TE OGH 1976/5/4 5Ob569/76

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.1976
beobachten
merken

Norm

JN §51 Abs2 Z8

Kopf

SZ 49/61

Spruch

Im Hinblick auf die abstrakte Natur der Wechselverpflichtung kann weder der Rechtsgrund des Grundgeschäftes noch die Natur seiner Entstehung die Eigenzuständigkeit des Handelsgerichtes für Streitigkeiten aus Wechselgeschäften im Sinne des § 51 Abs. 2 Z. 8 JN beeinträchtigen

OGH 4. Mai 1976, 5 Ob 569/76 (OLG Linz 2 R 256/75; LG Salzburg 7 Cg 595/75)

Text

Mit der am 14. Oktober 1975 eingebrachten Wechselklage begehrte die klagende Partei allein auf Grund des zugleich vorgelegten, von ihr ausgestellten und vom Beklagten akzeptierten Wechsels vom 30. Juni 1975, der sämtliche gesetzlichen Formalerfordernisse aufweist, Zahlung des Klagsbetrages.

In seiner Klagebeantwortung erhob der Beklagte Einwendungen aus dem Grundgeschäft. Er verwies darauf, daß die Klagsforderung zur Gänze aus seinem Arbeitsverhältnis zur klagenden Partei resultiere, bei der er in den Jahren 1970 bis 1972 als Vertreter beschäftigt gewesen sei. Das angerufene Landes- als Handelsgericht Salzburg sei daher sachlich unzuständig. Der Beklagte beantragte die Überweisung an das nicht offenbar unzuständige Arbeitsgericht Salzburg.

Das Erstgericht hob das bisherige Verfahren als nichtig auf und wies die Klage wegen seiner sachlichen Unzuständigkeit zurück. Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen sei der Beklagte von 1970 bis 1972 bei der Klägerin als Vertreter auf Provisionsbasis beschäftigt gewesen und habe während dieser Zeit seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus dieser Tätigkeit bezogen. Aus diesem Beschäftigungsverhältnis resultierende Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten aus zuviel bezahlten Provisionen sowie ein Regreßanspruch zufolge Inanspruchnahme der Klägerin aus einer für den Beklagten eingegangenen Bürgschaft im Gesamtbetrag von 61 958 S habe der Beklagte im Juni 1975 anerkannt und sich in dem klagsgegenständlichen Wechsel verpflichtet, diesen Betrag bis zum 30. September 1975 an die Klägerin zu bezahlen.

Es liege damit eine Streitigkeit aus einer Nachwirkung eines Arbeitsverhältnisses vor, die die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 ArbGerG begrunde. Als Streitigkeiten aus Wechselgeschäften (§ 51 Abs. 2 Z. 8 JN) seien nur Klagen aus einem wechselrechtlichen Skripturakt anzusehen, bei denen sich der Anspruch unmittelbar auf den Wechsel grunde, ohne daß hiebei das Grundgeschäft aufgedeckt werde. Im vorliegenden Fall leite sich aber der Klagsanspruch aus Ansprüchen der klagenden Partei ab, die während der Dauer der Beschäftigung des Beklagten bei ihr entstanden seien. Zur Entscheidung dieses Rechtsstreites sei daher das Arbeitsgericht unter Ausschluß des ordentlichen Gerichtes zuständig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurse der klagenden Partei Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem die Fortsetzung des Verfahrens auf. Nach Auffassung des Rekursgerichtes wird der gegenständliche Klagsanspruch unmittelbar von einem Wechselakzept abgeleitet, ohne daß für die Durchsetzung des Anspruches von der Klägerin das Grundgeschäft herangezogen werden müßte. Ein solcher wechselmäßiger Anspruch falle gemäß § 51 Abs. 2 Z. 8 JN unter die ausschließliche Zuständigkeit des Handelsgerichtes und nicht unter die des Arbeitsgerichtes, auch wenn die Streitteile seinerzeit durch ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis miteinander verbunden waren und dem Wechselakzept Ansprüche der Klägerin aus einer für den Beklagten während seiner Tätigkeit für die Klägerin geleisteten Darlehensbürgschaft sowie aus zuviel ausbezahlten Provisionen zugrunde lagen. Entscheidend sei, daß aus einem selbständig verpflichtenden Skripturakt geklagt werde und nicht aus dem Grundgeschäft im Zusammenhang mit dem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 527 Abs. 2 ZPO zulässig, weil er sich zwar formell gegen einen aufhebenden, in Wirklichkeit aber gegen einen abändernden rekursgerichtlichen Beschluß richtet (vgl. SZ 12/17;, JBl. 1974, 104 u. v. a.). Auch die Bestimmung des § 45 Abs. 1 JN steht der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen (vgl. SZ 33/88; Fasching I, 284).

Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Eigenzuständigkeit des Handelsgerichtes gemäß § 51 Abs. 2 Z. 8 JN ist für Streitigkeiten aus Wechselgeschäften, also für solche Klagen gegeben, bei denen das Recht unmittelbar aus einem wechselrechtlichen Verpflichtungsakt abgeleitet wird, die materiellrechtliche Grundlage des Anspruches also das Wechselgesetz selbst bildet (vgl. SZ 32/139; RZ 1967, 203; RZ 1971, 178; 5 Ob 217/72 u. v. a.). Voraussetzung für eine solche Klage ist, daß der vorgelegte Wechsel sämtliche gesetzlichen Formalerfordernisse aufweist. Ein Wechsel ist das selbständig verpflichtende abstrakte Versprechen zur Zahlung einer bestimmte Geldsumme. Dies bewirkt, daß es zur Begründung des Anspruches aus dem Wechsel keines Nachweises des Kausalgeschäftes bedarf (vgl. SZ 40/39). Die Klägerin hat sich auch nicht auf das Grundgeschäft berufen. Es ist Sache des Schuldners, etwaige Einwendungen aus diesem Grundgeschäft zu erheben und zu beweisen, soweit das Wechselgesetz dies zuläßt. Insoweit die Klägerin zu diesbezüglichen Einwendungen des Beklagten in der Klagebeantwortung Stellung genommen hat, ist keine Berufung auf das Grundgeschäft erfolgt, die Klägerin hat vielmehr ausdrücklich weiterhin ihre Forderung auf den Wechsel und die darin enthaltene Verpflichtungserklärung des Beklagten gestützt.

Dem Gläubiger ist es überlassen, bei Einklagung des Wechsels die Erlassung eines Zahlungsauftrages zu beantragen und damit das Verfahren in Wechselstreitigkeiten gemäß dem § 555 ff. ZPO in Anspruch zu nehmen. Der Wechsel kann aber auch im allgemeinen Prozeßverfahren abstrakt eingeklagt werden. Die Art des Verfahrens, in dem über den Anspruch entschieden wird, ändert nichts daran, daß es sich in beiden Fällen um einen Anspruch aus einem Wechsel handelt, der abstrakter Natur ist und einer Angabe des Grundgeschäftes nicht bedarf (vgl. SZ 40/39).

Nun ist es wohl richtig, daß nicht der Rechtsgrund der geltend gemachten Forderung, sondern die Natur ihrer Entstehung für die Beurteilung der Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes maßgeblich ist (vgl. Stanzl, Arbeitsgerichtliches Verfahren, 102; SZ 22/83; SZ 32/45 u. a.). Es mag auch durchaus zutreffen, daß im vorliegenden Falle in Ansehung des Grundgeschäftes ein Zuständigkeitstatbestand gemäß dem § 1 Abs. 1 Z. 1 ArbGG gegeben wäre. Im Hinblick auf die abstrakte Natur der Wechselverpflichtung kann aber weder der Rechtsgrund des Grundgeschäftes noch die Natur seiner Entstehung die Eigenzuständigkeit des Handelsgerichtes für Streitigkeiten aus Wechselgeschäften im Sinne des § 51 Abs. 2 Z. 8 JN beeinträchtigen.

Da die klagende Partei nach den hiefür maßgebenden Klagsbehauptungen sohin mit Recht die handelsgerichtliche Eigenzuständigkeit des angerufenen Gerichtes zur Geltendmachung ihres Anspruches aus dem Wechselgeschäft in Anspruch genommen hat, muß dem unbegrundeten Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

Z49061

Schlagworte

Eigenzuständigkeit des Handelsgerichtes, Streitigkeiten aus, Wechselgeschäften, Handelsgericht, Eigenzuständigkeit des - für Streitigkeiten aus, Wechselgeschäften, Streitigkeiten aus Wechselgeschäften, Eigenzuständigkeit des, Handelsgerichtes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1976:0050OB00569.76.0504.000

Dokumentnummer

JJT_19760504_OGH0002_0050OB00569_7600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten