen entrichtet werden.

 

Die Anbote der Beklagten wurden am 13. Dezember 1974 der Kanzlei des Zweitklägers zugestellt, der sie nach Rückkehr von einer Auslandsreise am 16. Dezember 1974 vorfand. Am 18. Dezember 1974 errichteten der Zweitkläger und der von ihm vertretene Erstkläger vor dem öffentlichen Notar Dr. Walter A Notariatsakte, mit denen sie die Anbote der Beklagten annahmen. Die Ausfertigungen der Notariatsakte wurden dem Beklagtenvertreter durch einen beim Zweitkläger tätigen Rechtsanwaltsanwärter am 27. Dezember 1974 überbracht. Der Beklagtenvertreter las die Annahmeerklärungen nicht sofort durch und wies sie auch nicht wegen Verspätung zurück. Nach Studium ihres Inhaltes gelangte er zur Auffassung, daß die Annahme verspätet erfolgt sei. Er informierte die Beklagten, die erklärten, die Annahmeerklärungen der Kläger wegen Verspätung nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Mit Schreiben vom 17. Jänner 1975 teilte der Beklagtenvertreter dem Zweitkläger mit, daß sich die Beklagten an ihre Anbote nicht mehr gebunden erachteten, weil sie nicht innerhalb der Annahmefrist angenommen worden seien. Den Klägern wurde mitgeteilt, daß ihnen ein Betrag von je 50 000 S zur Verfügung stehe. Mit Antwortschreiben vom 20. Jänner verwies der Zweitkläger darauf, der Beklagtenvertreter habe ihm mitgeteilt, daß die Verzögerung der Zustellung der schriftlichen Annahmeerklärung keine Rolle spiele, wesentlich sei, daß die Verträge unterfertigt worden seien; von der Tatsache der Unterfertigung habe er den Beklagtenvertreter am 20. Dezember 1974 telephonisch verständigt. Der auf die Überlassung der Anteile an die Kläger entfallende Betrag von 100.000 S wurde am 6. Feber 1975 zu Gericht erlegt.

 

Die Kläger stellten in zwei Klagen - der Erstkläger gegen den Erstbeklagten, der Zweitkläger gegen den Zweitbeklagten, die Rechtssachen wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden - die Feststellungsbegehren, daß die mit Notariatsakten des öffentlichen Notars Dr. Robert L in N vom 11. Dezember 1974 dem Erstkläger durch den Erstbeklagten bzw. dem Zweitkläger durch den Zweitbeklagten angebotene Übertragung von Geschäftsanteilen des Tierfutterwerkes zum Nominale von je 425.000 S durch die vor dem öffentlichen Notar Dr. Walter A in Wien am 18. Dezember 1974 erfolgten. Annahmeerklärung der beiden Kläger rechtsgültig zustande gekommen sei. Nach der Errichtung der Notariatsakte habe der Zweitkläger dem Beklagtenvertreter, der schon am 17. Dezember 1974 telephonisch vorinformiert worden sei und sich zustimmend verhalten habe, telephonisch mitgeteilt, daß die Annahme der Anbote durch Notariatsakte am 18. Dezember 1974 erfolgt sei; der einschreitende Notar habe aber über starken Arbeitsanfall und die ungünstig gelegenen Weihnachtsfeiertage geklagt, die schriftlichen Ausfertigungen der Annahmeerklärungen könnten aller Voraussicht nach erst nach dem 27. Dezember 1974 überbracht werden. Mit dieser Art der Abwicklung habe sich der Beklagtenvertreter einverstanden erklärt und damit namens der Beklagten die Annahmefrist zumindest bis 27. Dezember 1974 verlängert. Gleiches habe ihm Dipl.-Ing. Michael H am selben Tage erklärt und auch das Abtretungsentgelt für die Anteile der Kläger am 23. Dezember 1974 verrechnet. Dadurch, daß der Beklagtenvertreter die Frist für das Einlangen der schriftlichen Annahmeerklärungen verlängert, sie am 27. Dezember 1974 widerspruchslos zur Kenntnis genommen und das Abtretungsentgelt verrechnet habe, sei der Vertrag, zumindest schlüssig, zustande gekommen.

 

Die Beklagten beantragten Abweisung der Klagebegehren. Die Errichtung eines Notariatsaktes über eine Annahmeerklärung bedeute nicht die Annahme; diese komme erst durch das Einlangen der Mitteilung von der Annahme des Anbotes bei den Anbotstellern zustande. Die Behauptung der Kläger über die Gespräche des Zweitklägers mit dem Beklagtenvertreter seien unrichtig. Eine Arbeitsüberlastung des Notars habe nicht bestanden; der Beklagtenvertreter habe selbst am 19. Dezember 1974 einen Notariatsakt über eine Annahmeerklärung unterschrieben, die Ausfertigung habe bereits am 20. Dezember 1974 an Dipl.-Ing. Michael H übergeben werden können. Der Beklagtenvertreter habe die einwöchige Annahmefrist nicht verlängert und auch nicht verlängern können. Zwischen dem Beklagtenvertreter und Dipl.-Ing. Michael H sei das gesamte Abtretungsentgelt nicht verrechnet worden, sondern nur ein Teil.

 

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte im wesentlichen fest: Am 17. Dezember 1974 habe der Zweitkläger mit dem Beklagtenvertreter ein Telefongespräch geführt, in dessen Verlauf er ihm u. a. mitgeteilt habe, daß der Notar am 18. Dezember 1974 in seine Kanzlei kommen werde und bei diesem Anlaß die Anbote durch ihn und den Erstkläger angenommen werden würden. Die Zustellung der schriftlichen Ausfertigungen der Annahmeerklärungen könnte sich aber unter Umständen wegen Überlastung des Notars etwas verzögern; dies habe der Beklagtenvertreter zur Kenntnis genommen. Bei der Errichtung der Notariatsakte am 18. Dezember 1974 habe der Notar den Zweitkläger, der auch den Erstkläger vertrat, darauf hingewiesen, daß in seiner Notariatskanzlei zur Zeit ein größerer Arbeitsanfall bestehe, so daß die Ausfertigung der Beurkundung nicht sofort erfolgen könne. Am 20. Dezember 1974 habe der damals heisere Zweitkläger durch seine Angestellte mit dem Beklagtenvertreter wieder ein Telefongespräch geführt, mit dem er ihm mitteilte, daß die Annahmeerklärungen programmgemäß unterfertigt worden seien und die Ausfertigungen in den nächsten Tagen zugehen würden. Gegen die Mitteilung, daß die Annahmeerklärungen notariell unterfertigt seien, die Ausfertigung der Urkunden aber nicht sofort erfolgen könne, habe der Beklagtenvertreter keine Einwände erhoben, sondern dem Sinne nach gesagt, es mögen die Annahmeerklärungen übersandt werden, sobald man sie habe. Am 20. Dezember 1974 habe auch Dipl.-Ing. Michael H vom Zweitkläger erfahren, daß die Annahmeerklärungen notariell unterfertigt und dem Beklagtenvertreter hievon Mitteilung gemacht worden sei. Am selben Tage habe der Beklagtenvertreter Dipl.-Ing. Michael H auch die notariell unterfertigten Annahmeerklärungen der Beklagten bzw. ihrer Angehörigen übergeben und ihm bestätigt, daß die Annahmeerklärungen auch schon von den Klägern unterschrieben seien. Er habe Dipl.-Ing. Michael H bei dieser Gelegenheit gebeten, dafür zu sorgen, daß die Annahmeerklärungen in seine Hände gelangen. Am 23. Dezember 1974 habe der Beklagtenvertreter dem Zweitkläger schriftlich bestätigt, vom Zweitbeklagten und seinen Familienangehörigen einen Betrag von 5.933.535.86 S erhalten zu haben; er habe erklärt, daß er über diesen Betrag entsprechend den von Dipl.-Ing. Michael H erteilten Aufträgen verfügen werde. Das Abtretungsentgelt für die von den Klägern zu erwerbenden Geschäftsanteile sei bei dieser Verrechnung nicht ausdrücklich erwähnt worden, weil die Verrechnung gemäß den Anboten des Dipl.-Ing. Michael H mit dem Übernahmspreis für die Geschäftsanteile und Dipl.-Ing. Michael H an der Hans H GmbH zu erfolgen hatte und die Beklagten daher den in Betracht kommenden Betrag zunächst gegen die Forderung des Dipl.-Ing. Michael H aufrechneten, indem sie dem Beklagtenvertreter eine um den entsprechenden Betrag geringere Summe zwecks weiterer Verrechnung mit Dipl.-Ing. Michael H zur Verfügung stellten.

 

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß § 76 GmbHG für eine Übertragung von Geschäftsanteilen einen Notariatsakt erfordere. Die Anbote der Beklagten seine mit je einer Woche befristet gewesen und dem Zweitkläger am 13. Dezember 1974 zugestellt worden. Die Annahmeerklärungen seien dem Beklagtenvertreter hingegen erst am 27. Dezember 1974 überreicht worden, was verspätet sei. Das Ferngespräch vom 20. Dezember 1974 habe weder die Wirkung der Annahme der Anbote der Beklagten noch die einer Verlängerung der Annahmefrist gehabt. Auch die Annahmeerklärung müsse vielmehr in der gesetzlich vorgeschriebenen Form des Notariatsaktes abgegeben werden; erst mit dem Zukommen der notariellen Urkunde sei das Anbot angenommen. Diese rechtlichen Überlegungen gelten jedoch nicht in einem Fall, in dem die Übertragung der Geschäftsanteile einer GmbH nur den Bestandteil einer darüber hinausgehenden Vereinbarung zwischen den Parteien darstelle. Die Beklagten könnten nicht die Vorteile aus der Übernahme der Geschäftsanteile des Dipl.-Ing. Michael H an der Hans H GmbH für sich und ihre nahen Angehörigen in Anspruch nehmen und die von ihnen übernommenen Verbindlichkeiten nicht einhalten. Unter diesen Voraussetzungen sei das Bestehen der Beklagten auf Einhaltung der Formvorschrift des § 76 GmbHG bzw. die Verspätung der Annahmeerklärung sittenwidrig. Derjenige, der sich Vorteile aus einem Vertrag bereits zugewendet habe, könne sich nicht der Gegenleistung entziehen.

 

Das Berufungsgericht erachtete das erstgerichtliche Verfahren für mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes unter ausdrücklicher Ablehnung der Rüge der Berufung der Beklagten gegen die Feststellungen des Erstgerichtes über die Telephonate am 17. und 20. Dezember 1974 und die Erklärung des Dipl.-Ing. Michael H dem Beklagtenvertreter gegenüber am selben Tag und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es die Klagebegehren abwies; gleichzeitig sprach es aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes in beiden verbundenen Verfahren je 1000 S übersteige. Es trat der Rechtsauffassung des Erstgerichtes bei, daß die erwähnten Telephonate die Annahmefrist nicht verlängern hätten können; auch eine Verlängerung der Frist hätte eines Notariatsaktes bedurft. Die Annahme durch Übermittlung der Notariatsakte sei verspätet erfolgt. Nach Ablauf der Frist seien die Beklagten zum Abschluß des Vertrages über die Übertragung der Geschäftsanteile aber nicht mehr bereit gewesen. Damit sei der Abtretungsvertrag nicht zustande gekommen. Durch die Berufung auf die guten Sitten könne aber auch nicht das Fehlen einer Voraussetzung für einen Vertragsabschluß ersetzt werden; es könnte nur auf Abschluß eines Vertrages, nicht aber auf Feststellung des Bestehens eines solchen geklagt werden. Außerdem habe die Vereinbarung vom 22. Mai 1974 lediglich die Beklagten einerseits und Dipl.-Ing. Michael H andererseits betroffen; es könnten nur jene diesem gegenüber sittenwidrig gehandelt haben, die Kläger könnten sich darauf nicht berufen. Dipl.-Ing. Michael H könnte sogar bereits das Interesse an einer Übertragung von Geschäftsanteilen an die Kläger verloren haben.

 

Der Oberste Gerichtshof stellte über Revision der Kläger das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe wieder her, daß es zu lauten hat: Es wird festgestellt, daß die mit Notariatsakten des öffentlichen Notars Dr. Robert L in N vom 11. Dezember 1974 vom Erstbeklagten dem Erstkläger und vom Zweitbeklagten dem Zweitkläger angebotene Übertragung von je Nominale 425.000 S Geschäftsanteilen der E Tierfutterwerk Hans und Michael H GmbH rechtsgültig zustande gekommen ist.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

 

Gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GmbHG bedarf es zur Übertragung von Geschäftsanteilen einer GmbH mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden eines Notariatsaktes. Es ist herrschende Auffassung, daß eine Teilung des über die Übertragung von Geschäftsanteilen abgeschlossenen Vertrages zulässig ist; erfolgt die Übertragung jedoch in zwei gesonderten Urkunden, bedürfen beide der Form des Notariatsaktes (SZ 5/22; Kostner, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung[2], 94; Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes, 248; Graschopf, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 271; Gellis, Kommentar zum GmbHG, 230; vgl. VwGH Slg. 3729/F und 3684/F; Schilling in Hachenburg, Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung[6], 385 Anm. 22; Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz[5], 195 Anm. 15). Über den Grund der auch im § 15 des deutschen GmbHG angeordneten erschwerten Form der Übertragung von Geschäftsanteilen einer GmbH bestehen keine Zweifel: Die Geschäftsanteile sollen nicht zum Gegenstand des Handelsverkehrs werden; sie sollen insbesondere nicht in den Börsenverkehr geraten und nicht zum Gegenstand der Agiotage werden; der Erwerb von Geschäftsanteilen kann daher nur unter Einhaltung zeitraubender, kostspieliger und eine reifliche Überlegung der Kontrahenten fordernder Förmlichkeiten erfolgen; das Formerfordernis dient außerdem der Beweissicherung (HS 7504; JBl. 1962, 503; SZ 26/143; Gellis, 230; Kostner in NZ 1969, 21; Schilling, 376 f. Anm. 6; Scholz, 195 Anm. 15j. Die Motive zu § 76 Abs. 2 GmbHG betonten insbesondere die Notwendigkeit der Solennitätsform für den Veräußerungsakt (SZ 5/22; siehe die Regierungsvorlage zum GmbHG, abgedruckt bei Skerlj, GmbHG[2], 113). Mit Recht macht Gellis, 230 hiezu darauf aufmerksam, daß es gut sein werde, diesen Zweck der Gesetzesbestimmung im Auge zu behalten, auf daß aus der Formvorschrift kein Selbstzweck werde. In diesem Sinne legte der OGH in seiner Entscheidung JBl. 1962, 503 auch dar, daß für die Formvorschrift des § 76 Abs. 2 GmbHG dasselbe gelte, was für jene des § 15 des deutschen GmbHG ausgesprochen wurde, daß nämlich das Gesetz nicht um seiner selbst willen geschaffen wurde, sondern dazu bestimmt ist, die Verhältnisse der jeweils beteiligten Personen in billiger und verständiger Weise unter Berücksichtigung des zu ermittelnden und zum Ausdruck gebrachten Vertragswillens zu regeln; es ist daher immer zu prüfen, ob der ihrem Zweck nach auszulegenden Formvorschrift Genüge getan ist.

 

Der VwGH hat bereits hervorgehoben, daß die Frage, wann und wie der Vertrag über die Übertragung von Geschäftsanteilen zustande gekommen ist, nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen ist (Slg. 3684/F). § 862 ABGB bestimmt ausdrücklich, daß ein Anbot innerhalb der vom Antragsteller bestimmten Frist angenommen werden muß; nach § 862a ABGB gilt die Annahme nur dann als rechtzeitig, wenn die Erklärung innerhalb der Annahmefrist dem Antragsteller zugekommen ist. Daher vertritt auch, wie das Berufungsgericht schon erwähnte, Kostner, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung[2], 94 die grundsätzlich richtige Auffassung, daß das Rechtsgeschäft der Übertragung von Geschäftsanteilen einer GmbH nicht schon mit der Errichtung der Annahmeerklärung durch Notariatsakt zustande kommt, sondern erst mit ihrem Einlangen beim Antragsteller (Zugangstheorie). Sinngemäß sagt dies auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Slg. 3684/F. Keine Frage kann auch bestehen, daß, wenn der Antragsteller in seinem Anbot für dessen Annahme eine Frist setzte, der Notariatsakt über die Annahme innerhalb der gewährten Frist errichtet werden muß. Es ist aber keineswegs selbstverständlich, daß die Annahme nur dann als rechtzeitig erfolgt gelten kann, wenn dem Antragsteller auch schon die Ausfertigung des errichteten Notariatsaktes innerhalb der Annahmefrist ausgehändigt wurde. Gschnitzer (in Klang[2] IV/1, 268) lehrt immerhin, daß ein Vertrag, für den das Gesetz die Einhaltung einer bestimmten Form vorschreibt, zwar nicht vor der Unterzeichnung des Vertrages zustande kommen kann, aber bei erfolgter Unterzeichnung als geschlossen gilt, wenn dem Gegner die Urkunde zugeht oder er von der Unterschrift Mitteilung erhält. Nach dieser Auffassung besteht die Verbindlichkeit also auch dann, wenn nur die Formvorschrift eingehalten und hievon Mitteilung gemacht wurde, ohne daß auch die Urkunde schon ausgefolgt sein müßte. Daß auch die Mitteilung, daß der formelle Akt gesetzt wurde, wiederum die gleiche Form haben müßte, könnte zwar aus dem von Ehrenzweig[2] I/1, 267 auf den sich Gschnitzer beruft, gewählten Beispiel geschlossen werden, war aber gewiß nicht so gemeint, vor allem nicht von Gschnitzer. Für den vorliegenden Fall kann jedenfalls auch die in der Bundesrepublik Deutschland herrschende Auffassung nicht ohne Bedeutung sein, weil, wie bereits mehrfach hervorgehoben wurde (JBl. 1962, 503; SZ 5/22; siehe RV, 113), die österreichische Gesetzesbestimmung dem § 15 Abs. 3 des deutschen GmbHG nachgebildet wurde. Zu dieser Gesetzesbestimmung wird unter Berufung auf Judikatur die Auffassung vertreten, daß der Vertrag mit der notariellen Annahme vollendet ist, es eines Zuganges derselben an den Veräußerer nicht bedarf und die Frist, innerhalb derer die Annahme zu geschehen hat, mit der Beurkundung gewahrt ist (Schilling, 385 Anm. 22; vgl. Scholz, 195 Anm. 15). Der von Scholz, 195 zitierten Entscheidung des Reichsgerichtes RGZ 105.382 - beim Zitat Schillings (Holdheim, 12, 155) handelt es sich um ein Fehlzitat - lag allerdings ein Anbot zugrunde, daß innerhalb der Frist die Annahmeerklärung in gerichtlicher oder notarieller Form angegeben sein müßte. Es wäre zumindest für das österreichische Recht auch gewiß die Auffassung unvertretbar, daß der Annehmer nur eine Annahmeerklärung mit Notariatsakt abgeben müßte und dann untätig bleiben könnte. Berücksichtigt man aber den oben dargestellten Zweck des Erfordernisses des Notariatsaktes, muß es genügen, daß die Annahmeerklärung innerhalb der gesetzten Frist mit Notariatsakt abgegeben und der Anbotsteller bzw. dessen Bevollmächtigter innerhalb der Anbotfrist bloß davon, wenn auch ohne Übermittlung einer Ausfertigung des Notariatsaktes, verständigt wurde, wenn er nur sodann innerhalb angemessener oder gewährter Frist auch den Beweis der rechtzeitigen Annahmeerklärung durch Notariatsakt durch Übermittlung an den Antragsteller oder dessen Bevollmächtigten erbringt. Die Annahme wird sodann bereits rechtswirksam und verbindlich, wenn die Annahme innerhalb der gesetzten Frist mit dem vorgeschriebenen (und datumsmäßig jederzeit nachweisbaren) Notariatsakt dem Gesetze gemäß beurkundet und der Antragsteller hievon innerhalb der für die Annahme gesetzten Frist verständigt wurde. Daß sich auch eine Ausfertigung des Notariatsaktes bereits innerhalb der Annahmefrist in Händen des Anbotstellers befinden müsse, ist dem Gesetzeswortlaut und schon gar dem Zweck der Gesetzesbestimmung des § 76 Abs. 2 GmbHG nicht zu entnehmen. Der Zweck der Formvorschrift des Notariatsaktes, die Ausschaltung der Abtretung von Geschäftsanteilen aus dem Handelsverkehr und die Erzwingung einer reiflichen Überlegung durch den Annehmer, wird nämlich auch auf diese Weise voll gewahrt. Jedenfalls muß es aber genügen, daß der Annehmer den Anbotsteller bzw. dessen Vertreter innerhalb der für die Annahme gesetzten Frist von der zeitgerechten Annahme des Anbotes mit Notariatsakt telephonisch verständigte und dieser nichts dagegen einzuwenden hatte, daß die bloße Aushändigung der Ausfertigungen der Notariatsakte einige Tage später erfolgt; er gab damit zu erkennen, daß es ihm genüge, den Beweis für die rechtzeitige Annahme durch Notariatsakt in Form der Aushändigung einer Ausfertigung auch nach Ablauf der Annahmefrist in seine Hände zu bekommen. Es würde hingegen gewiß dem Zweck der Formvorschrift und schon gar allen Regeln des redlichen Verkehrs widersprechen, wenn man den Vertrag trotz telephonischer Genehmigung durch den Vertreter der Anbotsteller nur deswegen als nicht zustande gekommen ansehen wollte, weil die Ausfertigungen des Notariatsaktes infolge Verzögerungen im Bereich des Notars nicht rechtzeitig zugestellt wurden; daß die Verzögerungen aber im Bereich des Notars lagen, ergibt sich schon daraus, daß der Notar Dr. Walter A selbst bekundete, die Ausfertigungen erst am 23. bzw. 27. Dezember 1974 hergestellt zu haben, obwohl nach dem Inhalt des Notariatsaktes die Annahmefrist am 13. Dezember 1974 zu laufen begonnen hatte. Eine Irreführung des Empfängers wäre ohnehin ausgeschlossen, weil sich ja allein aus dem Datum des Notariatsaktes ergibt, ob tatsächlich die gesetzte Annahmefrist eingehalten wurde. Dem Ergebnis, daß der Übertragungsvertrag mit rechtzeitiger Errichtung des Notariatsaktes und der innerhalb der Frist liegenden Verständigung des Vertreters der Anbotsteller hievon beiderseits bindend zustande gekommen war, widerspricht auch nicht die Bestimmung des § 884 ABGB, wonach bei Vorbehalt einer bestimmten Form vermutet wird, daß die Parteien vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen, weil die Kläger ja gerade die vorgeschriebene Form innerhalb der Anbotsfrist eingehalten haben. Außerdem gilt im vorliegenden Fall die nach dem Zweck der Bestimmung auszulegende Sondernorm des § 76 Abs. 2 GmbHG. Es kann auch nicht gesagt werden, daß der Zweitkläger späterhin die Ausfolgung der Notariatsakte verweigern oder die Kläger von der Annahme wieder zurücktreten hätten können. Ausfertigungen von Notariatsakten dürfen allerdings nach § 93 Abs. 1 NO, sofern in den Akten nichts anderes bedungen ist, nur an die an der Errichtung im eigenen Namen beteiligten Parteien, also nicht etwa dem Anbietenden bei einer Annahmeerklärung herausgegeben werden (Kostner, Handkommentar zur NO, 93). Wenn jedoch die Kläger mit der auch durch die Beklagten zumindest im Rechtsstreit über gerichtlichen Auftrag (§ 93 Abs. 2 NO) nachweisbaren Errichtung der Notariatsakte und der (wenn auch zunächst nur telephonischen) Verständigung hievon gebunden waren, hätten auch die Beklagten trotzdem die sich daraus ergebenden Rechte jederzeit in Anspruch nehmen können.

 

Damit erweist sich aber das Klagebegehren als berechtigt, weil das Anbot fristgerecht angenommen wurde. Zu erwähnen ist allerdings noch die Bestimmung des § 79 Abs. 1 GmbHG, wonach die Teilung eines Geschäftsanteiles, den Fall der Vererbung ausgenommen, nur zulässig ist, wenn (schon) im Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern die Abtretung von Teilen eines Geschäftsanteiles gestattet wurde; dabei kann die Zustimmung der Gesellschaft zur Abtretung von Teilen überhaupt oder doch zur Abtretung an Personen, die der Gesellschaft nicht schon als Gesellschafter angehören, vorbehalten werden. Die Kläger haben nur Teile der Geschäftsanteile der Beklagten erworben, ohne daß festgestellt worden wäre, daß im Gesellschaftsvertrag eine Vereinbarung im Sinne des § 79 Abs. 1 GmbHG getroffen worden wäre. Mit der Bestimmung des § 79 GmbHG sollte, wie der seinerzeitige Regierungsvorlage entnommen werden kann (Skerlj, 120), über das deutsche Gesetz (§ 17) hinausgegangen und es der Voraussicht der Gesellschafter bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages überlassen werden, ob sie überhaupt die Zulassung einer Teilung von Geschäftsanteilen für nötig erachteten; nur wenn ein Vorbehalt im Vertrag besteht, bedarf dann die Zustimmung der Gesellschaft nur mehr der Schriftform (§ 79 Abs. 3 GmbHG). Eine Verletzung des § 79 Abs. 1 GmbHG wurde von den Beklagten allerdings nicht releviert; sie haben vielmehr selbst mit Notariatsakt und damit in der Form, die für die Errichtung des Gesellschaftsvertrages vorgesehen ist (§ 4 Abs. 3 GmbHG), und mit Billigung des dritten Gesellschafters Dipl.- Ing. Michael H, der seinerseits Teile seines Geschäftsanteiles an die Hans H GmbH im Rahmen eines einheitlichen Geschäftes (vgl. SZ 30/78) mit Notariatsakt Dritten anbot, den Klägern Teile ihrer Geschäftsanteile angeboten, so daß insbesondere bei Bedachtnahme auf die bereits erläuterte Bedeutung der Formvorschriften im Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung kein Grund besteht, von Amts wegen die Frage der Zulässigkeit der Teilung der Geschäftsanteile im vorliegenden Falle aufzugreifen.

 

Nicht richtig ist es allerdings, daß die Verträge mit den Beklagten, wie der Formulierung der Klagebegehren zu entnehmen ist, bereits mit Errichtung der Notariatsakte vom 18. Dezember 1974 zustande kamen. Das entsprechende Klagebegehren geht aber ohnehin zu weit. Die Feststellungsklage bezweckt nur die gerichtliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses; das Feststellungsurteil soll durch autoritative Klarstellung der Rechtslage Rechtsverletzungen verhindern und die Basis für die weiteren. Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen bilden (JBl. 1971, 201 u. a.; Fasching III, 46). Unter Rechtsverhältnis im Sinne des § 228 ZPO ist die bestimmte durch den vorgetragenen Sachverhalt gegebene und konkretisierte, rechtlich geregelte Beziehungen von Personen untereinander oder von einer Person zu einem Gegenstand zu verstehen (JBl. 1971, 201; Fasching III, 60). Feststellbar ist also, zumindest in der Regel, nur das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, nicht aber die Art und der Tag seines Zustandekommens. Nur auf ersteres kommt es auch den Klägern an. Der Hinweis auf die Annahmeerklärungen vom 18. Dezember 1974 hat damit aus dem Urteilsspruch zu entfallen, ohne daß dies ein Minus gegenüber dem Klagebegehren darstellte. Das erstgerichtliche Urteil ist daher mit der Maßgabe des Entfalles der überflüssigen Worte wiederherzustellen.

Schlagworte
Geschäftsanteil einer GmbH, fristgerechte Annahme eines mit Nationalsakt, erfolgten Anbot der Übertragung eines - Anmerkung
Z49023
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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